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Schulsport: Wie schnell sind die jungen Sprinter?

Wie steht es um den Schulsport? Wir haben Experte Michael Fahlenbock befragt. Und passend zur Leichtathletik-WM herausgefunden, wie groß der Abstand zwischen Sprinter Usain Bolt und einem Einserschüler in der Oberstufe ist.

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„Nur Schulsport bewegt alle” – so heißt das Motto des Deutschen Sportlehrerverbands (DSLV). Tatsächlich ist die Anzahl der Schulsportler ziemlich groß. Nach Angaben des Statistikportals Statista besuchten im Schuljahr 2018/19 etwa 10,94 Millionen Kinder und Jugendliche deutsche Schulen. Sport ist ein Pflichtfach. Von der ersten bis zur letzten Klasse – unabhängig vom Schultyp.

Alleine das Wort „Schulsport” weckt Erinnerungen. An wilde Völkerballspiele gegen die Parallelklasse. An den piksenden Sand in den Schuhen, den es in der Weitsprunggrube gratis zur Rüge des Sportlehrers dazu gab. Oder an das Adrenalin in den Venen, als der erste Flop beim Hochsprung gelang. Viele Menschen kennen auch viele Jahre nach ihren Schulabschlüssen ihre ungefähren Spitzenwerte über 100 Meter oder beim Kugelstoßen.

Doch wie steht es heute um den Schulsport im deutschsprachigen Raum? Wie schlägt sich der Nachwuchs am Stützbarren und auf der Tartanbahn? #BeatYesterday.org hat Antworten bei Michael Fahlenbock gesucht. Fahlenbock ist Vorstand beim DSLV. Seit Jahren beschäftigt er sich mit der Entwicklung des Sportunterrichts in Deutschlands.

#BeatYesterday.org: Wie haben sich die Sportleistungen in der Schule in den vergangenen Jahren entwickelt?

Michael Fahlenbock: Pauschale Aussagen sind extrem schwierig. Im Grunde hat sich das Niveau aber nicht so stark verändert, wie manche vielleicht glauben. Was mir auffällt: Feinmotorisch haben sich die Kinder eher verbessert. Durch Skateboarden, BMX- oder Scooterfahren trainieren viele Kinder und Jugendliche bestimmte Bewegungsmuster sehr intensiv. Das hat oft mit unserer Vorstellung von „sportlich“ nicht so viel zu tun, sondern sind meist Künstler. Das merken Lehrer und Lehrerinnen im Unterricht.

#BeatYesterday.org: Beeinträchtigt die permanente Verfügbarkeit von Unterhaltungsmedien in der Freizeit (Netflix, Computerspiele) die sportliche Qualität der Schüler?

Michael: Dazu kann ich keine klare Aussage treffen. Mein Eindruck ist ein anderer. Die Lust auf Bewegung ist bei jungen Menschen immer noch genauso vorhanden wie bei früheren Generationen. Wir müssen Kindern nur mehr Freiraum für Bewegung geben. In Städten wie Berlin können wir es ganz gut erkennen. Die vorhandenen Sportflächen sind lebendige Hotspots. Wir müssen es schaffen, dass wir den Kindern und Jugendlichen mehr dieser Plätze mit Aufforderungscharakter bieten. Denn das Streben nach Geselligkeit und Miteinander experimentieren ist bei Jugendlichen nach wie vor groß. Und wenn sie Platz für Bewegung haben, nutzen sie diesen sehr kreativ.

#BeatYesterday.org: Ich habe in einem Beitrag gelesen, dass die Leistungsdaten der Schüler in manchen Fächern (zum Beispiel Mathematik) etwas „frisiert“ werden. Früher gab es für 50 Prozent eine Vier, mittlerweile für 40 Prozent. Gibt es diese Entwicklungen auch im Sport?

Michael: Dass Leistungen mit Tabellen und festen Werten (Zeiten, Weite, etc.) gemessen werden – das gibt es leider noch. Wie Sportlehrer und Sportlehrerinnen bewerten, ist im Einzelfall sehr unterschiedlich. Aber die Zahl der Lehrer und Lehrerinnen, die überhaupt mit solchen Listen arbeitet, schrumpft. Es gibt bessere Alternativen, um die Leistungen der Schüler und Schülerinnen zu benoten. Zum Beispiel Relativwerte. Ein Hochspringer, der nur 1,70 Meter groß ist, aber 1,60 Meter hoch springt, zeigt im Verhältnis zu seinen körperlichen Grundlagen ja eine sehr beachtliche Leistung. Ein 1,90 Meter großer Sportler wird durch seine körperlichen Voraussetzungen ganz andere Werte erzielen können. Wir müssen die Leistungen relativiert betrachten.

Als Sportlehrer und Sportlehrerinnen sollten wir uns vordergründig einer anderen Aufgabe widmen: Die Kinder und Jugendlichen, die noch nicht gerne Sport machen, an unsere Sportkultur heranführen. Wir müssen für Bewegung begeistern und Sport lehren. Und das funktioniert nicht mit starren Notentabellen.

#BeatYesterday.org: Früher waren Grunddisziplinen der Leichtathletik besonders wichtig. Wie werden diese Sportarten den Sportunterricht weiter prägen?

Michael: Die enge Reglementierungen in Leichtathletik, also das statische Messen von Weiten und Zeiten in einem strikten Rahmen – das ist für die Kinder und Jugendlichen eine wichtige Sporterfahrung. Außerdem greift die Leichtathletik ja motorische Bewegungsmuster auf, die wir alle seit Kindestagen gemein haben. Auf Spielplätzen können wir das ganz gut beobachten. Kinder laufen dort um die Wette. Sie hüpfen viel umher und auch werfen sie gerne Bälle. Ich glaube, dass die Leichtathletik noch sehr lange ein wichtiger Teil der sportlichen Ausbildung sein wird. Wir sehen es bei vielen Leichtathletik-Vereinen. Der Zulauf bei 10- bis 15-Jährigen ist teilweise extrem hoch.

#BeatYesterday.org: Welche Sportarten werden in Zukunft ebenfalls wichtig sein?

Michael: Sportspiele – auch neue oder neu zu gestaltende – bleiben ein entscheidender Teil des Unterrichts. Hier vermittelt der Sport sehr viel Toleranz und Akzeptanz. Wir verstehen, dass man nur gemeinsam gewinnen kann, dass man füreinander da sein muss. Und wir lernen, ganz wichtig, wie wir anständig verlieren oder gewinnen. Außerdem machen Sportspiele sehr viel Spaß. Das ist im Sportunterricht wichtig.

#BeatYesterday.org: Welche Komponente wird den Schulsport als Nächstes bereichern?

Michael: Das Klettern und Bouldern zum Beispiel. Die Hallen sprießen ja überall aus dem Boden. Durch die Aufnahme bei den Olympischen Spielen wird der Klettersport noch mehr Aufmerksamkeit erfahren. Das Schöne an diesem Sport: Er erfordert Kraft, Konzentration und gleichzeitig unser ganzes Geschick. Auch müssen wir einander vertrauen, wenn wir uns gegenseitig sichern.

#BeatYesterday.org: Es wird viel über den Mangel an Lehrkräften gesprochen. Wie ist die Entwicklung im Sport? Gibt es genügend Nachwuchs?

Michael: Den Mangel an Lehrern und Lehrerinnen spüren wir überall in Deutschland. Der Sportbereich ist da keine Ausnahme. Die Studienplätze sind in Deutschland eigentlich alle vergeben. Das Problem ist, dass viele, die unser Fach auf Lehramt studieren, mit ihrem Sportstudium in andere Bereiche wechseln. Sie gehen ins Sportmanagement oder in die Sportwissenschaft.

#BeatYesterday.org: Wie kann der Beruf des Sportlehrers attraktiver werden?

Michael: Den Job muss man nicht attraktiver machen. Er ist es bereits.


Vergleich: Schulsport- und Leichtathletik-Stars

(Alle Leistungswerte beziehen sich auf die Leistungstabellen in Baden-Württemberg.)

100-Meter-Lauf

Berlin, 16. August 2009. Usain Bolt läuft auf der blauen Laufbahn des Olympiastadions eine Zeit für die Ewigkeit. Neun Sekunden und 58 Hundertstel. Ob jemals ein Sportler schneller laufen wird? Bolt beschleunigte damals auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 37,58 km/h. In einer 30er-Zone wäre Bolt in die Radarfalle getappt. Während der Jamaikaner im Ruhestand noch ein Weltstar ist, verblich der Ruhm von Weltrekordhalterin Florence Griffith-Joyner tragisch. Sie erstickte mit 38 Jahren, etwa zehn Jahre nach ihrem Weltrekord von Indianapolis, nach einem epileptischen Anfall im Schlaf.

Interessanter Fakt: Als Bolt in Berlin die Ziellinie überquerte, wäre ein 15-Punkte-Abiturient mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30,25 km/ noch an der 80-Meter-Marke gewesen.

Vergleich Profisportler Schüler beim 100 Meter Lauf
Die Infografik: Der Vergleich Profisportler vs. Schüler © Garmin
Vergleich Profisportlerin und Schülerin beim 100 Meter Lauf
Die Infografik: Der Vergleich Profisportler vs. Schülerin © Garmin

Weltrekord Männer: 9,58 Sekunden (Usain Bolt)

Abitur Jungen: 11,9 Sekunden

Weltrekord Frauen: 10,49 Sekunden (Florence Griffith-Joyner )

Abitur Mädchen: 13,4 Sekunden

Weitsprung

In den Weitsprung-Wettbewerben sind die Rekorde steinalt. Mike Powell übersprang als erster Mensch im Jahr 1991 die Schallmauer von 8,90 Meter und stürzte nach 8,95 Meter in den Sand. Damit holte er sich den Titel bei der Weltmeisterschaft in Tokio. Nur 0,3 Meter pro Sekunde Rückenwind halfen, am Sprungbrett hätte er noch ein paar Zentimeter Platz gehabt. Die „magische Neun” wäre wohl drin gewesen. Die Rekordweite von Galina Tschistjakowa ist sogar noch älter. 1988 sprang die Russin in St. Petersburg auf 7,52 Meter. Die deutsche Athletin Heike Drechsler kratzte übrigens mit einer persönlichen Bestweite von 7,48 Meter an diesem Wert.

Vergleich Profisportler und Schüler beim Weitsprung
Die Infografik: Der Vergleich Profisportler vs. Schüler © Garmin
Vergleich Profisportlerin und Schülerin beim Weitsprung
Die Infografik: Der Vergleich Profisportler vs. Schülerin © Garmin

Weltrekord Männer: 8,95 m (Mike Powell)

Abitur Jungen: 5,85 Meter

Weltrekord Frauen: 7,52 m (Galina Tschistjakowa)

Abitur Mädchen: 4,56 Meter

Kugelstoßen

Schwer sind beim Kugelstoßen nicht nur die Kugeln, die meist aus Bronze oder Kupfer gefertigt sind, sondern auch die wuchtigen Athleten. Weltrekordhalter Randy Barnes wog während seiner aktiven Zeit bis zu 132 Kilogramm. Das enorme Gewicht ist wichtig, um die Kugel mit ordentlich Schwungmasse zu stoßen. Allerdings wurde Barnes einige Zeit nach seinem Freiluft-Weltrekord von 23,12 Metern positiv auf Doping getestet und für 27 Monate gesperrt. Natalja Lissowskaja, die Rekordhalterin von den Frauen, erreichte 22,63 Meter. Allerdings ist die Kugel bei den Frauen etwas mehr als drei Kilo leichter.

Vergleich Profisportler und Schüler beim Kugelstoßen
Die Infografik: Der Vergleich Profisportler vs. Schüler © Garmin
Vergleich Profisportlerin und Schülerin beim Kugelstoßen
Die Infografik: Der Vergleich Profisportler vs. Schülerin © Garmin

Weltrekord Männer (7,257 kg): 23,12 Meter (Randy Barnes)

Abitur Jungen (6 Kg): 10,58 Meter

Weltrekord Frauen (4 Kg): 22,63 Meter (Natalja Lissowskaja)

Abitur Mädchen (4 Kg): 8,63 Meter

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Über diesen Artikel

Hannes Hilbrecht

Autor:

Hannes Hilbrecht

Hannes ist mittlerweile seit mehr als zehn Jahren als Journalist tätig – davon fünf als …

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