Was ist Selbstwirksamkeit?
Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, die persönliche Gewissheit, Anforderungen gewachsen zu sein und Herausforderungen meistern zu können – das ist Selbstwirksamkeit. Wer zum Beispiel felsenfest davon überzeugt ist, dass er einen Marathon bewältigt, wird wahrscheinlich ins Ziel kommen. Seine Chancen dafür steigen allein schon deshalb, weil er oder sie an sich glaubt.
Zu dieser Erkenntnis gelangte Albert Bandura in seiner sozial-kognitiven Handlungstheorie, die er 1977 zu entwickeln begann. Demnach hat das Wissen um die eigene Stärke und Leistungsfähigkeit einen entscheidenden Einfluss auf Gefühle und Verhalten eines Menschen. Und auf seinen Erfolg. Denn: Jemand mit einem hohen Maß an Selbstwirksamkeit geht optimistischer, anpackender an Herausforderungen heran und zeigt dabei größeres Durchhaltevermögen als eine Person mit weniger Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.
Das führt zu der Frage: Was macht den Unterschied aus? Warum besitzen manche Menschen eine größere Selbstwirksamkeitserwartung als andere? Eins ist mittlerweile klar: Die Anlage dazu ist jedem quasi in die Wiege gelegt. Grundlage sind Erfahrungen, die bereits in den ersten Lebensmonaten gemacht werden. So erkennt ein Baby früher oder später den Zusammenhang zwischen Schreien und dem Auftauchen seiner Eltern. Oder es merkt, dass eine Rassel Geräusche macht, wenn es sie schüttelt. Aktion und Reaktion, Ursache und Wirkung, Handlung und Ergebnis – daraus gewinnt ein Kind das Bewusstsein, selbst etwas bewegen zu können. Es lernt, dass es etwas verändert. Dieser Prozess setzt sich lebenslang fort.
Die Quellen der Selbstwirksamkeit
Je stärker sich dabei positive Effekte einstellen, sprich Erfolge, desto größer ist das Potenzial der Selbstwirksamkeit. Bandura hat vier Grundlagen dafür ausgemacht.
Direkte Handlungserfahrungen
Diese ergeben sich aus dem eigenen Erleben eines Menschen. Wenn man merkt, dass man durch Anstrengungen ein Ziel erreicht, so sieht man sich auch künftig dazu in der Lage. Entscheidend ist, dass man etwas leisten muss, um Erfolg zu haben. Nur dann lernt man, wie sein Handeln etwas beeinflusst.
Beobachten anderer Menschen
Geht eine Person mit gutem Beispiel voran und meistert Herausforderungen, vermittelt sie damit anderen, das auch schaffen zu können. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn der oder die Beobachtende eine gewisse Ähnlichkeit zwischen sich und dem oder der Handelnden sieht. In dem Fall schreibt man sich die gleichen Möglichkeiten zu. Diese Fähigkeit wird Modell-Lernen genannt.
Ermutigung
Zuspruch („Das schaffst du schon“) wirkt sich positiv auf die Selbstwirksamkeitserwartung aus, indem es das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärkt. Allerdings reicht eine verbale Bestärkung auf Dauer allein nicht aus. Notwendig ist letztlich, dass die „Vorschusslorbeeren“ sich irgendwann als gerechtfertigt erweisen. Also durch erfolgreiches, eigenes Handeln bestätigt werden.
Körperliches Empfinden
Auch die positive Interpretation körperlicher Vorgänge spielt für die Ausprägung der Selbstwirksamkeit eine wichtige Rolle. So deuten körperliche Erregungen, wie Herzklopfen oder Schwitzen, auf eine schwierige beziehungsweise anstrengende Situation hin. Das ist in dem Moment zwar nicht gerade gut, aber es hilft, Umstände und den eigenen Zustand einzuschätzen.
Das Maß an Selbstwirksamkeit hängt also von gemachten Erfahrungen ab. Die Weichen dafür werden bereits früh gestellt. Wer Kinder ernst nimmt und ihnen etwas zutraut, der verhilft ihnen zu einer größeren Selbstwirksamkeitserwartung. Wer hingegen übertrieben fürsorglich ist, bewirkt das Gegenteil. Die gute Nachricht ist: Theoretisch können alle, auch Erwachsene, ihre Selbstwirksamkeit stärken. Aber wie geht das?
Selbstwirksamkeit lernen
Voraussetzung für den Wandel ist die Bereitschaft, etwas ändern zu wollen. Ist diese vorhanden, gilt es, den nächsten Schritt zu gehen.
Besinne dich auf deine Stärken
Was kannst du besonders gut? Welche Erfolge hast du im Leben schon erreicht? Stelle eine Liste damit auf und sei stolz darauf. Fokussierst du dich anfangs auf deine besonderen Fähigkeiten, läufst du kaum Gefahr, an daran orientierten Aufgaben zu scheitern.
Suche dir eine Vertrauensperson, die dich beim Aufbau deiner Selbstwirksamkeit fördern kann
Sie sollte selbst eine gute Portion davon haben, um dich gegebenenfalls zu unterstützen. Außerdem wirkt sie als Berater und Korrektiv auf dich, stärkt dir den Rücken und gibt Feedback.
Ausgehend von deinen Fähigkeiten setzt du dir Ziele
Diese sollten nicht zu groß, sondern realistisch sein. Nimm dir also kleinere Aufgaben vor oder unterteile eine größere in schaffbare Einheiten und erledige sie. Das sorgt für erste und vor allem echte Erfolgserlebnisse – und die wirken motivierend!
Sei bei der Auswahl der Aufgaben aber nicht zu lax
Sind die Herausforderungen zu gering, musst du dich dafür nicht anstrengen. Doch genau das musst du für einen ausgeprägten Lerneffekt tun.
Zu den Quellen der Selbstwirksamkeit gehört auch Modell-Lernen
Deshalb ist es hilfreich, andere Menschen mit einer stark ausgeprägten Selbstwirksamkeitserwartung bei ihrem Tun zu beobachten und sie als Vorbild zu nehmen. Motto: Was die können, das kann ich auch.
Konditioniere dich selbst
Bestätige deine Erfolge und sage dir, wie gut du bist. Bedenke, dass das ohne dahinterstehende Erfolge kaum mehr als leeres Gerede ist. Aber in Verbindung mit echtem Fortschritt in der Sache, kann das stark unterstützend und aufbauend wirken.
Der Lohn der Mühen
Mit der Anzahl deiner erreichten Ziele sollte auch dein Pegel an Selbstwirksamkeit ansteigen. In der Folge wirst du immer anspruchsvollere Erfolgsszenarien entwickeln und dir schwerere Aufgaben zutrauen. Deine Anstrengungen und deine Ausdauer nehmen zu. Deine Leistungen verbessern sich, unvermeidliche Misserfolge steckst du lockerer weg. Und den Marathon schaffst du irgendwann auch.
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