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Spermidin: Das natürliche Anti-Aging-Mittel?

Das Nahrungsergänzungsmittel Spermidin soll deinen Körper vor dem Altern und vor Krankheiten wie Demenz schützen. Aber stimmt das überhaupt? 

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Pillen, Kapseln und Pulver – Nahrungsergänzungsmittel existieren in den verschiedensten Formen. Spermidin zählt zu den eher etwas unbekannteren Mitteln. Als natürlicher Jungbrunnen angepriesen, soll es den Alterungsprozess des Körpers verlangsamen und Krankheiten wie Demenz vorbeugen. Vereinzelte Studien stützen diese Annahmen. Doch was bewirkt das biologische Anti-Aging-Mittel wirklich?

Was ist Spermidin?

Spermidin ist ein organischer Stoff, der auch ohne zusätzliche Einnahme in all deinen Zellen vorkommt. Du benötigst ihn für wichtige Prozesse. Denn das Polyamin (Moleküle, die dein Körper selbst produziert) sichert das Überleben deiner Zellen. Es fördert Stoffwechsel, Teilung und Wachstum. Fehlt es dir, sind all diese Funktionen eingeschränkt.

Welche Wirkung wird Spermidin nachgesagt?

Schutz vor Nervenkrankheiten

Spermidin aktiviert die sogenannte Autophagie deiner Zellen. Das ist ein Prozess, bei dem dein Körper krankhafte oder nicht mehr benötigte Zellbestandteile abbaut und diese in Energie umwandelt. Durch die reinigende Selbstverdauung bleiben deine Zellen gesund. Auch soll die Autophagie Erkrankungen des Nervensystems wie Demenz oder Parkinson vorbeugen, da die für diese Krankheiten typischen Proteinablagerungen in den Nervenzellen während der Selbstverdauung abgebaut werden.

Dabei sterben mitunter auch ganze Zellen – bis zu 10 Milliarden jeden Tag. Die Apoptose, das kontrollierte Absterben von Zellen, ist das Gegenstück zur Autophagie. Dabei entledigt sich dein Organismus kranker, alter und potenziell gefährlicher Zellen.

Anti-Aging

Auch der versprochene Anti-Aging-Effekt soll auf der Autophagie beruhen. Die Lebenserwartung älterer Zellen verbessert sich, wenn sie nicht benötigte Bestandteile abbauen. Diese Auffrischung ist ein lebenswichtiger Vorgang für deinen Organismus. Sterben beispielsweise Herzmuskelzellen ab, kann dein Körper sie nur schwer ersetzen.

Das Problem: Im Alter sinkt die natürliche Spermidin-Menge in deinen Zellen. Das bremst wiederum die Autophagie. Diesem Prozess sollen Nahrungsergänzungsmittel entgegenwirken. An Mäusen und Taufliegen konnten Forschende diesen Effekt im Hirn bereits nachweisen. Durch die Supplementierung alterten die Hirne der Taufliegen langsamer, was auf die gesteigerte Aktivität der Mitochondrien im Nervengewebe zurückgeführt wird.

Schutz vor Arteriosklerose

Außerdem vermuten Forschende, dass Spermidin der Entstehung von Arteriosklerose vorbeugen kann. Das sind krankhafte Veränderungen innerhalb der Arterien, also der Blutgefäße, die das Blut vom Herzen wegtransportieren. Ein japanisches Forschungsteam fand heraus, dass Polyamine dabei helfen, die Abwehrzellen des Blutes effektiver arbeiten zu lassen. Durch den optimierten Prozess sinkt die Gefahr für chronische Entzündungen.

Auch untersuchen Forschende der medizinischen Universität Graz, wie sich Spermidin auf die Behandlung von Bluthochdruck auswirkt. Sie vermuten, dass das Polyamin die Wirkung von blutdrucksenkenden Medikamenten verstärken könnte.

Was davon stimmt?

Wichtig: All die versprochenen Effekte von Spermidin als Nahrungsergänzungsmittel sind in der Wirkung auf den Menschen nicht wissenschaftlich belegt. Zwar deuten einige Studien auf einen positiven Effekt hin, andere scheinen diesen jedoch zu widerlegen. Eine Untersuchung von Forschenden an der Universität Greifswald zeigte, dass zugeführtes Spermidin weder im Speichel noch im Blutplasma ankommt. Selbst bei einer deutlich höheren Dosierung stagnierten die Werte.

Stattdessen stieg der Gehalt an Spermin – einem Abbauprodukt von Spermidin. Forschende vermuten, dass der Darm das zusätzlich aufgenommene Spermidin abbaut, bevor es in das Blut gelangen kann. Andere Expertinnen und Experten sehen dennoch Potenziale durch die gesteigerte Autophagie. Daraus könnten zukünftig Therapieverfahren gegen Krebs oder Infektionskrankheiten entstehen.

Forschende der Universität in Innsbruck beobachteten hingegen einen Effekt auf die Lebensdauer. In ihrer Untersuchung wiesen sie nach, dass Teilnehmende, die vermehrt Spermidin über die Nahrung aufnahmen, im 20-jährigen Beobachtungszeitraum eine geringere Sterbewahrscheinlichkeit hatten. Bei einer Spermidin-Menge von maximal 80 µmol (Mikromol) am Tag benötigst du dafür allerdings keine Nahrungsergänzungsmittel.

Fazit: Noch sind Studienergebnisse zu der Wirkung auf den Menschen nur spärlich vorhanden. Auch ist noch nicht abschließend geklärt, wie das Polyamin in dein Blut gelangt. Dennoch fördert es die Autophagie deiner Zellen und sorgt so dafür, dass dein Körper infizierte oder kranke Zellbestandteile verwertet, was das Risiko auf Tumorerkrankungen zumindest geringfügig senken könnte.

© iStock / Getty Images Plus / nndanko

Risiken und Nebenwirkungen von Spermidin

Obwohl Spermidin als natürlicher Wirkstoff in vielen Lebensmitteln vorkommt, ist die Sicherheit bei langfristiger Einnahme als Nahrungsergänzungsmittel bisher nicht ausreichend erforscht. Es fehlen Daten zu einer nötigen, sinnvollen und sicheren Dosis sowie zu möglichen Risiken einer langfristig erhöhten Einnahme von Spermidin (empfohlene Tageshöchstmenge: 6 mg). Zwar gibt es viele Nahrungsergänzungsmittel mit Spermidin, doch die wenigsten sind medizinisch geprüft, etwa auf Schadstoffe oder Verunreinigungen. Valide Studiendaten, wie sie für Medikamente erforderlich sind, liegen zu keinem Präparat vor.

Es fehlen zudem Hinweise zu möglichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Da Spermidin in die Zellreparaturprozesse eingreift, könnten potenzielle Wechselwirkungen insbesondere bei Personen auftreten, die blutdrucksenkende Mittel oder Medikamente zur Modulation des Immunsystems, also zur Regulierung oder Anpassung seiner Aktivität, einnehmen. Eine vorherige Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt wird daher empfohlen, um unerwünschte Effekte zu vermeiden.

In welchen Lebensmitteln kommt Spermidin vor?

Für eine ausreichende Menge an Spermidin musst du es nicht zwingend als Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Achtest du auf eine gesunde Ernährung, nimmst du bei deinen Mahlzeiten genug für eine funktionierende Autophagie auf. Viele der Lebensmittel bieten dir zusätzlich weitere gesunde Effekte.

Pilze

Diese Spermidin-Quelle kannst du sogar selbst sammeln. Pro 100 Gramm liefern Pilze je nach Sorte bis zu 8,86 Milligramm Spermidin. Zusätzlich versorgst du dich mit Nährstoffen wie Kalzium oder Magnesium, die du beispielsweise im Training für deine Muskeln benötigst.

Erbsen

Auch Erbsen enthalten reichlich Spermidin. 6,52 Milligramm davon nimmst du mit 100 Gramm der grünen Kügelchen zu dir. Zudem enthalten sie Eisen und Zink. Damit förderst du nicht nur den Sauerstofftransport im Körper, sondern stärkst auch Haare, Haut und Knochen. Das enthaltene Eiweiß in Erbsen hält außerdem deinen Cholesterinspiegel niedrig und fördert den Muskelaufbau.

Gereifter Cheddar

Cheddar, der mindestens 1 Jahr gereift ist, enthält hohe Mengen an Spermidin. Der genaue Gehalt variiert je nach Reifedauer, liegt aber bei bis zu 20 Milligramm pro 100 Gramm. Der Käse liefert zudem Kalzium und Proteine, die für die Knochengesundheit und den Muskelaufbau wichtig sind.

Weizenkeime

Den Spitzenwert der natürlichen Spermidin-Quellen erzielen Weizenkeime. 100 Gramm enthalten ganze 24,3 Milligramm. Die kleinen Körner entstehen während der Mehlproduktion und stecken voller gesunder Nährstoffe. Weizenkeime strotzen vor Vitaminen und versorgen dich neben Spermidin mit Kalium und Phosphor für deine Zellen.

Übersicht des Spermidin-Gehalts in Lebensmitteln

LebensmittelSpermidin-Gehalt (mg/100g, ca.)
Weizenkeime24,3
Cheddar (1 Jahr gereift)20,0
Kürbiskerne10,4
Natto (fermentierte Sojabohnen)8 – 10
Pilze8,86
Erbsen (gekocht)6,5
Kichererbsen2,9
Knollensellerie2,8
Brokkoli (gekocht)2,7
Blumenkohl (gekocht)2,6
Haselnüsse2,1
Vollkornbrot1,8
Erdnüsse1,6
Kartoffeln (gekocht)1,5
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Quellen
  1. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33852845/
  2. https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/Polyamin-induzierte-Protektion-gegen-Einschraenkungen-der-Gedaechtnisfunktionen.php
  3. https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.1219002110
  4. https://idw-online.de/de/news361422
  5. https://www.med.fau.de/2019/05/09/die-zelle-ist-tot-es-lebe-die-zelle/
  6. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33852845/
  7. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31137855/
  8. https://ichgcp.net/de/clinical-trials-registry/NCT04405388
  9. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29955838/
  10. https://www.mdpi.com/2072-6643/15/8/1852
  11. https://www.mdr.de/wissen/spermidin-anti-aging-wirkung-studie-100.html
  12. https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/719834.html
  13. https://www.aerzteblatt.de/archiv/182779/Autophagie-Selbstverstuemmelung-als-Ueberlebensstrategie

Über diesen Artikel

Kevin Berg © Redaktion

Autor:

Kevin Berg

Kevin Berg ist seit 2019 #BeatYesterday-Redakteur mit vielen Interessen. Als Journalist wurde Kevin an einer …

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