Running

Vom Straßen- zum Traillauf: Für wen lohnt sich das?

Katja Tegler läuft beim Transalpine Run über mehr als 15.000 Höhenmeter und 243 Kilometer. Warum macht sie das? Vielleicht, weil sie auf den Trails etwas fand, das die Straße nicht mehr bieten konnte.

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Millionen Menschen gehen jeden Tag laufen. Sie tun das in Parks, im Wald, zumeist auf Straßen, Bürgersteigen und Radwegen.

Abseits von befestigten Wegen wird es deutlich einsamer. Dabei bieten Trails etwas, womit selbst die beste Straßenrunde nicht aufwarten kann, sagt Katja Tegler.

Die gebürtige Rostockerin entdeckte schon während ihrer Kindheit die Berge für sich. Erst zum Wandern, dann viele Jahre später zum Laufen.

Ein Interview über ein irres Vorhaben – und die Leidenschaft, die dahintersteckt. Spoiler: Sehr wahrscheinlich wirst du nach diesem Interview neue Trailschuhe brauchen.

Katja Tegler läuft beim Sierre-Zinal einen Berg hoch
@ SZ

Beat Yesterday: Katja, du läufst den Transalpine Run. Ein irres Vorhaben. Wie hast du diesen Wahnsinn deinen Eltern erklärt?

Katja Tegler: Meine Eltern wussten schon vor mir, dass es dieses Event gibt. Sie pflegen eine große Begeisterung für die Berge, kennen sich dort sehr gut aus. Ich musste es ihnen also gar nicht erklären.

Beat Yesterday: Um es aber allen anderen zu erläutern: Was ist der Transalpine Run für ein Event?

Katja Tegler: Es ist ein Etappenrennen über die Alpen. Es führt von Lech am Arlberg bis zum Reschensee im westlichen Südtirol. Insgesamt sind es sieben Etappen, die über mehr als 243 Kilometer und 15.000 Höhenmeter führen. Wenn ich das so sage, denke ich schon: Was habe ich mir da bloß eingebrockt?

Beat Yesterday: Was motiviert dich für dieses Vorhaben?

Katja Tegler: Seit sechs Jahren laufe ich wieder recht ambitioniert. Und der Transalpine war dabei immer in meinem Hinterkopf präsent – eine Art „ultimative Goal“. Klingt klischeehaft, aber das ist etwas, was ich unbedingt einmal machen will.

Beat Yesterday: Warum denn gerade jetzt diese Herausforderung?

Katja Tegler: Das ist witzig, ich habe im Winter meinen Laufkumpel David gefragt, ob wir den Transalpine nicht zusammen machen wollen. Ich habe ihm die Idee gepitcht und da hat er gesagt: „Meld dich an, ich bin schon dabei.“ Und das habe ich dann gemacht. Leider fällt David kurzfristig krankheitsbedingt aus. Ich laufe den Transalpine Run also nicht wie geplant im Duo, sondern alleine. Aber ich will mir diesen Traum unbedingt erfüllen.

Katja Tegler trainiert auf einer Tartanbahn
@ Katja Tegler

Beat Yesterday: Interessant angesichts dieser Herausforderung: Du kommst gar nicht aus einer hügeligen Region, sondern aus dem Flachland. Rostock, Ostseeküste.

Katja Tegler: Weil wir immer das Meer vor der Haustür hatten, haben meine Eltern in den Ferien den Kontrast gesucht. Wir sind oft in die Berge gefahren. In der Schule haben alle vom Strandurlaub erzählt und ich vom Wandern. Ich mochte das. Wir waren in den Alpen, den Pyrenäen und sogar in den schottischen Highlands.

Beat Yesterday: Wie sieht es mit deiner Erfahrung auf solchen Langdistanzen aus?

Katja Tegler: Die 230 Kilometer habe ich noch nie in einer Woche geschafft. Meinen Bestwert habe ich in der Vorbereitung aufgestellt – das waren 170 Kilometer in sieben Tagen. Allerdings habe ich durch die ganzen Urlaube doch einige Erfahrung in der Alpenregion. Was das zügige Wandern angeht, habe ich auch schon deutlich mehr Trainingsstunden pro Woche absolviert. Bestimmt um die 25. In den vergangenen Monaten habe ich insgesamt jede verfügbare Minute in den Bergen verbracht.

Beat Yesterday: Du sprichst deine Vorbereitung an. Was war dir da besonders wichtig?

Katja Tegler: Neben vielen Kilometern und viel Zeit in der Höhe gab es auch einen praktischen Wettkampf. Ich bin den Sierre-Zinal-Trail in der Schweiz gelaufen. Nur etwa 33 Kilometer, dafür extrem viele Höhenmeter und ein technisch anspruchsvolles Gelände am Anfang und Ende. Da konnte ich mich das erste Mal richtig testen.

Beat Yesterday: Wie wars?

Katja Tegler: Es war spürbar, dass das ein echtes Nonplusultra-Event ist – gar nicht mal wegen der Länge, sondern wegen der Schwierigkeit und der Zuschauer. Auch habe ich den Vibe genossen, das war an der Startlinie anders als bei Marathons. Und es war unfassbar heiß: 36 Grad Celsius. Beim Transalpine Run kommen sieben solcher Etappen auf mich zu – und jetzt auch noch auf mich allein. Das ist schon krass.

Katja Tegler läuft in den Bergen entlang eines Sees
@ Katja Tegler

Beat Yesterday: Wie unterscheidet den Vibe zwischen Traillauf und Marathon?

Katja Tegler: Beim Marathon mag ich die Stimmung grundsätzlich auch. Aber in Sierre fiel auf, wie entspannt die Leute waren. Beim Marathon sind alle aufgeregt und nervös. Alle wollen eine PB (persönliche Bestleistung) laufen. Es ist sehr auf die Performance fokussiert. Beim Traillaufen wollen zwar auch alle gut abschneiden, aber da ist trotzdem eher der Weg das Ziel. Es werden weniger Zeit und Pace fokussiert, sondern das Erlebnis. Man will bestmöglich vorankommen – aber auch eine gute Zeit haben. Da trinkt man an der Verpflegungsstation auch mal drei Becher Cola und unterhält sich.

Beat Yesterday: Generell: Viele Leute, die auf der Straße laufen, fantasieren von einem Wechsel auf die Trails. Wie groß ist eigentlich der Unterschied zwischen den Sportarten?

Katja Tegler: Der ist krass. Und zwar muskulär und mental. Traillaufen empfinde ich als anstrengender und anspruchsvoller.

Beat Yesterday: Was macht das Traillaufen anstrengender und komplexer?

Katja Tegler: Diese ständigen Wechsel zwischen Bergauf- und Bergablaufen fordern sehr unterschiedliche Muskeln. Auch der unebene Untergrund spielt darein. Der Körper muss sich ständig anpassen. Als Läuferin mit einer soliden Grundfitness auf der Straße habe ich sofort gemerkt, wie viel herausfordernder das Laufen auf dem Trail ist. Andererseits: Durch die vielseitige Belastung fühlt sich der Muskelkater anders an als nach dem Marathon. Dort sind die Schmerzen meist sehr punktuell Beim Traillaufen verteilen sie sich besser. Ich fühle mich danach auch schneller wieder erholt.

Beat Yesterday: In welchen Muskeln spürt man, dass man einen Trail gelaufen ist?

Katja Tegler: Das kommt ganz auf das Höhenprofil an. Geht es bergauf, macht als Erstes die Wade zu. Beim Bergablaufen wird vor allem der vordere Oberschenkel, der Quadrizeps, hart gefordert. Er muss ständig abbremsen. Das spürt man am nächsten Tag besonders intensiv.

Katja Tegler hält ihre Trailrunningstöcke beim Laufen in die Luft
@ Katja Tegler

Beat Yesterday: Menschen vergleichen sich gerne. Beim Laufen am liebsten über die Pace. Wie viel langsamer ist man auf Trails?

Katja Tegler: Es lässt sich gar nicht vergleichen. Ich bin eine sehr gute Läuferin, trainiere auch regelmäßig im Fitnessstudio und fühle mich stark. Im Trailbereich bin ich trotzdem maximal average, also durchschnittlich. Man kann sagen: Ich komme halt an. Das ist für mich aber okay. Ich habe das Beste rausgeholt. Von der Spitze bin ich himmelweit entfernt. Nur wer eine gute Läuferin ist, ist nicht automatisch eine gute Trailläuferin, habe ich gelernt.

Beat Yesterday: Kränkt dich das?

Katja Tegler: Auf gar keinen Fall! Ich spüre sogar deutlich weniger Druck. Auf der Straße möchte ich immer den einen Tacken schneller sein. Sekunde um Sekunde herauskitzeln. Dafür muss ich im Training aber immer wieder das Gleiche machen. Ich muss zugeben: Ein Herbstmarathon war für mich deshalb mental einfach nicht drin. Ich brauchte Abwechslung. Zunächst habe ich einen Hyrox gemacht, meinen ersten, dann einen Triathlon und jetzt eben den Transalpine Run. Das tut meinem Kopf gut.

Beat Yesterday: Warum gibt es diesen krassen Fokus auf die Zeit beim Trailrunning nicht?

Katja Tegler: Viele wollen sich schon immer verbessern, ich auch. Aber jedes Rennen ist eben krass unterschiedlich. Diese persönliche Bestzeit ist daher gar nicht so präsent. Selbst auf der identischen Strecke nicht, weil ein Trail jedes Mal anders ist. Je nachdem, wie das Wetter am Tag selbst ist – oder eben in den Tagen zuvor. Die Strecke ist lebendig.

Beat Yesterday: Kommen wir zu einem wesentlichen Thema. Eine lebendige Strecke verlangt, wenn man so will, lebendiges Material. Wie bist du ausgestattet?

Katja Tegler: Die Schuhe sind super wichtig. So einen kleinen Berg wie in meiner Heimat die Freundschaftshöhe, ein steiler Anstieg auf Gras, schafft man noch mit griffigen Straßenschuhe. Auf den Trails, dort wo Geröll liegt, wo auch mal eine Eis- oder Schneedecke vorkommt, braucht es Traktion. Ich habe mich einfach durchprobiert. Anders als beim Straßenlauf geht es weniger um Hightech, eher um solides, sicheres Material. Ich brauche keine Carbonschuhe, sondern Halt.

Außerdem muss man sich das Laufen mit Getränkerucksack oder -weste angewöhnen. Auf einer Straßenrunde ist das gar nicht so wichtig, da habe ich gerne die Hände und den Rücken frei, wenn es entsprechend kurz ist. Aber auf einem Trail kann man für 15 Kilometer schnell drei Stunden brauchen.

Katja Tegler läuft eine Steintreppe am Berg hinunter
@ Katja Tegler

Beat Yesterday: Wie viele Schuhe hast du für den Transalpine eingeplant?

Katja Tegler: Mindestens zwei Paar. Die werde ich alternierend, also im Wechsel tragen. Wenn ein Paar nass wird, freue ich mich, wenn ich das austauschen kann. Auch werden die Füße irgendwann anschwellen. Dann ist es hilfreich, dass ein Paar eine halbe Größe mehr hat. Auch soll der Wechsel der Blasenbildung vorbeugen.

Beat Yesterday: Was bringen Smartwatches von Garmin konkret beim Traillaufen?

Katja Tegler: Ich nutze die Trailaktiviäten auf meinem Forerunner 970 und habe sie mir individuell angepasst. Also neue Datenfelder auf die Uhr geholt. Besonders wichtig sind mir die gelaufenen Höhenmeter. Denn sie sind bei den Distanzen der limitierende Faktor. Heißt: Im Flachen kann ich gefühlt ewig laufen, aber bei den Höhenmetern ist dann irgendwann Schluss. Daher habe ich gerne den Überblick, wie viel ich schon habe – und was mir noch bevorsteht. Auch die vertikale Geschwindigkeit – die Höhenmeter pro Stunde – sind mir wichtig. 700 bis 1.000 Höhenmeter die Stunde sind für mich eine gute Pace. Das halte ich ganz gut durch.

Beat Yesterday: Hast du eine Lieblingsfunktion?

Katja Tegler: Ich schaue mir gerne an, wo ich im Höhenprofil gerade stehe – also wie viel Höhenmeter mir noch auf der Etappe bevorstehen. Beim Transapline ist es übrigens Pflicht, den Track mit auf der Strecke zu haben. Das wird auch kontrolliert.

Beat Yesterday: Läufst du auch Puls? Und wenn ja: Wie?

Katja Tegler: Ja, und es ist sogar komplexer als auf der Straße. Denn durch die Höhe und die Höhenmeter verändert sich meine Laktatschwelle. Sie verschiebt sich nach unten. Kann ich auf der Straße 175 Schläge pro Minute raushauen, ohne dass ich groß Laktat bilde, passiert das auf Trails ab 1.800 oder 2.000 Metern deutlich eher. Ich muss extrem aufpassen, sonst knallt mir das Laktat nach 100 Metern Anstieg in die Beine. Zone 2 schaffe ich nicht, aber ich versuche schon, dass ich in Zone 3 bleibe. Ich trage also auch einen HRM-Brustgurt.

Beat Yesterday: Zum Abschluss: Hast du einen absoluten Geheimtipps für künftige Trailläuferinnen und Trailläufer?

Katja Tegler: Es einfach machen. Es ist absolut befreiend, wenn der Druck der Straße weg ist. Wenn man nach Gefühl läuft. Auf der Straße ist alles so genau messbar und vergleichbar. Auf dem Trail nicht. Dieser Wechsel tut uns Straßenläuferinnen und -läufern definitiv mal gut – und wenn es nur für eine Auszeit ist. Auch merke ich, dass ich mich durch den Sport der Natur verbundener fühle. In den Bergen vergisst man vieles, fast alles, außer das Laufen selbst. Je höher und schroffer das Terrain, desto entspannter und leichter fühle ich mich.

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Über diesen Artikel

Hannes Hilbrecht

Autor:

Hannes Hilbrecht

Hannes ist mittlerweile seit mehr als zehn Jahren als Journalist tätig – davon fünf als …

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