Die US-Amerikanerin Simone Biles beeindruckte bei den Olympischen Spielen in Paris mit ihrer akrobatischen Finesse. Mit drei Goldmedaillen und einer Silbermedaille honorierte die Jury ihre Leistungen auf dem Schwebebalken, im Einzel- und Mannschaftsmehrkampf sowie beim Sprung.
Ohne nahezu perfekte Koordination wäre all das nicht möglich. Bei der Turnerin arbeitet jeder Muskel perfekt zusammen, wenn sie mit einem doppelten Rückwärtssalto über den Bock fliegt. Koordinationstraining hilft jedoch nicht nur bei akrobatischen Kunststücken. Auch in vielen Ausdauersportarten profitierst du von der verbesserten Beweglichkeit und kannst deine Leistung steigern.
Wie Koordinationstraining auf dich wirkt und welche Übungen deine Koordination fördern, zeigt dieser Beitrag.
Was ist Koordinationstraining?
Koordinationstraining ist eine Trainingsform, die das Zusammenspiel von Gehirn, Nervensystem und Muskeln verbessern soll. Denn nur wenn dein Gehirn, dein Nervensystem und deine Muskeln harmonieren, kannst du dich effizient und kontrolliert bewegen. Trittst du beispielsweise auf dem Fahrrad ungleichmäßig oder mit Schwerpunkt auf einer Seite in die Pedale, ermüden deine Muskeln schneller und deine Leistung leidet. Entscheidet ist also, dass dein Körper seine Bewegungen auch im Sinne der eingesetzten Kraft optimal koordinieren kann.
Gut zu wissen: Koordinative Fähigkeiten, wie das Balancieren auf einem Bein, haben teilweise genetische Grundlagen, können jedoch durch regelmäßiges Training erheblich verbessert werden.
Deine Koordination trainierst du mit Bewegungen, die mehrere Muskelgruppen fordern und unterschiedlich beanspruchen. Das verbessert ihr Zusammenspiel sowie deine sensorischen und motorischen Fähigkeiten. Oft beinhalten die Übungen komplexe Bewegungsmuster, die zusätzlich dein Gehirn ansprechen und neuronale Verbindungen stärken. Diese sind entscheidend für die Signalweiterleitung zwischen Muskeln und Gehirn.
Was ist Koordination eigentlich?
Koordination ist keine einzelne Fähigkeit. Sie setzt sich aus verschiedenen Aspekten zusammen:
- Differenzierungsvermögen: Es ermöglicht dir präzise Bewegungen in verschiedensten Situationen, zum Beispiel die Anpassung der Trittfrequenz beim Radfahren oder die Effizienz des Armzugs beim Schwimmen.
- Reaktionsschnelligkeit: Mit dieser kannst du schnell auf Reize reagieren. Beispielsweise auf den Startschuss bei einem Lauf.
- Kopplungsfähigkeit: Diese benötigst du, um mehrere Bewegungen miteinander zu verknüpfen, zum Beispiel die Arm- und Beinbewegungen beim Laufen.
- Orientierungssinn: Mit dieser Fähigkeit findest du dich im Raum zurecht und kannst deine genaue Position bestimmen. Das ist beispielsweise beim Klettern wichtig.
- Gleichgewichtsinn: Dank deines Gleichgewichtssinns kannst du deinen Körper ausbalancieren. Im Alltag, aber auch im Sport.
- Anpassungsfähigkeit: Mit ihr kannst du auf veränderte Situationen reagieren und deine Bewegungen rasch anpassen – beispielsweise bei unerwarteten Hindernissen.
- Rhythmusgefühl: Es ermöglicht dir, Bewegungen an einen Takt anzupassen, was besonders beim Tanzen oder beim Finden eines gleichmäßigen Lauftempos wichtig ist.
Welche Vorteile bietet Koordinationstraining?
Von Koordinationstraining können sportlich Aktive mehrfach profitieren. Das sind die Vorteile.
Verbesserte Bewegungsökonomie
Durch das Training führst du Bewegungen effizienter aus und verbrauchst weniger Sauerstoff. So kannst du sie länger wiederholen und hast auch bei langen Einheiten mehr Energie. Außerdem schont eine ökonomische Bewegung Muskeln, Sehnen und Gelenke.
Wichtig: Bewegungsökonomie hängt nicht nur von Koordination, sondern auch von Technik, Kraft und Ausdauer ab.
Geringeres Verletzungsrisiko
Mit regelmäßigem Koordinationstraining steigt deine Körperkontrolle. Dadurch bewegst du dich stabiler und kannst Verletzungen, wie das Überdehnen eines Muskels beim plötzlichen Ausweichen eines Hindernisses, vermeiden. Eine gute Koordination hilft dir beispielsweise, auf unvorhergesehene Stolperfallen schnell und sicher zu reagieren, ohne dass dein Bewegungsapparat unter der ruckartigen Bewegung leidet.
Erhöhte Reaktionsschnelligkeit
Das Koordinationstraining verbessert die Zusammenarbeit von Gehirn, Nervenbahnen und Muskeln, wodurch deine Reaktionsschnelligkeit steigt. Dies hilft nicht nur im Sport, sondern auch im Alltag. Durch das Training kontrahieren deine Muskeln schneller und du kannst auf unvorhergesehene Situationen besser reagieren. Das kann ein spontanes Bremsen auf dem Rad sein oder das Schnappen nach dem fallenden Smartphone.
Für wen ist Koordinationstraining geeignet?
Koordinationstraining eignet sich nicht nur für sportlich Aktive. Ältere Menschen profitieren ebenfalls. Sie können sich im Alltag sicherer bewegen und Stürze vermeiden.
Auch Kinder können ihre motorischen Fähigkeiten und ihr Gleichgewicht durch Koordinationstraining verbessern, was ihnen komplexe Bewegungen erleichtert. Studien zeigen zudem, dass es auch kognitive Fähigkeiten wie Konzentration und Problemlösungskompetenz fördert.
Nach Verletzungen oder Operationen ist Koordinationstraining oft Bestandteil der Rehabilitation, weil es Muskeln und Gelenke stabilisiert. Eine typische Übung ist der Einbeinstand auf einer instabilen Unterlage, wie einem Balance Board oder einer zusammengerollten Matte, zur Stabilisierung des Sprunggelenks nach einer Bänderverletzung.
Wie häufig solltest du deine Koordination trainieren?
Koordination erlernst du bereits als Kind. Doch ohne regelmäßiges Training lässt sie im Alter nach, was zu unsichereren Bewegungen und einem höheren Verletzungsrisiko führen kann.
Empfehlung für dein Training:
- Einsteigende: Zwei kurze Einheiten pro Woche reichen aus, um Fortschritte zu erzielen. Der Fokus sollte auf leichten Übungen liegen, wie dem Balancieren auf einem Bein.
- Fortgeschrittene: Drei bis vier Einheiten pro Woche mit komplexeren Übungen (zum Beispiel auf einem Balance Board oder mit geschlossenen Augen) sind sinnvoll, um Fortschritte zu machen.
- Ältere Menschen: Zwei Einheiten pro Woche helfen, die Stabilität im Alltag zu verbessern und Stürze zu vermeiden. Übungen wie das Balancieren auf einer Linie oder das Stehen auf einem Balancepad sind besonders geeignet.
Die Einheiten müssen nicht lang sein. Nach einem Warm-up kannst du deine Koordination in nur zehn bis zwanzig Minuten effektiv schulen. Dabei ist das Setzen neuer Reize entscheidend. Das gelingt durch Variationen der Übungen oder dem Einbinden von Hilfsmitteln wie Balance Boards. Bleiben die Übungen gleich, verbessert sich die Koordination irgendwann deutlich langsamer.
Wichtig: Es gibt keine starren Vorgaben für Wiederholungen oder Haltezeiten. Höre auf dein Körpergefühl! Ermüden deine Muskeln oder leidet die Ausführung, solltest du pausieren. Überlastung kann nicht nur Schmerzen, sondern auch Verletzungen verursachen.
Effektive Übungen für deine Koordination
Übung 1: Gegenläufiges Armkreisen
Diese Übung trainiert die Kopplungsfähigkeit und beansprucht verschiedene Muskeln im Oberkörper. Stelle dich aufrecht hin, lockere deine Arme und Schultern. Kreise den linken Arm vorwärts und den rechten rückwärts. Achte darauf, dass beide Arme gleichzeitig nach oben gestreckt sind. Nach 15 Wiederholungen wechselst du die Richtungen.
Tipp: Stelle dich auf ein Bein oder auf eine instabile Unterlage, um die Übung zu intensivieren.
Übung 2: Dynamischer Sideplank
Der dynamische Side Plank stärkt deine Koordination und die Rumpfmuskulatur. Lege dich auf deine linke Seite und stütze dich mit dem linken Ellenbogen unterhalb des Schultergelenks ab. Drücke deinen Körper hoch, bis er eine gerade Linie bildet – nur Unterarm und Füße berühren den Boden. Strecke den rechten Arm nach oben und führe ihn unter deinem Körper hindurch. Wiederhole die Bewegung zehnmal und wechsle dann die Seite.
Übung 3: Gleichgewicht halten auf dem Balance Board
Ein Balance Board fordert nahezu alle Muskelgruppen und verbessert dein Zusammenspiel sowie die Reaktionszeit. Einsteigende beginnen mit einfachem Stehen. Mit mehr Übung kannst du leichte Bewegungen oder das Fangen eines Tennisballs integrieren.
Tipp: Für eine größere Herausforderung schließe beim Balancieren die Augen – das stärkt dein Körpergefühl.
Übung 4: Koordinationsleiter
Dieses Trainingsequipment ist besonders im Fußball verbreitet. Es ähnelt einer handelsüblichen Leiter, liegt aber auf dem Boden. Schnelle Schrittfolgen durch die Felder fördern deine Koordination und deine Körperwahrnehmung. Inspirationen findest du in speziellen Übungsvideos.
Koordinationstraining im Alltag
Koordinationstraining musst du nicht immer mit sportlicher Aktivität kombinieren. Mit kleinen Geschicklichkeitsübungen kannst du deine Koordination auch im Alltag verbessern. Eine herausfordernde aber effektive Übung ist das Jonglieren. Diese Übung trainiert deine Hand-Auge-Koordination, Konzentration und Geschicklichkeit. Beginne mit zwei Bällen und steigere dich nach und nach auf drei oder mehr.
Eine andere Übung kennst du vielleicht aus der Kindheit. Mit einer Hand klopfst du dir leicht auf den Kopf, während die andere über deinen Bauch kreist. Diese Übung gelingt meist auf einer Seite besser. Verbessert sich die Ausführung auf der anderen Seite, merkst du deine Fortschritte.
Motorisch noch herausfordernder ist die Hase-Gewehr-Übung. Bei dieser formst du mit dem linken Zeige- und Mittelfinger Hasenohren. Mit der anderen Hand stellst du eine Pistole dar, indem du den Daumen nach oben und den Zeigefinger nach vorn streckst. Wechsle dann die Positionen zwischen den Händen. Wenn dir das gelingt, erhöhe das Tempo, um den Schwierigkeitsgrad zu steigern.
Auch im Alltag lassen sich koordinative Herausforderungen integrieren, wie das sichere Balancieren eines Tabletts mit einer Tasse oder präzises Gehen auf imaginären Linien. Mit diesen kleinen, spielerischen Übungen kannst du deine Koordination verbessern und gleichzeitig deine Konzentration schärfen.
Quellen
- https://www.dkv.com/gesundheit-themenwelt-bewegung-durch-koordinationstraining-fit-und-gesund-bleiben.html
- https://erdinger-active-team.de/activeblog/koordinationstraining
- https://www.owayo.de/magazin/koordinationstraining-de.htm
- https://www.sportnahrung-engel.de/trainingsplaene/heimtraining/koordinationstraining
- https://www.vibss.de/sportpraxis/praktisch-fuer-die-praxis/fitness/koordinationstraining-/-propriozeptives-training
- https://www.bisp-surf.de/Record/PU202003001627
- https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007/978-3-662-53386-4_51-1
- https://www.academyofsports.de/de/lexikon/koordinationstraining/
- https://www.schweitzer.tirol/blog/fitness/warum-ist-koordination-wichtig
- https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-66245-8_12
- https://www.owayo.de/magazin/koordinationstraining-de.htm
- https://www.ausbildung-zum-fitnesstrainer.de/spezielle-trainingsformen/koordinationstraininguebungen
- https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/bewegungsoekonomie/2288
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6873344/
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- https://www.frontiersin.org/journals/psychology/articles/10.3389/fpsyg.2021.620440/full
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4555089/
- https://www.tk.de/techniker/magazin/familie/kinder-und-jugendliche/koordination-ist-kinderleicht-elf-spiele-2009486?tkcm=ab
- https://sport-iat.de/faq/detail/koordination-im-grundlagentraining-na-klar-aber-sollte-auch-in-spaeteren-trainingsetappen-koordinationstraining-durchgefuehrt-werden
- https://macau.uni-kiel.de/servlets/MCRFileNodeServlet/dissertation_derivate_00001919/d1919.pdf?hosts=local
- https://asuzu.eu/reaction-training-device-hand-eye-coordination/
- https://medium.com/@hashm/6-ways-to-boost-body-coordination-and-reaction-time-4652d480b042
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