In den Urlaub fahren. Ein einfacher Satz, ein majestätischer Klang. Und für die Menschen in Europa ein wertvolles Kulturgut.
Allein in Deutschland liegt die sogenannte Reiseintensität bei fast 80 Prozent. Das ist eine Statistik, die angibt, wie viel Prozent der Menschen über 14 Jahren mindestens einmal im Jahr länger verreisen.
Und „lang“ bedeutet in diesem Fall auch wirklich „lang“. Im Schnitt urlauben die Deutschen pro Reise 12,7 Tage. Das sind fast zwei Wochen. „Völlig normal“, werden manche denken. Aber ist das Normale wirklich die beste Alternative?
Warum brauchen Menschen Urlaub?
Urlaub – klingt so selbstverständlich wie Frühstück. Gehört einfach dazu. Macht man, wenn man das nötige Geld hat. Was viele nicht wissen? Urlaub ist eine junge Errungenschaft. Bis vor 100 Jahren war das Konzept der bürgerlichen Elite vorbehalten. Erst seit 1963 gibt es in Deutschland den gesetzlichen Mindesturlaub.
Heute sind ehemals unerreichbare Länder einen Flugzeugritt entfernt und Schiffe, so groß wie Kleinstädte, röcheln ihren Dieselatem in die Atlantikluft. Dabei ist Urlaub viel mehr als Spaß, er ist zwingend notwendig.
Wer regelmäßig urlaubt, besitzt laut Studien ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer viel draußen ist, stärkt nachweislich das Immunsystem. Der Stresspegel sinkt, die Schlafqualität steigt. Vor allem: Der Kopf wird wieder fit. So verbessern sich nach einem Urlaub diverse kognitive Fähigkeiten. Die Konzentration, die Problemlösungsfähigkeit und die Kreativität.
Warum ist ein langer Urlaub oft nicht der beste Urlaub?
Also bitte dringend Urlaub für alle, möglichst lang. Angesichts einiger gesellschaftlicher Entwicklungen könnte so mancher Kopf eine Sommerfrische gebrauchen. Das Problem: „Je länger, umso besser“ klingt zwar logisch, ist es aber nicht. Das weiß Prof. Nikolai Egold von der Hochschule Fresenius in Frankfurt. Er sagt:
„Der Erholungseffekt eines langen Urlaubs verpufft schon nach wenigen Tagen.“
Prof. Nikolai Egold
Gemeint ist damit ein häufiges Szenario: Man macht Urlaub, liegt am Pool, trinkt leckeren Kaffee in schmalen Gassen mit sonnengegerbten Menschen, ist maximal entspannt – dann kommt die Heimreise.
Schon aus dem Flugzeugfenster sieht man dicke Regentropfen über die Scheibe kullern. Am Terminal des Flughafens gibt es Tumult. Alle balgen sich ums Gepäckband, mit etwas Glück sind die Koffer irgendwann da. Ob im Auto auf verstopften Autobahnen, in unpünktlichen Zügen oder eben die TUI-Luftkutsche – in vielen europäischen Ländern endet das entspannende Urlaubsglück an der Hotelpforte. Die Erholung? Womöglich schon früh dahin, mahnt Prof. Egold.
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Was sagt das Post-Holiday-Syndrom aus?
Selbst wer in der Lotterie des Anreise- und Abreise-Wahnsinns ein gutes Los erwischt, hat ein nächstes Problem. Für dieses gibt es in der Fachsprache sogar einen Namen: das Post-Holiday-Syndrom.
Das ist keine Krankheit, aber ein bekanntes Anpassungsphänomen. Die Leute kommen nach den Tagen an der Riviera nicht im Büro-Revier an. Alles ist träge, Demotiviertheit schwappt durch den Körper wie Tage zuvor noch der Aperol. Dieser „Blues“ kann sogar Schlafstörungen und Verstimmungen verursachen. Die bittere Pille: Je länger Leute dem Alltag entfliehen, desto schwieriger ist oft der Weg dorthin zurück.
Welche Urlaubsalternative ergibt am meisten Sinn?
Der lange Urlaub ist aus stresspsychologischer Sicht also nicht der beste. Welches Konzept dann? Der oft unterschätzte Kurzurlaub. Die Ansage aus der Forschung ist deutlich: Kürzer, aber mehr Urlaub ist besser als die Konzentration auf wenige, dafür umfassende Auszeiten.
Einerseits liegt es daran, dass die Stresserholung nach vier bis fünf Tagen ähnlich ausgeprägt ist wie nach zwei Wochen am Pool. Dazu kommt noch ein sehr interessantes Wort. Prof. Dr. Nikolai Egold erklärt: „Zur effektiven Senkung des Stresslevels empfehlen sich mehrere kurze Urlaube pro Jahr. Dahinter steckt ein psychologisch wirksamer Mechanismus – die Antizipation.”
Damit umschreibt Egold ein bekanntes Wort: Vorfreude. Die abgegriffene Binsenweisheit „Vorfreude ist die schönste Freude” steht damit auf einem soliden Fundament. Egold ergänzt: „Schon vor der Reise steigert sich das Wohlbefinden, weil sich Menschen mit ihrem Urlaub beschäftigen. Dieses Planen macht uns wissenschaftlich bereits glücklich.“
Die empfohlene Urlaubslogik kompakt zusammengefasst? Mehr kurze Urlaube bedeuten mehr Erholungsimpulse und über das Jahr verteilte starke Vorfreude. Der nächste Urlaub ist nicht mehr deprimierend weit weg. Stattdessen lungert er schon vor dem übernächsten Wochenende vorfreudig herum.
Urlaubsreif? Schau in den HFV-Status
Du hast noch ein paar Urlaubstage über? Oder bist allgemein eher flexibel? Dann nutze Garmin für deine Urlaubsplanung! Ist dein HFV-Status über längere Zeit im Tiefflug, solltest du dringend eine Auszeit planen. Denn der HFV-Status verrät direkt auf deiner Smartwatch, wie gut du dich momentan regenerieren kannst. Ein über längere Zeit niedriger Wert ist ein Warnzeichen für Überlastung oder eine nahende Krankheit.


3 Tipps für möglichst gesunden Urlaub!
- Aktiv oder Wellness? Die Mischung ist am gesündesten. Untersuchungen zeigen, dass besonders körperlich aktive Menschen zu viel Erholung schnell als langweilig und wenig zufriedenstellend empfinden. Zugleich können Sport, andere Aktivitäten oder anderweitiger Trubel selbst im Urlaub hartnäckigen Stress auslösen. Zudem gibt es das Phänomen des Luxus-Stress. Der Reichtum an Alternativen führt zu Entscheidungsdruck – und damit auch zu einer mentalen Belastung. Kurzum: Man kann sich auch zu viel Gutes zumuten!
- Micro-Abenteuer gelten als besonders effektiv für die Erholung. Für oft wenig Geld sorgt ein sehr kurzer Ausbruch (manchmal nur ein Nachmittag) für das, was der Volksmund als Tapetenwechsel bezeichnet. Der Kopf befreit sich aus dem Alltagstrott, neue Reize stimulieren das Gehirn positiv. Zudem stärken auch kleine bewältigte Abenteuer das Selbstbewusstsein und das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Psychologen wie Marc Wittmann von der Universität Freiburgen sagen: „Kleine und bewusste Ausbrüche aus dem Alltag sind in vielen Fällen psychologisch heilsamer als der opulente Jahresurlaub.“
- Die Macht des Souvenirs! Diese ist laut Forschern wie Prof. Dr. Nikolai Egold total unterschätzt. Denn Urlaubsmitbringel wirken mächtig – und zwar dann, wenn sie als Anker nicht an einen Ort erinnern, sondern an dort erlebte positive Gefühle. Untersuchungen zeigen: Durch Souvenirs lassen sich Erholungsmomente reaktivieren. Im Gehirn springen durch das wieder erinnerte Glück sogenannte Entspannungsnetzwerke ein. Du atmest gedanklich wieder salzige Meeresluft, während du vielleicht bei 35 Grad Celsius in der Berliner S-Bahn hockst. Prof. Nikolai Egold sagt: „Ein Souvenir kann das Urlaubsgefühl ebenso wachhalten wie ein leckeres Rezept aus dem Urlaubsort. Solche Hinweisreize sind mit positiven Erinnerungen verknüpft, sie versetzen uns in gute Laune.”
Vielleicht der wichtigste Punkt: Mehr Natur wagen! Wer Stress reduzieren will, profitiert am besten von Seen, Wäldern oder dem Meer. Menschliche Sardinenbüchsen auf See oder überfüllte Hotspot-Metropolen können damit – auf psychologischer Ebene – nicht ansatzweise mithalten. Vielleicht eine Motivation, beim nächsten Urlaub mehr darüber nachzudenken, wie sich die Reisepläne auf die Natur auswirken.
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