Propolis: Starkes Immunsystem durch Bienenkitt?

Inhalt:

Was ist Propolis?
Wie wirkt Propolis auf deinen Körper?
Einordnung der Studien zu Propolis
Das Harz der Bienen – Wann du vorsichtig sein solltest
Hat Propolis Effekte auf sportlich Aktive?
Fazit: Große Versprechen, wenig Belege

Bei Häusern sind Bienen den Menschen überraschend ähnlich. Das Domizil soll Sicherheit bieten, möglichst keimfrei sein und gut temperiert. Und wo der Wind durch die Ritzen pfeift, schließt Bauschaum und Dämmwolle die Lücken. Bienen produzieren ihre Stopfmasse einfach selbst.

Doch Propolis, die harzartige Stopfmasse der Bienen, kann mehr. Neben Honig landet auch der Bienenkitt immer häufiger auf dem menschlichen Speiseplan. Herstellende locken mit etlichen Werbeversprechen: gestärktes Immunsystem, bessere Verdauung, weniger Müdigkeit. Aber kann Propolis diese halten?

Was ist Propolis?

Beginnen wir im Insektenreich: Propolis ist eine harzige Substanz, die Bienen von Knospen und Rinden verschiedener Laubbäume sammeln. Damit sie richtig klebt, mixen sie dem zähen Cocktail Wachs, Pollen und Speichelsekrete bei.

Mit diesem sogenannten Bienenleim füllen sie kleinste Lücken im Bienenstock. Das ist eine enorm wichtige Arbeit. Die Masse verleiht dem Domizil mehr Stabilität. Viel wichtiger ist aber die keimhemmende Wirkung. Mit etwa 35 Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit herrschen innerhalb des Stocks perfekte Bedingungen für Bakterien. Breiten sie sich aus, kann das ein ganzes Volk gefährden. Propolis bremst diesen Prozess.

Die antibakterielle Wirkung machte das Kittharz auch für Menschen früh interessant. Bereits im alten Ägypten soll es zur Einbalsamierung genutzt worden sein. Auch half es später bei der Wundversorgung in der Antike. Heute findest du es vor allem als Nahrungsergänzungsmittel in Supermärkten.

Wie wirkt Propolis auf deinen Körper?

Zunächst ein kleiner Stimmungskiller: Für ein gestärktes Immunsystem durch Propolis gibt es keine Beweise. Lies trotzdem weiter. Denn gesunde Effekte hat das Bienenharz durchaus!

Gehemmte Entzündungsreaktionen

So kann das Harz beispielsweise Entzündungen hemmen. Das macht den Stoff vor allem für Menschen interessant, die an chronischen Erkrankungen wie Arthrose oder Diabetes leiden. Denn Propolis senkt wichtige Entzündungsmarker im Körper. Das soll sogar bei chronischen Schmerzen helfen, wie Forschende der Universität im chinesischen Loudi vermuten.

In ihrer Untersuchung konnte die Einnahme von Propolis den Gehalt mehrerer inflammatorischer Botenstoffe senken. Dazu zählen Interleukin-6, der Tumornekrosefaktor-α und C-reaktives Protein. Die Forschenden sehen darin Hinweise, dass Propolis Schmerzen oder Erschöpfung lindern könnte. Die Effekte traten allerdings meist erst bei längerer und regelmäßiger Einnahme auf. Gesichert ist die Evidenz nicht. Dennoch könnte Propolis Begleitbeschwerden chronischer Krankheiten abschwächen.

Antioxidative Wirkung

Vor Viren und Bakterien kann dich Propolis nicht schützen. Vor anderen schädlichen Stoffen innerhalb deines Körpers sehr wohl. Das zeigte eine Studie der Universität im iranischen Mashhad. Der Bienenkitt stärkt das antioxidative System deines Körpers. Dessen Aufgabe? Es schützt dich vor oxidativen Schäden an deinen Zellen durch freie Radikale. Diese können Erkrankungen wie Alzheimer oder Diabetes begünstigen.

Durch Propolis steigt der Gehalt wichtiger Antioxidantien in deinem Blut. Zudem erhöht es deine antioxidative Kapazität. Dadurch kann dein Körper mehr freie Radikale neutralisieren. Das kann Schäden an DNA, Zellen und Proteinen verhindern.

Verbesserter Stoffwechsel

Ein Effekt, der besonders für Menschen mit Typ-2-Diabetes relevant ist. Propolis kann die Blutzuckerkontrolle des Körpers fördern. Das belegte eine Studie der Universität im mexikanischen Guadalajara.

Die regelmäßige Einnahme senkte den Nüchternblutzucker der Teilnehmenden um rund 10 mg/dl (Milligramm pro Deziliter). Das senkt das Risiko für Folgeerkrankungen, reduziert Schwankungen und beugt Heißhunger vor. Auch die Insulinempfindlichkeit stieg.

Forschende beobachteten außerdem einen Schutzeffekt für die Leber. Denn der Bienenkitt kann die Leberenzyme Alanin-Aminotransferase und Aspartat-Aminotransferase senken. Diese sind Marker für Zellstress und Leberentzündungen.

Geförderte Zahn- und Mundgesundheit

Besonders wirkungsvoll zeigte sich Propolis im Mund. So soll das Bienenharz Karies vorbeugen können, Zahnfleischentzündungen lindern, Zahnbelag minimieren und sogar Mundgeruch abschwächen. Das legt eine Meta-Analyse einer Universität in Taiwan nahe. Auch bei der Behandlung von Erkrankungen wie Parodontitis zeigte der Stoff Potenzial.

Allerdings merken die Forschenden an, dass eindeutige Hinweise fehlen. Zu klein waren die untersuchten Studien. Dennoch empfehlen Expertinnen und Experten Propolis als potenziell wirksamen Stoff in der Zahnmedizin.

Eine Frau gibt Propolis-Granulat in ihr Getränk. — © FG Trade / E+ / Getty Images

Einordnung der Studien zu Propolis

Dein Immunsystem kann Propolis nicht stärken. Die oft beworbenen Effekte stimmen also nicht. Das bestätigt auch die deutsche Verbraucherzentrale. Sie urteilt scharf: Für die angepriesenen, krankheitsbezogenen Vorteile gibt es keinerlei wissenschaftliche Hinweise.

Studien deuten dennoch Potenziale an. Oft traten diese aber bei kleinen Versuchsgruppen oder Tierversuchen auf. Forschende betonen deshalb: Für sichere, evidenzbasierte Aussagen braucht es Langzeitstudien und größere Kohorten.

Zusätzlich erschwert die Zusammensetzung von Propolis einheitliche Ergebnisse. Es besteht aus über 300 chemischen Verbindungen. Deren Anteile hängen stark von äußeren Bedingungen wie der Pflanzenverfügbarkeit oder dem Standort des Bienenstocks ab. So zeigte beispielsweise brasilianische Propolis Effekte, die chinesische Studien nicht bestätigen konnten.

Ganz wichtig: Selbst mit belegten Effekten kann Propolis nur unterstützend wirken. Es ist kein Allheilmittel.

„Wir hoffen, dass unsere Forschung letztendlich zur Identifizierung chemischer Bestandteile in Propolis führt, die krankheitserregende Mikroben beim Menschen bekämpfen.“
Dr. Marla Spivak, US-amerikanische Entomologin und Propolis-Forscherin

Das Harz der Bienen – Wann du vorsichtig sein solltest

Noch sind die Effekte auf den Menschen kaum bewiesen. Mit unzähligen Propolis-Produkten sind Shops dennoch schon befüllt. Obwohl wenig über Nebenwirkungen bekannt ist. Vereinzelt berichten Menschen von Kopfschmerzen, Schwindel oder einem befremdlichen Gefühl im Hals.

Deutlich vorsichtiger solltest du sein, wenn du allergisch auf Bienen- oder Wespenstiche reagierst. Wendest du das Harz zur Wundversorgung auf der Haut an, sind Rötungen, Schwellungen oder ein Juckreiz wahrscheinlich. Bei der Einnahme sind in seltenen Fällen sogar schwere allergische Reaktionen möglich, bis hin zum anaphylaktischen Schock. Das ist eine heftige Immunreaktion und ein potenziell lebensbedrohlicher Zustand.

Auch bei einer Asthmaerkrankung solltest du auf Propolis verzichten. Asthma macht dich anfällig für allergische Reaktionen. Mit den vielen im Bienenharz enthaltenen Allergenen sind Beschwerden deutlich wahrscheinlicher. Selbst dann, wenn keine bekannte Allergie gegen Bienen oder Wespen vorliegt.

Ein Imker schabt Propolis von Bienenwaben ab. — © Vitalii Petrushenko / iStock / Getty Images Plus

Worauf du beim Kauf achten musst

Ob roh, als Tinktur, Salbe oder Pulver – Propolis findest du in vielen Formen. Das ist beim Kauf wichtig:

Herkunft und Qualität: Kontrolliere vor dem Kauf die Herkunft des Produkts. Zum Beispiel, ob es aus nachhaltigem Anbau und einer Imkerei ohne Umweltbelastung stammt. Bio-Zertifikate sind ein gutes Indiz dafür.
Schonende Verarbeitung: Das Propolis sollte ohne Hitze oder chemische Zusätze verarbeitet sein. So bleiben viele antioxidative Stoffe wie Flavonoide erhalten.
Reinheit des Produkts: Propolis mag gesunde Effekte entfalten, kann aber auch Schadstoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe enthalten. Diese krebserregenden Substanzen solltest du konsequent meiden.
Transparenz: Ein gutes Produkt klärt über Herkunft und Herstellung auf. Auch wichtig: unabhängige Labortests zur Wirksamkeit des Produkts.

Hat Propolis Effekte auf sportlich Aktive?

Gesund und auch noch leistungsfördernd? Genau das lassen Studienergebnisse der Universität im chinesischen Shandong vermuten. Laut den Forschenden könnte Propolis die Ausdauerleistung verbessern.

Grund dafür sollen enthaltene Flavonoide wie Quercetin sein. Das Antioxidans konnte in früheren Untersuchungen starkem Muskelkater abschwächen und minimal die Leistung steigern. Doch auch hier gilt: Für belastbare Aussagen braucht es Langzeitstudien mit großen Versuchsgruppen.

Fazit: Große Versprechen, wenig Belege

Während Bienen mit Propolis ihren Stock abdichten, klaffen in Studienergebnissen noch große Lücken. Die Potenziale mögen fantastisch erscheinen. Die Wirksamkeit beim Menschen ist aber längst nicht ausreichend erforscht. Oder anders ausgedrückt: Noch kannst du dir das Geld für teure Pulver, Tinkturen oder Salben sparen. Bis die Forschung es belegt, bleibt Propolis vor allem eines: ein gesund klingendes Versprechen.

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