Yin Yoga: Entspannte Muskeln, entspannter Geist

Beim Yin Yoga liegt man nur rum und atmet? Stimmt nicht! Yin Yoga gehört zwar zu den meditativen Yogastilen, wirkt aber auf zwei Ebenen. Zum einen fördert dieser Stil eine tiefe, geistige Entspannung. Zum anderen wirkt Yin Yoga besonders positiv auf die Muskeln. Genau diese Kombination ist die perfekte Regeneration für dich – wenn du dich darauf einlässt.

Was ist Yin Yoga?

Der Ursprung des Yin Yoga liegt, wie bei jedem Yogastil, im Hatha Yoga. Die Asanas (Yoga-Übungen oder -Haltungen) werden für das Yin Yoga angepasst, da du sie bei diesem Stil ausschließlich im Sitzen oder Liegen praktizierst.

Entstanden ist dieser Yogastil Ende der 1980er-Jahre in den USA. Paulie Zink, ein Kampfsportler, erklärte in einem Fernsehbeitrag, dass er seine extreme Flexibilität dem „Daoist Yoga” verdankt. Dieses beschreibt ein Hatha Yoga, das durch den chinesischen Taoismus beeinflusst ist.

Fernsehzuschauer Paul Grilley war tief beeindruckt, als er Zink im Fernsehen sah. Er wurde sein Schüler und gab kurz darauf selbst Daoist-Unterricht für Yoga-Klassen. Grilley entwickelte den Stil später entscheidend weiter. Dabei nutzte er wissenschaftliche Studien zu Anatomie und Kinesiologie (Bewegungslehre). Genau hier lag der entscheidende Impuls, der für die Yoga-Szene wegweisend war. Die anatomischen Studien offenbarten, dass die individuelle Flexibilität der Menschen auf ihre unterschiedliche Skelettstruktur zurückzuführen ist. Heißt: Asanas werden unterschiedlich ausgeübt – abhängig von der Flexibilität der Ausführenden.

Der Name Yin Yoga wurde schließlich kurze Zeit später von Sarah Powers geprägt. Sie erweiterte das Konzept um Erkenntnisse aus der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). In der TCM gilt der uneingeschränkte Fluss des Chi (Energie) durch den Körper als Basis für ein langes, gesundes Leben.

Wie unterscheidet sich Yin Yoga von anderen Yoga-Stilen?

Was die meisten Menschen mit Yin Yoga verbinden, ist das lange Halten der Asanas. Jede Übung wird pro Seite mindestens drei Minuten lang gehalten. Bei Fortgeschrittenen können sie sogar bis zu 15 Minuten andauern. Eine komplette Yin Yoga Stunde kann sich also auch mal auf drei bis vier Asanas fokussieren. Im Gegensatz zu dynamischeren Yoga-Stilen wie Faszien-Yoga, das durch fließende Bewegungen und Abfolgen gekennzeichnet ist, ist Yin Yoga statisch.

Was sind die gesundheitlichen Vorteile von Yin Yoga?

Tiefe Dehnung und Regeneration der Faszien

Durch die lange gehaltenen Asanas und die bewusste Entspannung werden Muskeln und Faszien ausreichend gedehnt. Das ist extrem wichtig! Zur Erklärung: Fasziengewebe kann bei einseitiger Belastung oder zu wenig Bewegung schnell verkleben. Das führt zu Verspannungen und Schmerzen. Die Dehnung beim Yin Yoga löse diese Verklebungen oder Blockaden. Das netzartige Gewebe regeneriert sich. Das bietet nicht nur Sporttreibenden Vorteile, sondern auch für Menschen mit chronischen Rückenleiden.

Geistige Entspannung

Yin Yoga fördert die geistige Entspannung. Natürlich ist es eine Herausforderung, sich nicht dem berühmten Kopfkino hinzugeben. Es hilft also, wenn du deinen Einkaufszettel vorher nochmal durch gehst.

Während der Praxis sollte man dem Körper die nötige Aufmerksamkeit schenken und sich fragen: „Was fühle ich? Ist das ein Schmerz, eine Blockade oder eine Dehnung? Wie fließt mein Atem? Ist er ruhig und tief oder flach? Halte ich gerade die Luft an? Wo werden immer noch Muskeln angespannt?”

Ein Bodyscan kann dabei sehr hilfreich sein. Dabei geht man gedanklich durch den gesamten Körper und prüft jeden einzelnen Muskel auf Anspannung. Achtung: Gesichtsmuskeln nicht vergessen.

Verbesserte Körperwahrnehmung und Achtsamkeit

Indem man seine Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper und das Wohlbefinden lenkt, bietet Yin Yoga eine großartige Auszeit für den Geist. Durch die Beobachtung des Atems und das bewusste Spüren des Körpers übt man gleichzeitig eine meditative Praxis aus.

Für wen ist Yin Yoga besonders geeignet?

Yin Yoga ist perfekt für sehr gestresste Menschen. Für sie mag das Verharren in den Haltungen zunächst herausfordernd sein. Sie werden aber auch am schnellsten von den positiven Effekten profitieren. Eine gute Yin Yoga Stunde wirkt wie ein Tag Urlaub.

Sportlerinnen und Sportler, deren Muskeln intensivem Training ausgesetzt sind, können ihre Muskelregeneration beschleunigen. Auch verklebte Faszien werden wieder gelockert. Yin Yoga ist eine Wohltat für das beanspruchte Gewebe. Regelmäßiges Üben kann zudem die allgemeine Leistungsfähigkeit verbessern und Verletzungen vorbeugen.

Außerdem sollten alle Menschen, die oft verspannt sind, Yin Yoga ausprobieren. Es kann ein echter Game Changer im Alltag sein.

Wie oft sollte man Yin Yoga praktizieren?

Yin Yoga solltest du so oft wie möglich praktizieren. Und nein, es muss nicht immer die 90 Minuten Yogaklasse sein. Yin Yoga Asanas lassen sich auch problemlos in den Alltag integrieren – beispielsweise durch einen Twist vor dem Aufstehen im Bett oder eine Rückendehnung beim Fernsehen. Je regelmäßiger man übt, desto mehr profitiert man vom Yin Yoga.

Empfehlung: Zwei Klassen à 60 bis 90 Minuten Yin Yoga pro Woche.

Diese Yin Yoga Übungen kannst du direkt ausprobieren

Eine Decke findet sich wahrscheinlich in jedem Haushalt. Beim Bolster oder Block wird es dann schon kniffelig. Deshalb folgen nun drei Yin Yoga Asanas, die du sofort zu Hause praktizieren kannst.

Wir empfehlen dir trotzdem ein paar Yin Yoga Stunden in einem Yoga-Studio. Dort wirst du bei Fehlhaltungen korrigiert und bekommst wertvolle Tipps für deine Bedürfnisse und Konstitution.

Adlerarme (Garudasana)

Das Garudasana löst Verspannungen zwischen den Schulterblättern, dehnt den oberen Rücken und den Trizeps.

1. Setze dich dafür in einen bequemen Sitz auf den Boden. Halte beide Arme ausgestreckt vor dich.
2. Winkle nun beide Arme um 90 Grad an, sodass die Handinnenflächen zueinander zeigen.
3. Lege den rechten Oberarm in die linke Ellenbeuge und greife mit der linken Hand den rechten Daumen. Achte darauf, dass du deine Schultern von den Ohren wegziehst.
4. Schiebe die Ellenbogen so weit nach oben, wie es angenehm für dich ist.
5. Verweile mindestens drei Minuten in der Haltung. Versuche dich und deine Muskeln zu entspannen. Danach wechselst du die Seite.

Sucirandhrasana (Nadelöhr)

Für eine Dehnung der Gesäßmuskulatur, der Oberschenkel und des Hüftbereiches eignet sich diese besonders einfache, aber effektive Übung.

1. Starte in der Rückenlage, deine Arme sind zur Seite ausgestreckt und jeweils im 90 Grad angewinkelt, lege sie entspannt ab.
2. Jetzt stellst du beide Füße vor dir auf, lege den rechten Knöchel gegen dein linkes Knie. Du kannst den Knöchel gerne zwischen Knie und Oberschenkel ablegen.
3. Versuche nun deine Muskeln zu entspannen, vor allem deine Gesäßmuskulatur.
4. Halte die Asana wieder mindestens 3 Minuten lang. Wechsle dann die Seite.

Für eine intensivere Dehnung kannst du mit deinen Händen dein aufgestelltes Bein fassen und dichter an deinen Oberkörper heranziehen.

Jathara Parivartanasana (Die Drehung)

Für die liegende Drehung kannst du gleich auf dem Rücken liegen bleiben.

1. Lege deine Arme wieder in Kaktus-Position ab.
2. Stelle beide Füße vor dir auf, zwischen deinen Füßen und deinem Gesäß sollte mindestens eine Handbreit Platz sein.
3. Lass jetzt beide Knie zu einer Seite fallen. Spüre die Dehnung im Gesäß, über den Rippenbogen bis in den Schulterbereich. Die Schultern sollten auf dem Boden liegen.
4. Wenn du deine Knie nicht ganz ablegen kannst, lege eine zusammengefaltete Decke darunter.
5. Entspanne nun mindestens drei Minuten lang und wechsle dann die Seite.