Running

Kim Gottwald: Der größte Ultra eines Sommers?

Jeden Tag mindestens ein Marathon. Kreuz und quer durch Deutschland. Solange, bis ein großer Traum endet. Warum macht man das? Wir haben dem Internet-Phänomen Kim Gottwald die Fragen aller Fragen gestellt.

Teilen
0

Dann, wenn Deutschland noch schläft, sogar die Hähne noch nicht krähen, klingelt bei Kim der Wecker. Um fünf Uhr morgens.

Denn Kim macht gerade das, was wohl kein anderer Mensch auf diesem Planet momentan tut. Er rennt seiner Mannschaft hinterher, kreuz und quer durch Deutschland.

Die irre Route: München, Stuttgart, Frankfurt, Dortmund – vielleicht auch noch mal Stuttgart, München und Berlin. Wie kommt man als junger Läufer auf so eine Idee? Ein Interview.


Über Kim Gottwald

Kim, 20, studiert Jura und lebt in Nordrhein-Westfalen. Mit seinen Lauf-Tagebüchern erreicht der Garmin-Fan Millionen Fans. Zudem betreibt er auch noch ein Modelabel. Hier geht es zum Shop!


@kimgottwald plus weg machen für den Contemt des Jahres (kein spass) #running #ultrarunning #fyp #em2024 ♬ original sound – Kim Gottwald

#BeatYesterday.org: Kim, du reihst gerade einen Marathon an den anderen. Springst wie ein Flummi zwischen deutschen Großstädten hin und her. Wie kommt man auf so eine kuriose Idee?

Kim Gottwald: Ich mache seit einiger Zeit Videos im Internet und renne gerne Ultraläufe. Eines Abends lag ich im Bett, grübelte über ein cooles Projekt nach, was ich im Sommer starten könnte. Dann kam ich irgendwie auf ein großes Fußballturnier, eine Mannschaft, und dachte: München, Stuttgart, Frankfurt – das klingt interessant.

#BeatYesterday.org: Und woran genau dachtest du?

Kim Gottwald: Dass die Spielorte gar nicht so weit auseinanderliegen. Dass es 48, 50 Kilometer am Tag bräuchte, um in der Zeit zwischen den Partien jeweils rechtzeitig zum Spieltag in die nächste Stadt zu laufen.

#BeatYesterday.org: Besuchst du die ominösen Spiele auch?

Kim Gottwald: Nein. Darum geht es mir auch nicht. Ich will die Stimmung aufsaugen, vor allem will ich laufen. Und ich möchte dieses Turnier, das ich genieße, für etwas Cooles nutzen, an das ich irgendwann zurückdenken kann. Dabei sind meine täglichen Video-Rückblicke sehr wertvoll.

#BeatYesterday.org: Du sprichst deine Vlogs an. Wie kommen die bei der Community an?

Kim Gottwald: Erst war es etwas zäh. Als ich die Idee teilte, gab es kaum Resonanz. Jetzt, wo ich es durchziehe, wird es immer mehr. Ich bekomme sehr viel positives Feedback.

#BeatYesterday.org: Bevor wir noch mal zu deinem Projekt kommen, etwas Elementares. Wie ist dein Verhältnis zum Laufen grundsätzlich?

Kim Gottwald: Früher habe ich es gehasst. Erst wegen Corona fing ich an, immer zehn bis zwölf Kilometer vor der Schule, jeden Tag. Hab damals Abitur gemacht. Das war in der Zeit ein super Ausgleich. Ich bin zwar noch nie einen offiziellen Marathon gelaufen, hab dann irgendwann aber Bock auf 100 Kilometer gehabt. Das habe ich mir dann erfüllt. Erst mit vielen Runden um den Block, dann später um den Aachener Weiher.

#BeatYesterday.org: Nun läufst du jeden Tag quasi einen Marathon. Irre.

Kim Gottwald: Ich kann die Distanzen gut wegstecken. Wobei: Back to Back laufen – das ist schon was anderes. Mein Körper musste sich erst mal daran gewöhnen. In diesem Sinne war mein Projekt ein Sprung ins kalte Wasser. Nun, nach bald drei Wochen, würde ich sagen: Ich bin in einem Maschinen-Modus. Ich funktioniere einfach.

#BeatYesterday.org: Alle Läuferinnen und Läufer werden es kennen: Wer so viel läuft, muss seine Leistung und Erholung permanent beobachten. Wie wichtig ist es, dass du deine Läufe mit einer Smartwatch aufzeichnest?

Kim Gottwald: Früher bin ich ohne Uhr gelaufen, jetzt würde ich das nicht mehr tun. Wenn man ein gutes Feedback bekommt und versteht, wie das mit den Herzfrequenz-Bereichen funktioniert, dann kommt man extrem schnell voran. Ich habe mich mit der Uhr extrem stark gesteigert – und das schnell. Ich finde es schade, dass so vielen Menschen, die Sport machen wollen, dieses Grundwissen noch fehlt. Mit Live-Daten könnten sie um einiges effizienter trainieren. Zur Wahrheit gehört: Ich musste auch erst die passende Uhr finden. Ich laufe mit einem Forerunner von Garmin, vorher hatte ich eine andere sehr bekannte Lifestyle-Smartwatch. Da war aber der Akku zu schwach und die Daten zu ungenau.

#BeatYesterday.org: Für die Lauf-Nerds: In welchem Herzfrequenzbereich läufst du deine Strecken momentan durch Deutschland?

Kim Gottwald: Mithilfe der Uhr habe ich ein gutes Gefühl entwickelt. Ich checke den Wert nicht mehr durchgehend, aber regelmäßig. Und ich achte darauf, dass mein Puls im Durchschnitt bei 135 bis 140 Schlägen liegt. Damit komme ich gut voran, und mein Körper bleibt trotzdem für die kommenden Tage intakt. Läge ich dauernd bei 155 bis 165 Schlägen – meine Muskeln wären wohl weit weniger nachsichtig.

#BeatYesterday.org: Viel Lob. Medienberichte. Vor allem: viel Zeit auf der Laufstrecke. Was macht dein Abenteuer kompliziert?

Kim Gottwald: Die Spontanität, die es ab und an braucht. Am Sonntag, letztes Gruppenspiel, wusste ich erst kurz vor 23 Uhr, ob ich nach Berlin oder Dortmund muss. Zum Glück ist es Dortmund geworden, das ist dichter dran an Frankfurt. Anschließend folgte noch nachts die Routenplanung. Erst die gesamte Distanz, dann schauen, wo ich Höhenmeter spare. Garmin hilft insgesamt sehr – wobei mir auch schon Wege angezeigt wurden, die gar nicht mehr existieren. Sei es drum! Außerdem ist die Ernährung für mich essenziell. Ich muss mich gut mit Elektrolyten versorgen, sonst packe ich das nicht. Dazu brauche ich etwa 8.000 Kalorien am Tag. Die muss man erst mal aufnehmen.

#BeatYesterday.org: Du sprichst das an, was sich viele Leserinnen und Leser sicher fragen: die Logistik. Wie bekommst du das alles auf die Strecke?

Kim Gottwald: Ich habe ein Zwei-Personen-Team hinter mir: meine Eltern. Mama kam erst mit dem Rad mit, jetzt hat mein Vater sie abgelöst. Mit dem treffe ich mich abends im Hotel. Der bringt mir Kultursachen, medizinische Sachen wie Magnesium und frische Klamotten. Ohne die beiden geht es nicht.

#BeatYesterday.org: Wie reagieren die Eltern darauf, wenn man so ein Vorhaben vorstellt?

Kim Gottwald: Die sind von mir einiges gewöhnt. Das übliche „Kim, was soll das schon wieder? Wo ist der Sinn?“ kam auch. Ich glaube aber, dass sie mittlerweile unterbewusst mit sowas rechnen. Ich habe bei allem die volle Rückendeckung.

#BeatYesterday.org: Was ist bisher das Highlight gewesen?

Kim Gottwald: Eigentlich fast alles, was ich erlebe. Nachrichten, Begegnungen, sowas. Leute auf dem Rad halten neben mir, fragen dann, ob ich der Instagram-Typ bin. Es gibt unfassbar viele positive Nachrichten. Sehr viel Support auch, sie wollen, dass ich die nächste Etappe packe. Und ich habe das Gefühl, dass ich Menschen zum Laufen inspiriere. Das macht mich stolz.

#BeatYesterday.org: Trotzdem sagtest du eben „fast“.

Kim Gottwald: Ja, es gibt auch Meckerköpfe. Die fragen, ob ich nichts zu tun hätte, ob ich arbeitslos wäre. Das prallt aber an mir ab. Ich studiere Jura, habe mein eigenes Modelabel gegründet, weil ich selbstständig sein will. Diese doofen Nachrichten sind schnell vergessen. Wichtiger ist mir die positive Stimmung. Also das, was wir gerade in einer Gemeinschaft erleben. Ich könnte auch sagen: die Euphorie.

#BeatYesterday.org: Mentale Stärke braucht es nicht nur beim Management des Posteingangs. Wie hältst du beim Laufen durch, wenn es langweilig wird, wenn es sich zieht?

Kim Gottwald: Ich habe ein magisches Dreieck:

  • Hörbücher wie die „Drei Fragezeichen“, True Crime Podcast.
  • Wenn das nicht hilft – einfach die Ohren aufmachen, die Natur hören, in Gedanken versinken.
  • Wenn gar nichts mehr geht – Musik, die gerade überall läuft. Die pusht mich. Dann weiß ich wieder, warum ich tue was ich tue.

#BeatYesterday.org: Was auch pusht, ist die Belohnung danach. Wie kommt jemand, der jeden Tag einen Marathon läuft, danach am besten runter?

Kim Gottwald: Ganz einfach: Paulaner Spezi, dann ein Weizen und ein Radler – natürlich beides alkoholfrei. Das muss sein. Danach Pizza und Tortellini, bitte viel davon. Der Hunger ist ein steter Begleiter bei so einem Vorhaben.

#BeatYesterday.org: Zum Schluss die Fragen aller Fragen. Was, wenn deine favorisierte Mannschaft weiterkommt, und zwar ganz weit – und was, wenn nicht?

Kim Gottwald: Nach Dortmund würden Stuttgart und München kommen. Das klappt noch. München bis Berlin ist dann aber der Endgegner. 100 bis 150 Kilometer am Tag – das packe ich nicht. Vielleicht mache ich es dann mit dem Rad. Auch wenn ich es dann nicht durchziehe – freuen würde ich mich trotzdem darüber. Klar ist am Ende: Wenn der eine Traum vorzeitig endet, dann endet damit auch mein aktuelles Abenteuer.

Kims Datenblatt:

Alle Daten beziehen sich auf den Zeitraum 15.06. bis 26.06.2024

  • Gelaufene Kilometer: 546,1
  • Verstrichene Zeit: 59 Stunden 52 Minuten
  • Schrittanzahl: 658.980
  • Kalorienverbrauch: 72.305
Was dich sonst noch vorwärts bringt

Optimiere dein Lauftraining und hole das Beste aus dir heraus.

Ob Ironman, Marathon, 10 Kilometer joggen oder einfach nur ballern – die Uhren der Forerunner-Serie unterstützen dich dabei, deine Ziele zu erreichen. Kontrolliere dein Tempo mit der Pace. Optimiere dein Training gezielt und behalte deine Fitness immer im Blick.

Über diesen Artikel

Hannes Hilbrecht

Autor:

Hannes Hilbrecht

Hannes ist mittlerweile seit mehr als zehn Jahren als Journalist tätig – davon fünf als …

Mehr Infos
Meinungen

Diskutiere über diesen Artikel und schreibe den ersten Kommentar:

Jetzt mitdiskutieren
Keine Kommentare

Diskutiere über diesen Artikel