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Einfach mal abschalten – im Urlaub im Kloster

Immer mehr Menschen suchen ihre Ruhe im Kloster: Ohne Handy und Internet die Stille und sich selbst aushalten, liegt im Trend.

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Am Anfang war die Krise. Vor zehn Jahren wusste die Hamburgerin Madita van Hülsen (37) nicht mehr weiter: Ihre Ehe schien am Ende, sie hatte sich in einen anderen Mann verliebt. „Ich war verzweifelt. Wir waren zusammen, seit wir 15 Jahre alt waren, eine gefühlte Ewigkeit. Ich liebte meinen Mann, doch warum hatte ich jetzt Gefühle für einen anderen? Wie sollte es weitergehen? Ich konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen.“ Die Moderatorin und Fernsehjournalistin war mit der Situation überfordert, ihre Gedanken schienen sich unaufhörlich im Kreis zu drehen: „In dieser Situation erzählte mir ein Freund von dem Kloster Nütschau, diesem beseelten Ort, an dem man zur Ruhe finden und Klarheit über sein Leben erlangen kann.“ Es war wie ein Wink des Schicksals, die damals 26-Jährige zögerte nicht lange und checkte im Kloster ein – für zwei Wochen.

Immer mehr Gotteshäuser hierzulande bieten Gästen einen Rückzugsort von ihrem stressigen Alltag an, dabei sind die Angebote vielfältig: Manche Häuser haben Wellnessbehandlungen im Programm, bieten Anti-Stress-Seminare an, schaffen die Möglichkeit, einfach am Klosteralltag teilzunehmen oder sich für eine bestimmte Zeit in einem stillen Umfeld aufzuhalten. Gerade die Schweigehäuser erfreuen sich bei gestressten Besuchern größter Beliebtheit: Ohne viele Worte zu sich selbst finden zu können – das scheint in Zeiten von permanentem Kommunikationsüberangebot ein kostbares Gut.

Das Kloster war und ist wie ein Katalysator für mich, dort erscheint mir plötzlich alles so klar.

Madita van Hülsen, Moderatorin und Fernsehjournalistin

Der Glaube ist keine Bedingung für einen Klosteraufenthalt

Im Kloster Nütschau in Ostholstein startet der Tag morgens um 6.30 Uhr mit einer einstündigen Lesung und Psalmengebeten, um 11.45 Uhr folgt für 15 Minuten das Mittagsgebet, um 17.15 Uhr die einstündige Vesper, um 21 Uhr die Eucharistiefeier. Jeder kann, aber keiner muss an den Messen teilnehmen. Bruder Elija Pott weiß, dass viele der Besucher auch Gott wieder näher kommen wollen. „Im Alltag haben die meisten mit der Kirche nicht viel zu tun, es sind bei weitem nicht alle praktizierende Kirchgänger, die zu uns kommen“, sagt er, „dennoch entscheiden sie sich bewusst für diesen geistlichen, spirituellen Ort. Hier finden sie eine Gemeinschaft, einen verlässlichen Ort, an dem die Beziehung zu Gott im Vordergrund steht.“ Und das gäbe Halt, schaffe verlässliche Strukturen.

Madita checkte für zwei Wochen im Kloster ein: Manchmal ist Reden eben doch nur Silber und Schweigen Gold. | © Oliver Reetz

Schweigen statt Reden

Madita van Hülsen entschied sich bewusst für die Ruhe, für einen Aufenthalt im stillen Bereich. Hier begrüßen sich die Gäste und Klosterbrüder mit einem Kopfnicken und ohne viele Worte. Nur bei den gemeinsamen Mahlzeiten kommen sie ins Gespräch. „Dennoch sind alle sehr liebevoll miteinander“, hat Madita festgestellt, „um Anteil am Leben eines anderen zu nehmen, muss man nicht unbedingt viel miteinander sprechen. Es kann auch ein Blick, eine Geste, eine Berührung reichen.“

Manchmal ist Reden eben doch nur Silber und Schweigen Gold. Madita zumindest fand in der Ruhe zu sich selbst. „Endlich hatte ich die Zeit und Muße, mir über meine Gefühle im Klaren zu werden“, erinnert sie sich, „ich habe dort gemerkt, dass ich gut alleine sein kann mit mir. Das war eine wichtige Erfahrung für mich. Im Alltag bin ich immer mit anderen Menschen zusammen, stehe ständig unter Strom. Im Kloster fand in meinen Seelenfrieden.“

Gerade, weil ich im Kloster, im Gegensatz zu meinem Job, nicht immer reden und kommunizieren muss, ist diese Zeit für mich so wertvoll.

Madita van Hülsen, Moderatorin und Fernsehjournalistin

Ihrer Erfahrung nach suchen dort vor allem Menschen Zuflucht, die dringend Erholung brauchen, die eine schwierige Lebensentscheidung treffen müssen oder die einfach Sehnsucht nach Ruhe haben – und sei es nur zum Arbeiten an einem wichtigen Projekt. Schnörkellose Räume ohne Telefon und Internet – das Kloster ist das Kontrastprogramm zum überbordenden Alltag, hier gibt es nur wenig Ablenkung von den wichtigen Fragen und Dingen des Lebens.

„Gerade, weil ich im Kloster, im Gegensatz zu meinem Job, nicht immer reden und kommunizieren muss, ist diese Zeit für mich so wertvoll“, sagt Madita, „ich sehne mich regelrecht danach, mal nicht reden zu müssen.“ Jeden Tag machte die Fernsehmoderatorin lange Spaziergänge und fand Schritt für Schritt wieder zu sich selbst. „Ich nehme im Kloster auch gerne an den Messen teil. Es wird viel gesungen, es herrscht eine feierliche Stimmung, die nehme ich sehr bewusst wahr. Das macht den Kopf frei.“

Nach ihrem zweiwöchigen Aufenthalt stand für sie fest: „Ich will meine Ehe retten.“ Sie erinnert sich: „Das Kloster war und ist wie ein Katalysator für mich, dort erscheint mir plötzlich alles so klar.“ Es sei, als würde sie im stressigen Alltag ihre Probleme aus der Froschperspektive betrachten. Aber: „In der Klarheit des Klosters nehme ich ganz automatisch die Vogelperspektive ein, alles sortiert sich.“

Gegen den Stress ins Kloster

Deshalb gönnt sich die aktive Frau inzwischen jedes Jahr eine Auszeit im Kloster. Vor allem, wenn sie den Eindruck hat, die Reißleine ziehen zu müssen: „Ich arbeite teils wochenlang durch, bin permanent angespannt. Wenn ich heute merke, dass der Stress überhand nimmt, weiß ich, wo ich hinkann. Erreiche ich das Kloster, ist das für mich, als würde ich heimkommen. Mit jedem Tag, den ich dort verbringe, bin ich entlasteter. Ich habe den Eindruck, mich in der Stille sicherer, strukturierter zu fühlen. Hier kann ich noch auf mein eigenes Ich hören, hier habe ich gelernt, Dinge loszulassen oder mich für Dinge zu entscheiden. So wie damals für meine Ehe.“

Madita van Hülsen, 37, lebt in Hamburg und arbeitet als Moderatorin und Fernsehjournalistin. Neben ihrem stressigen Job engagiert sie sich noch ehrenamtlich in einem Sterbehospiz. Mit einer Freundin hat sie zudem eine Agentur gegründet, die Trauerbegleitung macht.

© Ulf Krüger

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