Deine Zehenspitzen küssen schon die Startmarkierung auf der heruntergelaufenen Tartanbahn. Alles ist still, aber dein Puls bebt in deiner Brust wie ein Presslufthammer. „Auf die Plätze, Fertig …”.
Der Startschuss fällt.
Dein Körper explodiert förmlich nach vorne, als hätte jemand einen Böller hochgehen lassen. Verantwortlich dafür sind biologische Schaltpläne, verborgen in deinem Inneren. Systeme, die darüber entscheiden, ob du die nahende Belastung durchhältst oder zusammenbrichst.
Wenn du weißt, wie diese Systeme funktionieren, kannst du deine Leistung besser steuern und sogar deine Leistungsgrenzen verschieben. Lies jetzt, wie dein Körper über die verschiedenen Stoffwechselvorgänge Energie bereitstellt und warum dieses Wissen für dich so wichtig ist.
Treibstoff für die Rakete: Wie gewinnt dein Körper Energie?
Dein Körper ist wie eine Rakete. Damit er funktioniert und in Bewegung kommt, braucht er Treibstoff. Diesen kennst du sicher noch aus dem Biounterricht: Er heißt ATP. Das ist die Kurzform für Adenosintriphosphat. ATP ist der Hauptenergieträger der Zellen eines jeden Lebewesens. Verdauung, Stoffwechsel, Konzentration – all das und mehr wäre ohne ATP nicht möglich. Ganz einfach gesagt: Ohne ATP wärst du nicht lebensfähig.
Den Treibstoff stellt dein Körper aus der Nahrung her. Kohlenhydrate, Fette und Proteine – es wird mehr gespalten als beim Holzhacken. Kohlenhydrate zu Glukose. Fette zu Fettsäuren und Glycerin. Proteine zu Aminosäuren. Aus diesen Bestandteilen entsteht ATP. Voilà, die Rakete – also du – ist bereit zum Abheben.
Bei der Energiebereitstellung für den Körper kannst du grob zwischen zwei Systemen unterscheiden: aerob und anaerob.
- Aerob bedeutet, dass dein Körper Sauerstoff bei der Energiebereitstellung benutzt.
- Anaerob heißt, dass Sauerstoff nur geringfügig beteiligt ist.
Das bedeutet aber nicht, dass dein Körper nur mit oder ohne Sauerstoff Energie produziert. Die Stoffwechselvorgänge schließen sich nicht aus. Sie laufen parallel ab.
Phasenweise überwiegt jedoch einer der Vorgänge bei der Energiegewinnung. Das hängt von der Belastung ab. Das anaerobe System können wir nochmal in zwei Formen unterteilen: alaktazid und laktazid. Was genau das bedeutet, erfährst du im nächsten Kapitel.
Die drei Energiesysteme im Überblick
Jetzt kommt ein wenig trockene Theorie. Das Lesen lohnt sich aber. Hast du verstanden, wie die Energiesysteme funktionieren und was sie ausmacht, kannst du auch dein Training verbessern.
1. Anaerob-alaktazide Energiegewinnung
Wenn dein Sauerstoffbedarf die Aufnahme übersteigt, ist das anaerobe System aktiv. Also immer dann, wenn dein Körper schnell Energie benötigt. Speziell wenn du maximaler Belastung ausgesetzt bist, ist in den ersten Sekunden das anaerob-alaktazide System aktiv. Beispielsweise beim Gewichtheben oder beim Sprintstart.
Heißt: Energiegewinnung ohne Sauerstoff und ohne die Produktion von Laktat (Milchsäure) als Nebenprodukt. Dieses System ist das schnellste der drei, liefert jedoch weniger Energie als das aerobe System. Dein Körper nutzt dabei sofort verfügbare Energiereserven – ATP und Kreatinphosphat.
2. Anaerob-laktazide Energiegewinnung
Das anaerob-laktazide System ist auch bei intensiven Belastungen aktiv. Nach etwa zehn bis 20 Sekunden. Die anaerob-laktazide Energiegewinnung nutzt dein Körper bei Intervalltrainings wie HIIT oder beispielsweise auch bei einem 400-Meter-Sprint.
Auch an diesem Prozess ist kein Sauerstoff beteiligt. Deswegen greift dein Körper auf Glykogen zurück – also die Speicherform von Glukose. Energie steht nun schnell zur Verfügung, aber nur in begrenzten Mengen.
Und: Dein Körper bildet Laktat als Nebenprodukt. Es entsteht durch den Abbau von Glykogen. Kleine Mengen kann dein Körper problemlos abbauen. Ist der Laktatspiegel aber zu hoch, sinkt der pH-Wert und deine Muskeln übersäuern. Dann fühlen sich deine Gliedmaßen an wie Betonklötze. Du bist erschöpft und sehnst dir eine Pause herbei.
3. Aerobe Energiegewinnung
Nach ungefähr zwei Minuten körperlicher Belastung schaltet dein Körper auf die aerobe Energiegewinnung um. Dieser Stoffwechselprozess liefert dir die meiste Energie. Jedoch ist er der langsamste der drei Energiegewinnungssysteme.
Hier verwendet der Organismus Sauerstoff zur Verbrennung von Glukose und Fetten. Besonders bei länger andauernden, moderaten Belastungen ist dieses System aktiv. Beispielsweise beim Laufen, Schwimmen und Radfahren über längere Distanzen.
Die aerobe Zellatmung besteht aus diesen drei Teilschritten:
- Glykolyse
- Citratzyklus
- Atmungskette
In allen drei Schritten produziert dein Körper ATP.
Wichtig zu wissen: Die Einteilung in drei Energiesysteme nach Sekunden ist vor allem eine Orientierungshilfe. In deinem Körper laufen alle Energiesysteme ständig parallel ab – je nach Belastungsart und Dauer ist nur eines davon jeweils besonders aktiv. Die Übergänge sind fließend und hängen auch davon ab, wie trainiert du bist. Sieh die genannten Zeitangaben daher als groben Wegweiser, nicht als feste Grenze.
Hier nochmal eine kurze Zusammenfassung:
- anaerob-alaktazid = sofortige Energiegewinnung
- anaerob-laktazid = kurzfristige Energiegewinnung
- aerob = langfristige Energiegewinnung
So trainierst du deine Energiesysteme
Egal, ob du schneller sprinten, länger laufen oder einfach fitter werden willst: Je besser du die Anforderungen deiner Energiesysteme kennst, desto gezielter kannst du trainieren – und das Beste aus dir herausholen.
„Du wirst niemals dein Ausdauerpotenzial maximieren, ohne zuerst deine grundlegende aerobe Kapazität zu maximieren.”
Steve House, US-amerikanischer Extrembergsteiger
Aerobes Training
Für Ausdauer brauchst du das aerobe Energiesystem – und das springt immer dann an, wenn die Belastung moderat bleibt. Laufen, Schwimmen oder Radfahren eignen sich dafür perfekt. Du kannst zum Beispiel eine halbe Stunde lang bei mittlerer Intensität schwimmen oder 45 bis 60 Minuten Rad fahren. Sogar zügiges Spazierengehen bringt deine aerobe Fitness voran.
Garmin hilft dir übrigens beim Messen deiner aeroben Leistungsfähigkeit – mit der VO2max. Dieser Wert gibt die maximale Sauerstoffmenge an, die du während des Trainings aufnimmst.
Aerobes Training stärkt nicht nur deine Ausdauer, sondern senkt auf Dauer auch deinen Ruhepuls und regt den Fettstoffwechsel an. Starte immer mit dieser Basis, bevor du härtere, anaerobe Trainingseinheiten angehst.
Training an der Laktatschwelle
Erreicht dein Körper bei Belastung die Laktatschwelle, produziert er mehr Laktat, als er abbauen kann. In der Folge übersäuern deine Muskeln und du erschöpfst schneller. Trainierst du jedoch an oder knapp unter dieser Schwelle, kann sich deine Leistungsfähigkeit deutlich verbessern. Das verlangt allerdings regelmäßiges und intensives Training.
Ideal dafür ist zum Beispiel das Fartlek-Training (Schwedisch: „Geschwindigkeitsspiel”). Bedeutet, das Tempo variiert während des Laufs. Du kombinierst kurze, intensive Sprints mit lockeren Laufabschnitten. Dabei stoppst du nie gänzlich – du wirst streckenweise nur langsamer.
Anaerobes Training
Hierfür eignen sich kurze, aber sehr anstrengende Übungen. Für den anaerob-alaktaziden Bereich kannst du mit Sprints und Sprüngen starten. Mit maximaler Intensität und einer Belastungsdauer zwischen zehn und 20 Sekunden. Beispiel: Fünf 20-Meter-Sprints mit der schnellstmöglichen Geschwindigkeit. Nach jedem Sprint zwei bis drei Minuten Pause.
Möchtest du das anaerob-laktazide System trainieren, kannst du die Sprints auf 200 bis 400 Meter verlängern. Ebenfalls gut geeignet: Tabata – eine Trainingsmethode, die auf dem High-Intensity Interval Training (Hochintensives Intervalltraining) basiert.
Mit einer Garmin-Smartwatch bekommst du übrigens spannende Einblicke in deinen Trainingsstatus. Die Uhr zeigt dir, ob du aktuell Fortschritte machst, dich überforderst oder noch Luft nach oben hast – alles basierend auf deiner VO2max, deiner Belastung und sogar äußeren Faktoren wie Hitze und Höhe.
Achtung: Zu viel anaerobes Training kann auch schädlich sein. Bau deshalb immer ausreichend lange Pausen ein. Auch hier hilft dir die Uhr mit klaren Empfehlungen für deine Regeneration.
Fazit: Warum das Wissen über Energiesysteme dein Training bereichert
Alles, was du jetzt über die Energiesysteme weißt, macht dein Training gezielter und effektiver. Du kannst deine Übungen besser steuern und gezielt an deinen eigenen Grenzen arbeiten. Das betont auch eine Studie aus dem Jahr 2024. Forschende haben untersucht, wie verschiedene Energiesysteme bei einem 15-Sekunden-Sprint anspringen.
Die Ergebnisse zeigten, dass Schnellkraft- und Ausdauersporttreibende unterschiedliche Energieprofile bei gleicher Belastung hatten. Heißt: Die Energiesysteme der Testpersonen waren angepasst auf die Anforderungen ihrer sonst ausgeübten Sportart.
Was heißt das für dich? Je gezielter du deine Trainingsreize setzt, desto besser passt sich dein Körper an. So verbesserst du ganz bewusst das Energiesystem, das du wirklich brauchst – und bringst deine persönliche Rakete zum Abheben. Am Ende profitierst du doppelt. Du optimierst nicht nur deine Leistung, sondern beugst auch Überlastungen vor.
Optimiere dein Lauftraining und hole das Beste aus dir heraus.
Ob Ironman, Marathon, 10 Kilometer joggen oder einfach nur ballern – die Uhren der Forerunner-Serie unterstützen dich dabei, deine Ziele zu erreichen. Kontrolliere dein Tempo mit der Pace. Optimiere dein Training gezielt und behalte deine Fitness immer im Blick.
Quellen
- https://www.brain-effect.com/magazin/atp-adenosintriphosphat
- https://www.akademie-sport-gesundheit.de/magazin/energiebereitstellung.html
- https://www.studysmarter.de/ausbildung/ausbildung-in-chemie/biologielaborant-ausbildung/aerober-stoffwechsel/
- https://www.gesundheit.gv.at/lexikon/A/aerober-stoffwechsel-hk.html
- https://www.academyofsports.de/de/lexikon/prozesse-zur-energiebereitstellung/
- https://www.akademie-sport-gesundheit.de/magazin/aerobes-training-und-stoffwechsel.html
- https://www.ispo.com/know-how/aerobes-training-tipps-fuer-das-perfekte-ausdauer-workout
- https://www.goodreads.com/work/quotes/65617447-training-for-the-uphill-athlete
- https://www.researchgate.net/publication/383375389_The_contribution_of_energy_systems_during_15-second_sprint_exercise_in_athletes_of_different_sports_specializations
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