Body & Soul

Dopaminfasten: Was passiert, wenn du dem schnellen Kick widerstehst?

Dauernd online, ständig abgelenkt und innerlich leer? Das sogenannte Dopaminfasten soll diese Probleme lindern. Für wen sich der Trend lohnt – und wer es lieber lassen sollte.

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Ein Stück Schokolade. Zart, süß und einfach unwiderstehlich. Sie schmilzt auf deiner Zunge. Dein Kopf brüllt innerlich: mehr davon. Noch ein Stück. Und noch eins. Und… plötzlich ist die Tafel leer. Der alltägliche Kontrollverlust. Bei Schokolade. Bei Chips. Ja – auch bei Alkohol.

Warum das Ganze? Hunger hattest du nicht. Es war der Rausch, der dich antrieb. Der schnelle Kick, der überall lauert: beim Swipen, Snacken oder Streamen. Dopaminfasten will damit brechen.

Was hinter dem Konzept steckt und ob es wirklich etwas nützt.

Dopaminfasten: Was genau wird gefastet?

Eigentlich ist der Begriff totaler Quatsch und auch noch irreführend: Denn Dopamin lässt sich nicht fasten. Zumindest nicht so, wie es das Wort suggeriert. Was nach Neuro-Detox klingt, ist eigentlich biologischer Unsinn.

Aber beginnen wir von vorn. Was ist Dopamin? Ein Neurotransmitter – oder einfacher gesagt, ein Botenstoff. Dopamin kennst du wahrscheinlich als Glückshormon. Obwohl das nicht so ganz stimmt. Dopamin macht dich nicht glücklich. Es macht dich hungrig aufs Glück.

Der Botenstoff ist wie eine Art innerer Antreiber. Er springt von Nervenzelle zu Nervenzelle und überbringt Botschaften, die dich handeln lassen. Wie ein flüchtiger Funke, der durch das Gehirn zuckt. So gesehen ist Dopamin weniger ein Glücks-, sondern mehr ein Erwartungs- oder Motivationshormon. Denn es steuert Vorfreude und Antrieb.

Jeder Reiz, der Vorfreude auslöst, aktiviert die Ausschüttung. Sei es das Stück Schokolade, das Like auf Instagram oder das nächste Serien-Binge-Watching. Dein Gehirn lernt schnell, dass etwas Gutes kommen könnte. Also willst du mehr – und Muster entstehen.

Zurück zur Begriffserklärung: Dopamin lässt sich als körpereigener Botenstoff nicht einfach abdrehen wie ein Wasserhahn. Bedeutet, dass du bei diesem Trend nicht das Dopamin selbst fastest, sondern Reize. Also all die kleinen Verlockungen des Alltags. So sollst du aus der ständigen Belohnungsschleife entkommen können.

Zwei Frauen sitzen auf der Couch und schauen gelangweilt auf ihre Handys.
© AntonioGuillem / iStock / Getty Images Plus

Entstehung von Dopaminfasten

Begründer der Methode ist der kalifornische Psychiater Dr. Cameron Sepah. Sein Ziel: mehr Selbstkontrolle durch kurze Pausen vom Reizüberfluss. Doch was als verhaltenstherapeutische Methode gedacht war, wurde im Netz zum Hype. Und oft missverstanden – als neurobiologischer Detox.

Was bringt Dopaminfasten wirklich?

Kurz gesagt: Das weiß keiner so ganz genau. Studien zum Dopaminfasten gibt es so gut wie keine. Das Konzept selbst wurzelt in der kognitiven Verhaltenstherapie und die meisten Beobachtungen stammen daher aus der Verhaltensforschung.

Was die Neurowissenschaft weiß: Wenn du ständig auf Belohnung abzielst, verändert sich dein Gehirn. Aus bewussten Entscheidungen werden irgendwann automatisierte Muster.

„Es gibt Auslöser, die die Dopamin-Ausschüttung nur kurzfristig anstoßen und damit gewissermaßen den schnellen Kick verschaffen.“

Dr. Anni Richter, Neurowissenschaftlerin am Magdeburger Leibniz-Institut

Wenn du also solche Reize meidest, kannst du entstandene Muster wieder abschwächen. Und was bringt dir das?

  • erhöhte Konzentration
  • geistige Klarheit
  • weniger Ablenkung

Weniger Ablenkung bedeutet auch mehr Fokus auf das Wesentliche: echte Präsenz. Hier liegt das Potenzial des Dopaminfastens – im Abstandgewinnen.

Dopaminfasten versus Digital Detox

Viele verwechseln das Dopaminfasten mit Digital Detox. Letzteres Konzept meint den bewussten Verzicht auf digitale Geräte. Vor allem Smartphone, Laptop und Fernseher. Dopaminfasten geht noch weiter. Es zielt auf alle Reize, die schnelle Belohnung versprechen.

So geht Dopaminfasten

Also, wie geht das jetzt mit dem Abstandgewinnen? Betrachte das Dopaminfasten als ein Selbstexperiment. Wie jedes gute Experiment braucht es Regeln – und die Freiheit, sie auch mal zu vergessen.

Zu Beginn solltest du dich fragen: Was triggert mich? Zur Hilfestellung hier eine kleine Liste mit möglichen Reizen:

  • Essen
  • Smartphone
  • Social Media
  • Glücksspiel
  • TV
  • Gaming
  • Sport

Führe eine Art Reiz-Inventur durch und schreibe auf, was dich ablenkt.

Hast du deine Trigger entdeckt, solltest du die Dauer deines Fastens bestimmen. Eine feste Richtlinie gibt es nicht. Manche Menschen verzichten für ein mehrstündiges Zeitfenster am Tag. Andere ziehen das Fasten eine ganze Woche am Stück durch. Entscheide selbst, welche Zeitspanne dir guttun könnte.

Aber: Verzichte nicht direkt auf alles. Reduziere deine Trigger lieber schrittweise. Das erleichtert das Durchhalten. Veranschauliche deine Erfolge, indem du deine Gefühle dokumentierst. Schreibe sie nüchtern und ehrlich in einem Journal nieder.

Plane außerdem Rückfälle ein, denn du wirst wahrscheinlich scheitern. Und das ist nichts Schlechtes. Wichtig ist, dass du nach einem Rückfall weitermachst. Denn Wiederanfangen gehört dazu.

Eine Frau liegt auf ihrem Bett und isst Sushi und schaut dabei gebannt zum Fernseher.
© AleksandarNakic / E+ / Getty Images

So kannst du deine Zeit stattdessen nutzen

Jetzt fragst du dich wahrscheinlich: Was mache ich mit meiner neu gewonnenen Zeit?
Du kannst sie beispielsweise mit Tätigkeiten verbringen, die dir keinen schnellen Kick liefern, dafür aber nachhaltig wirken.

  • Geh spazieren. Ohne Podcast oder Musik auf den Ohren. Bewege dich in freier Natur, ohne Ziel. Das sorgt für Leerlauf in deinem Kopf.
  • Schreibe Tagebuch. Notiere deine Gedanken in einem Buch. Schreibe nicht für Likes auf Instagram oder Facebook, sondern einfach für dich. Sortiere deine Gefühle. Ein paar Sätze pro Tag können ausreichen.
  • Iss langsam – ohne Seriengequatsche im Hintergrund. So spürst du, wann dein Sättigungsgefühl einsetzt. Und: Das Essen wird zum Erlebnis, nicht der viereckige Bildschirm im Hintergrund.
  • Sprich mit deinen Liebsten. Führe echte Gespräche mit Familie, Freundinnen und Freunden.
  • Lass Langeweile zu. Die Gesellschaft erträgt Langeweile heute kaum noch. Aber nicht jede freie Minute muss gefüllt sein. Wenn du Langeweile aushältst, trainierst du dein Gehirn für mehr Empfänglichkeit.

Für wen ist Dopaminfasten sinnvoll – und für wen gefährlich?

Wer kann vom Reiz-Reset profitieren? Alle, die das Abschalten lernen wollen. Die das Gefühl haben: „Mir ist irgendwie alles zu viel.“ Menschen, die ständig zum Handy greifen und sich nicht mehr konzentrieren können. Oder die merken: Da hat sich eine schlechte Gewohnheit eingeschlichen. All jene können ein solches Selbstexperiment wagen.

Menschen mit psychischen Vorerkrankungen sollten dagegen vorsichtig sein. Dazu gehören beispielsweise diagnostizierte Depressionen, Essstörungen und Suchterkrankungen wie Substanzabhängigkeiten. Hier kann Reizverzicht schnell in Isolation oder Zwang umschlagen.

Übrigens: Nicht jede schlechte Gewohnheit ist gleich eine Sucht. In diesem Beitrag sind Routinen gemeint, die ständig Reize aussenden. Keine pathologischen Abhängigkeiten, sondern Alltagsschleifen mit Suchtcharakter.

Fazit: Trend mit Potenzial – aber kein Heilmittel

Wenn du dich bewusst den Reizfluten hingibst und in ihnen ertrinkst, bleibt dir keine Luft mehr für das Wesentliche. Du schadest deiner Selbstkontrolle. Hier setzt der Gedanke des Dopaminfastens an und kann tatsächlich helfen.

Dopamin solltest du aber nicht als Gift sehen, das sich aus dem Körper herausspülen lässt. Als Teil deines Antriebs ist es essentiell. Es sind die negativen Trigger, denen du eine Pause gönnen solltest. Für mehr Klarheit und Entspannung. Ziel ist nicht der völlige Verzicht, sondern ein bewussteres Verhältnis zu Reizen im Alltag.

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Quellen
  1. https://www.health.harvard.edu/blog/dopamine-fasting-misunderstanding-science-spawns-a-maladaptive-fad-2020022618917
  2. https://www.quarks.de/gesellschaft/wissenschaft/das-bringt-dopamin-fasten-wirklich/
  3. https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/sucht/von-dopamin-und-suchtverhalten-bis-zu-dopamin-detox/
  4. https://www.gesundheitsinformation.de/dopamin-dopa.html
  5. https://www.news-medical.net/health/Is-Dopamine-Detoxing-Actually-Backed-by-Science.aspx
  6. https://hochschule-burgenland.at/ueber-uns/blog/detail/fasten-fuer-den-kopf-warum-dopamin-fasten-der-neue-trend-ist/
  7. https://www.apotheken-umschau.de/mein-koerper/gehirn-und-gedaechtnis/dopamin-detox-das-steckt-hinter-dem-trend-zum-reizverzicht-1323037.html

Über diesen Artikel

Redakteurin Alina Scheibe

Autor:in:

Alina Kuhnert

Als Redakteurin bei BeatYesterday.org hat Alina ein Faible für psychische Gesundheit, Ernährung – und für …

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