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Paralympics: Stars mit Handicap

Schon bevor der erste Wettkampf begann, hatten Held*innen wie Yvonne Marzinke bei den Paralympics in Tokio gewonnen. Fünf ganz besondere Sportler*innen und ihre #BeatYesterday-Geschichten.

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London, Donnerstag, 29. Juli 1948. Start der ersten Olympischen Sommerspiele seit dem Ende des 2. Weltkrieges. Teilnehmende aus 59 Nationen kämpfen um die begehrten Medaillen. Die wenigsten wussten, dass nur rund 75 Kilometer entfernt in Aylesbury ein weiteres, wegweisendes Turnier eröffnet wurde. Sir Ludwig Guttmann veranstaltete die „Stoke Mandeville Wheelchair Games“. Ein sportlicher Wettkampf für 16 invalide Veteranen des Zweiten Weltkriegs, die im Rollstuhl-Bogenschießen um den Sieg wetteifern. Die Geburtsstunde der Paralympics, die seit 1960 fest zum olympischen Programm gehören.

Mit einer farbenfroh inszenierten Eröffnungszeremonie feierten Japan und die ganze Welt am 24. August 2021 die gehandicapten Teilnehmer*innen. Kaiser Naruhito höchstpersönlich sah sich das hinreißende Spektakel an. In den Stadien, Hallen und Becken der Präfektur Tokio zeigten die Athlet*innen gut zwei Wochen lang bewundernswerte Leistungen. Selbst wenn ihnen aufgrund der Corona-Maßnahmen keine Fans zujubeln konnten, hinterließen sie staunende Gesichter vor den Bildschirmen. Fünf Sportler*innen, die in Tokio begeisterten und das #BeatYesterday-Mantra mit lebten.

Ibrahim Hamadtou: Unzähmbarer Wille

Wenn er an die Platte tritt, gehören ihm alle Augen in der Halle. Ibrahim Hamadtou, Tischtennis-Ass. Sein Gegner versucht den kleinen weißen Ball gekonnt zu platzieren, ehe ihn der Ägypter über den Tisch zurückdrischt. Punkt. Soweit nichts besonders. Nur hat Ibrahim Hamadtou keine Arme. Er hält die Kelle im Mund. Beim Aufschlag legt er sich die Bälle per „Fußwurf” vor.

Schon in jungen Jahren entdeckte der heute 47-Jährige seine Leidenschaft zum Tischtennis. Dann die Tragödie: Im Alter von 10 Jahren verlor er bei einem Zugunglück beide Arme. Und trotzdem schmettert, schnippelt und retourniert Ibrahim Hamadtou den Ball besser als viele andere über die Tischtennisplatte. Schon als Jugendlicher testete er verschiedene Spielstile. Den Schläger im Mund zu halten, erwies sich als der effektivste.

So erspielte er sich 2011 und 2013 die Silbermedaille bei den Afrikanischen Meisterschaften. Nach seinem elften Platz bei den Spielen in Rio de Janeiro sollte es in Tokio weiter nach vorn gehen. Zwar verlor er seine drei Spiele, dafür gewann er jedoch international die Herzen der Fans. Bei den Paralympischen Spielen 2024 in Paris will es Ibrahim Hamadtou wieder versuchen.

Ibrahim Hamadtou beweist der Welt: kaum ein Hindernis ist unüberwindbar. ❤#Paralympics #Tokyo2020 pic.twitter.com/GIN1sqU1Cc

— Sportschau (@sportschau) August 25, 2021

Beatrice Vio: Gegen jede Regel

Sie hat es wieder getan. Erst die Goldmedaille bei den Paralympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro 2016, nun krönte sich die italienische Fechterin Beatrice Vio auch in Tokio zur Siegerin. Der Triumph einer Favoritin ist nicht unbedingt überraschend, die Geschichte von Beatrice Vio aber umso beeindruckender.

Mit elf Jahren klagte die Italienerin über drückende Kopfschmerzen. Was ihre Mutter als harmlose Folgen des Trainings ohne Schutzmaske vermutete, erwies sich als folgenschwere Meningitis. Durch die Hirnhautentzündung verlor Beatrice beide Unterarme und -schenkel. Aber sie überlebte.

Laut Regelwerk war Beatrice Vio ohne Unterarme von der Teilnahme an Para-Wettbewerben im Fechten ausgeschlossen. Eigentlich. Sie kämpfte mit einem Florett, das am Armstumpf befestigt ist, und bewies ihr Talent. Die junge Athletin beeindruckte so sehr, dass das Paralympische Komitee die Regel änderte. Seitdem ficht Beatrice Vio, festgezurrt in ihrem Rollstuhl, auf ruhmreichen Planchen um Siege. Der Beginn einer titelreichen Karriere für die heute 24-Jährige.

Yvonne Marzinke: Auf dem Rad wie alle anderen

Bereits als Kind saß Yvonne Marzinke auf dem Sattel ihres Fahrrads und strampelte durch die Gegend. Wann immer es ging. Ihr liebstes Hobby half ihr dabei, dass ihre angeborene Behinderung kaum auffiel. Yvonne Marzinke leidet unter einer Erb’schen Lähmung im linken Arm, einem Spitzfuß und einer Verkürzung des rechten Beins um vier Zentimeter. Das hat ihre Kraft und ihren Gleichgewichtssinn stark beeinträchtigt.

Radfahren ist die einzige Sportart, die sie mit ihrem Handicap ausführen kann. Das sogar im Profisport. Bei einem Mountainbike-Rennen entdeckt der bayerische Landeskader die talentierte Fahrerin. Und fördert sie. 2007 nimmt Yvonne Marzinke erstmals an den Paracycling-Weltmeisterschaften teil. Ihre Leistungen überzeugen so sehr, dass sie das österreichische Bundesheer als Heeressportlerin verpflichtet.

Mit eisernem Fokus auf den Sport steigerte die ambitionierte Radlerin ihre Leistungen und qualifizierte sich für die Paralympischen Sommerspiele in Tokio. Ihr größter Traum. In gleich vier Wettbewerben startete die 45-Jährige. Zwar reichte es in keinem für eine Medaille, doch brach Yvonne Marzinke in zwei Disziplinen den österreichischen Rekord und verbesserte ihre eigenen Bestzeiten.

Yonne Marzinke auf dem Rad bei den Paralympics
Yvonne Marzinke startete in Tokio unter anderem im Velodrom. © GEPA pictures

Morteza Mehrzad: Ein überragender Sportler nimmt Platz

Morteza Mehrzad ist ein Riese. Auf und neben dem Volleyballfeld. Mit einer Körpergröße von 2,46 Metern überragte der Iraner bei der Eröffnungsfeier in Tokio alle. Damit ist er nicht nur der größte Sportler der Welt, sondern auch der zweitgrößte Mensch auf diesem Planeten. Die enormen Körpermaße sind bedingt durch die seltene Krankheit Akromegalie, bei der der Körper zu viele Wachstumshormone ausschüttet.

Das bereitet Morteza Mehrzad im Alltag und mental große Probleme. Die noch eskalierten, als er mit 16 Jahren einen Fahrradunfall erleidet. Sein rechtes Bein wächst seitdem nicht mehr mit. Heute ist es 15 Zentimeter kürzer, weshalb der Para-Athlet nur mit Krücken laufen kann.

Ein Handicap, das beim Sitzvolleyball keine Rolle spielt. Hier nimmt Morteza Mehrzad Platz, kämpft um jeden Ball und ist ein Star. Selbst im Sitzen reicht sein Block bis auf 1,96 Meter Höhe – und damit weit über das Netz. Für seine Gegenspieler scheint es schier unmöglich, gegen den Iraner zu punkten. Nach dem ersten Platz in Rio de Janeiro sicherte sich sein Team auch in Tokio die Goldmedaille. Sitzvolleyball als Zuflucht vor unangenehmen Blicken? Morteza Mehrzad nennt es lieber „Das Wunder meines Lebens.“

Svenja Mayer: Auf Hass folgt Verwirklichung

Ein Scheppern hallt über das Spielfeld. Metall, das ungebremst aufeinander knallt. Rollstuhlbasketball ist ein ruppiger Sport. So rau, dass Svenja Mayer ihn hasste, als sie die ersten Male über das Parkett rollte. Stürze, Karambolagen und harte Zweikämpfe sorgten für Schmerzen bei jedem Training. Davon hatte sie eigentlich genug.

Ein schwerwiegender Unfall hatte das Leben der damals 19-Jährigen durcheinander gebracht. Ein unachtsamer Fahrer überrollte sie mit seinem Lastwagen. Svenja Mayer erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Nach Wochen im Koma und trotz 54 Operationen blieb sie querschnittsgelähmt.

Der Rollstuhlbasketball gab ihr – nach Startschwierigkeiten – Kraft und Ziele. Über ihren Verein, die Rhine River Rhinos, empfahl sie sich für die Nationalmannschaft. Und erfüllte sich mit der Teilnahme an den Paralympischen Sommerspielen in Tokio einen großen Traum. Als Viertes verpasste das Team nur knapp eine Medaille. Erst im Halbfinale unterlag die deutsche Mannschaft den Niederlanden, im kleinen Finale später den USA. Nach anfänglicher Enttäuschung haben Svenja Mayer und ihre Teamkolleginnen die Motivation für die nächsten Spiele schon wiedergefunden. Denn wenn eine weiß, wie Comebacks gelingen, dann Svenja Mayer.

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