Es schmeckt so gut. Die Fritten. Der geschmolzene Chesterkäse. Die Röstzwiebeln. Die Peperoni. Dann noch der Klecks Mayo, der bei frittierten Kartoffelstangen niemals fehlen darf. Wer die sogenannten Loaded Fries erfunden hat, gehört im Food-Himmel heiliggesprochen.
Das Problem? Beladen sind nicht nur die Fritten, sondern auch dein Magen nach dem Essen.
War die letzte Portion nötig? Der Blick nach unten sagt „nein“. Dein Bauch wölbt sich nach oben. Der Hosenbund ist gespannt. Zum Glück wurde – wahrscheinlich parallel zu den Pommes – der Stretch erfunden.
Klingt alles witzig, ist es aber gar nicht. Ein Fresskoma kann dich körperlich enorm einschränken. Das Völlegefühl ist oft nur das kleinste Problem. Schwindel, Kreislaufprobleme oder Kopfschmerzen – das Menü der Symptome nach dem Essen ist reichhaltig. Stoisch ertragen musst du sie aber nicht.
Mit postprandialer Bewegung kannst du dem Fresskoma vorbeugen – selbst nach üppigen Mahlzeiten. Was das ist und welche Effekte die Aktivität auf deinen Körper hat – dieser Beitrag serviert dir alles Wissenswerte.
Was nach dem Essen im Körper passiert
Nahrung ist essenziell, damit dein Körper funktioniert. Sie versorgt dich mit Energie, liefert lebenswichtige Vitamine und Mineralstoffe und kann dich sogar glücklich machen. Das ist bekannt.
Weniger geläufig ist aber, was genau nach dem Essen im Körper passiert. Die sogenannten postprandialen Prozesse. Nimmst du Lebensmittel zu dir, gelangen sie nach dem Zerkleinern in Mund, Magen und in den Dünndarm. Dort sind Enzyme aktiv. Sie spalten Kohlenhydrate in Zucker auf und die Darmwand resorbiert die entstandene Glukose ins Blut. Dein Blutzuckerspiegel steigt an.
Mit der Glukose im Blut kann dein Körper aber wenig anfangen. Deshalb schüttet er Insulin aus. Das Hormon aktiviert sogenannte Glukosetransporter (GLUT), durch die der Zucker in deine Zellen gelangt. Dein Blutzuckerspiegel sinkt innerhalb von ein bis zwei Stunden wieder auf Normalniveau.
Was die Beschwerden auslöst
Aber wie entstehen nun die bekannten Symptome? Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Eine kann schon vor dem Anstieg des Blutzuckerspiegels auftreten. Nach besonders üppigen Mahlzeiten muss dein Darm einiges leisten. Dafür benötigt er viel Blut, das dann an anderen Stellen im Körper fehlt. Das kann deinen Blutdruck nach dem Essen so stark senken, dass Beschwerden auftreten – eine postprandiale Hypotonie.
Dein Körper reagiert mit einer erhöhten Herzfrequenz auf den niedrigen Blutdruck – in der Fachsprache wird das als postprandiales Herzklopfen bezeichnet. Meist ist dieses Herzrasen harmlos.
Gut zu wissen: Herzrasen nach dem Essen kann allerdings auch durch andere Faktoren ausgelöst werden, zum Beispiel durch eine Histaminintoleranz. Tritt das Herzklopfen stark und regelmäßig auf, solltest du es ärztlich abklären lassen – insbesondere, wenn Brustschmerzen als Begleitsymptom auftreten. Histamin – der Vollständigkeit halber – ist ein Botenstoff, der vor allem in stark gereiftem, fermentiertem oder verarbeitetem Fleisch und Käse sowie in Fischkonserven vorkommt.
Eine weitere Ursache für die eingangs genannten Beschwerden kann der Abfall deines Blutzuckerspiegels sein. Sinkt dieser zu schnell, beispielsweise nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit, reduziert sich auch dein Blutdruck. Wichtigen Organen wie dem Gehirn fehlt kurzzeitig Energie. Dein vegetatives Nervensystem reagiert und schüttet Stresshormone aus. Diese weiten zusätzlich deine Blutgefäße, was den Blutdruck weiter senkt. Schwindel, Übelkeit und Kreislaufprobleme plagen dich.
Postprandiale Bewegung – Was bringt sie wirklich?
Keine Panik. Du musst deine Mahlzeiten zukünftig nicht angsterfüllt einnehmen. Die beschriebenen Symptome treten eher selten auf. Deutlich gefährdeter sind jedoch Menschen mit gestörter Blutzuckerkontrolle, wie sie bei Typ-2-Diabetes auftritt. Ob erkrankt oder nicht – postprandiale Bewegung ist für alle Menschen empfehlenswert. Aus diesen Gründen:
Dein Blutzucker bleibt im Lot
Dieser Effekt ist besonders für Diabetes-Typ-2-Erkrankte wichtig. Ihr Körper reagiert vermindert auf Insulin. Dadurch verbleibt Glukose länger im Blut. Das kann langfristig das Risiko für Komplikationen oder Folgeerkrankungen erhöhen. Bewegung nach dem Essen beugt dem vor, wie eine Studie der Universität Rom zeigte. Schon ein 30-minütiger Spaziergang kann starke Blutzuckerspitzen verhindern.
Warum das so ist? Beanspruchst du nach dem Essen deine Muskeln, benötigen sie sofort Energie. Deshalb warten sie nicht auf die Glukosetransporter. Sie beziehen die Energie direkt aus dem Blut. Die Blutzuckerspitzen bleiben aus. Das hilft auch Menschen mit erhöhtem Risiko für eine Diabetes-Erkrankung. Laut dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung könnte Bewegung vorbeugen.
Aber auch gesunde Menschen profitieren. Denn ein hoher Blutzucker bedingt eine starke Insulinausschüttung. Senkt diese den Blutzucker zu weit ab, drohen Heißhungerattacken und postprandiale Müdigkeit.
Spannend: Die Effekte von Bewegung auf den Blutzuckerspiegel halten bis zu 24 Stunden an.
Deine Verdauung kommt in Schwung
Zunächst eine Enttäuschung: Der oft gelobte Verdauungsschnaps hilft nicht. Im Gegenteil, Alkohol verlangsamt die Verdauung sogar. Bewegung erweist sich als deutlich bessere und gesündere Alternative. Das belegten Forschende der Universität im iranischen Shiraz. Die Studienergebnisse zeigten, dass Bewegung nach dem Essen vor Völlegefühlen, Magenschmerzen und Blähungen schützen kann. Die Wirkung sei sogar besser als bei Medikamenten.
Schon leichte körperliche Aktivität wie Gehen genügt dafür. Durch die Bewegung förderst du die Durchblutung von Magen und Darm. Das lässt sie effizient arbeiten. Noch dazu aktivierst du das enterische Nervensystem – umgangssprachlich das „Bauchhirn“ genannt. Es steuert die Darmmuskulatur und regt die Peristaltik an – also die wellenförmigen Bewegungen, mit denen der Darm die Nahrung weitertransportiert. Dadurch verbleibt die Nahrung kürzer im Verdauungstrakt. Das Völlegefühl verschwindet schneller.
Vermeide diese Fehler bei postprandialer Bewegung
Raffst du dich nach einem Mahl von deinem Stuhl auf, hat das viele Vorteile. Aber es lauert auch Fehlerpotenzial. Zunächst solltest du dich nicht zu intensiv bewegen. Dein Körper benötigt viel Blut für die Verdauung. Forderst du deine Muskeln zu stark, konkurrieren sie mit deinem Verdauungstrakt darum. Das verlangsamt die Entleerung und macht Beschwerden wie Sodbrennen oder Magenkrämpfe wahrscheinlicher.
Nach üppigen oder fetthaltigen Mahlzeiten empfiehlt sich eine kurze Pause, bevor du startest. Idealerweise wartest du mindestens 10 bis 20 Minuten. Bewegst du dich zu früh, ist der Magen noch prall gefüllt. Das erhöht den Druck auf den Schließmuskel am Mageneingang, sodass Magensaft leichter in die Speiseröhre gelangt. Besonders, wenn du dich bewegst. Außerdem kann der Magen dein Zwerchfell einschränken. Das erschwert die Atmung und fördert Seitenstechen.
Wichtig: Betroffene von Magen-Darm-Erkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom sollten sich besonders behutsam bewegen. Zu starke Belastung kann die Symptome verschlimmern.
So bewegst du dich richtig
Natürlich solltest du nach dem Essen keine Intervallläufe absolvieren. Moderate Aktivitäten wie ein Spaziergang oder eine lockere Ausfahrt mit dem Rad genügen. Auch entspannende Bewegungsformen wie Yoga eignen sich. Achte aber darauf, dass du keinen Bauchdruck ausübst und ruckartige Bewegungen vermeidest.
Möchtest du die Wohnung nicht verlassen, dient Hausarbeit als Verdauungsbeschleuniger. Wasche das Geschirr nach dem Essen direkt ab oder räume die Wohnung auf – das wirkt. Du musst nicht sportlich aktiv sein. Die Bewegung dient der Aktivierung deiner Muskeln, damit sie die Glukose schnell verbrauchen. Ein Effekt, der schon nach rund fünf Minuten Aktivität auftritt. Empfohlen sind aber zwischen 10 und 30 Minuten. So sind die Effekte größer.
Übrigens: Nach dem Abendessen ist Bewegung besonders wichtig. Denn dein Stoffwechsel arbeitet langsamer und die Verarbeitung der Kohlenhydrate dauert länger. Das führt zu höheren Blutzuckerspitzen.
Fazit
Postprandiale Bewegung klingt so seltsam, wie es hilfreich ist. Die Effekte eines Verdauungsspaziergangs sind wissenschaftlich belegt. Bewegst du dich nach dem Schmaus, kannst du Blutzuckerspitzen vermeiden und deine Verdauung fördern. Sogar die Herzgesundheit soll profitieren. Zwar sind noch nicht alle Effekte abschließend erforscht, eines ist aber sicher: Besser als ein Verdauungsschnaps wirkt Bewegung allemal – vor allem nach einer großen Portion Pommes.
Quellen
- https://www.geo.de/wissen/ernaehrung/welche-rolle-die-uhrzeit-beim-essen-spielt-33006102.html
- https://www.netdoktor.de/anatomie/verdauung/
- https://www.diabinfo.de/nachrichten/article/bewegung-ist-wichtig-ganz-besonders-direkt-nach-dem-essen.html
- https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/fart-walks-wie-gut-bewegung-nach-dem-essen-tatsaechlich-ist
- https://www.diabetes-deutschland.de/archiv/1347.htm
- https://www.mysugr.com/de/blog/postprandiale-glukose-warum-der-blutzucker-nach-dem-essen-so-wichtig-ist
- https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Studie_Nahrungsmittelverbrauch_und_Fussabduecke_des_Konsums_in_Deutschland.pdf
- https://glucura.de/wann-ist-der-blutzucker-nach-einer-mahlzeit-am-hoechsten/
- https://magazin.knappschaft.de/nach-dem-essen-muede/
- https://www.mdpi.com/2072-6643/14/5/1080
- https://www.msdmanuals.com/de/heim/herz-und-gef%C3%A4%C3%9Fkrankheiten/symptome-von-erkrankungen-des-herzens-und-der-blutgef%C3%A4%C3%9Fe/postprandiale-hypotonie
- https://fis.dshs-koeln.de/de/publications/kontinuierliches-glukosemonitoring-im-kontext-von-sport-und-beweg
- https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/9745/1/diss09_009.pdf
- https://www.sdk.de/versicherungen/private-krankenversicherung/suppenkoma-was-hilft-gegen-das-mittagstief
- https://www.diabinfo.de/nachrichten/article/bewegung-ist-wichtig-ganz-besonders-direkt-nach-dem-essen.html
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- https://www.deutschesgesundheitsportal.de/2022/12/26/auswirkungen-von-training-auf-die-postprandiale-glykaemische-kontrolle/
- https://www.diabetologie-online.de/a/schwerpunkt-digitalisierung-postprandiale-bz-verlaezfe-besser-verstehen-2446046
- http://herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/gesund-bleiben/bluthochdruck/postprandiale-hypotonie
- https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/herz-kreislauf-lunge/blutdruckabfall-nach-dem-essen-postprandiale-hypotonie.html
- https://www.aok.de/pk/magazin/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/nach-dem-essen-muede-das-hilft-bei-suppenkoma/
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- https://www.dzd-ev.de/aktuelles/news/news/article/menschen-mit-praediabetes-und-hohem-risiko-profitieren-von-einer-intensiven-lebensstil-intervention/index.html
- https://www.spektrum.de/frage/stimmt-es-dass-schnaps-der-verdauung-hilft/1614830
- https://www.br.de/radio/bayern1/verdauung-anregen-100.html
- https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8035544
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