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Abenteuerlust: Wie Menschen ihre Ängste überwinden

Ängste waren in der Evolution hilfreich. Doch wer heutzutage zu viel bangt, versäumt das Leben. Warum Menschen Abenteuer brauchen, und wie sie ihren Mut für großartige Erlebnisse schüren. Ein Interview.

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Sein Leben hing an pfenniggroßen Vorsprüngen aus kahlem Fels.

Viele Fans verehren Extremkletterer Alex Honnold, andere Beobachtende unterstellen dem Kalifornier eine latente Todessehnsucht. Der Sportler wand sich den El Capitan im Yosemite-Nationalpark Free Solo hoch. Ohne Sicherungsseil. Ohne doppelten Boden. Etwa 1.000 Meter den porösen Granitblock hinauf.

Szenenwechsel. Empire State Building, New York. Trotz der meterhohen Sicherheitszäune aus Stahl schleichen manche Menschen im Krebsgang über die Aussichtsplattform. Einige Touris würden sich am liebsten mit Handschellen ans Geländer ketten. Die Höhenangst presst ihnen die Luft aus den Lungen.

Menschen kuscheln mit Tigern. Menschen fürchten sich vor zentimeterkleinen Krabbeltieren. Warum ticken sie bei Abenteuern so unterschiedlich? Eine Spurensuche mit der Dortmunder Psychologin Christina Miro, die erklärt, wie sich die Abenteuerlust trainieren lässt.

Psychologin Christina Miro
Die Psychologin Christina Miro coacht ihre Klientinnen und Klienten in den Bereichen Reisetherapie, Persönlichkeitsentwicklung und positive Psychologie. © privat

#BeatYesterday.org: Frau Miro, manche Menschen leiden unter Flugangst. Andere stürzen sich mit einem Fallschirm aus Propellermaschinen. Warum fürchten Homo sapiens so unterschiedlich?

Christina Miro: Menschen sind nicht allein wegen ihrer individuellen DNA einzigartig. Jede Lebenserfahrung formt die Persönlichkeit. Wer früh im Leben eine negative Erfahrung bezüglich des Fliegens oder der Höhe gemacht hat und währenddessen große Angst spürte, speichert dieses drastische Erlebnis langfristig im Gehirn ab. Wer diese Prägung nicht abbekam, empfindet das Fliegen positiv. Zum Beispiel als Auftakt zu einem aufregenden Urlaub.

#BeatYesterday.org: Die Adoleszenz, das Heranwachsen prägt den Menschen. Wie beeinflussen die Eltern die Abenteuerlust ihrer Sprösslinge?

Christina Miro: Sie tun es massiv, und das nicht ausschließlich verbal. Wenn Papa sich im Flugzeug fürchtet, schwitzt, zittert, ganz anders als sonst drauf ist, strahlen diese Signale auf die Kinder ab. Eltern kommunizieren über die Körpersprache.

#BeatYesterday.org: Es gibt Mütter und Väter, die wollen alles Negative von den Kindern abschirmen. Man nennt sie Helikopter-Eltern. Wie beeinflusst die Erziehung die spätere Abenteuer- und Reiselust der Kids im Erwachsenenalter?

Christina Miro: Wer Kinder zu sehr von der Welt abschirmt, verwehrt ihnen wertvolle Lebenserfahrungen. Dass manchmal etwas wehtut, der Schmerz aber wieder vergeht. Es also nicht schlimm ist, wenn man beim Toben stürzt. Eltern, die ihre Kinder vom Weltentdecken abhalten, enthalten dem Nachwuchs wegweisende positive Erfahrungen. Anders ergeht es Heranwachsenden, die Herausforderungen lösen dürfen. Durch die frühen Erfolge formt sich das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Die Entwicklung der sogenannten Selbstwirksamkeit wird gefördert.

#BeatYesterday.org: Wie könnten es Eltern besser machen?

Christina Miro: Wenn ein Kind fleißig malt und man das Verhalten belohnt, wird es diese Aktivität positiv abspeichern. Es wird noch eifriger malen. Vielleicht sogar ein Picasso oder eine Picassa werden. Dieses Prinzip sollte genauso gelten, wenn Kinder die Welt entdecken. Belohnen Eltern es, wenn die Knirpse etwas Mutiges und zugleich nicht Leichtsinniges tun, wird sich dieses Verhalten reproduzieren. Sie müssen Neugierde fördern. Sie ist der Motor für alles.

Kind fährt mutig mit einer Seilbahn
Belohnt man Kinder für ihr mutiges Verhalten, werden sie auch später neugierig und mutig sein. © iStock / Getty Images Plus / Daniel Chetroni

#BeatYesterday.org: Inwiefern?

Christina Miro: Wer neugierig ist, ist für alles im Leben offener. Wenn Menschen aus Neugierde etwas Neues ausprobieren und eine positive Erfahrung machen, schüttet das Gehirn Glückshormone aus. Und wenn etwas glücklich macht, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass diese Handlung wiederholt wird.

#BeatYesterday.org: Ist Angst überhaupt eine schlechte Leidenschaft?

Christina Miro: Im Gegenteil: Angst ist wertvoll! Die Ur-Menschen, die damals auf Schlangen oder Bären zugingen und sie streicheln wollten, sind aufgrund ihrer Unvernunft früher verstorben. Evolutionär betrachtet haben sich vorsichtige Menschen im Vergleich zu den leichtsinnigen besser behauptet.

#BeatYesterday.org: Trotz dieser Erkenntnisse ist das Thema Angst negativ behaftet. Es gibt zahlreiche uncharmante Bezeichnungen für ängstliche Menschen. Angsthase. Feigling. Schissbüx. Wann ist Beklemmung nicht mehr sinnvoll?

Christina Miro: Wenn sie uns Menschen am Leben hindert. Wenn wir uns nicht auf einen Job bewerben, weil wir uns vor der neuen Ungewissheit fürchten. Wir auf einen tollen Urlaub mit großartigen Erfahrungen verzichten, weil wir das Ungewohnte meiden. Wir Menschen nicht ansprechen, weil wir uns vor Ablehnung fürchten. In all diesen Situationen verzichten wir auf Chancen. Wir vergeuden Lebensqualität.

#BeatYesterday.org: Ein Mentaltrainer behauptet in einem Interview, dass man sein Selbstvertrauen wie einen Muskel trainieren kann. Lässt sich das auf Mut und Abenteuerlust übertragen?

Christina Miro: Menschen können Ängste auf zwei Arten abbauen. Entweder über die maximale Konfrontation mit der Furcht. Oder in kleinen Schritten.

#BeatYesterday.org: Was empfiehlt die Expertin?

Christina Miro: Die meisten Menschen kommen besser damit klar, wenn sie sich ihren Ängsten etappenweise nähern.

#BeatYesterday.org: Wie kann das beim Beispiel „neuer Job” funktionieren?

Christina Miro: Indem Menschen nicht sofort das finale Ziel, also den Traumjob anpeilen, sondern den Weg dorthin. Das Schreiben der Bewerbung ist der erste Schritt. Je mehr sie abschicken, desto stärker sinkt die Furcht davor. Dann folgen Bewerbungsgespräche. Viele meiner Klientinnen und Klienten fürchten sich vor dieser Situation. Doch auch ihnen hilft das Sammeln von kleinen und großen positiven Erfahrungen und damit verbundene Belohnungen. Wer sich vor Veränderung fürchtet, muss in Tippelschritten auf sie zugehen.

#BeatYesterday.org: Und wenn jemand unter einer Spinnenphobie leidet?

Christina Miro: Dann schaut sich die- oder derjenige die Spinne zunächst im Terrarium an. Passiert nichts. Alles in Ordnung. Dann nimmt man ein zartes Krabbeltier in die Hand. Passiert auch nichts. Wichtig ist, dass die befürchtete Konsequenz nicht eintrifft. So lässt die Angst langsam nach. Nach einer gewissen Zeit kann man die kleine Hausspinne aus dem Schlafzimmer nach draußen bringen. Wer noch weiter gehen möchte, lässt sich eine Vogelspinne auf den Arm oder Kopf setzen. Mit jeder positiven Erfahrung überwinden Menschen einen Teil ihrer Ängste.

Frau hält eine Vogelspinne in ihrer Hand
Mit jeder positiven Erfahrung können Menschen ihre Ängste überwinden. Sogar eine Spinnenphobie. © iStock / Getty Images Plus / Liudmila Chernetska

#BeatYesterday.org: Die Konfrontationstherapie würde Menschen mit Arachnophobie direkt zu einem Blind Date mit einer Schwarzen Witwe raten. Oder Höhenangstleidenden zu einem Bungee-Sprung.

Christina Miro: Dieser Ansatz kann klappen. Aber nur wenn das befürchtete Ereignis nicht eintritt und man somit eine positive Erfahrung macht. Dieser extreme Ansatz scheitert jedoch bei den meisten Betroffenen. Für sie sind die Sekunden am Bungeeseil die absolute Hölle. Das Gehirn speichert weitere negative Erfahrungen ab. Beim nächsten Aufenthalt in einer luftigen Höhe schrillt im Hirn der Alarm noch lauter.

#BeatYesterday.org: Menschen, die unter Flugangst leiden, können entsprechende Pillen nehmen. Beruhigungsmittel haben Menschen schon durch manch Interkontinentalflug gebracht.

Christina Miro: Diese Medikamente kann man sich ärztlich verschreiben lassen. Es gibt Menschen, die sind auf die Psychopharmaka angewiesen. Wer diese nicht zwingend braucht und nur eine lästige Lage überbrücken möchte, sollte sie weglassen. Die Präparate unterdrücken lediglich die Angst. Sie lösen nicht das Ursprungsproblem, dass Panik verursacht.

#BeatYesterday.org: Oft ist es nicht mal eine Angst, die Menschen vom Weltentdecken fernhält, sondern der Hang zum Gewohnten. Immer derselbe Tisch im Lokal. Dieselbe Terrakottavilla in der Toskana. Die gleiche Tafel Vollmilchschokolade.

Christina Miro: Gegen ihn können Betroffene im Alltag leicht antrainieren. Indem sie beim nächsten Restaurantbesuch ein unbekanntes Gericht bestellen. Oder auf der Heimfahrt von der Arbeit eine neue Route wählen. Das mag zunächst anstrengend sein. Man muss sich neu orientieren, der Weg dauert ein paar Minuten länger. Doch das ist eine Herausforderung, die wir alle lösen können. Wer sich öfter mit dem Neuen und Unbekannten konfrontiert, verliert langfristig die Angst davor.

Psychologin Christina Miro
Wer öfters etwas Neues ausprobiert, verliert laut Psychologin Christina Miro die Angst davor.© privat

#BeatYesterday.org: Kommen wir zu den Menschen, die ihren Hunger nach Abenteuern kaum stillen können. Die immer extremere Vorhaben wagen. Woran liegt es, dass plötzlich der Everest nicht mehr genügt, sondern es zusätzlich eine außergewöhnliche Route sein muss?

Christina Miro: Es handelt sich um das Verlangen nach neuen Reizen und außergewöhnlichen Erlebnissen. Wenn wir etwas tun, was unsere Bedürfnisse erfüllt, beispielsweise unsere innere Sehnsucht nach Adrenalin, dann werden wir mit Glücksgefühlen belohnt. Und das ist doch, was das Leben ausmacht. Glück. Für Freiheitsliebende ist das Glücksempfinden häufig mit neuen Reizen verbunden. Diese findet man auf Reisen ganz automatisch. Deshalb müssen die nächsten Ausflüge oder Expeditionen länger und spektakulärer sein als die vorherigen. Bestenfalls noch mehr Freiheit bieten.

#BeatYesterday.org: Was ist bei Abenteuern die richtige Dosis Mut?

Christina Miro: Mutige Menschen wagen Dinge, die unter Umständen gefährlich sein können. Doch Mut ist nicht gleichbedeutend mit Furchtlosigkeit. Couragierte Menschen, die zugleich vernünftig sind, fürchten sich genauso vor Gefahren. Sie kalkulieren anders. Sie wagen Risiken, bei denen sie die negativen Folgen abschätzen und ertragen können. Wenn es lebensgefährlich wird, setzten die Selbsterhaltungsinstinkte Ängste frei.

#BeatYesterday.org: Angenommen Menschen, die das Leben entdecken wollen, sich bislang noch nicht trauten, bäten Sie um Hilfe. Welche drei Tipps geben Sie?

Christina Miro: Klein Anfangen. Die erwähnten Tippelschritte. Jedes Vorankommen großzügig belohnen. So gelingt ein Anfang.

Kleine Erfahrungen dokumentieren. Zunächst sind Fortschritte beinahe unsichtbar. Manchmal verschluckt sie der Alltag und spuckt sie erst später wieder aus. Erfolge lassen sich häufig nur in der Rückschau feststellen. Deshalb sollten Menschen ihre persönlichen Schritte zum Glück festhalten.

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