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Joris aus „7 vs. Wild”: Können alle die Wildnis packen?

Als unbekannter Student mit wenig Bushcrafting-Erfahrung direkt in die größte Survival Show Deutschlands? Joris hat dieses Abenteuer erlebt und bis auf eine Ausnahme genossen. Ein Interview.

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Dramatische, wummernde, fast flirrende Musik. Eine Stimme aus dem Off. Sie sagt, nein, sie knurrt:

„Ausgesetzt auf einer tropischen Insel.“

Wer die aktuelle Staffel „7 vs. Wild“ gesehen hat, wird spätestens jetzt merken, wie sich die Haare auf Armen und Waden kräuselnd aufstellen. Gänsehaut und nicht gerade wenig davon. Die Show von Europas führenden Bushcrafter Fritz Meinecke begeistert Millionen für die Natur – und das Ausgesetztsein in der Wildnis.

Der Heidelberger Student Joris lebte den – tatsächlich – feuchten Traum vieler dieser Fans: Er war in Panama dabei, im mürrischen und klammen Dschungel, eine ganze Woche. Groovte sich mit Wildschweinzahnkette um den Hals durch die Tage. Wie dramatisch die Zeit tatsächlich war, warum er sich vor der Krokodil-Begegnung wirklich „fürchtete“ – und wie seine Eltern die Abenteuer des Sohns überstehen.

7 vs. Wild

Seit zwei Jahren erreicht das Projekt „7 vs. Wild“ Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer im deutschsprachigen Raum. Das Prinzip der Show ist simpel, aber signifikant. Sieben Teilnehmende werden für sieben Tage in der freien Wildbahn ausgesetzt. Die einzige Rettungsleine in die Zivilisation? Das inReach von Garmin.

Nach der ersten Staffel in Schweden folgte in der zweiten Ausgabe der Sprung auf ein kleines Eiland vor Panama. Neben Show-Erfinder Fritz Meinecke war auch der Heidelberger Student Joris dabei.

© iStock / Getty Images Plus / efenzi

#BeatYesterday.org: Joris, du wirktest bei „7 vs. Wild” insgesamt ziemlich locker. War das nur für die Videoaufnahmen gestellt – oder real?

Joris: Es war in der Sendung tatsächlich noch etwas dramatischer als in der Realität. Eben weil die Folgen für die Spannung geschnitten wurden. Tatsächlich war es für mich etwas einfacher, als es bei YouTube rüberkam.

#BeatYesterday.org: Das können ja alle behaupten.

Joris: Meine Uncuts, die ungeschnittenen Videos, die bald veröffentlicht werden, können das belegen. Tatsächlich habe ich fast jede Minute gefilmt. Alle Speicherkarten waren am Ende randvoll. Das Szenario „hinter der Kamera“ gibt es bei mir nicht.

#BeatYesterday.org: Besonders die Sache mit dem Krokodil, das vor deinem Lagerplatz im Ozean schwamm, schlug mediale Wellen. Sogar im Feuilleton. Wie heikel war die Situation?

Joris: Sie war kritisch. Ein Krokodil, etwa zweieinhalb bis drei Meter groß, ist eine potenzielle Lebensgefahr. Und dieses Reptil war tatsächlich mehrfach in meiner unmittelbaren Nähe. Der Enkel des Inselbesitzers in Panama, mit dem ich nach der Show sprach, bestätigte mir, dass die Krokodile an meinem Spot regelmäßig vorbeischauen.

Krokodil im trüben Wasser

© iStock / Getty Images Plus / santoelia

#BeatYesterday.org: Was war deine erste Reaktion auf den schuppigen Besuch?

Joris: Ich musste mich ein bisschen zügeln.

#BeatYesterday.org: Warum musstest du DICH zügeln?

Joris: Ich liebe alles, was kriecht und fleucht. Wenn ich eine Echse oder eine Amphibie oder Krabbelzeug sehe, bekomme ich einen Puls von 180. Nicht aus Angst, sondern aus Begeisterung. Ich möchte sofort hin. Dem Lebewesen so nahekommen wie möglich, ohne es zu bedrängen. Es hochheben. Es streicheln. Das Bedürfnis, das viele Menschen bei Hundewelpen erleben, spüre ich bei Schlangen. Dieser Leichtsinn kann im Dschungel fatal enden.

#BeatYesterday.org: Hat dich ein Tier schon mal erwischt?

Joris: Ja, aber nicht im Dschungel, sondern im Schwarzwald. Dort hat mich eine Kreuzotter, die giftigste Schlange hierzulande, gebissen. Es ist aber alles glimpflich ausgegangen.

#BeatYesterday.org: Sieben Tage und Nächte in der Wildnis. Isoliert, ohne Vorräte. Was war bei „7 vs. Wild” die schlimmste Situation?

Joris: Die Stunden unmittelbar vor der Abholung. Wir hatten für die letzte Challenge unsere Klamotten abgegeben. Für jedes Utensil gab es Punkte, also stand ich fast nackt da. Todmüde, hungrig, ungeduldig, dass endlich wer kommt. Die Zeit kroch dahin, das Boot tauchte erst drei, vier Stunden später auf, als ich erwartet hatte. Und da ich oberkörperfrei dastand, haben mich die Sandfliegen noch mal mit Liebe verabschiedet. Nach wenigen Minuten war ich richtig geschunden. Zum Verständnis: Ein Biss ist fünfmal unangenehmer als der einer „normalen“ Mücke.

#BeatYesterday.org: Die Abholung war für die anderen der emotionalste Moment. Und für dich?

Joris: Emotional, ja, aber ich war komplett drüber. Hab halluziniert, Menschen gesehen, die nicht da waren. Stimmen gehört, die allein in meinem Kopf spukten. Erst nach dem Ausschlafen kam ich wieder halbwegs mit der Welt klar.

#BeatYesterday.org: Wie lange hast du bei „7 vs. Wild” insgesamt geschlafen?

Joris: Maximal zwei Stunden am Tag, in den letzten drei Nächten gar nicht. Da ich alles gefilmt habe, auch das Schlafen, ließe sich die Gesamtdauer noch genauer herausfinden. Wichtig war, dass ich in der zweiten Nacht tatsächlich ein paar Stunden dösen konnte. Das brachte mich über die Woche.

#BeatYesterday.org: Tag und Nacht an der frischen Luft. Kein Essen. Die pure Dunkelheit. Stille. Da muss der Körper müde werden.

Joris: Ich bin wahnsinnig schlecht im Gutschlafen. Und das grundsätzlich, also auch zu Hause. Auf der Insel war es zwar dunkel, aber eben nie still. Manchmal war ich eben erst weggedöst, da hat dann eine Zikade richtig losgelegt. Und das war noch harmlos.

#BeatYesterday.org: Welche Lärmquelle war die schlimmste?

Joris: Die Wellen waren unfassbar laut, wenn die Flut kam. Ein fortwährendes Tosen, das einen permanent in eine Paranoia wog. Obwohl das Wasser noch weit weg war, fühlte es sich nah an. So, als ob es einen gerade unterspült. Dazu ruckelte mein Lagerplatz im Wind. Kollabiert gleich alles? Das war Psychoterror. Anderen erging es ähnlich.

#BeatYesterday.org: Du sprachst von Halluzinationen. Welche Folgen hat der Schlafmangel, vor dem Expertinnen und Experten warnen, noch verursacht?

Joris: Die Stimmung ist permanent gereizt. Man ist dauermüde, will schlafen, kann es aber nicht. Manche kennen das Gefühl aus heißen Sommernächten. Nur, dass es bei mir über fast eine Woche anhielt. Mit jeder Stunde ohne die notwendige Erholung schwindet der Verstand. Die Denkgeschwindigkeit sinkt. Banale Tätigkeiten wie das Wasserholen sind plötzlich anstrengend.

#BeatYesterday.org: Gab es den einen Moment, in dem du gedacht hast: „Jetzt ist Schluss“?

Joris: Nein, dieser Gedanke war weit weg. Mein Anspruch war ein anderer: Das Team trägt mich hier entweder am letzten Tag oder vorher im Sarg raus. Selbst bei einem Bruch, das Szenario hatte ich mir vorgestellt, wollte ich weitermachen. Aufgeben war nie eine Option.

#BeatYesterday.org: Bei welchem Problem hättest du dann den Knopf des inReachs gedrückt, mit dem du für Notfälle ausgerüstet warst?

Joris: Bei einer verletzten Arterie oder so was ähnlichem. Also eine Blutung, die sich kaum stoppen lässt. Eben dann, wenn es lebensgefährlich wird.

#BeatYesterday.org: Das klingt alles sehr unverfroren. Wie steht es generell um dein Angstempfinden?

Joris: Ich fürchte mich viel zu wenig, hätte gern mehr Angst. Demnächst gehts für mich in die marokkanische Wüste. Ich will Spinnen und Skorpione beobachten. Ein Kumpel, der in der Region schon geforscht hat, wurde dort beinahe von einer Hornviper gebissen. Sie schnappte knapp vorbei. Der Biss kann Blutgerinnsel verursachen und Menschen in seltenen Fällen töten. Mein Kumpel warnt mich mittlerweile andauernd: „Joris, wenn du da bist, pass bloß auf. Das ist kein Spaß. Dort darfst du keinen Stein unüberlegt umdrehen.“ Aber leider bin ich ein Mensch, der gerne Steine unüberlegt umdreht. Wenn man mir Kobras und Skorpione verspricht, dann will ich sie auch sehen.

#BeatYesterday.org: Angst ist – evolutionär betrachtet – sinnvoll. Auch beim Bushcraften?

Joris: Definitiv. Wer Angst hat, geht grundsätzlich sensibler an ein Abenteuer ran. Das ist eine positive Eigenschaft beim Überleben.

#BeatYesterday.org: Wovor hattest du dich im Vorfeld von „7 vs. Wild” gefürchtet?

Joris: Am meisten vor der Langeweile. Aber die Sorge war unbegründet. Im Dschungel gibt es immer was zu entdecken. Auch das Krokodil hat für Aufregung gesorgt. Ich glaube, die Anwesenheit des Tieres tat mir insgeheim gut.

#BeatYesterday.org: Du hast es damals als Wildcard ins Format „7 vs. Wild” geschafft. Wie gut warst du auf die Herausforderung vorbereitet?

Joris: Ich war häufiger im Dschungel, hab manchmal draußen im Freien gepennt, aber das war es auch. Mit dem Thema Bushcrafting, also dem Klarkommen in der Wildnis ohne großartige Hilfsmittel, hatte ich zuvor wenig zu tun. Der Beinahe-Experte, der Fast-Fritz, zu dem ich gemacht wurde, war ich tatsächlich nicht. Eher ein Rookie.

#BeatYesterday.org: Du bist trotzdem Zweiter in der Show geworden. Können alle das so schnell lernen: Bushcrafting?

Joris: Ja! Es geht um das Primitive, um das Auskommen mit wenig Ressourcen. Das ist das Schöne an der Sache. Die Techniken, die das Überleben ermöglichen, sind simpel, also einfach zu erlernen. Eigentlich muss man nur wenig, das dafür aber gut können. Es braucht Übung.

#BeatYesterday.org: Welche Fehler machen Menschen, die authentische Abenteuer in der Natur erleben wollen, besonders oft?

Joris: Sie nehmen zu viel mit. Das ist diese typische Versicherungsmentalität in deutschsprachigen Ländern. Zu beobachten in jedem Sommer auf allen Campingplätzen. Für jedes denkbare Szenario die passende Ausrüstung, Proviant für ein halbes Jahr. Darum geht es aber beim Survival nicht. Da zählt, wie man den Umständen entsprechend rudimentär klarkommt und dabei die Natur genießt. Jeder Luxus trübt diese kostbaren Eindrücke. Eine Nacht, in der man kaum und schlecht schläft, gehört dazu. Sie ist ein Teil der Erfahrung.

#BeatYesterday.org: Kommen wir zum Abenteuer namens Leben. Also zu deiner persönlichen Geschichte. Während sich die meisten Influencer über Jahre die Reichweite aufgebaut haben, wurdest du durch das bereits megaerfolgreiche Format per Space Shuttle in neue Sphären geschossen. Wie hat sich dein Leben verändert?

Joris: Das gab es im deutschsprachigen Raum noch nie, dass jemand, der vorher unbekannt war, so viel Aufmerksamkeit in Form von Sendezeit bekommt. Eine große Chance, die alles und doch relativ wenig gedreht hat. Ich bin weiterhin Vollzeitstudent, aber selten in der Uni. Nach fast fünf Jahren fehlen mir zwei Prüfungen und die Bachelorarbeit. Nebenbei mache ich in Vollzeit Social Media. Also alles wie früher. Nur dass ich noch weniger zu Hause bin.

#BeatYesterday.org: Wie geht man mit so viel Ruhm in kurzer Zeit um?

Joris: Ich war zunächst ratlos. Die ganzen neuen Kanäle, deren unterschiedliche Regeln. Plattformen wie Twitch waren für mich Neuland. Mein großes Glück war und ist, dass das gesamte Team von „7 vs. Wild” nicht nur die Show überragend produziert, sondern genauso überwältigend hilfsbereit ist. Sie haben mich von Tag eins an maximal unterstützt. Was nun natürlich finanziell oder durch persönliche Verbindungen möglich ist: Noch mehr Projekte als zuvor. Zu Trips wie kürzlich nach Papua-Neuguinea wäre es ohne die Wildcard kaum so schnell gekommen.

#BeatYesterday.org: In Papua-Neuguinea hat es euch tief in den Dschungel verschlagen. Wie weit weg wart ihr von der Zivilisation?

Joris: Allein ins Land haben wir drei Tage und unzählige Flüge benötigt. Zuletzt ging es mit einer kleinen Propellermaschine tief ins Herz der Region. Die Reise im Dschungel selbst war dann speziell und aufregend. Fünf Kilometer fühlen sich durch die Luftfeuchtigkeit und das unwegsame Terrain wie 50 Meilen an. Vor allem hat man vor Ort gesehen, wie selbst Völker, die seit Ewigkeiten dort leben, sich auf die Bedingungen mühsam einstellen.

#BeatYesterday.org: Wie meinst du das?

Joris: Das Feuermachen zum Beispiel. Auch die Ureinwohnerinnen und Ureinwohner vor Ort würden an manchen Tagen keines hinbekommen, wenn sie nicht Zunder und Holz über Monate trocknen und einlagern würden. Das hat mich etwas getröstet, nachdem ich bei „7 vs. Wild“ in Panama kein Feuer entzünden konnte.

#BeatYesterday.org: Wie wichtig war es, dass trotz der Abgeschiedenheit ein Draht zur Zivilisation bestehen bleibt?

Joris: Der kann über die eigene Gesundheit entscheiden, weil es Tage dauern kann, bis Hilfe kommt. Je eher und präziser diese angefordert wird, desto größer die Chance auf rechtzeitige Rettung. Unser Guide in Papua berichtete davon, dass er vor 20 Jahren mit dem Boot gekentert ist. Seine Gruppe hat dann fünf Tage gebraucht, bis sie auf andere Menschen stießen. Wenn man im Dschungel zu Gast ist, nicht da wohnt, ist die Orientierung fast unmöglich. Nur dadurch, dass die Smartwatch von Fritz unsere Wege trackte, haben wir einmal erkannt, dass wir im Kreis liefen. Und in diesem Moment waren wir mit Einheimischen unterwegs. Wie sehr Survival-Abenteuer auch davon leben, dass man möglichst primitiv die Natur erlebt – so wichtig ist der Sicherheitsaspekt.

#BeatYesterday.org: Auf deiner jüngsten Tour durch den Darién Gap, eine Passage zwischen Nord- und Südamerika, wieder Panama, warst du mit einer fēnix 6S unterwegs. Wie hast du die Uhr genutzt?

Joris: Sie hat mich unabhängiger von meiner Gruppe gemacht. Wenn ich woanders hin wollte, einer Echse hinterherlief, fand ich über das Tracking meiner fēnix 6S immer den Weg zurück. Das Thema Schlaf werde ich während der nächsten Expeditionen ebenfalls stärker mit der Uhr auswerten. Zu sehen, wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und körperliche Belastung den Körper beanspruchen – das wird ein interessantes Selbstexperiment.

#BeatYesterday.org: Bleibt die angekündigte Frage: Wie reagieren deine Eltern darauf, dass der Sohn, der Student, diese Experimente jetzt regelmäßiger wagt?

Joris: Sie haben sich damit abgefunden. Sagen mittlerweile: Solange sie nichts hören, machen sie sich keine Sorgen.

Du hast Lust auf Wildnis bekommen? In unserem Guide „Deine ersten Nächte in der Wildnis” versorgt dich Coach Joris mit wertvollen Tipps.

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