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Wenn der Berg ruft, kannst du ihn bezwingen

Anwältin. Autorin. Ultraläuferin. Mirna Valerio setzt sich große Ziele. Dabei liebt die US-Amerikanerin die Herausforderung genauso wie das Ankommen. Auf #BeatYesterday.org erzählt sie von ihrer Leidenschaft.

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Mount Jo, im US-Bundesstaat New York gelegen, war mein allererster Berg. Die Erfahrung ist bis heute für mich schwer zu greifen, aber gleichzeitig sehr einprägsam – vergleichbar mit dem ersten Kuss. Chaotisch. Unberechenbar. Berauschend. Einige Streckenabschnitte fielen mir wirklich schwer. Aber rückblickend erklomm ich nicht nur meinen ersten Berg, sondern eröffnete mir damit eine neue, großartige Welt, von der ich mehr wollte.

Mein erster Berglauf liegt nun schon einige Zeit zurück. Ich besuchte damals die achte Klasse. Zusammen mit anderen Achtklässlern unternahmen wir einen Campingausflug. Einige unserer Lehrer hatten sich bereit erklärt, dieses kalte, lange Aprilwochenende mit uns zu verbringen. Wir liebten sie dafür, dass sie mit uns an diesen Ort fuhren, vier Stunden von der Stadt entfernt. Dieser Ort, der so viele von uns verändern sollte.

Meine erste Bergerfahrung: Mount Jo

Die Nächte waren kalt. Wir zitterten in unseren viel zu dünnen Schlafsäcken. Wir drängten uns zusammen und lauschten aufmerksam den Bären, die draußen herumschlichen. Schließlich schliefen wir ein.

Am nächsten Morgen wollten wir eine Wanderung machen. Uns war klar, dass sie den ganzen Tag dauern würde. Als Belohnung winkte uns ein Bad in einem eiskalten Bach. Wir wussten, dass wir die Wanderung nur schaffen würden, wenn wir zusammenarbeiten. Bevor es losgehen sollte, kontrollierten wir noch einmal unser Gepäck. Hatten wir genug zu essen und zu trinken, Ersatzsocken, Handschuhe und Mütze eingepackt?

Ich lief mit Maria. Wir beide waren die dicksten und größten Mädchen der Gruppe. Wir fielen ständig zurück, holten aber immer wieder auf. Manchmal mussten wir über einen umgestürzten Baum oder einen rutschigen, von Eis überzogenen Felsbrocken klettern. Auf einem steilen Anstieg machten wir uns gegenseitig Mut.

Schließlich erreichten wir den Gipfel. Diese Wanderung war bis dahin das Schwierigste, was ich jemals gewagt hatte. Wir waren so lange unterwegs. Aber die Aussicht belohnte uns für alle Strapazen. Sie war unglaublich. Ich war so glücklich, dort zu sein und nicht in Brooklyn. Meine neue Freundin Maria stand bei mir. Sie, die sich nicht darum scherte, dass ich so schüchtern und ruhig war. Da waren wir also: zwei große, starke und abenteuerlustige Mädchen – langsamer als alle anderen, aber am Ziel angekommen.

Mount Bierstadt fordert alles

Als ich erwachsen war, entdeckte ich meine Liebe für Berge wieder. Mount Bierstadt im Bundesstaat Colorado war mein allererster 4.000er. Einer dieser majestätischen Berge. Anders als der Mount Jo sollte sich das Besteigen von Mount Bierstadt als eine schlängelnde Liebesbeziehung erweisen. Mit langen, schwierigen Anstiegen. Einem falschen Gipfel und einem trügerischen Erfolgsgefühl. Das Erreichen des eigentlichen Gipfels war der mit Spannung erwartete Kuss, wenn auch auf rissigen Lippen.

Schon als ich am Guanella Pass, unserem Ausgangspunkt, ankam, um mich mit meiner neuen Freundin Theresa zu treffen, war ich überwältigt. Ich war in der Dunkelheit des frühen Morgens eine Serpentinenstraße entlang gefahren. Mit Blick auf den massiven Felsen, umgeben von einer kühlen, aber weitläufigen Almwiese. Dazu das immer hellblauer werdende Licht. Wunderschön.

Mirna weiß: „Der Berg wird geistig, körperlich und emotional mit dir spielen.” © Garmin
Mirna weiß: „Der Berg wird geistig, körperlich und emotional mit dir spielen.” © Garmin

Mein Trainer hatte den Trail in meinen Trainingsplan aufgenommen, um mich auf das sechstägige TransRockies-Etappenrennen 2018 vorzubereiten. Theresa und ich waren die dicksten Teilnehmer, und die mit der farbenfrohsten Kleidung. Los ging es um 5.30 Uhr. Auf der ganzen Strecke kümmerten wir uns umeinander. Wir wiesen uns auf steinige Hindernisse hin, teilten unsere Trinkrucksäcke und Snacks. Wir stellten sicher, dass es dem anderen gut ging.

Wenn der Berg mit dir spielt

Der Trail war hart, aber wir waren erfahrene Langstreckenläufer. Wir waren bereit, alles zu geben. Wir wussten, wie wir uns während des fast täglich aufkommenden Gewitters verhalten mussten. Schon beim Aufstieg war uns klar: Das wird ein langer Tag werden. Der Weg führte uns durch Wiesen und vorbei an einem kleinen See. Anfangs war der Anstieg sanft, aber irgendwann stellten wir fest, dass uns beiden schwindelig wurde. Ich kannte dieses Gefühl nur zu gut. Zwölf Kilometer unterwegs mit wenig Sauerstoff zum Atmen. Wir passten unser Tempo an, feuchteten unsere Snacks an und machten immer weiter.

Ab und zu hielten wir an, um die atemberaubende Kulisse um uns herum zu fotografieren. Auf dem Weg trafen wir noch andere Leute. Sie sorgten sich um uns. Wir kamen wohl im Vergleich zu den meisten anderen Läufern nur langsam voran. Aber das machten wir absichtlich. Wir legten Pausen ein, wenn es nötig war. Unterwegs boten wir einem jungen Mann Wasser an, der dachte, er würde auf einem 18-Kilometer-Trail mit mehr als 2.700 Metern Höhenunterschied keines brauchen.

Der Trail zählte zu den „Einfacheren“, wie es in Reiseführern hieß. Ohne viel Erfahrung mit 4.000ern zu haben, freute ich mich auf eine „leichte” Strecke. Aber es war kein Einsteigertrail. Vielleicht bezog sich diese Angabe nur auf die schöne Aussicht. Wir hatten ganz schön zu tun.

Theresa und ich wechselten uns ab. Jede von uns übernahm abwechselnd die Führung, wies die andere auf Steinhaufen und andere Hindernisse hin. Es ging auf und ab. „Dies ist eine mentale Vorbereitung”, hatte mein Trainer gesagt.„Du kannst es rein physisch angehen. Aber der Berg wird geistig, körperlich und emotional mit dir spielen.”

Mirna Valerio läuft einen Berg hinunter.
Am Berg lässt Mirna ihre Füße ihrem Herzen folgen – auch wenn er ihr alles abverlangt. © Garmin

Wir ließen unsere Füße unserem Herzen folgen. Und wie wir herausfanden, brauchten Theresa und ich nur Wissen, einen Plan, gute Ausrüstung, körperliche Bereitschaft, geistige Schärfe und den Willen. Wir hatten alles Notwendige dabei: Regenjacken, Sonnencreme, warme Wollsocken, dünne Handschuhe, Sonnenbrillen, schicke Uhren mit Höhenmessern und viel Angst.

Wir setzten unseren Weg fort und befanden uns schließlich kurz vor dem Gipfel. Dann mussten wir klettern, meine Lieblingsbeschäftigung gleich nach dem Laufen. Es fordert deinen gesamten Körper, benötigt Gleichgewicht, Kraft und die Bereitschaft, sich auf Unbekanntes einzulassen. Wir kletterten höher und höher.

Nach ein paar Vorsprüngen waren wir am Ziel. Dort trafen wir alle Leute wieder, die uns bereits überholt hatten. Einige machten Fotos vom Gipfel, andere saßen einfach da und genossen die Aussicht. Eine junge Frau, die mit ihren Eltern wanderte, war überglücklich, uns zu sehen: „Ich bin so froh, dass ihr es geschafft habt.“

Theresa und ich setzten uns auf zwei herumliegende Felsbrocken und aßen erst einmal unsere Snacks. Auch wir machten Fotos und Videos. Wir freuten uns, dass wir es geschafft hatten. Unsere Lippen waren aufgeplatzt, unsere Lungen taten weh, aber unsere Herzen waren erfüllt von dem Unermesslichen, was der Berg uns gezeigt hatte.

Und welcher Berg ruft dich?

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