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Anfeuern bei Großevents: „Quäl dich du Sau?“

Nicht nur die Zahl der Teilnehmenden bei großen Sportevents wächst. Auch wollen immer mehr Menschen an der Strecke live dabei sein. Ein Motivationsmonster verrät wichtige Tipps – und No-Gos beim Anfeuern.

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Den besonderen Look haben sie gemein.

Jahrzehntelang war Didi Senft der unangefochtene König der Motivation. In seinem feuerroten Kostüm stürmte El Diablo (der Teufel) dem Fahrerfeld der Tour de France hinterher. Brüllte, jubelte, schwang den Dreizack. Senft schaffte es so auf Sportfotos für die Ewigkeit.

René Claußnitzer ist von diesem Ruf noch etwas entfernt – in die Fußstapfen passt der Garmisch-Partenkirchener fachlich jedoch schon gut rein.

Beim Zugspitz Ultratrail trieb der Paradiesvogel unzählige Läuferinnen und Läufer auf den Gipfel. Mit lauter Techno-Bratze und persönlichen Motivationssprüchen. Was beim Motivieren entscheidend ist – und was du unbedingt sein lassen solltest, erzählt René im Interview.

René Claußnitzer beim Anfeuern
© René Claußnitzer

Die Garmin Cheering Zone

Am 7. Juli 2024 gibt es beim Challenge Roth eine exklusive Cheering Zone von Garmin! Komm vorbei, feuer die Athleten und Athletinnen lautstark an und lass uns gemeinsam mit René für richtig gute Stimmung sorgen! Du findest den Garmin Hotspot bei Laufkilometer 7 und 11. Für kalte Getränke, gute Musik und alles was du zum Anfeuern brauchst, ist gesorgt. Wir freuen uns auf dich!

#BeatYesterday.org: René, wann wurdest du mal richtig krass angefeuert?

René Claußnitzer: Das war bei meinem zweiten Marathon in Berlin. Ich kam zur Cheering Zone, Kilometer 37, bei der alle meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen von On Running abhingen. Als die mich sahen, haben die richtig Gas gegeben. Sogar einen Schluck aus der Pulle Berliner Luft hatten sie für mich übrig. Ein richtig leckerer Pfefferminzlikör. Das hat mich extrem gepuscht. Bin dann die letzten fünf Kilometer mit einer 4:00er-Pace ins Ziel geflogen.

#BeatYesterday.org: Nun kennt man dich nicht nur von Straßenläufen, sondern auch von Trails. Beim Zugspitz Ultratrail hast du neulich richtig Rabatz gemacht. Gab es ein Trail-Event, wo du einen vergleichbaren Moment wahrnehmen durftest?

René Claußnitzer: So wie auf der Straße habe ich es – selbst sportlich aktiv – noch nicht erlebt.

#BeatYesterday.org: Warum?

René Claußnitzer: Es ist beim Straßenlauf viel einfacher, nah an die Strecke zu kommen. Das Terrain ist zugänglicher. Es fahren Busse und Bahnen. Beim Trail muss man viele Höhenmeter hochkraxeln. Das schreckt ab. Auch ist an den Strecken gar nicht so viel Platz.

Die NOMADS beim Anfeuern der Läufer in der Cheering Zone
© René Claußnitzer

#BeatYesterday.org: Bevor wir zu tief ins Detail eintauchen. Gibt es beim Anfeuern eigentlich Grundregeln?

René Claußnitzer: Nö, nicht wirklich. Positiv zu bleiben, ist wichtig. Also die Leute bestätigen, ihnen zurufen, dass sie noch richtig fit aussehen. Da darf man auch mal flunkern. Wenn man die Person kennt und einschätzen kann, pusht eine Berührung, ein Klaps auf die Schulter, den Nacken. Beim Zugspitz Ultratrail hat Mandy, eine Freundin von mir, im Nachgang gesagt, dass sie einen richtig negativen Film geschoben hat. Dass es ihr nicht gut ging während des Laufs. Als ich ihren Nacken tätschelte, hat sie das aus dem Tunnel rausgeholt. Das fand sie extrem wichtig. Eine kleine Berührung kann einem Menschen sehr guttun, aus dem Loch befreien. Das ist krass! Auch mögen es fast alle, wenn man sie mit dem Namen anspricht. Der steht ja meist auf der Startnummer drauf. Das wirkt persönlicher, echter. Ich mag es auch total, wenn man mich so pusht.

Extrem schwierig, und bitte nicht machen: Leute anfassen, die das nicht wollen. Wenn man eine Person nicht persönlich gut kennt – immer Hände weg.

#BeatYesterday.org: Der berühmteste Motivationsspruch der deutschen Sportgeschichte stammt von Udo Bölts, einem Radprofi. Der bellte Jan Ullrich bei der Tour de France 1997 mit liebevollen Worten nach vorn: „Quäl dich, du Sau!“. Wie findest du das?

René Claußnitzer: Kennt man die Person, und weiß, dass sie sowas mag oder vielleicht auch braucht, dann kann man das machen. Vor allem bei Performance-Athletinnen und -Athleten, die Bestzeiten wollen, kickt so eine Provokation gerne mal nach vorn. Da kann so ein patziges „Ich will dich laufen, nicht gehen sehen“ oder „Das hab ich schon mal schneller gesehen“ noch ein paar Prozente freisetzen. Grundsätzlich empfehle ich den positiven Dreh. Besonders wenn Menschen offensichtlich leiden. Die brauchen dann alles – außer einen blöden Spruch.

#BeatYesterday.org: Gibt es etwas, was dich an der Strecke richtig hart nervt?

René Claußnitzer: Wenn da ganz viele Leute stehen, die aber nur den Mund aufbekommen, wenn eine bekannte Person vorbeikommt. Laut sein, wenn der Nachbar, die Freundin oder Papa vorbeirauschen – okay. Aber alle anderen, die sich reinhauen, ignorieren? Das finde ich total blöd. Die richtig gute Stimmung entsteht, wenn alle sich lautstark für jede und jeden reinhauen.

#BeatYesterday.org: Gibt es eigentlich regionale Unterschiede beim Support?

René Claußnitzer: Ja, in Städten mit einer starken Lauf-Community wie Berlin, Hamburg oder München in Deutschland, wird es sehr laut. Da sind die Leute aber auch etwas extrovertierter. Die fahren beim Jubeln richtig aus der Haut. Bei kleineren Events wie in Dresden oder Leipzig, meiner Heimat, ist es schon zurückhaltender. Aber auch dort ging es stimmungstechnisch nach vorn.

#BeatYesterday.org: Mal ehrlich: Deutschland, Österreich, Schweiz – wo sind die Menschen am lautesten?

René Claußnitzer: Ich bin da diplomatisch: die Leute in Italien und Spanien. Die Menschen haben dort eine herzensgute Grundpositivität, die sind temperamentvoller. Pauken, Trommeln, Trillerpfeifen – die volle Dröhnung. Beim Zegama-Rennen, bei dem es krass bergauf geht, sind unfassbar viele Menschen am Berg, nur um zu brüllen. Da findet der Wettkampf stimmungstechnisch fast mehr neben der Strecke statt.

#BeatYesterday.org: Angenommen, deine Oberschenkel machen zu, die Füße schmerzen, du hast null Bock: In welcher Cheering Zone möchtest du mental wiederbelebt werden?

René Claußnitzer: Kein Flachs: Beim Zugspitz Ultratrail. Das war dieses Jahr einmalig. Das will ich auf der Strecke erleben. Was die NOMADS, eine Lauf-Community, 18 bis 20 Kilometer vor dem Ziel abgerissen haben – einmalig. 200 Leute, 13 Stunden da oben, irre. Wirklich alle, die vorbeikamen, ob bekannt oder unbekannt, wurden hochgebrüllt. Das war pures Partymachen in der Cheering Zone – aber auch ganz viel Herz für alle Teilnehmenden. Ich glaube, da ist am Ende niemand vorbeigekommen, der nicht namentlich angesprochen wurde. Auch wurden fleißig Getränke spendiert.

#BeatYesterday.org: Apropos Getränke: Was darf man dir gerne reichen?

René Claußnitzer: Wenn es mir gut geht, ich keine Bestzeit will, dann gerne ein Bierchen. Das ist schon sehr nice, so ein kühles Blondes von der Cheering Zone, auf den letzten Kilometern. Ein Schnaps darfs auch ausnahmsweise sein. Oder richtig geil: ein Aperol auf der Zielgeraden. Das hat Stil.

Rene Claußnitzer beim Sonnen mit Pace-Tattoo auf dem Bein
© Garmin

#BeatYesterday.org: Bleibt das letzte wichtige Thema: Mit welcher Musik pusht man Leute am besten?

René Claußnitzer: Unsere Playlist war schon sehr Beats per Minute belastet. Trance, Techno, Ballermann-Mucke. Nicht die Sauflieder, sondern die richtigen, und zwar stampfend. „Vamos a la Playa“ war dieses Jahr so ein Song des Wochenendes. Wir hatten einen guten DJ, der zwölf Stunden lang Musik mit 160 bis 180 Beats rausgeholt hat. Da will man sich als Zuschauer einfach bewegen, da will man die Glocke benutzen, da will man mitlaufen.

#BeatYesterday.org: Also eher nicht Helene Fischer und andere Schlager.

René Claußnitzer: Ach, mein Gott. Wenn da jemand vorbeikommt, von dem man weiß, dass der oder die Helene jetzt lieben würde, dann gerne auch das. Hauptsache danceable. Hauptsache schnell. Die Musik sollte die Menschen auf den Berg treiben.

Stampfen mit René: Gönne dir seine Playlist direkt vor dem nächsten Training!

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Über diesen Artikel

Hannes Hilbrecht

Autor:

Hannes Hilbrecht

Hannes ist mittlerweile seit mehr als zehn Jahren als Journalist tätig – davon fünf als …

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René Clausnitzer

Co-Autor:in:

René Claußnitzer

Ultraläufer René Claußnitzer liebt es steil, schnell und schrill. Bei seinen Trail-Läufen trägt der gebürtige …

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