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„Ich bin ein Reisender, kein Abenteurer”

Dirk Rohrbach ist einer der bekanntesten Reisenden in Deutschland. Ein Gespräch über schlechte Pläne, die gute Angst, fehlenden Mut, den Yukon vor der eigenen Haustür und die Frage, ob in jedem von uns ein Abenteurer steckt.

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Ein altes Geweih am Flussufer – in Dirk Rohrbachs neuem Buch stecken große Geschichten in kleinen Details.
Ein altes Geweih am Flussufer – in Dirk Rohrbachs neuem Buch stecken große Geschichten in kleinen Details.

Dirk Rohrbach ist Arzt, Autor, Fotograf und Reisender. Manche würden sagen: Abenteurer. Doch das sieht Rohrbach etwas anders.

Wir haben mit ihm über die ideale Reisevorbereitung und den Mut zum Loslassen gesprochen. Wir befuhren – gedanklich – den Yukon und den Missouri. Und wir sprachen über die kleinen Dinge im Outdoorleben: die Genugtuung Waldspaziergang und die jugendliche Lust auf die Natur.

Wer nach diesem Interview mehr Weltgeschichten von Rohrbach lesen will, findet sie auf seiner Website. Seine langen Reisen dokumentiert Rohrbach mit emotionalen Geschichten und einmaligen Fotos. Eines seiner jüngsten Werke: “Yukon – neue Abenteuer am großen Fluss”.

#BeatYesterday.org: Dirk, du reist um die Welt, bist fast immer unterwegs. Gibt es da noch ein Zuhause, an dem du dich heimisch fühlst?

Dirk Rohrbach: Am ehesten da, wo ich gerade bin, ist mein Zuhause. Vollkommen unabhängig vom eigentlichen Ort.

#BeatYesterday.org: Entwurzelt einen das permanente Reisen?

Dirk: Vielleicht. Als ich zuletzt meine Familie eine längere Zeit in Deutschland besucht habe, auch über Weihnachten dort war, fühlte sich das schon heimisch an. Aber irgendwie auch nicht mehr. Ich bin jetzt so lange weg von zu Hause und habe auch seit bald zehn Jahren keinen festen Wohnsitz mehr. Das sorgt zumindest für eine gewisse Rastlosigkeit.

#BeatYesterday.org: Wo bist du als Vielreisender eigentlich gemeldet?

Dirk: In meiner Heimatstadt Hanau und auch hier in Culver City bei Los Angeles, Kalifornien.

#BeatYesterday.org: Wie darf man sich dein Leben in Kalifornien vorstellen?

Dirk: Ich lebe ja nicht wirklich hier. Ich verbringe Zeit mit Freundinnen und Freunden, bei denen ich auch wohnen darf. Und ich parke meinen Truck hier, wenn ich nach Deutschland fliege, einen 1974er Ford F-100, eierweiß, mit roten Sitzen und kleinem Campertop. Mit dem bin ich in den USA unterwegs, wenn ich nicht aus eigener Kraft reise. Das ist Zuhause. Jedes Mal, wenn ich zurück nach Amerika fliege, kann ich’s kaum erwarten, den Truck abzuholen. Ich entstaube Loretta dann und wasche sie. Sie riecht so herrlich altmodisch.

#BeatYesterday.org: Loretta?

Dirk: Ja, benannt nach Loretta Lynn, einst die Königin der Countrymusik. Sie hatte ihre erfolgreichste Zeit in den Siebzigerjahren, der Ära, aus der mein Truck stammt. Und sie ist genauso klassisch – schön. Keine Diva wie Dolly Parton. Aber schön, wie mein Truck.

#BeatYesterday.org: Wie hast du Loretta kennengelernt?

Dirk: So, wie man das heute macht: über das Internet.

#BeatYesterday.org: Ich bin neugierig.

Dirk: Es gibt ein Onlineportal für Vintage-Modelle, alte Autos, Busse und Trucks. Für meine erste Fahrt an den Yukon brauchte ich ein großes Auto, damit ich mein Kanu transportieren konnte. Ich habe Loretta in Tucson, Arizona, gefunden und Probe gefahren. Es war die Liebe auf den zweiten Blick. Und jetzt kann ich mir ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen. Ich weiß, das klingt alles ziemlich nerdy. Aber sie ist einfach unwiderstehlich und bekommt unterwegs ständig Komplimente.

Ford-Truck Loretta und sein Bike sind oft die einzigen Begleiter von Dirk Rohrbach. ©Claudia Axmann
Ford-Truck Loretta und sein Bike sind oft die einzigen Begleiter von Dirk Rohrbach. © Claudia Axmann

Mit einem Schulfreund begann die Reiselust

#BeatYesterday.org: Loretta, USA, Kalifornien. Lass uns mal ganz weit zurückgehen. Was war dein erstes Abenteuer?

Dirk: Mit meinem Schulfreund Matthias fing es an. Wir haben zusammen Abi gemacht und parallel und vor allem danach regelmäßig Touren unternommen. Anfangs sind wir immer tiefer in die Wälder und Wiesen Hessens gestreunt. Irgendwann haben wir den Regenponcho aufgespannt und draußen am Lagerfeuer Stockbrot gegrillt. Unsere Fahrradtouren wurden auch immer länger, über die Lüneburger Heide nach Flensburg, von da nach Dänemark und zurück. Wir haben uns von Deutschland aus mehr und mehr die Welt erschlossen.

#BeatYesterday.org: Ich glaube ja, dass die Erfahrungen und Erlebnisse den Menschen am meisten prägen. Welche Reise hat dich am stärksten beeinflusst?

Dirk: 1991 haben wir eine Lapplandreise unternommen. Wir kauften uns ein gebrauchtes Kanu, lackierten es in der Trendfarbe des Sommers, Magenta, und fuhren mit einem alten Opel nach Skandinavien. Wir wollten hoch im Norden den Sarek Nationalpark mit unserem Boot durchqueren. Nur hatten wir nicht genug recherchiert. Die Flüsse sind dort größtenteils nicht befahrbar, extremes Wildwasser. Also sind wir zu Fuß weitergegangen und haben auf dem Rückweg das Kanu wieder mitgenommen. Nach dieser Reise war mir klar, dass ich weiter weg und noch mehr erleben will.

#BeatYesterday.org: Was genau hat diese noch extremere Reiselust ausgelöst?

Dirk: Ich liebe die nordische Natur. Die klare Luft, den epischen Horizont, die Rohheit der Landschaft. Das hat mich gefesselt. Nachdem ich Jack Londons Bücher über Alaska verschlungen hatte, war mir klar: Da will ich hin, nach Nordamerika, zum Yukon.

#BeatYesterday.org: Du hast ganz Nordamerika bereist, oft allein in der Wildnis. Gibt es im Alltag überhaupt Situationen, die dich herausfordern?

Dirk: Oh ja, ständig, zu viele Menschen. Wenn man so lange und oft allein draußen ist, wird man wahrscheinlich ein bisschen schrullig und fremdelt bei der Rückkehr in den Alltag erst mal. Mich dann wieder einzugewöhnen, ist ganz oft eine Herausforderung.

#BeatYesterday.org: Steckt eigentlich in jedem Menschen ein Abenteurer?

Dirk: Wie würdest du einen Abenteurer definieren?

Angst ist etwas Gutes

#BeatYesterday.org: Jemand, der sich ins Ungewisse stürzt. Oder wie sagt man gern phrasenhaft: Sich an neue Ufer wagt, ohne zu wissen, was einen da erwartet.

Dirk: Ich habe früher immer gesagt, dass ich ein Reisender bin, kein Abenteurer. Ich bereite mich ja vor, bin um Kontrolle bemüht und will das Riskante vermeiden. Und für mich ging es bei den Reisen immer um die Begegnungen und Gespräche mit anderen Menschen. Natürlich ist das, was ich mache, für viele abenteuerlich. Und um die Frage zu beantworten: Nein, ich glaube nicht, dass der Drang zu Reisen und Abenteuern in jedem von uns steckt. Weil sich die meisten Menschen viel zu wohl in ihrer Komfortzone fühlen und auch gar nicht den Wunsch verspüren, sich da rauszubewegen. Sie wollen sich nicht auf das Ungewisse einlassen. Ich habe eher den gegenteiligen Eindruck, dass die meisten Menschen nach Geborgenheit und einer starken Schulter streben. Und daran ist überhaupt nichts verwerflich.

#BeatYesterday.org: Ich bin so ein Kandidat. Ich mag es vertraut. Am liebsten dahin, wo ich weiß: Da ist es schön und gemütlich. Mir fehlt der Mut. Warst du schon immer mutig?

Dirk: Ich würde sagen, dass ich immer noch kein mutiger Typ bin. Auch ich spüre das im Deutschen tief verwurzelte Streben nach Sicherheit. Ich bin ein Kontrollfreak und will alles selbst in der Hand haben. Deshalb habe ich während meiner Kanutour über den Missouri River so mit mir gehadert, immer dann, wenn mir der Fluss mit seiner Kraft jedes bisschen Kontrolle aus den Händen riss. Dabei hatte ich in all den Jahren des Reisens festgestellt: Erst wenn man loslässt und von den eigenen Plänen abweicht, passieren die spannenden, die einmaligen Momente.

#BeatYesterday.org: Wovor hat Dirk Rohrbach eigentlich Angst?

Dirk: Grundsätzlich finde ich ja, je älter man wird, desto vorsichtiger und ängstlicher ist man auch. Und es gibt immer wieder neue Erfahrungen, bei denen ich mich mit einer mir unvertrauten Angst ertappe. Ich saß vergangenes Jahr das erste Mal auf einem richtigen Mountainbike in Moab, Utah. Moutainbiken ist doch Fahrradfahren, das kann so schwer nicht sein. Und dann stand ich am Anfang eines Trails und dachte: Da kann ich nicht runterfahren, nie im Leben. Das geht in die Hose, da breche ich mir das Genick. Wie machen die das nur?

#BeatYesterday.org: Was lernst du in diesen Momenten?

Dirk: Angst ist grundsätzlich etwas Gutes, eine Warnung, sie schärft die Sinne. Sie sorgt dafür, dass wir uns nicht blindlings in Abenteuer stürzen – mit möglicherweise fatalen Folgen. Aber lähmen darf sie natürlich auch nicht.

#BeatYesterday.org: Gibt es ein Terrain, das du aus Angst meidest?

Dirk: Das Wasser ist mir nicht geheuer. Das ist paradox, ich weiß, weil ich oft und gerne auf dem Wasser reise. Aber im Ozean und im Fluss weiß man eben nie, was sich unter einem tummelt. Ich habe sehr viel Respekt vor dem Wasser.

Die ideale Reiseplanung? Überschaubar.

#BeatYesterday.org: Welche Fehler hast du in den vergangenen zehn Jahren gemacht?

Dirk: Am präsentesten ist mir der erwähnte Missouritrip. Im vergangenen Jahr bin ich von der Quelle in Montana bis zum Golf von Mexiko gepaddelt. Ich war mir sicher, dass es eine tolle Reise wird, dass ich von Beginn an alles richtig mache. Ich war in Alaska auf dem Yukon, was soll mir auf dem Missouri schon passieren? Ich war überheblich und habe den längsten Fluss der USA unterschätzt. Und das Schlimmste: Ich konnte das Hadern einfach nicht lassen. Ich habe es ganz lange nicht geschafft loszulassen und mir dadurch selbst die Reise vermiest.

#BeatYesterday.org: Zu wenig Planung ist gefährlich. Zu viel genauso. Wie sieht die ideale Vorbereitung vor einer Reise aus?

Dirk: Ich will überschaubar planen. Früher war es anders. Da fand ich nichts toller als mit Matthias am Schreibtisch zu sitzen und Pläne zu schmieden. Wir haben endlose Ausrüstungs- und Packlisten geschrieben und sind gar nicht losgekommen. Heute kann ich auf meine Erfahrung zurückgreifen, muss mir gar nicht mehr lange den Kopf zerbrechen. Lesen, Recherchieren im Internet, Gespräche mit Leuten, die schon mal dort waren, dann kann’s eigentlich losgehen.

#BeatYesterday.org: Welche Besonderheiten gibt es trotzdem bei großen Reisen wie auf dem Yukon?

Dirk: Dann möchte ich schon vor dem eigentlichen Trip ein Gefühl für das Land oder die Region bekommen. Ich bin ein Jahr vor dem eigentlichen Yukonprojekt nach Alaska gefahren und habe eine Woche auf dem Strom verbracht. Ich wollte den Fluss fühlen, wissen, wo ich überhaupt los- und lang paddel. Ich musste mir überlegen, wie die Reise werden soll, was ich für eine Story erzählen will. Als ich die Idee hatte, mit einem selbst gebauten Birkenrindenkanu zu fahren, war die größte Herausforderung, jemanden zu finden, der das Boot mit mir zusammen baut. Weil es nur noch ganz wenige Kanubauer oder Kanubauerinnen gibt, die diese alte Tradition beherrschen.

#BeatYesterday.org: Spürst du noch Lampenfieber vor so einer Tour?

Dirk: Lampenfieber würde ich es nicht nennen. Es ist eher eine Mischung aus Vorfreude und Ungeduld. Mich nervt das Packen. Die Organisation am Ende ist für mich unerträglich. Ich will einfach raus, ich will, dass es losgeht.

Schlafsack, Isomatte, genügend Proviant

#BeatYesterday.org: Ich habe die einmalige Chance, mit einem, der es können muss, das Inselspiel zu spielen. Du hast drei Dinge, die du mit auf eine einsame Insel nehmen kannst.

Dirk: Eine Kamera für die Bilder, ein Tagebuch für die Erinnerungen und ein gutes Buch.

#BeatYesterday.org: Was für ein Buch?

Dirk: Früher vor allem Erlebnisberichte und Sachbücher von anderen Reisenden. Jetzt bin ich so weit, dass ich mich vorsichtig den Romanen nähere. Ich mag T.C. Boyle wegen seiner gut beobachteten Erzählungen. Generell interessiert mich Literatur, die einen Bezug zu der Region hat, in der ich gerade reise.

#BeatYesterday.org: Unabhängig von der Insel: Welche Werkzeuge sind im Rucksack immer dabei, und für dich unverzichtbar?

Dirk: Das Praktische. Schlafsack, Isomatte, genügend Proviant. Oder meintest Du richtige Werkzeuge? Dann ein Messer, ein Leatherman und Streichhölzer oder ein Feuerzeug.

#BeatYesterday.org: Was isst du auf deinen Reisen?

Dirk: Das hängt von der Art des Reisens ab. Wenn ich reiner Selbstversorger bin, gibt es morgens eine Mischung aus Haferflocken und Granola. Zwischendrin Trailmix und Energieriegel. Und abends immer sehr kalorienreich, zum Beispiel klassische Tütengerichte mit Pasta und Reis. Kann ich mich unterwegs auch andernorts versorgen, mag ich zwischendurch Sandwiches, Wraps und Obst.

#BeatYesterday.org: Auf welchen Luxus kannst du auf deinen Reisen nicht verzichten?

Dirk: Auf Kaffee. Und damit meine ich kein Instantzeug, sondern richtigen Bohnenkaffee. Ich hatte auf der Yukonreise eine Mühle und ein Espressokännchen dabei. Der frisch gemahlene Bohnenkaffee zum Sonnenaufgang wird von mir zelebriert. Da mache ich keine Kompromisse.

#BeatYesterday.org: Fühlst du dich nicht trotzdem einsam, wenn du alleine unterwegs bist, Tag für Tag?

Dirk: Ich spüre selten Einsamkeit. Ich mag ja gerade das entschleunigte Reisen aus eigener Kraft, wo ich alles intensiver erlebe. Nur wenn ein schweres Unwetter über mich hereinbricht und ich gerade mitten auf einem Stausee paddel, dann fühle ich mich ziemlich entblößt und verletzlich. Aber ansonsten bin ich ja nicht gezwungen einsam. Ich suche den Kontakt zu den Einheimischen, sie gehören zu der Region, die ich erleben und erkunden will. Viele interessieren sich auch für meine Reise und verfolgen das Vorankommen. Einsamkeit hat für mich nichts Bedrohliches, ich empfinde sie als wohltuend. Manchmal gibt es von ihr viel zu wenig.

#BeatYesterday.org: Wenn du so durch Bäche watest, Hügel erklimmst und durch Wälder pirscht: Was vermisst du trotzdem an der Zivilisation?

Dirk: Musik vermisse ich am meisten. Ich nehme selten einen MP3-Player oder einen iPod mit und habe dann keinen Zugang zu meiner Lieblingsmusik.

#BeatYesterday.org: Ein MP3-Player passt doch in jede Tasche.

Dirk: Ein Radio ist für mich spannender. Damit kriege ich in Amerika eigentlich fast überall einen Country-Sender rein.

Nachhaltig reisen mit kleinen Fußabdrücken

#BeatYesterday.org: Nun wirst du manchmal von Fernsehteams begleitet, bist also nicht alleine in der Wildnis. Wie verändert sich dein Reiseempfinden, wenn Kameraleute dabei sind?

Dirk: Es ist ein großer Unterschied. Alles ist geplant und getaktet. Vor allem das Nachdrehen und Illustrieren von Szenen hat nicht mehr viel mit dem eigentlichen Reisen zu tun. Das ist Arbeit.

#BeatYesterday.org: Ich habe letztens von einem Abenteuer erlebenden Reisenden gelesen, der Afrika mit dem Rad durchquert hat. Der hatte seinen Vater für zwei Wochen mitgenommen.

Dirk: Ja, es ist toll, wenn man Erlebtes teilen kann. Manchmal besucht mich meine Familie hier, wir fahren dann zusammen zu Freunden, die ich auf dem Yukontrip oder während anderer Reisen kennengelernt habe. Ich unternehme auch regelmäßig Spendenreisen mit Leuten, die meine Vorträge besuchen. Wir reisen zum Beispiel nach South Dakota zu den Lakota Sioux oder nach Alaska zum Yukon. Die Spenden dieser Touren fließen dann an indigene Projekte vor Ort.

#BeatYesterday.org: Wie viel Zeit im Jahr verbringst du wirklich draußen, und wie viel im Truck-Büro?

Dirk: Wirklich draußen ist leider relativ überschaubar. Zwischen den großen Reisen wie auf dem Yukon oder Missouri vergehen oft ein paar Jahre. In der Zwischenzeit reise ich mit dem Truck und verarbeite das Material für Filme, Bücher und Vortragsreisen. Davon lebe ich ja. Aber kein Grund zur Klage, im Gegenteil: Ich mag mein Lebenskonzept sehr gerne.

#BeatYesterday.org: Worauf achtest du, damit du – besonders an entlegenen und unberührten Orten – möglichst nachhaltig und umweltfreundlich reist?

Dirk: Ich bin mir bewusst, dass ich einen Truck fahre, der alles andere als Sprit sparend unterwegs ist. Andererseits ist Loretta auch 45 Jahre alt, lange im Betrieb, und größtenteils aus Stahl gebaut, kaum Plastik. Ich vermeide Müll so gut es geht und nehme meinen auf Touren wieder mit. Und ich mache sehr selten Lagerfeuer. Klar, das ist romantisch. Aber in den Regionen, in denen ich reise, ist ein Lagerfeuer oft nicht angebracht oder gar verboten. Und wie klein ein Feuer auch ist, es hinterlässt immer Spuren. Ich möchte aber bei jeder Tour einen möglichst kleinen Fußabdruck hinterlassen.

#BeatYesterday.org: Was ist für dich die ökologischste Art zu Reisen?

Dirk: Aus eigener Kraft. Wandern geht bei mir nicht mehr, wegen meiner Knie. Also muss ich mich auf das Paddeln auf Flüssen oder auf mein Fahrrad beschränken. Der große Vorteil beim Reisen mit einem Boot: Die Möglichkeit, sehr viel Proviant und Equipment mitzunehmen. Deshalb fahre ich lieber Kanu als Kajak, weil da einfach mehr reinpasst.

Die Natur macht den Körper robust

#BeatYesterday.org: Nun beanspruchen das Fahrradfahren und das Paddeln unterschiedliche Muskelgruppen. Du wirkst sehr trainiert. Kommt das vom „Draußensein” oder machst du bewusst Übungen zur Vorbereitung?

Dirk: Ich mache Kiesertraining. Das Ganzkörpertraining hilft mir, über das Jahr die Grundfitness zu halten, und die ist für mich entscheidend. Der Körper trainiert sich am besten in der Belastung. Wenn ich paddeln muss, dann paddel ich eben, um in Form zu kommen. Es ist immer wieder überraschend, wie schnell sich der Körper an diese Belastungen gewöhnt – und wie schnell er sie wieder vergisst, wenn ich eine Weile nicht mehr paddel oder Rad fahre.

Eine störrische Geliebte: Rohrbach liebt das Reisen auf Flüssen - respektiert aber auch das Element Wasser. © Claudia Axmann.
Eine störrische Geliebte: Rohrbach liebt das Reisen auf Flüssen – respektiert aber auch das Element Wasser. © Claudia Axmann.

#BeatYesterday.org: Was hilft in der Wildnis mehr: mentale oder körperliche Fitness?

Dirk: Mental ist wichtiger als alles andere. Wenn der Kopf stark genug ist, kann er auch einen angeschlagenen Körper antreiben.

#BeatYesterday.org: Draußen lauern kalte Nächte, feuchte Kleidung, lange Strecken. Das zermürbt doch Menschen, die körperlich nicht einhundertprozentig fit sind.

Dirk: Der Körper stellt sich schnell auf seine Umgebung und die Belastung ein, er wird robuster und stärker. Ich war auf meinen Reisen nie wirklich krank und nur sehr selten mal erkältet. Was Philosophinnen und Philosophen und ganzheitliche Medizinerinnen und Mediziner sagen, kann ich bestätigen: Geh raus, fühl die Erde und du bist am gesündesten. Klingt esoterisch, funktioniert aber. Jetzt im Büro ist es genau andersherum. Meine Augen sind entzündet, ich habe Schnupfen. Drinnen geht es mir auf Dauer immer schlechter als draußen.

#BeatYesterday.org: Musstest du noch nie eine Reise aus gesundheitlichen Gründen abbrechen?

Dirk: Abbrechen noch nie, zum Glück. Pausieren ja, wenn beim Radfahren mal kurz das Knie gereizt war. Aber ich habe bis jetzt jede Reise zu Ende führen können. Zum Glück.

Die Genugtuung Wald

#BeatYesterday.org: 3.000 Kilometer über den Yukon. 6.000 Kilometer über den Missouri, die Umrundung der USA mit dem Rad. Wann wurde es mal lebensgefährlich?

Dirk: Nie. Zweimal war es vielleicht riskant. Auf einem der vielen Stauseen in der Missouriregion geriet ich in einen Sturm mit Tornados. Zum Glück war ich kurz zuvor angelandet und hatte mein Zelt schon aufgestellt. Das hat zwar ordentlich gewackelt, aber gehalten. Hätte mich ein Tornado dort direkt erwischt, hätte ich keine Chance gehabt. Auf dem Yukon geriet ich auch mal in heftigen Wind mit krassen Wellen, in denen ich fast gekentert wäre. Ich konnte aber nicht anlanden, weil das Ufer zu felsig war. Das war grenzwertig. Aber rückblickend kommt es mir wahrscheinlich auch riskanter vor, als es wirklich war.

#BeatYesterday.org: Was sind deine nächsten Reisepläne?

Dirk: Ich habe mir vor einiger Zeit eine Liste gemacht und rund 20 Reisen aufgeschrieben, die ich gerne noch machen möchte. Ich will unbedingt noch den Mississippi River komplett befahren, von Minnesota bis zum Golf von Mexiko. Dann hätte ich die drei längsten und wichtigsten Flüsse Amerikas gepaddelt. Außerdem habe ich mir noch vorgenommen, vom südlichsten Punkt der USA in Florida zum nördlichsten in Alaska zu fahren. Ob mit Fahrrad oder Moped, das hängt von meinen Beinen ab. Und ich arbeite an einem Projekt, bei dem ich durch alle 50 Staaten der USA komme.

#BeatYesterday.org: Schauen wir in deine alte Heimat nach Deutschland, also da, wo es vor der eigenen Haustür schön ist.

Dirk: Deutschland ist ein wunderschönes Land. Ich bin selbst immer wieder aufs Neue erstaunt, wenn ich zurückkomme. Wir vergessen manchmal, wie schön es bei uns ist.

Reiseabenteuer vor der Haustür

#BeatYesterday.org: Was ist deine Lieblingsregion?

Dirk: Ich mag besonders die Wälder in Hessen, die Alpen und im Speziellen die Berge in Bayern, in denen ich aber viel zu wenig Zeit verbringe. Deutschland ist extrem vielseitig, kleine Ortschaften mit Fachwerkhäusern und engen Gassen mag ich sehr. Irgendwann will ich Deutschland mal komplett erkunden.

#BeatYesterday.org: Bei all den Reisen, die du gemacht hast: Was empfindest du bei einem ganz normalen Waldspaziergang?

Dirk: Genugtuung! In den deutschen Wäldern ist meine Liebe zur Natur und zum Draußensein gewachsen. Damit verbinde ich viele schöne Erinnerungen.

#BeatYesterday.org: Kann man also doch sagen, dass der Yukon, zumindest für manche, direkt vor der Haustür liegt?

Dirk: Der Yukon vielleicht nicht, der ist episch und wild. Aber die Lust aufs Abenteuer kann man sicher auch bei uns befriedigen. Aber Vorsicht, kleine Fluchten machen oft Lust auf was ganz Großes, wie in meinem Fall.

#BeatYesterday.org: Zum Abschluss, Dirk: Welchen Tipp kannst du allen Lesenden geben, die mit uns von Alaska und dem Missouri geträumt haben, die gleich im Internet nach Outdoorjacken suchen werden und jetzt “wirklich, wirklich” mehr in die Natur wollen?

Dirk: Machen. Nicht warten, traut euch. Plant nicht zu viel. Es fügt sich unterwegs immer irgendwie, im Großen und im Kleinen. Und seid flexibel. Ich kenne das ja auch: Man pinnt auf einer Karte Punkt A und Punkt B und will genau diese Strecke machen. Aber das Ziel sollte nicht B sein, sondern der Weg dorthin. Und wenn es am Ende aus Versehen Punkt C wird, umso besser: Denn der kann viel toller und schöner sein als euer eigentliches Ziel. Habt Respekt, geht raus und lasst los. Dann wird es grandios.

Aus eigener Kraft und ökologisch: Dirk Rohrbach reist gerne mit dem Fahrrad. ©Claudia Axmann
Aus eigener Kraft und ökologisch: Dirk Rohrbach reist gerne mit dem Fahrrad. © Claudia Axmann

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