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Sport nach Corona: Worauf du dringend achten musst

Long-COVID, Herzmuskelentzündung, Lungenbeschwerden. Wer nach Corona zu früh mit dem Sport beginnt, wagt ein unkalkulierbares Risiko. Was du zwingend beachten musst.

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Wie im Stand-by-Modus.

So beschreibt Lena Kreundl ihr Körpergefühl in den Monaten nach ihrer Corona-Infektion.

Lena ist Leistungssportlerin. Die Oberösterreicherin gehört zu den besten Schwimmerinnen ihres Landes. Mit Armen so breit wie die Flügel eines Albatros, kräftigen Pranken und unbändigem Willen pflügt sie durch das gechlorte Wasser im Hallenbad. Normalerweise. Während ihrer Long-COVID-Phase fühlt sich die 24-Jährige vor allem: schwach.

„Ich war dauernd müde und niedergeschlagen. Erklären konnte ich das nicht. Die Ärztinnen und Ärzte waren ebenfalls ratlos”, sagt Lena. Mehr als ein halbes Jahr wird sie mit den Folgen von Long-COVID kämpfen.

War ihr Krankheitsverlauf schwerer als zunächst angenommen? Hatte sie zu früh wieder mit dem Sport begonnen? Würde ihr noch etwas Schlimmeres drohen, zum Beispiel eine Herzmuskelentzündung?

Lena Kreundl beim Tauchen vor ihrer Corona-Infektion
Pre-Corona-Zeit: Lena ist erfolgreiche Leistungssportlerin und schwimmt in Österreich jeder davon. © privat

Langwierige Corona-Folgen: Wen kann es treffen?

Unzähligen Menschen ergeht oder erging es ähnlich wie Lena. Manche sind selbst Monate nach der vermeintlichen Genesung nicht arbeits- oder sportfähig. Im Schnitt sind deutsche Long-COVID-Betroffene 100 Tage krankgeschrieben. Treffen kann das Unheil jede und jeden, weiß Dr. Stefano Palma.

Der Rehabilitationsmediziner betreute an der Universitätsklinik Wien zahlreiche Erkrankte mit Long-COVID-Symptomatik. Er erklärt: „Das Risiko für anhaltende Beschwerden ist infolge von schweren Krankheitsverläufen höher. Sogar nach milden können diese Probleme auftreten. Das betrifft leider auch junge und bislang gesunde Personen.”

Worin unterscheiden sich Corona-Verläufe?

Die Einordnung von Dr. Stefano Palma:

Ein milder Verlauf bedeutet, dass die Symptome leicht ausgeprägt sind. Sie klingen ohne spezielle Behandlung von alleine ab. Ein Krankenhausaufenthalt ist nicht nötig.

Ein moderater Verlauf geht mit starkem Krankheitsempfinden, Atemnot in Ruhe und hohem Fieber (>38.5° Celsius) einher. Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen können auftreten. Auch ein persistierender, also ein über mindestens drei Tage andauernder Husten weist auf einen moderaten Krankheitsverlauf hin.

Ein schwerer Verlauf erfordert einen Aufenthalt im Krankenhaus, schlimmstenfalls eine Unterbringung auf der Intensivstation. Sogar bei jungen und gesunden Menschen ohne Risikofaktoren kann die Erkrankung arg verlaufen.

Zu früher Sport nach Corona: Ein Risikofaktor?

Sportlerinnen und Sportler sind von einer Corona-Infektion gleich doppelt genervt. Meist gesellt sich zum Kranksein der Frust. Der Wiedereinstieg in das Training soll möglichst schnell wieder beginnen.

Eine Erkältung verschleppen und Sport machen – davor warnen besonders Kardiologinnen und Kardiologen. Wer einen Infekt nicht vollständig auskuriert, erhöht das Risiko, dass Bakterien oder Viren das Herz attackieren. Eine sogenannte Myokarditis kann folgen, eine Herzmuskelentzündung.

Treibt eine Person mit dieser unentdeckten Erkrankung unter hoher Intensität Sport, kann das in eine Katastrophe münden. Ein bis drei von 100.000 Menschen erleiden während einer Aktivität den plötzlichen Herztod. Und das pro Jahr. Meist sind Männer betroffen, aber auch Frauen kann es erwischen. Neben nicht diagnostizierten chronischen Krankheiten gehören unerkannt gebliebene Herzmuskelentzündungen zu den häufigen Ursachen.

Im Leistungssport waren die Sorgen vor den etwaigen Langzeitfolgen einer Corona-Infektion deshalb besonders ausgeprägt. Auch das Drama um den Herzstillstand des dänischen Fußballspielers Christian Eriksen bei der Europameisterschaft 2021 steigerte die Sensibilität für das Thema. Die bange Frage: Erhöht eine Corona-Erkrankung die Gefahr für eine Schädigung des Herzens?

„Einige Viren sind dafür bekannt, dass sie eine Myokarditis auslösen können. Auch nach einer SARS-CoV-2-Infektion mit mildem Verlauf kann dieses Szenario auftreten”, antwortet Dr. Stefano Palma.

Doch nicht nur wegen der erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Herzmuskelentzündung warnen Medizinerinnen und Mediziner vor einem zu frühen Wiedereinstieg in den Sport. Auch bezüglich Long-COVID existieren Bedenken. Dr. Stefano Palma erklärt: „Eine Korrelation zwischen intensiver körperlicher Belastung und Long-COVID scheint möglich. Bislang konnte der Zusammenhang aber weder gesichert noch ausgeschlossen werden.”

Sport nach Corona: Wie lange pausieren?

Die Einordnung von Dr. Stefano Palma:

Laut eines Konsensus der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention aus dem Mai 2022 sollen Erkrankte während anhaltender COVID-19-Symptomatik eine Sportpause einlegen. Intensive Bewegung ist tabu.

Drei Tage nach dem Abklingen der Symptome ist eine Wiedereinstieg ins Training mit niedriger Intensität unbedenklich.

Bei mildem und weiterhin symptomfreiem Verlauf ist nach insgesamt zehn Tagen eine Ausbelastung möglich. Wer vorher beginnen möchte, sollte dafür die ärztliche Freigabe einholen.

Besonders nach einem schweren Verlauf – genauso wie bei Wiederauftreten von COVID-19-assoziierten Beschwerden – sollten Betroffene einen Arzt oder eine Ärztin vor der ersten sportlichen Betätigung konsultieren.

Training nach Corona: Wie die Belastung steuern?

Fabian Danner ist motiviert. Als begeisterter Sportler hat er sich zu einer Challenge angemeldet. 40 Tage lang Radfahren. Ohne Ausnahme. Fabian ist ein Verrückter auf dem Bike, er verbringt im Sattel beinahe mehr Zeit als im Büro. Als Category-Manager bei Garmin kümmert er sich um Produkte, die er selbst nutzt.

Fabian Danner, Category Manager bei Garmin vor seiner Corona Infektion
Fabian ist begeisterter Radfahrer und arbeitet als Category Manager bei Garmin. © privat

Die Herausforderung für Fabian endet jäh. Schon am zweiten Morgen fühlt er sich unwohl, ihm ist nicht schlecht, eher komisch. Ein Kratzen hier, ein Räuspern dort. Der positive Schnelltest dämpft endgültig seine Ambitionen. Die Challenge platzt.

Wie wahrscheinlich ist ein Leistungsabfall nach Corona?

Die Einordnung von Dr. Stefano Palma:

Intensität sowie die Art und Dauer der Symptome beeinflussen das Leistungsniveau.

Waren allein die oberen Atemwege betroffen (Schnupfen, leichte Halsschmerzen)? Konnte eine Immobilisierung durch Bettlägerigkeit vermieden werden? Blieben die Symptome nur wenige Tage? Dann kann die Infektion ohne wesentliche Leistungseinbußen abklingen.

Bei länger anhaltenden und moderaten Verläufen mit hohem Fieber und Beteiligung der Lunge kann die Leistungsfähigkeit dagegen über Wochen eingeschränkt sein. Ein schrittweiser Wiederaufbau des ehemaligen Leistungsniveaus ist nötig.

Fabian könnte vielleicht fahren, er hat kein Fieber. Er will starten, bloß er darf nicht. Das sagt seine Vernunft. „Es hat in den Beinen gejuckt, aber der Kopf war klüger”, erklärt Fabian.

Er lässt die Symptome abklingen, bis er eine Woche später die erste Mittelstrecke wagt. 70 Kilometer. Er fährt sie mit Handbremse, braucht mehr als zweieinhalb Stunden. Normalerweise ist er fixer. Fabian weiß: Es kommt auf die Intensität an.

Mit seiner Smartwatch von Garmin kann Fabian seine Herzfrequenz beobachten. Wie bei einem Tacho tanzt die imaginäre Nadel je nach Puls über die bunte Skala auf dem Uhrendisplay. Blau und grün sind super, bei orange wirds anstrengender. Die rote und dunkelrote Zone meidet er.

Das ständige Datenfeedback vermittelt ihm Sicherheit. Denn weder Ruhe- noch Belastungspuls haben sich während seiner Zwangspause verschoben. Sogar die Schlaf- und Stressdaten scheinen unverändert. Das ist nicht selbstverständlich. „Bei anderen im Team waren Unterschiede erkennbar. Bezüglich Ruhe- und Belastungspuls gab es im Vergleich zu ‚vor Corona‘ diverse Abweichungen”, sagt Fabian.

Er gehört zu den Glücklichen: An ihm zieht der Spuk vorbei, Corona bleibt eine kurze Episode.

Wo Long-COVID in Garmin Connect sichtbar wird

Alexander* ist ein Bekannter von Fabian. Anders als beim Radsportler zeigen sich die Folgen der Corona-Infektion langfristig in den Connect-Daten des Hobbyläufers.

Schlaf: Trotz langer Schlafzeiten ist die Nachtruhe wenig erholsam. Garmin Connect macht diese Entwicklung über den Sleep Score sichtbar.

Body Battery: Obwohl sich Alexander schont, laden sich seine Energiereserven nur unzureichend auf.

Stresslevel: Verlief die Stresskurve vor der Corona-Erkrankung gleichmäßig, waren die Ausschläge in der Corona-Phase drastisch erhöht.

*Alexander Balow ist Chefredakteur der #BeatYesterday-Redaktion.

Beschwerden nach Corona: Wie damit umgehen?

Fabian hat Glück. Lena nicht. Ihre Lunge brennt. Auf einmal.

Es ist ein vertrauter Schmerz. Lena denkt bei diesem Gefühl an einem eisigen Wintermorgen. Schneidend kalt glüht die Luft in ihrer Brust.

Wie Fabian hatte sich Lena an alle Vorgaben gehalten. Mehr noch: Sie machte vor ihrem Wiedereinstieg in das hochintensive Training einen ausführlichen sportmedizinischen Leistungscheck. Dieser fiel positiv aus. Keine Anomalien, keine Beschwerden.

Die treten erst Wochen später auf.

Als das Brennen bleibt, sie immer antriebsloser wird und sich chronisch erschöpft fühlt, wird Lena erneut untersucht.

Junge Frau mit Long Covid Beschwerden wird in einen MRT geschoben
Trotz aller Beschwerden sind Lenas Werte normal. Selbst das MRT ergibt nichts. © iStock / Getty Images Plus / shironosov

Die Blutwerte sind normal, das Herz pocht unauffällig. Ein Magnetresonanztomograf scannt ihre Lungenflügel. Aber auch das MRT ergibt: nichts. Es bleibt das bleierne und das brennende Gefühl in der Brust. Das ist einerseits eine erleichternde Nachricht, doch zugleich nähren die ergebnislosen Untersuchungen eine andere Pein.

Lena offenbart: „Man fühlt sich schlecht, weil der Körper schwach ist. Und fast noch schlechter, weil man Angst hat, dass einem irgendwann nicht geglaubt wird. Man traut sich selbst fast nicht.” Dass Long-COVID schwer nachweisbar ist, sich kaum in bewährte Muster pressen lässt, verunsichert viele Erkrankte.

Wann sollten sich Betroffene ärztlichen Rat holen?

Die Antwort von Dr. Stefano Palma:

Bei Auftreten von verschiedenen Symptomen ist eine ärztliche Abklärung empfohlen. Dazu zählen Brustschmerz, Herzrasen oder Herzstolpern, körperliche Schwäche und Müdigkeit bei leichter Betätigung. Ein Praxisbesuch ist auch beim Wiederauftreten von Symptomen wie Fieber, Muskelschmerzen und Schwindel angebracht.

Kommt es zu Bewusstseinsstörungen oder sogar kurzzeitigen Ohnmachtsanfällen, Synkopen genannt, ist eine ärztliche Abklärung dringlich. Wird eine Beteiligung des Herzens vermutet, wird der Verdacht überprüft. Dafür setzen die Behandelnden ein Elektrokardiogramm (EKG), eine Echokardiografie und eine Herzenzym-Analyse ein.

Long-COVID: Was hilft

Lena kämpft mit ihren Wellen.

Damit meint sie keine Wasserberge, sondern die Wogen, die ihre Leistungsfähigkeit beschreiben. Sie sinken und heben sich beinahe willkürlich.

Nach der Freigabe ihrer Ärztinnen und Ärzte trainiert Lena trotz Long-COVID gegen ihre Abgeschlagenheit an. Sie muss, denn sie lebt vom und für den Sport. Manchmal klappt das richtig gut. Das Wasser ist griffig, sie kommt voran, so schnell wie früher.

Doch plötzlich lodert das Brennen in der Lunge auf. Sie weiß, dass das Empfinden chronischer Erschöpfung folgen wird. Das sind bräsige Tage, die langsam vergehen, bis es wieder halbwegs angenehm ist. Dann beginnt alles von vorn.

Frau nimmt ein Dampfbad, um gegen ihre Long Covid Symptome anzukämpfen
Lena fand die Lösung für ihr Problem zufällig. Dampfbäder halfen ihr, um die Beschwerden in der Lunge zu lindern. © MediaProduction / E+ / Getty Images Plus

Nach sechs Monaten stößt sie zufällig auf ihr Heilmittel. Lena wird ein Dampfbad empfohlen, sie soll inhalieren. Sie macht das nicht zu Hause über eine Schale gebeugt, aus der ätherischer Eukalyptusduft quillt. Lena wählt das Spa.

Der erste Atemzug in der mit heißem Nebel gefluteten Kabine brennt höllisch in der Brust. Sie will das Experiment abbrechen, da wird es mit jedem weiteren Einatmen besser. Die feuchte Luft legt sich angenehm auf die Bronchien. Das Feuer scheint gelöscht.

Nach dem Dampfbad folgt kein Strudel der Erschöpfung auf das erste Unwohlsein. Sie kann normal weiter trainieren. Immer, wenn sie eine blöde Phase herannahen sieht, geht sie jetzt ins Spa. Es hilft ihr jedes Mal, ob medizinisch oder psychisch, egal.

„Ich weiß nicht, ob es dafür plausible Gründe gibt. Mir ist die Botschaft wichtig: Alles was mir gut tat, half am Ende gegen meine Beschwerden. Vielleicht geht es bei Long-COVID gerade darum”, sagt Lena.

Mittlerweile ist ihr Stand-by-Modus ausgeschaltet. Für sie bedeutet das: volle Kraft voraus.

Was hilft gegen hartnäckiges Long-COVID?

Die Einschätzung von Dr. Stefano Palma:

In den meisten Fällen verschwinden Long-COVID Symptome innerhalb von fünf Monaten wieder. Es gibt jedoch Berichte über anhaltende Beschwerden, die ein Jahr und länger dauern.

Falls keine Organschädigung und keine sonstigen Diagnosen wie die chronische Fatigue mit Belastungsintoleranz („Post Exertional Malaise“) vorliegen, kann eine von Ärztinnen und Ärzten betreute „Graded Exercise”-Therapie notwendig sein. Dabei werden Betroffene stufenartig auf körperliche Belastungen vorbereitet.

Mit der Body Battery deine Energiereserven im Blick

Behalte die Energiereserven deines Körpers im Blick. Damit du weißt, wann die beste Zeit für Aktivitäten ist. Und wann du dich erholen solltest.

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