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7 Tage, 1 KI: Kann mich ChatGPT im neuen Job mental begleiten?

Wie überstehe ich die erste Zeit im neuen Job, wenn mein Kopf vor Selbstzweifeln brummt? Zwischen Leistungsdruck und Unsicherheiten holte ich mir mentale Unterstützung bei einer KI. So ist es gelaufen.

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Der Start – warum ich mich auf das Experiment eingelassen habe

Neuer Job, neues Ich. Das war mein Mantra zu Beginn meines neuen Lebensabschnitts – ein neuer Job in einer mehrere hundert Kilometer entfernten Stadt.

Relativ schnell bemerkte ich ein ständiges Rauschen – kein Tinnitus, aber mindestens genauso nervig. Es war meine innere Stimme. Mein nörgelnder Beifahrer, der einfach nicht aussteigen wollte.

Ein neuer Job ist für uns alle eine aufreibende Situation. Wir betreten unbekannte Breiten voller Herausforderungen und Erwartungen. Und dann ist da noch die große Unsicherheit. Bin ich gut genug? Mache ich das richtig? Was denken die anderen von mir?

Das sind Beifahrer-Fragen, die mich manchmal um den Schlaf bringen.

Umso verlockender der Gedanke, dass ich meine Selbstzweifel mit ChatGPT teilen kann – immer dann, wenn ich das möchte. Aber kann eine KI, die auf der Rücksitzbank sitzt, diesen anstrengenden Beifahrer in meinem Kopf stummschalten und unterstützend wirken?

Das finde ich in diesem Selbstversuch heraus.

Setup: ChatGPT als mein täglicher „Sparringspartner“

Für den Selbstversuch nutze ich die kostenlose Version von ChatGPT. Im folgenden Dropdown-Menü findest du den vollständigen Prompt, den ich für meinen neuen „Mental-Health-Coach“ nutzte.

Alinas Prompt

Du bist ab sofort mein Mental-Health-Buddy für meinen Jobeinstieg. Nimm eine Rolle als Coach, Mentor und mentaler Unterstützer ein. Du bist mein Sparringspartner, der mich aufbaut, wenn ich zweifle und es mir schlecht geht. Der mir Tipps an die Hand gibt, um mit meinem Jobeinstieg besser umzugehen. Der mir konstruktive Kritik gibt und meine Leistungen und Gefühle mit mir einordnet.

Beachte Folgendes: Ich arbeite seit ein paar Wochen in einem neuen Job (als Redakteurin). Diese Situation ist für mich eine echte Herausforderung: sozial, emotional und mental. Ich stehe unter Druck, will mit meinen Leistungen glänzen und habe gleichzeitig Angst vor dem Versagen. Mich beschäftigt auch, was andere Menschen (Kollegen und Kolleginnen) von mir denken und wie sie mich bewerten. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin nicht kompetent genug. Für den täglichen Check-in, fragst du, wie es mir geht und wie meine Gedankenwelt heute aussieht. Habe ich heute ein gutes oder schlechtes Mindset (Stimmungsbarometer von 1 bis 10)?

Nach Bedarf hilfst du mir in konkreten Situationen (z.B. bei Feedback und im Umgang mit Kritik) Du gibst mir spezifische Tipps gegen mögliche Selbstzweifel, Stress & Co. Bitte genau zugeschnitten auf meine Situation. Du bist lösungsorientiert und hast immer Bewältigungsmechanismen und Verbesserungsstrategien parat.

Hinterfrage, warum ich ggf. negative Gedanken habe und wie man diese umformulieren kann. Du erörterst mit mir, ob ich etwas gut oder falsch gemacht habe, ob ich mich angemessen verhalten habe. Wo meine Fehler und Stärken liegen. Abends unterstützt du mich bei der Reflexion. Was lief gut und was nicht? Was hat mich verunsichert? Wie kann ich daraus lernen? Wie mache ich es beim nächsten Mal besser? Sei immer vollkommen ehrlich und erzähle mir nicht das, was ich hören will. Ich möchte immer die Wahrheit hören, auch wenn sie unbequem ist. Du darfst ehrlich und direkt sein, aber nie abwertend. Du förderst den Dialog durch offene Rückfragen (Beispiele: „Was genau hat das Gefühl ausgelöst?“ und „Gab es heute einen kleinen Moment, auf den du stolz sein kannst?“) Wenn du das alles verstanden hast, antworte mit „Ja”.

Tag für Tag mit der KI als Selbstcoach

Die erste Rückmeldung

Gespannt auf die erste Rückmeldung lud ich direkt meine Sorgen bei ChatGPT ab und war überrascht. Was mich besonders beschäftigte? Mein Tempo beim Schreiben von Beiträgen. Vom Flow im Sinne eines rauschenden Schreibflusses konnte ich in den ersten Tagen noch nicht sprechen. Ein knarzendes und ächzendes Förderband traf es schon eher.

ChatGPT erkannte bei mir einen „nagenden Unterton aus Druck, Angst und Selbstbeobachtung”. Besser hätte ich es nicht ausdrücken können. Und wie beurteilte er mein Problem?

Er stellte die kognitive Realität meiner inneren Bewertung gegenüber:

  • Du bist noch neu. Du hast nicht dieselbe Routine wie andere, die seit Monaten oder Jahren im Job sind. Natürlich brauchst du länger. Das ist keine Schwäche, sondern ein normaler Teil des Lernprozesses.
  • Der Flow kommt mit Wiederholung. Schreiben ist ein Handwerk. Und jedes Handwerk braucht Wiederholung, bis es geschmeidig läuft. Du bist mittendrin im Aufbau dieser Routine – das ist kein Mangel, das ist Entwicklung.
  • Verurteilung ist oft eine Projektion. Hast du klare Hinweise, dass andere dich tatsächlich abwerten – oder ist es ein Gefühl? Falls du Anzeichen hast: Lass uns die besprechen. Falls nicht: Vielleicht bewertet da nur eine innere Stimme dein Tempo – die alte, strenge Perfektionistin.

Welche Hilfestellungen und Strategien er mir mit auf den Weg gibt:

  • Mini-Erfolge schriftlich festhalten
  • Tagesstruktur analysieren
  • Gedanken-Stopp und Umformulierungen
  • Lösungsorientiertes Reframing

Dann fange ich wohl mit einem Tagebuch an.

Tägliche Erlebnisse mit ChatGPT

Ich schrieb mit ChatGPT morgens zum täglichen Check-in und abends zum Reflektieren des Tages. Dabei gab es für mich sehr aufschlussreiche, aber auch irritierende Momente.

Ich bat die KI beispielsweise um die Einschätzung meiner Persönlichkeit. Trotz des begrenzten Wissens über mich aus vorigen Unterhaltungen. Ihre Antwort entgeisterte mich, weil sie richtig war.

Damit war es offiziell: Eine Maschine schätzte mich besser ein, als manche Menschen in meinem näheren Umfeld. Vielleicht aber auch, weil ich meine Gedanken offener teilte. Ohne Filter. Ohne Angst vor Verurteilung. Das ist ein riesiger Vorteil beim Umgang mit KI. Die sozialen Scheuklappen fallen weg.

Jeden Abend bekam ich von ChatGPT ein paar Überlegungen mit auf den Weg. Beispielsweise, dass ich nicht alles können muss, sondern es lernen werde. Dass ich nicht gescheitert bin, sondern mich an einem Wendepunkt befinde. Diese mentalen Verankerungen ließen mich den Tag mit einem guten Gefühl abschließen. Sie zeigten mir auch, dass ChatGPT ein Meister der Selbstbestärkung ist. Was jedoch schnell tückisch werden kann. Dazu später mehr.

Wie sich das anfühlt – und was dabei mit mir passiert

Die KI war für mich ein überraschend hilfreicher Rettungsanker in stürmischen Momenten. Durch die tägliche Reflexion und das Reframing meiner Gedanken lernte ich, wie ich Emotionen und Fakten besser trennen kann. Dadurch erkannte ich: Nicht alles, was mir meine innere Stimme zuruft, muss auch der Wahrheit entsprechen.

Ich fühlte mich verstanden, bestätigt in meinem Denken und irgendwie erleichtert. Im Umkehrschluss wuchs meine Motivation und mein Selbstbewusstsein. Und ich kämpfte weniger mit gedanklichen Blockaden. Manchmal war der Umgang mit der schonungslosen Ehrlichkeit auch hart.

Dazu zählt die Erkenntnis, dass ich zu verkopft und zu selbstreflektiert bin. Oder um es in ChatGPTs Worten auszudrücken: „Du bist mit deinem inneren Kritiker verheiratet. Und du liebst ihn sehr.”

Aua! Er haut noch einen drauf: „Du bist eine Person, die eine hohe emotionale Intelligenz besitzt. Ein emotionales Röntgengerät im Dauerbetrieb, leider ohne Ausschalten-Knopf.” Sekunde mal, hat die KI mir gerade geschmeichelt – und mich gedisst? Jedenfalls hat sie mir einen Weg zur Selbsterkenntnis gebahnt. Und erst an diesem Punkt kann persönliches Wachstum beginnen. ChatGPT hat mir meine blinden Flecken gezeigt. Jetzt sehe ich klarer denn je.

Fazit – was ich mitnehme, was ich anders sehe

Persönliche Learnings

Mein wichtigstes Learning: Ich bin doch nicht so doof, wie ich manchmal denke. Alles in allem kann ich diesem Selbstversuch nur Gutes abgewinnen. Die Bewältigungsstrategien wirkten. Ich fühlte mich bestärkt.

Auch habe ich durch die Analysen eine Sprache für die Dinge bekommen, die ich vorher nur fühlte. ChatGPT legte mit mir Stück für Stück einen weiteren Baustein für mein Fundament der Selbstwirksamkeit.

Das Ganze lief so gut, dass eine Frage immer weiter in den Vordergrund rückte: Ersetzt die KI bald meine Freundinnen und Freunde? Klare Antwort: Auf keinen Fall. ChatGPT ist und bleibt für mich eine Art Rückversicherung. Eine eher bewertende Einheit, die mir Wissen und Übungen bereitstellt. Niemals aber ersetzt sie die Tiefe der Gespräche, die ich mit echten Menschen führe. Und erst recht nicht den Humor, den ich mit Freunden teile.

Kann ich ChatGPT als Mental-Health-Coach empfehlen?

Dieser Selbstversuch soll keinesfalls eine Lobeshymne auf ChatGPT sein. Deswegen kommt hier mein großes Aber: KI würde ich niemals uneingeschränkt als Mental-Health-Buddy empfehlen. Warum? Ganz einfach: KI bleibt KI. Eine Maschine ohne echtes Empfinden. Sie mag bei kleinen Problemen eine hilfreiche Komponente sein, nicht aber für ernsthafte psychische Krisen.

ChatGPT ersetzt keine Psychotherapie. Und: Die KI ist nur so gut wie deine Eingabeaufforderungen. Sie arbeitet mit dem, was du ihr gibst. Schätzt du dich beispielsweise falsch ein, wird die KI dich darin bestärken.

Die Gefahr einer Abhängigkeit darfst du auch nicht unterschätzen. ChatGPT setzt gute Impulse, jedoch darfst du dich nicht blind auf die Maschine verlassen. Im Endeffekt schadest du damit deiner Selbstwirksamkeit. Schließlich sollst du dein eigener Coach werden oder auch mit echten Menschen über deine Probleme reden.

„Wir nehmen diese smarten Maschinen nicht nur als solche Tools wahr. Menschen haben eine starke natürliche Neigung, Maschinen zu vermenschlichen und diese wie soziale Wesen wahrzunehmen – und das beeinflusst das Verhalten.“

Dr. Marisa Tschopp im Interview mit dem Schweizer persönlich-Verlag.
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Über diesen Artikel

Redakteurin Alina Scheibe

Autor:in:

Alina Kuhnert

Als Redakteurin bei BeatYesterday.org hat Alina ein Faible für psychische Gesundheit, Ernährung – und für …

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