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Riechsalz im Sport: Verbessert es wirklich die Leistung?

Riechsalz hilft seit Langem bei Schwindelanfällen und Anspannung. Nun soll das Mittel die sportliche Leistung positiv beeinflussen. Was bringt der olfaktorische Kick – und ist er überhaupt legal?

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Eishockey gilt als die schnellste Teamsportart der Welt. Mit bis zu 50 Kilometern pro Stunde preschen die Profis über das Eis. Sie reihen permanente Richtungswechsel, Schüsse, Checks und verausgabende Verteidigungsaktionen aneinander. Der Körper arbeitet am Maximum. Nach 30 bis 45 Sekunden benötigen viele der austrainierten Athletinnen und Athleten eine Verschnaufpause. Und dieser Begriff ist passender als viele denken.

Unmittelbar vor ihrem nächsten Wechsel, so heißt der kurze Einsatz auf dem Eis, schnüffeln die Spielenden an einem schmalen Wattestreifen. Dieser ist kaum länger als fünf Zentimeter und wurde vorab in Riechsalz getunkt. Angesichts des strengen Geruchs rümpfen selbst hart gesottene Kufencracks ihre Nasen.

Mittlerweile verpassen sich zahlreiche Sportlerinnen und Sportler diesen Kick. Er soll die Herzfrequenz steigern, sportliche Höchstleistungen ermöglichen und den kognitiven Fokus verbessern. Aber stimmt das – und vor allem: Ist das Mittel legal?

Was ist Riechsalz?

Ursprünglich verwendeten Medizinerinnen und Mediziner Riechsalz bei Erste-Hilfe-Maßnahmen. Die Substanz basiert meist auf Ammoniumcarbonat, einem Salz, das bei Kontakt mit Feuchtigkeit das übel riechende Ammoniak freisetzt.

Der Stoff reizt die Schleimhäute, treibt Tränen in die Augen und beschleunigt den Atem. Mit diesem Schockmoment behandelten Ärztinnen und Ärzte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert unzählige Menschen, die unter Ohnmachts- oder Schwindelanfällen litten. Dafür schwenkten sie Fläschchen mit Riechsalzen unter den Nasen der Betroffenen.

Die Praktik mutet illegal an. Trotzdem kannst du Riechsalz benutzen. Die Substanzen stehen nicht auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Möchtest du den Effekt selbst testen, erhältst du Riechsalze in fast jeder Apotheke.

Wann und wie hilft Riechsalz?

Viele Sportlerinnen und Sportler greifen vor besonders akuten Belastungen zu Riechsalz. Auch im Kraftsport ist die Methode verbreitet. Schon eine kleine Dosis soll einen kurzen Boost verschaffen und beispielsweise das Stemmen eines Maximalgewichts ermöglichen. Wenn du die Wirkweise von Ammoniakdämpfen in deinem Körper verstehst, scheint das naheliegend.

Ammoniakdämpfe lösen einen verstärkten Atemreiz aus. Deine Herz- und Atemfrequenz erhöhen sich. Dadurch gelangt mehr Sauerstoff in dein Blut und später ins Hirn. Dieser Effekt vertreibt Erschöpfungssymptome und versetzt deinen Körper in eine leichte Paniksituation. Von der erhöhten Sauerstoffversorgung sollen auch deine Muskeln profitieren, indem sie besser oder länger funktionieren. Klingt logisch – doch es gibt einen Haken.

Wissenschaftlich bewiesen sind die erhofften Effekte nicht. Expertinnen und Experten vermuten, dass die Wirkungen zwar auftreten könnten, aber zu gering für verbesserte Ergebnisse sind. Vielmehr vermuten sie psychologische Auswirkungen durch das Riechsalz, einen Placeboeffekt.

Mit Bedacht schnuppern

Schon kleine Mengen der Ammoniakdämpfe schmerzen in der Nase und verdeutlichen, wie schädlich die chemische Verbindung sein kann. Besonders, wenn du zu viel davon einatmest. Die Dämpfe können dann Verbrennungen in der Nase, im Rachen und den Atemwegen verursachen. Auch bleibende Schäden drohen, zum Beispiel lästige Wassereinlagerungen in den Bronchien. In der Fachsprache werden diese als Ödeme bezeichnet.

Was du beachten solltest: Halte das Gefäß beim Schnüffeln nie zu nah an deine Nase und beachte stets einen Abstand von mindestens 15 Zentimetern. Wenn du dich beim Training schlecht oder unwohl fühlst, solltest du auf Riechsalz verzichten.

Kurzer Kick

Möchtest du dich an deiner Maximalleistung versuchen und dabei Riechsalz benutzen, musst du schnell sein. Die vermeintlichen Effekte der beißenden Substanz halten nicht lange an. Die Dämpfe entfalten ihre Wirkung nur knapp eine Minute.

Bedenke: Auch mit dem psychologischen Schub des Riechsalzes solltest du dich nicht überschätzen. Legst du zu viel Gewicht auf oder übernimmst dich anderweitig, drohen Verletzungen.

Auch solltest du nicht zu häufig an den kleinen Fläschchen riechen. Verwendest du sie mehrmals hintereinander oder in jedem Training, schädigst du langfristig deine Schleimhäute. Wenn du bereits unter Atemwegserkrankungen leidest, verzichte gänzlich auf Riechsalz. Es kann deine Beschwerden verstärken.

In welchen Sportarten ist Riechsalz sinnvoll?

Aufgrund der kurzen Wirkung von Riechsalz taugt die Methode nicht für Ausdauersportarten wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren. In Aktivitäten mit kurzer Anstrengung wird sie dagegen häufiger angewandt. Besonders im Kraftsport sind die Substanzen beliebt. Die erhöhte Atemfrequenz soll mehr Sauerstoff für die Muskeln liefern und soll sie für kurzfristige Kontraktionen leistungsfähiger machen.

Wie gefährlich Riechsalze sein können, wird besonders beim Boxen diskutiert. Benommene Kämpferinnen und Kämpfer sollen mit dem beißenden Geruch wieder klar im Kopf werden. Dadurch werden ernste Symptome einer Gehirnerschütterung überspielt. Es drohen schlimmere Folgeschäden. Gegen Schmerzen oder bei Benommenheit nach einem Zusammenprall solltest du Riechsalz nicht verwenden.

Wo kannst du Riechsalz kaufen?

Riechsalz findest du mittlerweile in Online-Shops. Möchtest du dich vorher informieren, gehe lieber in eine Apotheke. Dort kannst du dem Fachpersonal diverse Fragen stellen und Empfehlungen einholen. Kaufst du das erste Mal Riechsalz, entscheide dich für ein Produkt mit milder Intensität.

Brennt dir das Riechsalz zu stark in der Nase, kannst du Produkte mit ätherischen Ölen kaufen. Diese Duftstoffe übertünchen den Ammoniakgeruch etwas.

Tipp vom Autor: Riechsalz soll angeblich dafür sorgen, dass dein Körper mehr Sauerstoff aufnimmt. Die Begründung klingt logisch, ist aber – wie erwähnt – nicht bewiesen. Glücklicherweise gibt es Wege, die erwiesenermaßen helfen. Mit gewissen Lebensmitteln kannst du beispielsweise den Hämoglobinwert in deinem Blut verbessern. Die Eiweißverbindung ist wichtig, damit dein Blut den eingeatmeten Sauerstoff besser aufnehmen und transportieren kann. Je mehr Hämoglobin dein Körper produziert, desto leistungsfähiger bist du – sogar bei Ausdauersportarten.

Folgende Mikronährstoffe fördern deinen Hämoglobinwert:

  • Eisen: Eier, Müsli, grünes Blattgemüse, Bohnen
  • Vitamin B6: Gemüse, Nüsse und Samen.
  • Vitamin B9 (Folsäure): Grünes Blattgemüse, Bohnen und Früchte.
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