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So steuern Trainer Athleten auf Distanz

Training auf Distanz ist eine echte Herausforderung. Die Trainer Dan Lorang und Tono Kirschbaum erklären, wie sie ihre Athleten aus der Ferne auf Erfolgskurs halten.

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Dieser Typ kennt keine Gnade! Triathlet Jan Frodeno, dreifacher Weltmeister auf der Langdistanz, absolvierte in seinen eigenen vier Wänden einen Ironman. Beim tri@home schwamm der 38-Jährige im hauseigenen Pool (dank Gegenstromanlage) 3,8 Kilometer. Anschließend spulte er auf seinem Indoor-Fahrrad 180 Kilometer ab, ehe er auf dem Laufband 42,195 Kilometer zurück legte. Nach 8:33 Stunden erreichte der Ausnahmeathlet sein virtuelles Ziel, schrieb hinterher erschöpft, aber glücklich auf den sozialen Kanälen: „Nichts kann in Worte fassen, was sich gestern abgespielt hat. Und das alles in der Komfortzone meines eigenen Hauses.“

Während seiner außergewöhnlichen Home-Challenge sammelte der dreifache Hawaii-Champion 220.000 Euro Spenden, die unter anderem den Corona-Helfern in seiner spanischen Wahlheimatstadt Girona zu Gute kommen sollen. Seine Aktion ist aber auch ein Signal an Athleten in aller Welt: Bleibt zu Hause und bleibt in Bewegung!

Video-Schalten gewinnen Bedeutung

„Jan ging es nicht um eine tolle Zeit. Er wollte etwas Gutes tun und die Leute animieren, einen Teil des Ironman mitzumachen“, sagt sein Trainer Dan Lorang. Der Luxemburger ist der stille Taktgeber hinter dem Weltklasseathleten. Er formte Frodeno zu dem, was er heute ist: Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordler.

Dabei fungiert Lorang, der auch die amtierende Hawaii-Siegerin Anne Haug und die Radprofis des deutschen Rennstalls Bora-hansgrohe konditioniert, eher als nüchterner Analytiker, denn als lautstarker Motivator. Was wohl auch daran liegt, „dass meine Sportler in ganz Europa verteilt sind. Da wir keinen richtigen Stützpunkt haben und uns fast nur bei Wettkämpfen sehen, basiert vieles auf Fernbetreuung“.

Insofern warf Lorang auch die Corona-Krise nicht aus der Bahn. Trainer und Sportler hielten in den vergangenen Wochen telefonisch Kontakt oder tauschten sich mit E-Mails oder Sprachnachrichten aus. „Jetzt werden Video-Schalten immer wichtiger. Den Jungs fehlt der persönliche Kontakt, da wird auch mal gewitzelt. Und manch einer sehnt sich jetzt nach einem Trainingslager, über das er sich früher beklagt hätte“, erzählt Lorang.

Dan Lorang, der stille Meistermacher


Dan Lorang (Jahrgang 1979) zählt zu den erfolgreichsten Ausdauertrainern. In seiner Jugend spielte der Luxemburger Fußball und hätte fast den Sprung in den Nationalkader seines Landes geschafft, ehe ihn eine Knieverletzung ausbremste. Der passionierte Radsportler studierte an der TU München Informatik und sattelte erst später auf ein Diplom-Sportstudium um. Nach Engagements beim Schweizer Radsportteam Cervélo und bei der Deutschen Triathlon-Union (DTU) wurde Lorang 2012 zum Triathlon-Bundestrainer berufen. Hier formte der Sportwissenschaftler Jan Frodeno und Anne Haug zu Spitzenathleten auf der Langdistanz und führte sie zu Ironman-WM-Titeln. Seit 2016 ist Lorang als Trainer beim deutschen Profi-Radsportteam Bora-hansgrohe tätig und führte es 2019 als Chefcoach mit 47 (!) Saisonsiegen auf Platz zwei der UCI World Tour.

Leichtathleten vor ungewisser Zukunft

Leistungssport in Zeiten der Pandemie: Wie viel Distanz ist nötig, wie viel Kontakt möglich? Nicht überall in Deutschland liegt in diesen Wochen wegen SARS-Covid-19 der Trainingsbetrieb lahm. Am Bundesstützpunkt in Bochum-Wattenscheid dürfen Top-Leichtathleten wieder trainieren. Wenn auch unter strengen Hygiene-Auflagen und nur in Einzelbetreuung. „Wir Läufer haben es noch mit am besten getroffen, weil fast alles machbar ist“, sagt Trainer Tono Kirschbaum vom TV Wattenscheid 01.

Lauftrainer Tono Kirschbaum (r.) formte unter anderem Hendrik Pfeiffer zu einem der schnellsten Marathonläufer Deutschlands.
Lauftrainer Tono Kirschbaum (r.) formte unter anderem Hendrik Pfeiffer zu einem der schnellsten Marathonläufer Deutschlands. © privat / Tono Kirschbaum

Noch im März, als das Coronavirus in Deutschland begann, sich immer weiter auszubreiten, stimmte der 65-Jährige seine Langstreckenläufer in Kenia auf die Olympia-Qualifikation ein. Nach der Rückkehr aus dem Trainingslager ereilte sie dann die Nachricht, dass die Tokio-Spiele auf 2021 verschoben seien.

Ernüchterung und Enttäuschung machte sich unter seinen Sportlern breit. Die einen, wie der zweifache deutsche Marathon-Meister Tom Gröschel, reduzierten ihre Trainingsumfänge oder kurieren Verletzungen aus. Andere, wie seine Mittelstreckenläufer Marius Probst (1.500 m) und Maximilian Thorwirth (3.000 m), seien laut Kirschbaum „voll motiviert“.

Langstreckenläufer Amanal Petros, der bei seinem Marathon-Debüt Ende 2019 in Valencia in 2:10:29 Stunden auf Anhieb die Olympia-Norm erfüllte, schlägt in Corona-Zeiten einen ungewöhnlichen Weg ein. Der 24-Jährige läuft den bereits abgesagten Hermannslauf 2020 in Detmold auf eigene Faust und peilt über die 31,1 Kilometer einen neuen Streckenrekord an.

„Für die Datenübertragung und Auswertung nutze ich auch Garmin Connect. Mal sehen, ob Amanal in Form ist und ob er diesen traditionsreichen Lauf in Rekordzeit bewältigen kann“, sagte Erfolgstrainer Kirschbaum.

Für seine Athleten auf der Bahn ist dagegen noch gar nicht absehbar, ob und wann in diesem Jahr Höhepunkte stattfinden. Die Europameisterschaften in Paris wurden bereits abgesagt. Zumal alle jetzigen erbrachten Zeiten bis Ende November nicht für die Olympia-Qualifikation berücksichtigt werden. Allenfalls die Langstreckenläufer können sich Hoffnungen auf die Teilnahme an Herbst-Marathons machen.

„Bei Vielen hängen da ja nicht nur sportliche, sondern auch berufliche und finanzielle Aspekte dran. Es ist nicht ganz einfach, das zu verkraften. Womöglich wird in diesem Jahr nicht mehr besonders viel passieren“, sagte Kirschbaum.

Triathleten fehlt Schwimmtraining

Dan Lorang hat die Saison noch nicht abgehakt und hofft, dass die Saisonhöhepunkte wie die Tour de France Ende August und der Ironman auf Hawaii Anfang Oktober wie geplant über die Bühne gehen. „Derzeit geht es darum, meinen Athleten einen Plan an die Hand zu geben. Leistungssportler wollen sich messen und brauchen ein Ziel, auf das sie hinarbeiten. Würde ich in jedem Gespräch zweifeln, würden sie irgendwann den Glauben verlieren“, so der Meistermacher.

Deshalb hält sich Lorang am Plan und steuert seine Schützlinge auch in Zeiten der Krise auf Distanz. Während seine Radsportler wie der Tour-de-France-Vierte Emanuel Buchmann wie gehabt auf der Straße Kilometer „fressen“, haben es die Triathleten schwerer. „Sie trainieren daheim Rad-Intervalle auf der Rolle oder gehen raus laufen“, sagt Lorang.

Dagegen fällt ein professionelles Schwimmtraining wegen geschlossener Schwimmbäder derzeit ins Wasser. „Jeder macht Abstriche und improvisiert. Die Sportler arbeiten zu Hause mit dem Zugseil oder fahren mit Rollerblades und Roll-Skiern, um die Muskulatur im Oberkörper zu stärken“, erklärt er. Das fehlende Schwimmtraining könnte für einige Triathlon-Profis fatale Folgen haben. „Manche schwimmen nach einer längeren Pause sofort wieder schnell, andere brauchen extrem lange und müssen sich das Wassergefühl erst wieder hart erarbeiten. Das könnte im Wettkampf den Unterschied ausmachen“, so Lorang weiter.

So läuft die digitale Trainingssteuerung

Für die Trainingssteuerung nutzt der Experte verschiedene digitale Helfer und Tools. Fahrradcomputer, Pulsgurte, GPS-Uhren und Wattzähler an den Rennrädern zeichnen alle relevanten Daten auf. Direkt im Anschluss kann der Coach via Cloud-Zugang auf das Trainingsprogramm zugreifen und alle relevante Daten auswerten, wie bei Garmin Connect.

Dan Lorang steht mit einem Kaffee in der Hand in seinem Garten
Dank der Trainingsmethoden von Dan Lorang fuhr das Profi-Radteam Bora-hansgrohe 2019 an die Weltspitze. © privat / Dan Lorang

„Es gibt extrem viele Parameter. Die einfachen Daten wie Herzfrequenz und Wattzahl sind immer noch die wertvollsten“, erklärt der Sportwissenschaftler. Auch das allgemeine Körpergefühl und der Zustand der Muskulatur seien wichtige Indikatoren. Sein Tipp für ambitionierte Hobby-Athleten: „Dokumentiere die Daten vollständig über einen längeren Zeitraum. Nur so kannst du Entwicklungen oder Rückschritte erkennen und gegebenenfalls gegensteuern.“

Verzichten will der 40-Jährige auf die moderne Trainingsmethodik nicht mehr, wie er sagt. Nur kommt es in gleichem Maße auf den persönlichen Kontakt mit dem Athleten an. Lorang: „Wenn ich Sportler aus der Entfernung betreue, brauche ich beides: die Daten und den Menschen dahinter. Wenn die Werte nicht stimmen, frage ich nach, wie sich der Athlet an dem Tag gefühlt hat. Diese Kombination ist heute extrem wichtig.“

Sorgen, dass seine Sportler in der Corona-Krise die Motivation verlieren könnten, hat Lorang nicht. Er ist sicher: „Auch wenn alle völlig unterschiedliche Persönlichkeiten sind, muss man sie nicht extra motivieren. Sie lieben das, was sie tun, und wollen erfolgreich sein.“ Sein Schützling Jan Frodeno hätte das mit der tri@home-Challenge nicht besser ausdrücken können…

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