Plötzlich durchschneidet ein piependes Geräusch die Stille. Auf dem Nachttisch summt und vibriert etwas. Ein Insekt? Ein Vogel?
Die Geräusche sind nicht besonders laut. Sören Erler bemerkt sie trotzdem. Jedes Mal. Als wäre er darauf programmiert.
Er schreckt aus dem Schlaf hoch. Noch dösend tastet seine Hand nach dem Pager. Dann schon schnellt er aus der Koje. Halbwach steigt er in die Hose, in die Schuhe und ins Auto. Zur Feuerwehrwache sind es ein paar Minuten. Dann in die Katakomben hetzen, reinschlüpfen, nein, reinspringen in den Feuerwehrschutzanzug aus Aramid und Kermel, sogenannte feuerhemmende Materialien.
Hunderttausende, die ihre Haut riskieren
Frauen und Männer der Freiwilligen Feuerwehr Weiterstadt drängen sich mit ihren dunklen Anzügen ins Fahrzeug. Blaue Lichtfetzen kreisen durch die südhessische Nacht. Dann schrillt die Sirene im engen Takt. Jetzt sind sie alle voll da. Hellwach, geweckt vom rhythmischen Geheul. Die Trance des Funktionierens weicht der Aufregung des Unbekannten. „Da ist sehr viel Adrenalin im Spiel, sehr viel Anspannung. Das macht den Reiz aus”, sagt Sören.
Sören ist einer von fast einer Million freiwilligen Feuerwehrfrauen und -männern in Deutschland. In Städten und Gemeinden unter 100.000 Einwohner*innen riskieren sie Haupt, Haar und Haut für die Allgemeinheit. Denn nur in Großstädten oder bei großen Unternehmen hantieren Berufsfeuerwehren. Auf dem Land sind es die Freiwilligen, die kommen, wenn es brennt. Und nicht nur dann.
Ein Schlund aus Flammen, Hitze und Ruß
Sie rücken auch aus, wenn sich ein Golf um eine Eiche wickelt. Wenn Notärzte in eine Wohnung eilen müssen, deren Tür sich nicht öffnen lässt. Wenn Bäche und Flüsse über die Auen quellen und Lebensträume davon spülen. „Wir erhalten dieselbe Ausbildung wie Berufsfeuerwehrleute, werden genauso auf unsere körperliche Eignung getestet. Wir haben die gleichen Jobs zu erfüllen. Nur gehen wir nebenbei noch arbeiten”, sagt Sören, der beim Fahrradhersteller Riese und Müller im Projektmanagement tätig ist.
Der 23-Jährige, blond gelockt, groß, muskulös, bärtiges Gesicht, ist wortwörtlich einer, der durch das Feuer geht. Sören gehört in seiner Wehr zum sogenannten Angriffstrupp, zu jenen, die mit Atemschutzgerät als Erste in brennende Häuser vordringen. Dorthin, wo sie manchmal nur ein Schlund aus Flammen, Hitze und Ruß erwartet. Eine Situation, in der sich Sören allein auf sich selbst, seine Kamerad*innen und seine Smartwatch von Garmin verlassen kann.
Wenn die Luft knapp wird
Zurück im Fahrzeug. Kurz vor dem Erreichen des Einsatzortes, wenn das Herz das Blut beinahe hörbar durch die Venen jagt, stellt sich Sören den Timer auf seiner Uhr ein. Er weiß, dass er gleich vor Ort lospreschen wird, dass nicht viel Zeit bleibt für die letzten Handgriffe. Auf dem Rücken wird er seine bis zu 35 Kilogramm schwere Ausrüstung tragen. Zwei Druckluftflaschen sollen ihn mit Sauerstoff versorgen. 30 Minuten kann er dann mit seiner Atemschutzmaske an der Feuerfront aufklären, löschen, bergen. Ist die Zeit um, muss er umkehren.
Seine Uhr vibriert, sobald er sich der roten Zone nähert, seine Vorräte zur Neige gehen. „Wie lange wir drin sind, wie viel Luft wir haben – das wird von Kolleg*innen überwacht. Die Vibrationsfunktion ist für mich trotzdem ein wichtiger Hinweisgeber. Ich kann mich auf den Rückweg vorbereiten, hab durch das Display immer meine verbleibenden Minuten im Blick. Von meinem Zeitkontingent hängen Entscheidungen ab”, erklärt Sören.
Die Zeit stoppen – das können viele Smartwatches. Sören vertraut dennoch nur einem Modell: der fēnix von Garmin. Mit ihr steigt er seit über einem Jahr aus der Asche. Die Uhr ist robust, übersteht die hohen Temperaturen während eines Brandeinsatzes. Und ziemlich profan und zugleich unglaublich wichtig: Die Uhr besitzt große, metallene Knöpfe. „Einen Touchscreen kann ich mit meinen Handschuhen nicht bedienen. Die fēnix schon”, sagt Sören.
Manchmal findet er Glück mitten im Feuer
Wenn keine Menschenleben bedroht sind, es allein darum geht, ein brennendes Objekt zu löschen, fühlt sich Sören in manchen Situationen beinahe unverwundbar. Um ihn herum der Qualm, der ganze Räume vernebelt und ihn zum sehenden Blinden macht. Loderndes Mobiliar, Ruß, der durch die Luft stöbert, völlige Finsternis.
Inmitten dieses Smogs atmet er kühlen, sauberen Sauerstoff, der ihm in die Atemmaske gepresst wird. Diese Luft ist klarer als die nach einem Regenschauer im Wald. „Das ist eine unbeschreibliche, kaum vorstellbare Situation. Solche Momente geben mir die Kraft, immer weiterzumachen”, sagt Sören.
Ein Einsatz wie auf einem Minenfeld
Kraft ist für Sören wichtig. Er braucht sie im Kopf, aber auch in Armen und Beinen. Um selbst zu überleben, um andere zu retten. Wie viel Energie das kostet? Vor ein paar Jahren rückte er zu einem Waldbrand aus. Das Feuer fraß sich über das Gelände eines alten Munitionslagers. Immer wieder detonierten alte Geschosse.
Insgesamt 24 Stunden waren die Löschkräfte im Einsatz. Lange Zeit war unklar, wie riskant die Aufgabe wirklich war. Der Brand ein wahrhaftiges Minenfeld. Sören schrubbte seine Stunden wie immer vorne an der Flammenfront. Ein Einsatz, der ihm an die Substanz ging. In einer halben Stunde, das maß seine Uhr, verbrannte er jeweils mehr als 800 Kilokalorien. Dafür müssen manche Läufer*innen zwei Stunden joggen.
Regelmäßig getestete Hochleistungssportler*innen
Viele Feuerwehrfrauen und -männer sind Hochleistungssportler*innen. Bevor sie mit Atemschutzausrüstung Menschenleben retten dürfen, müssen sie die G26 überstehen. Während dieser vorgeschriebenen, für drei Jahre gültigen Amtsuntersuchung, überprüfen Ärzt*innen, ob die Einsatzkräfte für die widrigen Bedingungen geeignet sind. Feuerwehrleute wie Sören müssen unter anderem Blut und Urin abgeben, ihre Augen und Ohren testen lassen, und noch dazu Fitnesstests absolvieren. Zudem werden Lungenfunktionen überprüft und der Brustkorb geröntgt.
Damit Sören diese Tests alle drei Jahre aufs Neue besteht, schwitzt er mehrmals die Woche im Fitnessstudio. Dazu fährt er viel Rad. Kraft und Ausdauer – diese Fähigkeiten entscheiden mitunter über Leben und Tod. „Ich bin auf dem Rückweg häufig nicht nur für mich allein verantwortlich. Manchmal muss ich wen mitnehmen, mir einen Menschen über die Schulter werfen. Ohne Muskelkraft ginge das nicht”, weiß Sören.
Erst vor ein paar Wochen schlug sich der Feuerwehrmann bei einem Wohnungsbrand bis zum Brandherd durch. Ein Mann lag regungslos am Boden. Sören packte ihn mit seinen Kamerad*innen und trug ihn raus. Die eigenen klobigen Schuhe, der massige Anzug, die Druckluftflaschen und dazu das Gewicht der Verantwortung – als ob all das nicht schwer genug gewesen wäre.
#BeatYesterday.org: Erkennst du sofort, ob jemand noch lebt?
Sören Erler: Ich kann nicht genau einschätzen, ob tot, ohnmächtig oder schwer benommen. Dafür habe ich nicht die Zeit. Die Dienstvorschrift sieht das sofortige Bergen vor. Und an diese Anweisung halte ich mich. Was mir hilft: Unter der Maske bin ich abgeschirmt. Ich rieche nichts, sehe nur und höre. Ich bin ganz bei meiner Aufgabe.
#BeatYesterday.org: Wie gehst du mit diesen Extrem-Situationen um?
Sören: Ich rede mir gut zu, versuche die Lage einzuordnen. Wir waren so schnell wie möglich da. Wir hatten unser Bestes gegeben, unseren Job erledigt. Einen Menschen rausholen. Dann übergeben wir ihn an die Sanitäter*innen – und damit die Verantwortung. So muss ich die Situation für mich annehmen. Ansonsten könnte ich mir das nicht auf Dauer zumuten.
#BeatYesterday.org: Willst du wissen, ob es die Menschen nach der Bergung schaffen?
Sören: Ich mache mir Gedanken, höre hin, was gesagt wird, hoffe auf gute Nachrichten. Ich muss aber selber durchschnaufen und möchte die anderen Rettungskräfte nicht behelligen. Meistens muss ich gar nicht nachfragen, sondern erfahre das Schicksal nebenbei. Wenn es nicht gut ausgeht, nimmt mich das mit. Aber mit jedem Toten wird das Gefühl zwar nicht besser, dafür normaler. Ich muss im Kopf fit sein, um Menschen zu helfen. Deshalb versuche ich das nüchtern zu sehen, mich abzugrenzen. Morgen kann schon der nächste Einsatz warten. Und dann werde ich meinen Job machen.
Womit sich Sicherheitskräfte sicherer fühlen
Solange der Körper mitmacht, die Familie und die Partnerin mit ihren Sorgen zurechtkommen, will Sören weitermachen. Noch dazu will er sich mehr in der Organisation einbringen. Es gibt einiges zu verbessern. Auch wenn das Land sich ins Zeug legt und in die Ausrüstung investiert, sind noch nicht alle Möglichkeiten erschöpft. Brennt ein Feld oder ein Waldstück, navigieren sich manche Feuerwehren mit händischen Karten zum Einsatzort. Im Kuddelmuddel eines Einsatzes wählen die Löschkräfte vor Ort nicht immer die besten und sichersten Wege. „Es gibt im Dienst viele Einsatzmöglichkeiten für diese Uhren. Wir können mit ihnen viel bewirken”, sagt Sören.
Sören empfiehlt auch seinen Kameraden die Smartwatch von Garmin. Ob GPS-Navigation, TracBack-Funktion oder die Messung der Sauerstoffsättigung im Blut – viele Daten könnten Feuerwehrleuten das Lebenretten erleichtern. Etwa 25 Kolleg*innen aus dem Darmstädter Raum nutzen mittlerweile auch eine fēnix, erzählt Sören. Die Smartwatches sind Teil ihrer Ausrüstung.
Der Griff zur Uhr im Löschfahrzeug, das trompetend durch die Nacht ruckelt – er sorgt dafür, dass sich Sören und seine Kumpan*innen auf ihren Rettungseinsätzen sicherer fühlen.
Sörens Team rettet Leben
Bis zu 60 Einsätze fährt Sören pro Jahr. Manchmal piepst der Pager nachts. Manchmal mitten am Tag. Dann packt er seine Sachen im Büro und eilt los. Der Arbeitgeber unterstützt ihn dabei. Ist er nach Mitternacht länger als drei Stunden im Einsatz, darf er am nächsten Tag zu Hause bleiben. Das Bundesland entschädigt den Arbeitgeber für die versäumte Arbeitszeit.
Mit seinem Sport, den Einsätzen und Fortbildungen verbringt Sören über zehn Stunden in der Woche. Sein Hobby, mit dem er als Jugendlicher begann, verlangt seine Zeit. Er brennt dafür. Sören sagt: „Ich liebe das, was ich tue. Vor allem das Teamwork. Wir halten zusammen, wir müssen uns aufeinander verlassen, wir müssen gemeinsam mutig sein. Das ist eine ungeheure Energie.”
Andere Teams jagen einem Fußball hinter her. Sörens rettet Leben.
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