Vor nicht einmal zehn Jahren nahm ein neuer Trend Fahrt auf: Plötzlich stemmten Pubertierende massenweise Gewichte. In vielen Portemonnaies von Teens fanden sich Mitgliedsausweise der nahegelegenen Fitnessstudios. Ein Trainingsplan bestimmte den Alltag und das Pausenbrot musste Reiswaffeln und Proteinshakes weichen.
Eine Entwicklung, die bis heute anhält. 2023 besuchten in Deutschland über 1,5 Millionen der 14- bis 19-Jährigen regelmäßig die Fitnessstudios des Landes.
Aber ist Krafttraining in der Wachstumsphase gesund? Was Expertinnen und Experten lange kontrovers diskutierten, konnten Studien inzwischen als unbedenklich belegen. Auch Kinder dürfen trainieren – entscheidend ist jedoch die richtige Dosis.
Was Eltern beachten sollten und welche Übungen sich eignen, erfährst du hier.
Inwieweit eignet sich Krafttraining für Kinder?
Unter bestimmten Bedingungen ist Krafttraining für Kinder unbedenklich. Natürlich sollten junge Steppkes nicht an der Beinpresse ächzen. Mit Eigengewicht oder leichten Hanteln können sie aber durchaus trainieren. Sofern das Training an ihre körperlichen Voraussetzungen angepasst ist.
Kinder sollten jedoch nie ausschließlich Krafttraining absolvieren, da sonst Beweglichkeit und Flexibilität leiden können. Ein ausgewogener Mix aus Ausdauer- und Krafttraining ist optimal für die körperliche und motorische Entwicklung.
Tipp: Laut Expertinnen und Experten können erste Kräftigungsübungen bereits im Kleinkindalter spielerisch integriert werden. Beispielsweise beim Toben auf dem Sofa oder beim Klettern am nächstgelegenen Spielplatz.
Welche Vorteile hat das Krafttraining für Kinder?
Krafttraining kann sich positiv auf die Entwicklung von Kindern auswirken. Wer früh beginnt, seine Kraft zu trainieren, profitiert sogar noch im Erwachsenenalter davon. Weitere Vorteile sind:
Stärkere Knochen
Lange Zeit hatte Krafttraining für Kinder einen schlechten Ruf. Der Grund? Es hieß, dass Knochen und Wachstumsfugen geschädigt würden. Eine Studie der Universität Pennsylvania konnte diese Bedenken jedoch entkräften.
Dr. Matthias Heinold, Fachleiter der Fakultät für Bewegungswissenschaften an der Universität Hamburg, sieht sogar Vorteile im Krafttraining. Im Gespräch mit dem ZDF erklärte er: „Krafttraining beinhaltet den Reiz, der auch zum Wachstum der Knochen beiträgt, die Knochensubstanz vergrößert und die Statik entsprechend ausprägt.” Richtig ausgeführt, kann Krafttraining Knochen also sogar stärken.
Bessere Körperhaltung
80 Prozent der Jugendlichen bewegen sich zu wenig. Insbesondere die 11- bis 15-Jährigen. Wo früher Fußball gespielt und auf Bäume geklettert wurde, wandert der Blick heute meist auf das Smartphone. Das wirkt sich negativ auf die Körperhaltung aus und kann bereits in jungen Jahren zu Schmerzen und Haltungsschäden führen.
Krafttraining kann dem entgegenwirken. Eine Studie der Fakultät für Sportwissenschaft an der Universität Granada zeigte, dass sich bereits nach 13 Wochen Krafttraining sowohl die Kopfhaltung als auch die Ausrichtung der unteren Gliedmaßen verbesserten. Zudem erzielten die teilnehmenden Kinder bessere Ergebnisse in sportlichen Abschlusstests.
Gesteigertes Selbstbewusstsein
Kräftigende Workouts haben nicht nur physische, sondern auch mentale Vorteile. Wie Krafttraining das Selbstbewusstsein beeinflusst, untersuchte ein Forschungsteam der Universität Dundee. Das Institut für Sport und Bewegung beobachtete in einer Studie die Selbstwahrnehmung der Teilnehmenden. Das Ergebnis: Nach einem achtwöchigen Training stieg ihr Selbstbewusstsein deutlich. Zusätzlich verbesserten die Teenager ihr körperliches Selbstwertgefühl.
Verletzungsprävention
Regelmäßiges Krafttraining in der Kindheit kann sich viele Jahre auszahlen. Es schafft die Grundlage für ein Leben mit geringerem Verletzungsrisiko. Eine Studie des Children’s Hospital Medical Center in Cincinnati zeigte, dass regelmäßiges Krafttraining das Verletzungsrisiko um bis zu 68 Prozent senken kann – insbesondere bei unsportlichen Kindern. Durch den Muskelaufbau verbesserten sich ihre Stabilität und Körperkontrolle erheblich. Laut Dr. Matthias Heinold kann dieser Effekt sogar bis ins hohe Alter anhalten und vor Verletzungen schützen.

Risiken beim Krafttraining
Krafttraining bietet viele Vorteile für Kinder. Aber nur bei richtiger Anwendung. Besonders wichtig ist die korrekte Ausführung der Übungen, da Muskeln, Bänder und Gelenke von Kindern noch nicht so widerstandsfähig sind wie bei Erwachsenen. Eine fehlerhafte Technik kann schnell zu Verletzungen führen. Deshalb ist eine fachkundige Anleitung unerlässlich.
Auch die Intensität des Trainings sollte angemessen sein. Ist das Training zu hart, leidet nicht nur die Übungsausführung, sondern auch der Spaß an der Bewegung. Dies kann zu psychischem Druck führen und Kindern die Freude am Sport nehmen.
Ebenso wichtig ist die Regenerationszeit nach einer Trainingseinheit. Zwar erholen sich Kinder schneller als Erwachsene, ausreichend Pausen sind dennoch essenziell. In diesen Phasen kann der Körper kleine Muskelverletzungen reparieren und Muskelmasse aufbauen.
Welche Kraftübungen eignen sich für Kinder?
Jugendliche können ohne Probleme mit Geräten und Gewichten trainieren. Kinder sollten jedoch zunächst mit dem eigenen Körpergewicht beginnen. Ein ausgiebiges Warm-up bereitet Muskeln, Gelenke und Bänder optimal auf das Training vor. Für den Einstieg genügen 15 bis 20 Wiederholungen pro Übung. Wer das nicht schafft, startet mit weniger.
Liegestütze
Liegestütze sind ideal für Kinder und lassen sich leicht an ihr Alter und ihre Kraft anpassen. Fehlt die nötige Kraft für klassische Liegestütze, können Kinder ihre Hände zunächst an die Wand setzen. Später trainieren sie auf den Knien oder schließlich mit den Füßen auf dem Boden.
Wichtig: Die Körperspannung muss stets gehalten werden. Hängt der Rücken durch, ist die Übung nicht effektiv und kann sogar schaden.
Kniebeugen
Auch Kniebeugen sind eine effektive Übung für Kinder. Sie stärken die Beinmuskulatur und erhöhen die Beweglichkeit der Hüfte. Wichtig ist, dass der Rücken dabei gerade bleibt. Falls er sich krümmt, sollten die Kinder nicht so tief in die Kniebeuge gehen.
Sit-ups
Sit-ups stärken die Bauchmuskulatur. Bei der Ausführung sollten Eltern darauf achten, dass der Oberkörper gerade bleibt und die Kraft aus den Bauchmuskeln kommt. Sonst wird der untere Rücken zu sehr belastet. wird der untere Rücken zu stark belastet. Die Hände sollten während der Übung dauerhaft an den Schläfen bleiben, um eine falsche Bewegung zu vermeiden.
Tipp: Spielerische Übungen für mehr Spaß
Krafttraining macht am meisten Spaß, wenn es spielerisch gestaltet wird. Lass dein Kind in Rückenlage seinen Namen mit den Beinen in die Luft schreiben oder seinen Schulranzen mit einem Seil zu sich heranziehen. Am besten machen Eltern einfach mit und fordern ihre Kinder zu einer kleinen Challenge heraus – so sind Spaß und Erfolg garantiert!
Wie oft sollten Kinder trainieren?
Kinder regenerieren sich schnell, dennoch sollten sie nicht zu häufig mit Gewichten trainieren. Im Gespräch mit der Sanitas-Versicherung erklärt die Sportmedizinerin Susi Kriemler, wie die ideale Dosierung aussieht:
Idealerweise findet der Kraftaufbau zwei- bis dreimal die Woche statt und wird mit dem Training für andere Sportarten kombiniert.
Susi Kriemler, Sportmedizinerin
Ab etwa zehn Jahren können Kinder Hanteln oder Geräte nutzen – jedoch niemals ohne fachgerechte Anleitung.
Quellen
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/272096/umfrage/fitnessstudio-nutzer-in-deutschland-nach-alter/
- https://www.bewegteschule.de/infoboerse/meldungen/Studie-belegt-Deutsche-Kinder-und-Jugendliche-bewegen-sich-zu-w
- https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/globaler-selbstwert/5991
- https://www.physiozentrum.ch/2014/06/krafttraining-schaedlich/
- https://www.sportunterricht.ch/Theorie/kraft_kinder_jugend.php
- https://www.sanitas.com/de/magazin/aktiv-sein/krafttraining-kinder-und-jugendliche.html
- https://www.zdf.de/nachrichten/ratgeber/gesundheit/krafttraining-jugendliche-104.html
- https://kindersport-wissen.de/krafttraining-fuer-kinder/
- https://www.edugroup.at/fileadmin/DAM/Logos/Spielerisches_Kraftraining.pdf
- https://www.germanjournalsportsmedicine.com/archive/archive-2009/heft-2/neuromuskulaere-auswirkungen-von-krafttraining-im-kindes-und-jugendalter/
- https://www.spiegel.de/fitness/fitness-und-krafttraining-drei-mythen-ueber-muskeltraining-bei-kindern-a-627ad576-e0c8-4465-85db-8e789d17cbc0
- https://www.datasport.com/de/wissenswertes/ist-krafttraining-im-kindes-und-jugendalter-schaedlich/
- https://www.fr.de/fr7/sportwissenschaftler-ingo-froboese-erklaert-warum-krafttraining-wichtig-ist-92294072.html
- https://www.apotheken-umschau.de/familie/jugendliche/jugendliche-im-fitnessstudio-ab-wann-ist-es-sinnvoll-977549.html
- https://happyfitpremium.de/2024/01/01/krafttraining-mit-kids-ab-wann-darf-ich-mein-kind-mit-ins-fitnessstudio-nehmen/
- https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/verletzungen-und-vergiftung/frakturen/wachstumsfugenfrakturen
- https://de.wikipedia.org/wiki/Epiphysenfuge
- https://quantumleapfitness.de/blogs/fitness-magazin/krafttraining-minderjaehrige#behindert-krafttraining-fur-minderjahrige-das-wachstum
- https://www.germanjournalsportsmedicine.com/archive/archive-2009/heft-2/neuromuskulaere-auswirkungen-von-krafttraining-im-kindes-und-jugendalter/
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24393806/
- https://www.researchgate.net/publication/232218058_Youth_resistance_training_position_Statement_paper_and_literature_review
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32459738/
- https://sportsmedicine-open.springeropen.com/articles/10.1186/s40798-019-0205-0
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5582694/
- https://www.frontiersin.org/journals/physiology/articles/10.3389/fphys.2022.1026012/full
- https://www.youtube.com/watch?v=5OPSKU4iP9g
- https://www.fit-4-future.ch/files/fit4future/files/uebungssammlung-krafttraining-im-kindesalter_de.pdf
- https://m.sihf.ch/media/16934/f1_f3_spielerisches-kraeftigen_fm.pdf
- https://www.sanitas.com/de/magazin/aktiv-sein/krafttraining-kinder-und-jugendliche.html
- https://www.sportunterricht.ch/Theorie/kraft_kinder_jugend.php
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