Geruch von Morgenkaffee und frisch gedruckter Zeitung liegt in der Luft. Sven reibt sich den Schlaf aus den Augen, überfliegt kurz die Schlagzeilen und blättert zum Politikteil. Kaum ist die Tasse leer, steht er auf, küsst seine Frau zum Abschied sanft und tritt ins Freie. Die Luft ist klar und kalt an diesem Morgen auf der Insel, die für Sven vor allem eines bedeutet: Heimat. Zielstrebig geht er einen kleinen Pfad, der von seinem Haus zur Straße führt, entlang. Wenig später startet er den Motor seines Dienstwagens – ein oranger VW Bus mittleren Alters. Im Radio läuft Syltfunk. Eine Bekannter von Sven ist Teil des Teams, erzählt er. Sylt ist nicht groß. Man kennt sich.
© Manu Grafenauer
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Sven ist Wasserbauer und Deichwart – mit Leib und Seele, wie er sagt. Er kann sich an keinen Tag erinnern, an dem er bisher missmutig zur Arbeit gegangen ist. Eigentlich wollte er Koch werden, aber dann war da die Anzeige in der Zeitung. Dies ist nur fast dreißig Jahre her. Heute wacht er über den Rantumdamm. Egal ob Zäune reparieren, Wasserstände kontrollieren, Wühlerbekämpfung, Mäharbeiten, Wartungsarbeiten an Gebäuden oder Arbeiten am Deichsiel und andere Aufgaben im Tidebereich, Svens Arbeit ist so vielfältig wie die Insel selbst. Das gefällt ihm. Auch Stürme gefallen ihm. „Je rauher umso besser!“, sagt er und lacht. Was ihm nicht gefällt sind uneinsichtige Hundebesitzer, die ihre Hunde nicht anleinen. Es gibt, nicht zuletzt wegen der vielfältigen Vogelwelt um das Rantumbecken, Regeln. Bestimmt, aber dennoch freundlich klärt Sven Touristen und Einheimische darüber auf. „Wie es in den Wald hinein schallt, so kommt es zurück“, sagt er.
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Unser Job trägt zum Schutz der Insel bei. Wenn es Überflutungen gibt, geht`s den Menschen schlecht, denen soll es aber nicht schlecht gehen! Daher ist meine Tätigkeit sehr wichtig für Sylt.
Sven, Wasserbauer und Deichwart auf Sylt
Wird ihm mal alles zu viel, flüchtet er sich auf das Anwesen seines Vaters und lässt dort die Seele baumeln, macht ein Lagerfeuer oder verbringt die Nacht im Freien in seinem Zelt. In der Werkstatt seines Vaters geht er seinem größten Hobby, dem Laternenbau, nach. Seine „Kairem Rüster“ sind wunderschöne, schwere Laternen, die nur gesteckt werden und ohne Schrauben oder Nägel auskommen. In sehr unregelmäßigen Abständen – immer wenn Sven mal wieder gutes Holz gefunden hat – erblickt eine neue Laterne das Licht der Welt und wird auch mal für einen guten Zweck gespendet. Die Insel und deren Bewohner, daran liegt ihm viel. „Unser Job trägt zum Schutz der Insel bei. Wenn es Überflutungen gibt, gehts den Menschen schlecht, denen soll es aber nicht schlecht gehen! Daher ist meine Tätigkeit sehr wichtig für Sylt“, sagt Sven und man hört ein wenig Stolz in seiner Stimme. Stolz, dass seine Arbeit der Insel gut tut und dazu beiträgt, dass sie auch für zukünftige Generationen erhalten bleibt.
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Die kleine grüne Hütte in der Mitte des Damms ist Svens Basis. Hier lagern seine Geräte, die er für seine Arbeit braucht. Vor der Tür hoppeln Kaninchen durch die Gegend und Schafe kümmern sich um die richtige Länge des Grases. Wo diese nicht hinkommen, legt Sven selbst Hand an. Bei Sturm und Regen, aber vor allem im Winter hält ihn das Holzhaus warm. Geheizt wird mit einem einfachen Ofen, Strom gibt es nämlich keinen. Seinen Beruf beschreibt er als interessant, lehrreich, dreckig und anstrengend. Jungbrunnen sei der Job sicher nicht. Aber er macht Spaß. Das ist die Hauptsache. Überhaupt ist der Sylter ein absolut lebensbejahender Mensch. Sein Motto: „Alles ist gut!“ Sven sagt, er ist glücklich, habe ein tolles Umfeld und eine liebevolle Familie. Das ist ein Traum. Sein Traum. Es ist eben wirklich alles gut.
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