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Fünf Tage Atemübungen: Bewusst atmen, besser leben?

Atmen – was soll man da schon falsch oder richtig machen? Die Antwort: einiges. Wie Atemübungen das Leben verbessern können – unser Autor hat es getestet.

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Schon beim Erblicken der Sechs keuche ich. Die Waden, eigentlich an den Aufstieg in den neunten Stock gewöhnt, verhärten sich. Verlangen nach Sauerstoff. Mein hastiges Schnaufen ist da kontraproduktiv.

Eigentlich würde ich mit schweren Einkäufen in Rucksack und Tasche den Fahrstuhl nehmen. Drei wartende Personen vor der metallenen Tür ließen mich aber ins Treppenhaus abbiegen. Oben angekommen, denke ich schon nicht mehr über eine der wichtigsten Tätigkeiten des Menschen nach: das Atmen.

Laut Expertinnen und Experten sind etwa 60 bis 80 Prozent der Menschen so unachtsam wie ich. Sie atmen zu flach. Und verschenken damit die beachtlichen Effekte des bewussten Lungenbelüftens. Atemübungen sollen Stress lindern, den Schlaf verbessern und das allgemeine Wohlbefinden steigern.

Was davon wirklich klappt? Ich wollte es herausfinden.

Der Anfang eines jeden Experiments: das Warum

Atmen und ich – das war schon seit jeher eine recht spezielle Beziehung. Aufgrund einer angeborenen Atemwegsverengung fiel mein kurzer Atem schon in der Kindheit auf. Ein Inhalationspulver sollte die Atemnot zumindest bei körperlicher Aktivität lindern. Ich nahm es nicht. Im kindlichen Eifer vergaß ich den kurzen Sprühstoß regelmäßig. Wenn ich den Inhalator überhaupt dabei hatte.

Heute hat sich nicht viel daran geändert. Die Verengung ist noch da, das Bewusstsein fehlt nach wie vor. Zwar ermahne ich mich gelegentlich zu tiefen Atemzügen, meist lasse ich es aber einfach geschehen.

Für dieses Experiment änderte ich das. Eine Woche lang bereicherten Atemübungen meinen Alltag. Nicht gegen ein akutes Leiden, obwohl der Stresslevel meiner Smartwatch mich nicht als völlig entspannten Menschen zeichnete. Vielmehr wollte ich die Atemtechniken als Werkzeug bei mittäglicher Müdigkeit oder stressigen Alltagssituationen nutzen.

Was ich mir aber vor allem erhoffte: Routine. Bewusste Atemzüge sollten künftig keine kurz aufflackernde Erinnerung sein, sondern ein fester Bestandteil meines Tages.

Spannend: Das Atemmuster eines Menschen ist beinahe so einzigartig wie sein Fingerabdruck. Forschende hoffen, es künftig zur frühzeitigen Erkennung von Krankheiten nutzen zu können.

Fünf Tage Atemübungen – so lief das Experiment

Ein Hauch von Langeweile zum Einstieg

Zunächst ein Geständnis: Skepsis begleitete die ersten Einheiten. Atmen? Das passiert doch automatisch. Was soll man da richtig oder falsch machen können? Entsprechend seltsam fühlte sich die erste Übung an. Ich schaltete den Fernseher aus und stellte das Handy stumm. Nach Auswahl der Atemtechnik auf meiner Smartwatch saß ich in völliger Stille auf meinem Teppich. Ich atmete. Und langweilte mich.

Nach Entspannung fühlte sich das nicht an. Während die Umgebung verstummte, tat es mein Kopf nicht. Ich grübelte nicht, trotzdem kreisten die Gedanken. Spüre ich die Vibrationen der Uhr? Hätte ich mich anlehnen sollen? Halte ich den Rücken gerade? Abschalten gelang mir nicht. Ein Blick in die Connect-App widerlegte allerdings mein Gefühl der Wirkungslosigkeit. Elf Minuten bewusste Atmung senkten mein Stresslevel um 34 Punkte.

Am Abend überredete ich mich zu einer zweiten Einheit. Denn in zu vielen Nächten wälze ich mich lange umher. Warum nicht mit Atmen gegensteuern? Statt wie sonst im Bett am Handy zu scrollen, saß ich nun davor und stieß schnaufend die Luft aus. Am nächsten Morgen quittierte mir der Sleep Score einen Teilerfolg. Die Nacht war zu kurz, dafür aber erstaunlich erholsam. Ein Wert, den auch mein Gefühl bestätigte.

Ein Bild von einer Garmin Smartwatch während Atemübungen mit Screenshots aus Garmin Connect daneben.
© Privat

Zwischen abgelenktem Schnaufen und erholsamer Pause

An den folgenden Tagen nutzte ich die Atemübungen gezielt als Werkzeug. Haftete am Morgen noch die Schwere der Nacht an mir, begann ich mit bewusst tiefen, schnellen Atemzügen. Hing ich beim Schreiben verbohrt an einem Satz fest, lehnte ich mich zurück und praktizierte Box-Breathing.

Die Wirkung zeigte sich im Stresslevel und in meinem persönlichen Empfinden. Der Kopf klarte auf, wenn ich mich bewusst meiner Atmung widmete. Eine Atemübung musste ich sogar unterbrechen, weil mir spontan eine Formulierung einfiel. Als hätte ich Kreativität inhaliert.

Am vierten Tag erlebte ich eine Premiere. Erstmals konnte ich auch den Kopf abschalten. Verschwendete keinen Gedanken an berufliche Aufgaben oder die richtige Sitzhaltung. Ich atmete einfach und fühlte mich danach wirklich erholt.

Dachte ich anfangs bei der 4-7-11-Atmung noch ständig über die Länge des Ausatmens nach, ließ ich mich nun von der Vibration meiner Uhr leiten. Die spürt man übrigens ziemlich deutlich, wenn die Konzentration nicht an Belanglosem haftet.

Zwei Screenshots zu Atemübungen und dem Stresslevel bei Garmin Connect.
© Privat

Drei hilfreiche Atemübungen

Atemtechniken gibt es viele. Garmin hat einige der wirkungsvollsten direkt als geführte Programme auf der Smartwatch hinterlegt. Im Menü findest du sie in den Aktivitäten. Dort kannst du eine Technik auswählen und wirst durch Display-Animationen und Vibrationssignale durch die Atemphasen geführt. Drei Methoden haben sich für meinen Alltag besonders bewährt:

Box-Breathing – Ruhe in vier Takten

Vier Sekunden einatmen, vier Sekunden Luft anhalten, vier Sekunden ausatmen, vier Sekunden erneut anhalten. Eine simple wie wirksame Methode. Sie hilft bei Stress, fördert die Konzentration und kann den Puls und den Blutdruck senken.

Auf deiner Garmin Smartwatch kannst du zwischen einer kurzen (5 Minuten) und einer langen (15 Minuten) Einheit wählen. Visuelle und haptische Signale führen dich zuverlässig durch die Atemphasen.

Kohärenz – Gleichmäßigkeit, die entspannt

Diese Technik bringt deinen Atem Schritt für Schritt in einen gleichmäßigen Takt. Das beruhigt das Nervensystem, stabilisiert den Herzschlag – und hilft, sich wach, aber dennoch gelassen zu fühlen.

Auf deiner Garmin Smartwatch ist „Kohärenz“ als 15-Minuten-Einheit verfügbar. Sie beginnt mit kürzeren Atemzügen und verlängert den Rhythmus schrittweise, bis du bei 6:6 angekommen bist. Das erleichtert den Einstieg und macht die Übung auch für Ungeübte gut machbar.

4-7-8-Atmung – die Atemformel fürs Einschlafen

Vier Sekunden lang tief durch die Nase einatmen, sieben Sekunden den Atem anhalten, acht Sekunden langsam durch den Mund ausatmen. Diese Technik beruhigt das Nervensystem, senkt einen schnellen Puls und kann beim Einschlafen helfen.

Auf deiner Garmin Smartwatch findest du sie als „Ruhe“-Übung. Sie beginnt mit kürzeren Intervallen (3-6-6) und steigert sich nach und nach auf den vollständigen 4-7-8-Rhythmus. Ein Timer, Vibrationen und visuelle Signale auf dem Display helfen dir, den Ablauf präzise einzuhalten – ohne auf die Sekunden zählen zu müssen.

Was sich verändert hat

Aber was hat das Ganze nun gebracht? Ein deutlich verringerter Stresslevel stellte sich nicht ein. Was nach nur fünf Tagen auch kaum zu erwarten war. Besonders weil mir die angepeilten drei Einheiten am Tag nicht immer gelangen. Der normale Alltag sabotierte diesen Plan. Mal war ich am Abend zu müde, mal verhinderte ein voller Zug die nötige Entspannung für Atemübungen.

Genau in diesem half mir das Experiment dennoch. Echauffierte sich ein Fahrgast über den Aufpreis in der ersten Klasse, stellte ich früher die Kopfhörer lauter. Derart unbegründete Diskussionen ließen sonst meinen Puls anschwellen. Statt ungesunder Lautstärke auf den Ohren animierte ich mich nun zu tiefen Atemzügen. Bis das leidige Gezeter endlich endete.

Auch an vollen Bahnsteigen half mir kontrolliertes Atmen. Wenn der stumme Kampf um den besten Platz nahe der Tür tobte, bewahrte mich kontrollierte Atmung fernab des Trubels vor starken Schweißausbrüchen. Mit jedem Atemzug ein kleines Loslassen. Mit spürbarem Effekt auf mein Stresslevel.

© Privat

Fazit: Was bleibt nach dem Experiment?

Die anfängliche Skepsis wich. Auch wenn sich keine markanten Verbesserungen meiner Werte einstellten, halfen mir die Atemübungen. Sie konnten stressigen Situationen vorbeugen. Vor allem aber schufen sie ein neues Bewusstsein.

Denn während ich aufwühlende Situationen vorher einfach über mich ergehen ließ, denke ich jetzt häufiger an eine bewusste Atmung. Natürlich nicht immer, aber häufiger als früher.

Wenn du selbst ausprobieren möchtest, wie Atemübungen wirken, findest du hier unser Video mit praktischen Übungen – einfach mitmachen und erleben, wie schnell der Atem Ruhe bringen kann.

Was dich sonst noch vorwärts bringt

Respiration Tracking: Deine Atmung im Blick

Die Atmung spiegelt deine Fitness wieder. Mit dem Respiration Tracking kannst du deine Atmung jederzeit analysieren. Spezielle Atemübungen helfen dir, Stress zu reduzieren und deine Atmung zu optimieren.

Quellen
  1. https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/psychische-gesundheit/richtig-atmen-1055858
  2. https://www.mdr.de/wissen/medizin-gesundheit/atem-fingerabdruck-atmung-gesundheit-100.html
  3. https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/stress/5-atemuebungen-fuer-mehr-ruhe-und-entspannung/
  4. https://sportaerztezeitung.com/rubriken/training/3774/atemtraining/
  5. https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Atemtherapie-Mit-Uebungen-einfach-entspannen,atemtherapie100.html
  6. https://openup.com/de/blog/vorteile-von-atemuebungen/
  7. https://www.meine-krankenkasse.de/ratgeber/mentale-gesundheit/richtig-atmen
  8. https://www.netdoktor.de/therapien/atemuebungen/
  9. https://www.zeitschrift-sportmedizin.de/atemtraining-bessere-leistung-durch-sparsameres-atmen/

Über diesen Artikel

Kevin Berg © Redaktion

Autor:

Kevin Berg

Kevin Berg ist seit 2019 #BeatYesterday-Redakteur mit vielen Interessen. Als Journalist wurde Kevin an einer …

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