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Dirk Rohrbach: Jeder Tag ist eine Reise

Dirk Rohrbach wollte in 180 Tagen Amerika umrunden, mit dem Rad. Doch Pannen machten die Tour zu einer echten Herausforderung. Bis Rohrbach dank eines japanischen Zitats im Kopf umlenkte. Seine erste #BeatYesterday-Kolumne über das Kilometerzählen auf Reisen.

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Es war mein erster langer Trip. Mit dem Rad einmal um die USA. Von Tampa nach L.A., die Westküste hoch bis Seattle, von dort nach Washington, D.C., und dann am Atlantik wieder runter nach Florida. Rund 15.000 Kilometer Asphalt.

Meine längste Radtour davor ging nicht mal eine Woche lang, mit Papa an der Donau entlang bis nach Wien. In den Staaten wollte ich sechs Monate unterwegs sein. Meine Rechnung war einfach. Wenn ich jeden Tag 100 Kilometer schaffen würde, wäre ich in 150 Tagen durch und könnte sogar noch einen Monat Urlaub machen. Soweit die Theorie. In der Praxis war ich anfangs zu schnell und vor allem zu lang unterwegs. Meilen schrubben statt Meilen erleben. Aufstehen, packen, radeln, meistens zehn Stunden und mehr. Pause nur für Einkäufe und Toilette. Kurz vor Sonnenuntergang dann das Camp suchen, schlafen und am nächsten Tag wieder von vorne.

Gerettet von der Border Patrol

So radelte ich, bis es eine Speiche aus der Felge riss. Ein Materialfehler. Ich brauchte eine Neue. In einem Radladen in Houston fand ich eine, für 80 Dollar plus Tax. Und dann nahm das Drama seinen Lauf. Nach nicht mal 300 Meilen brach die erste Speiche an der nagelneuen Felge, mitten im texanischen Nirgendwo. Dabei blieb es aber nicht. In den folgenden drei Stunden brachen vier weitere Speichen. Ich saß fest.

Ein Speichenbruch in Texas. Für Rohrbach ein ernsthaftes Problem. Immer wieder musste er stoppen. © Dirk Rohrbach
Ein Speichenbruch in Texas. Für Rohrbach ein ernsthaftes Problem. Immer wieder musste er stoppen. © Dirk Rohrbach

Die Border Patrol rettete mich am nächsten Tag und nahm mich mit ins nächste Wüstennest. Sanderson, Texas, die Kaktushauptstadt. Ich checkte in einem der beiden Hotels ein und wurde vom Besitzer mit einer tiefgefrorenen Ratte in der Hand begrüßt. Mit der wollte er gleich seine Hausklapperschlange füttern. Später begleitete ich ihn zum Schlangenjagen. Das macht er fast jede Nacht, um die Tiere am Straßenrand aufzusammeln, bevor sie überfahren werden. Und am nächsten Tag schickte er mich noch zu einem Nachbarn: Der sei auch Radfahrer und könne mir bestimmt bei meinen Speichenproblemen helfen.

Die Reise ist das Zuhause

Ich lernte Mike Mann kennen, Weltumradler und Amerikas größter Heino-Fan. Seine musikalische Vorliebe entdeckte er als Übersetzer in Berlin. Zu Heinos „Schwarzer Barbara“ richteten wir in seiner Garage mein Rad, am nächsten Tag konnte ich weiter. Mit der Erkenntnis, dass die Panne rückblickend ein echter Segen war. Ohne sie hätte ich vermutlich nie in Sanderson gehalten.

Trotzdem haderte ich weiter, als die nächsten Speichen brachen. Insgesamt waren es fünfzehn, bis mich bei der Halbzeit in Seattle ein Crash mit einer alten Autobatterie auf einem Seitenstreifen erlöste. Mir war in dem finsteren Tunnel zum Glück nichts passiert, den Felgen schon. Totalschaden bei beiden. Für den Ersatz brauchte der Radmechaniker ein paar Tage, in denen ich ein Zitat fand, das die weitere Reise verändern sollte. Es stand in einem Buch über eine Kajakreise entlang der Inside Passage vor der Küste Kanadas und Alaskas. „Jeder Tag ist eine Reise”, schrieb der japanische Philosoph Matsuo Bashō (1644-1694) im 17. Jahrhundert. „Und die Reise selbst das Zuhause.”

Radfahrer und Musik-Fan. Mike Mann half Rohrbach bei Reparaturen. Dabei legte er Heino auf. © Dirk Rohrbach
Radfahrer und Musik-Fan. Mike Mann half Rohrbach bei Reparaturen. Dabei legte er Heino auf. © Dirk Rohrbach

Mit Country gegen dunkle Gedanken

Es geht um mehr als nur „der Weg ist das Ziel”. Die Kunst ist, sich einzulassen, loszulassen. Die Pläne, die Ansprüche, das Ziel. Nicht auf den Gipfel schauen, sagen die Bergsteiger, es zählt nur der nächste Schritt. Oder in meinem Fall die nächste Meile. Wer ständig nur auf das Ende hin fiebert, verpasst die Reise. Also versuchte ich, die Strecke kleinzuteilen, mich nur auf die Tagesetappe zu konzentrieren. Wenn es am Ende des Tages dann ein paar Meilen weniger waren, weil das Wetter nicht mehr zuließ oder ein vorzeitiges Camp verlockender war, auch nicht schlimm.

Beim Radfahren hilft mir zudem die Musik am besten gegen die Monotonie endloser Highways und dunkler Gedanken. Das Hirn scheint automatisch auf den Memory Mode zu schalten, um sich von den schier unfassbaren Distanzen oder epischen Leistungen abzulenken. Vor allem, wenn man allein unterwegs ist, entblößt es längst vergessen Geglaubtes und schmerzliche Erinnerungen. Dann doch lieber Radio hören. In Amerika ist das ganze Land zum Glück nahezu flächendeckend von kleinen Country Stationen überzogen. Die liefern – zwischen der immer gleichen Werbung für den lokalen Autohändler – den passenden Soundtrack zum Roadtrip auf zwei Rädern.

Am Ende kamen bei meinem Trip 14.153 Kilometer zusammen. In 155 Tagen. Die restlichen 25 Tage habe ich mit Papa Urlaub gemacht. Und die Lust an langen Reisen ist geblieben. 3.000 Kilometer mit dem Kanu auf dem Yukon, 7.600 Kilometer mit dem Rad mitten durch Amerika und 6.000 Kilometer im Kajak auf Missouri und Mississippi von der Quelle bis zum Golf. Die Fortsetzung folgt auf #BeatYesterday und in meinen Büchern.

Geschafft. Erst die Reise um Amerika, dann Cola, Burger und noch mehr Fastfood. © Dirk Rohrbach
Geschafft. Erst die Reise um Amerika, dann Cola, Burger und noch mehr Fastfood. © Dirk Rohrbach

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