Es gibt Dinge im Leben, die wir lieber auf später verschieben. Die Steuererklärung ist wohl das bekannteste Beispiel. Aber auch Besuche bei der Ärztin oder beim Arzt, Hausarbeit oder das Lernen für die Uni landen oft ganz unten auf der To-do-Liste – bis die Deadline plötzlich immer näher rückt. Und dann? Stress!
Scherzhaft als „Aufschieberitis“ bezeichnet, kann Prokrastination schnell zur Angewohnheit werden. Hin und wieder ein vertrödelter Tag ist unproblematisch. Doch wer dauerhaft wichtige Aufgaben aufschiebt, riskiert ernsthafte Folgen – sowohl beruflich als auch privat. Erfahre hier, wie du das vermeiden kannst.
Was ist Prokrastination?
Wenn du wichtige Aufgaben immer wieder aufschiebst, prokrastinierst du. Selbst wenn du weißt, dass sie für deine Ziele entscheidend sind und zeitnah erledigt werden müssen. Stattdessen lenkst du dich mit weniger dringenden Tätigkeiten ab. Aufräumen zum Beispiel. Oder Socken sortieren. Wer das Aufschieben perfektioniert hat, findet immer eine Rechtfertigung für andere Dinge.
Damit bist du nicht allein: In der Psychologie geht man davon aus, dass weltweit rund 15 Prozent der Menschen regelmäßig prokrastinieren.
Interessant: Das Wort Prokrastination stammt aus dem Lateinischen „procrastinatio“ und bedeutet „Vertagung auf morgen“.
Was sind die Ursachen von Prokrastination?
Aufschieben, verdrängen, Prioritäten verschieben – warum tun wir das? Die Gründe für Prokrastination sind vielfältig.
- Die Suche nach schneller Belohnung: Menschen bevorzugen Aufgaben, die unmittelbar befriedigen. Alles, was aufwändig oder unangenehm ist, wird gerne vertagt.
- Fehlende Organisation und Gewohnheiten: Prokrastinationsexperte Fred Rist erklärt in einem Interview mit ARD alpha: „Betroffene haben oft einfach nicht gelernt, sich zu organisieren und schwierige oder unangenehme Aufgaben trotz Widerwillen anzugehen. Das Aufschieben und Nur-unter-Druck-Arbeiten ist bei vielen Betroffenen oft schon eine lange Gewohnheit geworden.“ Prokrastination ist also ein erlerntes Verhalten. Oft fehlt es schlicht an Organisation.
- Emotionale Faktoren und Perfektionismus: Eine mangelnde Emotionsregulation kann ebenfalls eine Ursache sein. Wer Angst oder Langeweile bei einer Aufgabe empfindet, schiebt sie eher auf.
- Erziehung, Gene und psychische Erkrankungen: Forschende sehen auch in der Erziehung mögliche Ursachen für Prokrastination. Zudem können psychische Erkrankungen wie Depressionen oder ADHS das Aufschieben begünstigen.
Welche Folgen kann Prokrastination haben?
Prokrastination ist weit verbreitet. Viele denken, dass Arbeit unter Zeitdruck zu besseren Ergebnissen führt. Doch das täuscht. Regelmäßiges Aufschieben hat oft ernste Konsequenzen – allen voran: Stress.
Mehr Stress und gesundheitliche Probleme
Eine Studie der Universität Stockholm zeigt: Wer regelmäßig prokrastiniert, hat mehr Stress. Darunter leidet auch die mentale Gesundheit. Es kann sogar Angstzustände auslösen. Anhaltender Druck kann zudem Schlafprobleme verursachen. Magen-Darm-Beschwerden und ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weitere Folgen.
Leistungseinbußen
Forschende des Universitätskrankenhauses Basel fanden heraus, dass die Produktivität leiden kann. Studierende mit hoher Prokrastinationstendenz vergeuden demnach bis zu 50 Prozent ihres Potenzials.
Finanzielle und soziale Auswirkungen
Chronisches Aufschieben steht laut Wissenschaft auch mit wirtschaftlichen Problemen in Verbindung. Studien des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zeigen auch, dass Betroffene häufiger Einsamkeit und soziale Isolation empfinden. Das wiederum senkt das Selbstwertgefühl und verstärkt Frustration.
Vermutest du bei dir chronische Prokrastination? Die Universität Münster bietet einen Selbsttest an.
Strategien gegen das Prokrastinieren
Tipp 1: Aufgaben unterteilen
Komplexe Aufgaben wirken abschreckend – und werden deshalb aufgeschoben. Zerlege sie in kleinere To-dos. So kannst du Zwischenschritte schneller abhaken. Check! Das motiviert – und schon bist du im Arbeitsflow.
Tipp: Erzähl Familie, Freunden oder Freundinnen von deinen Zielen. Die entstehende Erwartungshaltung kann zusätzlich motivieren.
Tipp 2: Routinen schaffen
Unangenehme Aufgaben fallen leichter, wenn du sie mit positiven Ritualen verknüpfst. Mach dir eine Tasse Tee, setz dich an einen aufgeräumten Schreibtisch oder tanze vorher kurz zu deiner Lieblingsmusik.
Tipp 3: Aufgaben priorisieren
Notiere deine Aufgaben in einer Liste und setze das Wichtigste ganz nach oben. So verhinderst du, dass du nur einfache Dinge erledigst und Wesentliches aufschiebst.
Tipp 4: Konkret planen
Eine To-do-Liste allein reicht oft nicht. Lege fest, wann du eine Aufgabe erledigst. Wie viel Zeit willst du dafür einplanen? Und welches Ziel willst du erreichen?
Tipp: Die 50-Prozent-Methode hilft gegen Frust: Nimm dir nur die Hälfte dessen vor, was du ursprünglich geplant hast. So erlebst du mehr Erfolgsmomente.
Tipp 5: Deinen Biorhythmus nutzen
Ist dein Biorhythmus so eingestellt, dass du morgens träge, aber abends voller Energie bist? Dann erledige herausfordernde Aufgaben in deiner leistungsstärksten Phase.
Tipp 6: Ablenkungen minimieren
Schalte dein Handy stumm, arbeite an einem ruhigen Ort und setze klare Zeitfenster. Je fokussierter du bleibst, desto schneller bist du fertig.
Tipp 7: Belohnungen setzen
Auch kleine Fortschritte verdienen Anerkennung. Überlege dir im Voraus, wie du dich nach erledigter Arbeit belohnen möchtest. Ein Feierabendlauf oder ein freies Wochenende ohne lästige Aufgaben? Mach gerne auch Pläne mit Freundinnen und Freunden – das stärkt dein Durchhaltevermögen.
Tipp 8: Professionelle Hilfe in Betracht ziehen
Wenn Prokrastination dein Leben stark belastet, kann eine Therapie helfen. So lernst du die Ursachen kennen und kannst gezielt Strategien entwickeln.
Fazit: Prokrastination ist mehr als eine lästige Angewohnheit – sie kann langfristige Folgen haben. Doch du kannst den Kreislauf durchbrechen! Nutze die richtigen Strategien und nimm deine To-dos aktiv in die Hand. Warum warten? Leg direkt los!
Quellen
- https://www.uni-muenster.de/Prokrastinationsambulanz/prokrastination.html
- https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/motivation/wie-sie-sich-vom-prokrastinieren-verabschieden/
- https://www.therapie.de/psyche/info/ratgeber/lebenshilfe-artikel/prokrastination/ursachen/
- https://www.ardalpha.de/wissen/psychologie/prokrastination-ueberwinden-definition-ursache-behandlung-aufschieberitis-prokrastinieren-100.html
- https://www.macromedia-fachhochschule.de/de/beratung/ratgeber/prokrastination/
- https://link.springer.com/article/10.1007/s10389-025-02419-y
- https://www.swr.de/swrkultur/wissen/prokrastination-wann-aufschieben-schadet-und-wann-es-nuetz-100.html
- https://www.therapie.de/psyche/info/ratgeber/lebenshilfe-artikel/prokrastination/artikel/
- https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/darum-ist-es-nicht-gut-alles-sofort-zu-erledigen/
- https://drks.de/search/de/trial/DRKS00025209
- https://www.researchgate.net/publication/351513061_Prokrastination_im_Studium_-_eine_quantitative_Studie_zur_differenzierten_Analyse_von_Einflussfaktoren
- https://www.fu-berlin.de/sites/studienberatung/projekte/Prokrastinationspraxis/Handout-Prokrastinationsstheorie.pdf
- https://www.psychologie-aktuell.com/news/aktuelle-news-psychologie/news-lesen/neue-studienergebnisse-zur-prokrastination-aufschieberitis-betrifft-vor-allem-junge-menschen.html
- https://sevdesk.de/blog/prokrastination/
- https://www.netdoktor.de/symptome/prokrastination/
- https://onlinesciencepublishing.com/index.php/ajel/article/view/25
- https://www.researchgate.net/publication/380077932_Exploring_the_Complex_Interplay_of_Procrastination_between_Biological_Cognitive_Developmental_Social_and_Psychological_Factors
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36598789/
- https://asana.com/de/resources/tips-stop-procrastinating
- https://www.deutschlandfunk.de/prokrastination-aufschieberitis-prokrastinieren-aufschieben-hilfe-100.html#folgen
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