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Besser schlafen: Wie Sauerkirschsaft helfen soll

Schlafprobleme sind weit verbreitet, entsprechend groß ist die Anzahl der Hilfsmittel. Angeblich soll Sauerkirschsaft beim Einschlafen helfen und die Qualität der Nachtruhe verbessern. Stimmt das?

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Ein Blick auf die Smartwatch verrät das Unheil. Seit Stunden wolltest du schlafen. Stattdessen liegst du hellwach da und testest die zehnte Schlafposition. Die empfohlene Schlafdauer von sieben Stunden wirst du bis zum Morgen nicht mehr erreichen. Das ist ein Problem, das viele Menschen betrifft. Laut einer Statista-Umfrage leiden allein in Deutschland 43 Prozent der Befragten unter Schlafproblemen.

Das Hormon Melatonin soll als pflanzliches Präparat besonders effektiv bei Schlafstörungen helfen. Ein Effekt, den auch Sauerkirschsaft laut einigen Forenbeiträgen entfalten soll. Aber kann das, was verwegen klingt, wirklich stimmen?

Wie Sauerkirschsaft beim Einschlafen helfen soll

Ein erster Blick auf die Inhaltsstoffe von Sauerkirschen stützt den angepriesenen Effekt. Tatsächlich enthält das Steinobst erstaunlich viel Melatonin. Besonders die in Europa verbreitete Montmorency-Kirsche weist eine große Menge (13,5 Nanogramm pro 100 Gramm) davon auf.

Doch warum ist Melatonin überhaupt wichtig?

Das Hormon ist zusammen mit Serotonin und Cortisol essenziell an der Regulierung des Schlaf-Wach-Zyklus deines Körpers beteiligt. Der Hormoncocktail macht dich idealerweise morgens munter und am Abend müde.

Dafür steigt der Melatoninspiegel deines Körpers abends um das Zwölffache an. Das beeinflusst körpereigene Prozesse, die für das Einschlafen wichtig sind. Deine Körpertemperatur und dein Blutdruck sinken und dein Atem verlangsamt sich. Leidest du beispielsweise unter Stress, konsumierst regelmäßig Alkohol oder hast einen grundsätzlich gestörten Schlafrhythmus, schüttet dein Körper weniger Melatonin aus. Stattdessen bleibt dein Cortisolspiegel hoch und du liegst länger wach.

Sauerkirschsaft soll – so versprechen es Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln – einen zu niedrigen Melatoninspiegel ausgleichen und deinem Körper bei der Entwicklung eines gesunden Schlaf-Wach-Zyklus unterstützen. Und das liegt nicht nur am Melatonin.

Denn Sauerkirschen enthalten auch Tryptophan. Anders als viele andere Stoffe kann dein Organismus diese Aminosäure nicht selbst herstellen. Du musst sie über die Nahrung aufnehmen. Dein Körper benötigt sie, damit er überhaupt ausreichend Serotonin und Melatonin produzieren kann. Dadurch, dass Sauerkirschsaft Tryptophan enthält, soll er nicht nur beim Einschlafen helfen, sondern grundsätzlich die Schlafdauer und -qualität verbessern.

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Was sagt die Wissenschaft?

Klingt alles gut – aber auch zu schön, um wahr zu sein? Erste Untersuchungen stützen diese positiven Annahme. So zeigte eine Studie am medizinischen Zentrum der Universität im US-amerikanischen Rochester zwar keine unmittelbaren Effekte auf das Einschlafen, aber auf die Qualität des Schlafes. Die Teilnehmenden konsumierten zwei Wochen lang jeden Tag zwei Gläser Sauerkirschsaft und zwei Wochen lang ein Placebo-Getränk. Dabei zeigte sich, dass die Teilnehmenden aus der „Saftgruppe“ seltener während der Nacht aufwachten. Ein messbarer Effekt auf die Schlafdauer ließ sich aber nicht nachweisen.

Diese Wirkung wollten Forschende der Fakultät für Biowissenschaften an der britischen Universität Northumbria belegen. In ihrer Studie tranken die Teilnehmenden in zwei Gruppen sieben Tage lang Sauerkirschsaft oder ein Placebo-Getränk. Die Ergebnisse zeigten, dass der Melatoningehalt im Urin deutlich erhöht war, wenn die Teilnehmenden Kirschsaft tranken. Auch stieg die Schlafdauer an.

Eine Studie an der US-amerikanischen Louisiana State Universität konnte diese Beobachtungen bestätigen. Auch in dieser Untersuchung konnte die Supplementierung von Melatonin durch Sauerkirschsaft die Schlafdauer bei Menschen mit Schlafproblemen verlängern.

Ein Forschungsteam an der Universität im australischen Adelaide beobachtete außerdem, dass der Sauerkirschsaft die Schlafeffizienz steigern kann. Diese beschreibt, wie lange ein Mensch in der vorgesehenen Zeit wirklich schläft.

Einordnung der Studienergebnisse

Die Erkenntnisse der Studien ließen Sauerkirschsaft als Wundermittel bei Schlafproblemen vermuten – doch es gibt einen Haken. Besonders aussagekräftig sind die Untersuchungen bislang noch nicht.

Das merkt auch die deutsche Verbraucherzentrale an und weist auf die Unterschiede im Aufbau der Versuche hin. Denn die Teilnehmenden tranken Sauerkirschsaft, -konzentrate oder -Mischungen in verschiedenen Dosierungen. Dadurch ließe sich ein direkter Effekt des Kirschsafts nicht zweifelsfrei nachweisen. Auch sei die Zahl der Teilnehmenden in genannten Studien zu gering, um grundsätzliche Schlüsse zu ziehen.

Prof. Ingo Fietze, der Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums an der Berliner Charité, ordnet die generelle Wirkung von Melatonin bei Schlafproblemen als eher gering ein. Junge Menschen, die am Abend einen normalen Melatoninspiegel haben, würden beispielsweise gar keine Effekte spüren. Der Grund: Die Leber baut das supplementierte Hormon ab. Die gewünschte Wirkung tritt laut Prof. Fietze eher bei älteren Menschen auf.

Außerdem merken diverse Expertinnen und Experten an, dass ein niedriger Melatoninspiegel zwar Schlafprobleme auslösen kann, das aber nicht zwingend muss. Die Gründe für unruhige Nächte können unterschiedlich sein und lassen sich deshalb nicht allgemein mit zusätzlichem Melatonin behandeln. Auch Stress, Koffein, die Temperatur im Schlafzimmer oder ein ungeeignetes Kissen können mögliche Gründe dafür sein, dass Menschen später als erwünscht einschlummern.

Was bei Schlafproblemen fast immer hilft

Reduziere deinen Stress

Oft hilft es nicht langfristig, wenn du Schlafprobleme ausschließlich akut behandelst. Wichtiger ist, dass du dich der Ursache widmest. Ist es Stress, solltest du diesen reduzieren. Das gelingt dir beispielsweise mit regelmäßigen Workouts, gezielten Entspannungstechniken wie der progressiven Muskelentspannung, Yoga oder der richtigen Musik.

Achte auf deine Ernährung

Schlägst du dir am Abend den Magen voll, erwartet dich wahrscheinlich eine eher unruhige Nacht. Dein Körper muss die spät aufgenommene Nahrung verdauen und dafür viel Energie aufwenden. Das lässt dich „schwerer“ einschlafen und während der Nacht auch häufiger aufwachen. Expertinnen und Experten empfehlen, dass du deine letzte Mahlzeit spätestens vier Stunden vor dem Schlafen zu dir nehmen solltest.

Forschende vermuten außerdem, dass auch die Inhaltsstoffe der Lebensmittel deinen Schlaf beeinflussen können. In ihrer Studie beobachteten sie, dass Schlafprobleme mit dem Mangel an Kalzium, Magnesium und den Vitaminen A, C, D und E einhergehen können.

Vermeide blaues Licht

Der allabendliche Griff zum Smartphone schmälert die Schlafqualität ungemein. Denn das von den Bildschirmen ausgehende blaue Licht unterdrückt die Melatoninproduktion deines Körpers. Forschende der Universität in Luzern zeigten in einer Meta-Analyse, dass blaues Licht sowohl die Schlafdauer als auch die Schlafeffizienz verringern kann. Verbringe die Stunden vor dem Schlafengehen lieber mit einem guten Buch.

Was dich sonst noch vorwärts bringt

Schlafanalyse: Besser schlafen mit Garmin

Guter Schlaf ist wichtig. Deine Garmin-Uhr liefert dir viele wertvolle Informationen zu deiner Schlafqualität und gibt dir Tipps, wie du deinen Schlaf langfristig verbessern kannst. Zeichne deine verschiedenen Schlafstadien, Herzfrequenz, Stress, Blutsauerstoffsättigung und Atemfrequenz im Verlauf der Nacht auf und analysiere sie am Morgen direkt auf der Uhr oder in Garmin Connect.

Quellen
  1. https://www.elveapharma.com/de/ihre-gesundheit/der-schlaf/melatonin-und-stoerungen-des-zirkadianen-rhythmus/
  2. https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Schlafstoerungen-Ursachen-und-Auswirkungen-,schlafen146.html
  3. https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/insomnie
  4. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_S2_2022_Schlafprobleme_Heranwachsende.pdf
  5. https://de.statista.com/infografik/29586/befragte-die-unter-schlafstoerungen-leiden/
  6. https://www.dak.de/dak/bundesthemen/muedes-deutschland-schlafstoerungen-steigen-deutlich-an-2108960.html#/
  7. https://www.verbraucherzentrale.de/faq/projekt-klartext-nem/sauerkirsche-zur-harnsaeuresenkung-33117
  8. https://utopia.de/ratgeber/statt-baldrian-laut-studien-soll-dieser-obstsaft-positiv-auf-einschlafprobleme-wirken_535762/
  9. https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/was-bringen-melatonin-produkte-zum-einschlafen/
  10. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22038497/
  11. https://link.springer.com/article/10.1007/s00394-011-0263-7
  12. https://www.presseportal.de/pm/79578/2064304
  13. https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Tryptophan_27968#Wirkmechanismus
  14. https://flexikon.doccheck.com/de/Zirkadianer_Rhythmus
  15. https://www.helios-gesundheit.de/magazin/news/03/tipps-einschlafen/
  16. https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/schlaf/stoert-blaues-licht-tatsaechlich-den-schlaf/
  17. https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2788539
  18. https://de.iherb.com/blog/try-this-stress-busting-cherry-tonic/809
  19. https://www.ruv.de/gesundheit/melatonin-was-ist-das
  20. https://www.cerascreen.de/blogs/gesundheitsportal/schlafhormon-melatonin
  21. https://www.netdoktor.de/medikamente/tryptophan/
  22. https://www.ruv.de/gesundheit/melatonin-was-ist-das
  23. https://seven-sundays.shop/blogs/gute-nacht/melatonin
  24. https://www.sleepfoundation.org/nutrition/tart-cherry-juice
  25. https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Schlafstoerungen-Ursachen-und-Auswirkungen-,schlafen146.html
  26. https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/insomnie
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