Sonntagnachmittag, eine Fußballkabine, irgendwo in Europa zwischen Wien und Warnemünde.
Das Amateurfußballspiel ist gewonnen, die Stimmung gelöst. Heute schmeckt das Bier besonders gut, nach Erfolg, nach Adrenalin. Und auch die müden Beine, kaputtgelaufen auf dem Acker, der sich Fußballplatz schimpft, tun gleich viel weniger weh. Das kühle Blonde nach dem Sport ist ein beliebtes wie harmloses Ritual. Meint man.
Doch es gibt ein Problem.
Das, was erfrischt, was Schmerzen lindert, was einfach schmeckt, hat auf kurze und lange Sicht negative Konsequenzen für deine Formentwicklung. Wie dein geschundener Körper auf Alkohol reagiert – und welche kleine Anpassung bereits hilft.
Was passiert kurzfristig, wenn du nach dem Sport Alkohol trinkst?
Ein paar Bierchen nach dem Training – das klingt völlig unbedenklich. Gäbe es da nicht drei Probleme, die Alkohol in Sachen Formaufbau verursacht. Wer sich gerne mal sportlich am Glas betätigt, sollte wissen, welche Auswirkungen der Genuss auf den eigenen Sport haben kann.
Dehydrierung
Wenn es um die Wirkung von Alkohol geht, solltest du den Begriff Vasopressin kennen. Das ist ein Hormon, das für deinen körpereigenen Wasserhaushalt sehr relevant ist. Es steuert die sogenannte Wasserrückresorption der Nieren. Das ist der Vorgang, bei dem sie aus zum Ausscheiden bereiten Sekreten wertvolles Wasser zurückgewinnen.
Wenn du Alkohol trinkst, wird dieses Hormon in seiner Wirksamkeit gehemmt. Mehr noch: Nicht nur wird die Rückgewinnung von Wasser jäh gestoppt, die Nieren produzieren auch mehr Urin. Du gerätst dadurch noch schneller ins Flüssigkeitsdefizit.
Mit dem Harn scheidest du nicht nur Wasser aus, sondern auch Elektrolyte. Das sind Minerale wie Natrium, Kalium und Magnesium. Diese Stoffe sind wichtig, damit deine Nerven- und Muskeln normal funktionieren können. Nicht umsonst geht ein Magnesiummangel oft mit Muskelkrämpfen einher.
Schlechte Muskelregeneration
Eine sportliche Belastung hat immer Folgen für die Muskulatur. Und obwohl sie manchmal mit Schmerzen einhergehen, sind sie sehr wichtig. Denn erst dadurch, dass Mikroverletzungen in den Muskeln von deinem Organismus repariert werden, kommt es zum Muskelwachstum.
Entscheidend dafür ist die Proteinbiosynthese. Dieser Begriff beschreibt die Fähigkeit deiner Zellen, neue Proteine zu bilden. Diese werden für die Reparatur und zum Aufbau der Muskeln zwingend benötigt. Doch genau jetzt grätscht passend zum Fußball der Alkohol dazwischen.
Denn es passiert Folgendes: Der aufgenommene Alkohol stört die Proteinbiosynthese. Der Zellorganismus kann nicht ausreichend Reparatur- und Wachstumsmaterial für die Muskeln bereitstellen. Die Regeneration nach dem Training wird stark verzögert. Da sich keine neuen Muskelfasern bilden können, bleibt der Trainingseffekt gering.
Überarbeitetes Herz-Kreislauf-System
Der Alkoholkonsum nach dem Training belastet dazu ein ganz zentrales Organ: das Herz. Denn der Körper reagiert auf Alkohol mit der Ausschüttung von Stresshormonen. Diese können den Blutdruck erhöhen, also das Herz und dessen unmittelbare Gefäßstruktur belasten.
Besonders dann, wenn sich dein Herz-Kreislauf-System nach einer Belastung erholt, wirkt Alkohol schädlich. Unter anderem auch deshalb, weil die Herzfrequenz weiter erhöht bleibt. Trinkst du Alkohol nach dem Sport, bekommt dein Herz nicht die Ruhe, die es braucht.
Fun Fact: Sind Sportlerinnen und Sportler stärker am Glas?
Das ist ein Mythos. Denn: Nicht die Athletik bestimmt darüber, wie hoch die Toleranz gegenüber dem Alkohol ist. Viel mehr ist es die Gewöhnung an die Promille im Blut. Wer regelmäßig viel trinkt, kann auch mehr ab.
Was sind die langfristigen Folgen von Alkohol nach dem Sport?
Während ein Bierchen nach dem Training meist unbedenklich ist, drohen auf Dauer schwerwiegende Konsequenzen. Und das sowohl für den angestrebten Formgewinn als auch für deine Gesundheit.
Das Training verliert an Effektivität
Alkohol nach der sportlichen Einheit hemmt bekanntlich die Regeneration und hemmt genau damit den Formaufbau. Denn auf Dauer steigt die Formkurve nur, wenn sich Erholung und Belastung ausbalancieren. Trinkst du Alkohol nach dem Sport, wird dieser Prozess unterbunden. Du wirst nicht so gut, wie du eigentlich werden könntest.
Die deutsche Feldhockeyspielerin Nike Lorenz äußerte sich dazu sehr deutlich in einem Interview. Sie sagt: „Alkohol hemmt deine Erholungsfähigkeit. Dadurch hindert man das Prinzip der Superkompensation. Das ist das wichtigste Prinzip, um seine Leistung zu verbessern. Alkohol kann zudem Entzündungen in deinem Körper verursachen. Die sollte man in jedem Fall vermeiden.“
Auch unmittelbar vor dem Sport kann Restalkohol die Leitungsfähigkeit mindern. Jonathan Häußer, ein Unfallchirurg, Orthopäde und Sportler, sagt gegenüber dem Spektrum-Magazin: „Schon 1982 haben Wissenschaftler vom American College of Sports Medicine eine Übersichtsarbeit veröffentlicht. In dieser stellten sie fest, dass Alkohol vor dem Sport Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit beeinträchtigt.“
Das Verletzungsrisiko ist erhöht
Aus der mangelnden Erholung ergibt sich noch ein weiteres Problem: Alkohol erhöht das Risiko für Muskelverletzungen. Insbesondere Verhärtungen und Muskelfaserrisse werden auf Dauer immer wahrscheinlicher.
Der Hintergrund ist leicht verständlich. Mikroverletzungen, die nach dem Sonntagsspiel nicht richtig verheilen können, sind beim nächsten Training immer noch da. Durch die Beanspruchung können sich beispielsweise kleine Risse ausdehnen. Hemmt dann erneut Alkohol die Regeneration, verschlimmern sich die kleinen Blessuren immer weiter. So lange, bis es irgendwann fast zwangsläufig zu einer schwereren Verletzung kommt.
Die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht steigt
Alkohol macht dick – selbst wenn man leidenschaftlich viel Sport treibt. Bereits drei große Biere haben in etwa so viele Kalorien wie ein halber Laib Brot. Außerdem hemmt Alkohol unmittelbar nach dem Sport die Fettverbrennung. Der Grund, warum viele Menschen sich überhaupt bewegen, wird nichtig.
Schlimmer noch: Die Kalorien, die der Alkohol enthält, sind für den Körper nicht mal sinnvoll. Deshalb wird in der Medizin von „leeren Kalorien“ gesprochen. Alkohol enthält keine wertvollen Vitamine oder Mineralien, von Ballaststoffen ganz zu schweigen. Tatsächlich muss der Körper eher wichtige Nährstoffe aufwenden, damit er Alkohol abbauen kann.
© Marieke Sobiech
Du willst auf das Belohnungsbier nicht verzichten – doch wie trinkst du es clever?
Man kann den Drink schütteln wie man möchte: Übermäßiger Alkoholkonsum ist nicht mit einem fortschrittlichen Training vereinbar. Wenn du nach dem Training gerne ein Bier genießt, kannst du mit ein paar einfachen Tipps bewusster damit umgehen. Diese Anpassungen mindern die Folgen von einem Bierchen nach dem Training.
- Trink stattdessen ein alkoholfreies Bier. Viele Sportlerinnen und Sportler schwören auf die isotonischen Effekte. Das Magazin Quarks erklärt: „Der Vorteil von alkoholfreiem Bier gegenüber Wasser – es ist isotonisch. Das bedeutet, dass die Nährstoffe schneller ins Blut gelangen. Dadurch kann sich der Körper besser erholen. Er bekommt ohne Zeitverzögerung all die Stoffe zurück, die er zuvor unter Anstrengung verbraucht und ausgeschwitzt hat.“
- Wenn du unbedingt an Form gewinnen willst, warte ein paar Stunden auf deine alkoholhaltige Belohnung. So kann der Körper zumindest unmittelbar nach der harten Belastung regenerieren.
- Trink viel Wasser während und nach der Sause. Damit hältst du den Wasserhaushalt stabil und beugst einer Dehydratation vor. Das berühmte Zwischenwasser dient nicht nur der Ausdauer am Glas, sondern auch der Erholung am Folgetag.
Fazit
Kennst du das? Mitspielerinnen und Mitspieler unken, dass du für die Mannschaft mittrinken solltest. Soweit normal, und total falsch. In Wirklichkeit stimmt das Gegenteil. Wenn du gerade nach einer harten Belastung ruhig machst und dich schonst, tust du am Ende das Beste für dein Team.
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