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Orientierungslauf: „Wie Traillaufen, nur mit Kreuzworträtsel in der Hand“

Der Orientierungslauf gilt als eine der komplexesten Disziplinen im Laufsport. Die meisten Neugierigen scheitern beim ersten Mal. Du auch? Worauf es ankommt.

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Querfeldein.

Ein wunderschönes Wort.

Und ein passendes, wenn man die Disziplin „Orientierungslauf“ beschreiben möchte.

Denn bei dieser Sportart rennen die Aktiven querfeldein durch die ungezähmte Natur. Links oder rechts? Nee, lieber links, danach geradeaus, Hauptsache ins Grüne. Pfade und Wege? Pff. Das ist was für Weichpitties. Oft hetzen die Läuferinnen und Läufer durch das Dickicht, über schroffe Anhöhen, manchmal vorbei am steinigen Ufer eines Bachlaufs.

Die genaue Strecke können die Wagemutigen nur erahnen. Denn beim Orientierungslauf ist tatsächlich der Weg das Ziel. Präziser: die einzelnen Wegpunkte. Blöd oder spannend, Ansichtssache, dass man diese mühsam mithilfe einer Spezialkarte und einem Kompass finden muss. Beim Orientierungslauf laufen die Beine heiß – und das Gehirn.

Anna Wartewig und Anatoly Zelenin lieben genau das. Die beiden zählen zu den ambitionierteren Orientierungsläuferinnen und -läufern in Deutschland. Sie erklären, warum ein kluger Kopf nicht das Wichtigste ist und wann Laien sich einem Parcours stellen können.

Anatoly Zelenin stürzt mit Karte, Kompass und Garmin-Smartwatch ins Gelände. © Tomas Bubela

Worum geht es beim Orientierungslauf?

„Es ist wie Traillaufen. Nur, dass man nebenbei ein Kreuzworträtsel löst“, sagt Anatoly Zelenin verschmitzt.

Tatsächlich weisen beide Sportarten gewisse Parallelen auf. Beide Disziplinen finden in der abgelegenen Natur statt. Asphaltierte Passagen sind verpönt. Noch dazu verlangt das Gelände größtes läuferisches Geschick. Es drohen fortwährend Stolperfallen.

Den größten Unterschied fasst der 30-jährige Dresdner prägnant zusammen. „Beim Traillaufen laufen die Aktiven über unbefestigte Wege. Eine Karte auf der Smartwatch oder Streckenmarkierungen weisen den Weg. Das Ziel ist klar, die Aktiven müssen einem Pfad folgen. Beim Orientierungslauf ist die Route nicht abgesteckt. Wir müssen uns durchschlagen und bestimmte Wegpunkte finden, die mehr oder weniger versteckt sind. Und das ohne die Hilfe der Karten auf meiner Garmin-Uhr.”

Heißt konkret: Die Athletinnen und Athleten bekommen am Start eine Spezialkarte, auf der die Natur detailreich dargestellt wird. Auf dieser Ansicht sind beispielsweise unterschiedliche Höhen verzeichnet. Dazu kommen ein paar markierte Wege, Wasserflächen oder Gebiete mit dicht bewachsenem Wald.

Karte, die beim Orientierungslauf genutzt wird
Die eingekreisten Stationen müssen Teilnehmende beim Orientierungslauf nacheinander ablaufen. © iStock / Getty Images Plus / inga

Auf dieser Karte sind mit Kreisen die einzelnen Stationen hervorgehoben. Die Aktiven müssen jede Einzelne in der geforderten Reihenfolge ablaufen und sich elektronisch registrieren. Dafür halten sie ein Chip – eine Art USB-Stick – an die Station.

Nach einem akustischen Signal, das bestätigt, dass der Chip erfasst wurde, geht es weiter. Bei einem normalen Rennen müssen die Läuferinnen und Läufer auf einer Runde bis zu 30 solcher Stationen erspähen. Ein Parforceritt.

Anatoly erklärt: „Es ist ein einziges Zickzack durch unwegsames Gelände. Das Schöne: Wie lang die Strecke ist, können wir selbst beeinflussen. Die einen brauchen für zwölf Kilometer Luftlinie zwischen den Punkten insgesamt 15 Kilometer. Andere sogar 18. Navigationstalente kompensieren die Leistungsunterschiede beim Laufen mit Köpfchen. Langsamere können gegen die Schnelleren gewinnen.”

Sind Garmin Smartwatches beim Orientierungslauf erlaubt?

Jein. Die Kartenfunktion dürfen die Teilnehmenden meist nicht benutzen. Was erlaubt ist: Die Aktivität mit der Smartwatch aufzeichnen und bei Connect für die Ewigkeit speichern. Die Adventure Race App, die beispielsweise auf der Enduro von Garmin verfügbar ist, gilt als besonders spannende und meist legale Alternative.

Wie fühlt sich ein Orientierungslauf an?

Anna Wartewig kommt von der Laufbahn. Nicht jetzt gerade, sondern grundsätzlich. Die zierliche, aber dafür dynamische Athletin kann dort sehr schnell rennen.

Doch irgendwann, berichtet sie, hat ihr das nicht mehr gereicht. Die Maschinenbau-Studentin sagt: „Das normale Laufen war mir irgendwann zu öde. Um nicht zu sagen: todlangweilig.“

Anna hat eine verrückte Idee und erstellt eine Liste. Schreibt ein A auf und ein Z. Und alle anderen Buchstaben dazwischen. Ihr Ziel: Für jeden Letter eine Sportart ausprobieren. Beim O muss sie eine Suchmaschine bemühen. Was sie findet, verändert ihr Sportlerinnen-Leben. Orientierungslauf. Noch nie gehört. Aber spannend.

Anna rennt nun wieder oft und gern – nur ohne Langeweile. Sie erklärt: „Der Kopf hat beim Orientierungslauf permanent zu tun. Man läuft selten zehn Sekunden geradeaus. Die Augen schielen auf die Karte, versuchen mithilfe des Gehirns den kürzesten Weg zu sehen. Und währenddessen springe ich über Wurzeln, rase Abhänge hinab und breche durch Brombeerbüsche. Das ist aufregend.”

Sportlerinnen und Sportler wie Anna sprechen auch von einem Adrenalin-Kick, von einem hormonellen Wechselbad. Ein emotionales Gewitter zwischen Stress und Glücksgefühl.

„Das ist pure Verzweiflung, wenn man eine Station nirgends findet. Die Zeit verrinnt, aber man darf nicht einfach weiter rennen. Wer eine Station versäumt, wird disqualifiziert. Das ist Stress. Und dann ist da das pure Glück, wenn man mit der Karte vor der Station steht, die Kontrollnummer checkt, und es piept. Orientierungslauf ist 30-mal Panik und danach 30-mal totale Erleichterung.”

© USV TU Dresden

Auf welche Fähigkeiten kommt es an?

Rennen. Denken. Fühlen?

Genau Letzteres würden viele unterschätzen, sagt Anatoly. Das Fühlen bezieht sich dabei auf zwei unterschiedliche Aspekte. Einerseits müssen die Aktiven ihre Umgebung fühlen, ein Gespür für die Natur und ihre Eigenheiten mitbringen. Andererseits ist das Gefühl in den Füßen noch wichtiger als die Kraft in den Schenkeln.

Anatoly holt aus: „Wer einmal einen Orientierungslauf verfolgt hat, wird sehen, wie rasant Menschen bergab rennen können. Dadurch, dass es kaum befestigte Wege gibt, entwickeln wir ein sehr gutes Balancegefühl. Dazu kommt, dass wir den Boden intuitiv spüren müssen. Unser Blick fokussiert nicht die nächsten Meter in der Waldböschung, sondern permanent die Karte.”

Wer einen Orientierungslauf wagen will, muss laut Anna und Anatoly die folgenden Qualitäten mitbringen. Und zwar in dieser Reihenfolge:

Eine gute Kondition. Die meisten Parcours sind zwischen zehn und zwölf Kilometer lang.

Navigatorische Fähigkeiten und eine schnelle Auffassungsgabe. Die Aktiven müssen nicht den kürzesten Weg auf der Karte und im Gelände ausmachen. Sondern vor allem denjenigen, den sie am raschesten zurücklegen können.

Dazu kommt eine exzellente Körperbeherrschung mit einem austarierten Gleichgewichtssinn.

Am wichtigsten aber: Respekt für die Natur. „Wer viel draußen ist, mit offenen Augen durch die Landschaften zieht, kann die Karte in der Hand in das echte Leben vor einem übersetzen. Dafür ist eine große Naturverbundenheit entscheidend”, sagt Anatoly.

Anna Wartewig war früher Bahnläuferin. Im Wald hat sie ein spannenderes Metier gefunden. © Jan Honkys

Für wen ist der Sport geeignet?

Der Orientierungslauf gilt als Akademikerinnen- und Akademiker-Sport.

Stimmt das?
Anna grient.

Dann antwortet sie: „Es ist auffällig, dass viele Menschen, die ich dort kennenlerne, studiert haben. Aber genauso gibt es sehr gute Läuferinnen und Läufer, die genau das nicht getan haben. Erstens kann man auch ohne akademische Bildung sehr intelligent sein. Und zweitens ist das Zurechtkommen in der Natur etwas, was man nicht in Büchern lernt. Das eignet man sich draußen an.”

Der Bildungsstatus verrät also nicht, wer einen Orientierungslauf wagen sollte oder nicht. Aber wie finden Interessierte heraus, ob sich die Anmeldung zu einem Freizeitrennen lohnt?

Anna empfiehlt dafür ein Experiment. Das ist naheliegend – und erscheint doch seltsam. Wer wissen will, ob man beim Orientierungslauf die nötige Freude empfinden wird, soll mit einem aufgeklappten Magazin in den Händen joggen.

Wer während des Laufens ein paar Artikel lesen kann, und das ohne Bekanntschaft mit einem Maschendrahtzaun oder einer Kastanie vom Wegesrand, besitzt laut der Expertin ein gutes Grundtalent. „Beim Orientierungslauf muss man zwei Dinge gleichzeitig können. Sich ohne Smartwatch navigieren und eben permanent in Bewegung bleiben. Wer das Laufen vom Denken nur ein wenig trennen kann, sollte die Sportart unbedingt ausprobieren”, ergänzt Anna.

Anna und Anatoly bei einem Staffellauf. © Jens Leibiger

Wie können Interessierte mit dem Orientierungslauf starten?

Der Orientierungslauf – der Biathlon des Laufsports – vereint Neuroathletik und Cardio-Training. Und obwohl beides boomt, hat es die Sportart, die beides kombiniert, eher schwer. Ihr fehlt der Nachwuchs, auch wenn ambitionierte Vereine zuletzt kleinere Erfolge erzielten.

Viele Wettbewerbe wurden in den vergangenen Jahren aufgrund von Corona ausgesetzt. Die beginnen nun wieder, doch Parcours mit festen Stationen gibt es trotzdem nur wenige im deutschsprachigen Raum. Für Anatoly Zelenin ein großes Problem. Er sagt: „Es gibt Interesse an diesem Sport. Wer einmal so ein Abenteuer erlebt, will damit nicht mehr aufhören. Das Problem: Ohne die Infrastruktur finden die Menschen keinen Einstieg.”

Der ist beim Orientierungslauf extrem wichtig. Wer das erste Mal Kompass und Karte in die Hand gedrückt bekommt, wird damit nicht viel anfangen können. Sogar dann, wenn die Zensuren in Geografie früher das Zeugnis aufwerteten.

„Wie bei jedem Sport braucht es Leute, die einem zu Beginn bei der Orientierung helfen. Die beim Erkunden des Sports – und des Waldes – assistieren. Wenn die Menschen einmal verstanden haben, wie es läuft, dann können sie sich mit ein paar Trainings auf ein gutes Wettkampfniveau bringen.”

Anatolys Tipp: Offizielle Wettkämpfe als Fan besuchen, teilnehmen und sich mit den Menschen vernetzen. Oder bei regionalen Laufsportvereinen nachfragen. „Dort sind alle Interessierten sehr willkommen. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen”, so Anatoly.

Welches Equipment ist für den Orientierungslauf wichtig?

Zwar sind digitale Karten von Garmin – bei offiziellen Wettkämpfen – nicht willkommen. Für Anna gehört die Uhr dennoch zu einer guten Ausrüstung dazu. Zum Beispiel zum Speichern der einmaligen Läufe in Garmin Connect. Ihr Partner Anatoly hat dort schon mehr als 800 Rennen archiviert.

Für Anna ist die Uhr aber aus einem weit weniger emotionalen, dafür rationalen Grund wichtig. Sie kontrolliert mit der Smartwatch den Puls. Ihre Erklärung: „Wenn ich zu schnell laufe, mein Herz in der Brust wild schlägt, dann merke ich, wie ich mich grau laufe. Das Blut und der Sauerstoff sind in den Waden, aber nicht im Hirn. Dadurch sinkt meine Denkgeschwindigkeit.“

Neben der Smartwatch sind zwei Bestandteile der Ausrüstung superwichtig. Die Schuhe und die Klamotten.

Bei den Tretern schwört Anna auf Modelle, die Hersteller extra für Orientierungsläufe produzieren. Die Schuhe sind extrem leicht, und doch an der Fußspitze aus einem robusten Material wie Kunstleder gefertigt. Besonders ist die Sohle: „Die ist sehr stabil und zusätzlich mit Spikes gespickt. Die kennen die meisten Läuferinnen und Läufer aus der Leichtathletik. Die kleinen metallenen Stacheln sorgen auf glitschigem Gras und in abschüssigen Passagen für den nötigen Grip”, erklärt Anna.

Die Klamotten müssen dagegen vor allem lang und widerstandsfähig sein, an Beinen und Armen. Natürlich auch im Sommer.

Annas simple Erklärung: „Wer einmal mit Karacho durch einen Brombeerstrauch gerannt ist, wird wissen, warum.”

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