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#stayathome-Halbmarathon: Drei glorreiche Halunken

Weltweit werden große Sportevents abgesagt. Drei Läufer aus Niedersachsen verlegten ihren Halbmarathon kurzerhand in die eigenen Gärten. #BeatYesterday.org-Autor Hannes Hilbrecht war dabei.

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Normalerweise würden am 5. April mehr als 30.000 Läufer durch die Straßen Berlins rennen. Der Halbmarathon in der Hauptstadt zählt zu den größten Events über die 21,0975-Kilometer-Distanz. In diesem Jahr wird es kein lautes Getrappel geben. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der Berliner Lauf abgesagt. Wie weltweit so viele andere Breitensportveranstaltungen.

Die beiden Nachbarn Nick Weidemann und Lukas Klußmann aus Stüde, einem kleinen Ort in der Nähe von Lüneburg, wollten auch in Berlin starten. Für Klußmann wäre es der erste Halbmarathon gewesen, die Belohnung für ein Jahr harte Laufarbeit. „Die Enttäuschung über die Absage, die angesichts der Lage völlig richtig ist, war bei uns beiden zunächst groß”, sagt Nick Weidemann.

Nick und Lukas haben Glück. In Stüde lebt noch ein anderer Läufer, Friedhelm Weidemann, Nicks Vater. Der 60-jährige Niedersachse lief bereits 305 Marathons und Ultrarennen. Er meisterte schwierige Herausforderungen auf allen sieben Kontinenten. An Bord der Queen Elizabeth 2 komplettierte er den ersten Marathon auf dem wellenwerfenden Atlantik. Über hundertmal rannte Weidemann ums Deck. Die Weidemanns sind eben laufverrückte Typen.

Als die Stüder Lauffreunde über Alternativen für das ausgefallene Rennen in der Hauptstadt grübeln, hat Weidemann senior mal wieder eine seiner Ideen. Der Franzose Elisha Nochomovitz, der einen Marathon auf dem eigenen Balkon lief, inspiriert ihn zum Laufevent im heimischen Garten. Zwei Grundstücke, zwei Strecken, zwei Läufer und ganz sicher mehr als 1,5 Meter Sicherheitsabstand. Am Freitag werden die Parcours gemessen und geplant, am Samstag rennen die Nachbarsjungen. #BeatYesterday.org-Autor Hannes Hilbrecht durfte die drei glorreichen Halunken beim #stayathome-Halbmarathon von Stüde begleiten.

Die Läufer:

Lukas links und Nick rechts vor dem Start des Halbmarathons im Garten
Lukas Klußmann (l.) und Nick Weidemann (r.) vor dem Start. Zwei Forerunner 945 begleiten beide während des Rennens. © privat

Lukas Klußmann

Lukas ist ein Spätstarter. Mit dem regelmäßigen Laufen begann er im April 2019, kein Jahr ist das her. Zehn Kilometer nimmt sich der damals 20-Jährige als Ziel. Die Distanz wird zu seiner persönlichen Schallmauer. Auf Instagram führt er ein Lauftagebuch. Der erste Lauf im nebligen Wald: zehn Minuten, 1,34 Kilometer. Aller Anfang ist schwer. Sechs Monate später feiert Lukas im Oktober seinen großen #BeatYesterday-Moment. Das #projekt10km pulverisiert Lukas in einer Stunde und vier Minuten. Nach diesem Erfolg definiert er einen Halbmarathon als nächstes Ziel.

Steckbrief Lukas:

Alter: 21 Jahre alt
Job: Auszubildender in der Automobilindustrie
Erfahrung: 1x #stayathome-Halbmarathon von Stüde
Training: 3x pro Woche, etwa 100 Kilometer im Monat

Nick Weidemann

Die Fußstapfen des Vaters sind groß. Nick Weidemann eifert seinem Vorbild als Hobbyläufer nach, doch will er als Bergsteiger seine eigenen Wege erkunden. Lief der Papa auf allen sieben Kontinenten die härtesten Strecken, will der Sohnemann die Berge erobern. Nick hat sich die Seven Summits vorgenommen. Auf jedem Kontinent möchte er den höchsten Berg erklimmen, unter anderem den sagenumwobenen Mount Everest im Himalaja. Lässt es Corona zu, fliegt er im Dezember nach Südamerika. Dort wartet der Aconcagua, ein 6.961 Meter hohes Ungetüm mit vereisten Puderzuckerspitzen in den argentinischen Anden.

Steckbrief Nick:

Alter: 24 Jahre alt
Beruf: Unternehmensberater
Erfahrung: mehrere Halbmarathons und Marathons (4) im In- und Ausland (Japan, USA, Kanada, Israel)
Training: 5x pro Woche, circa 250 Kilometer pro Monat

Die Vorbereitung:

Mittwoch. Es muss schnell gehen. Zwischen der Idee und der geplanten Umsetzung liegen nur ein paar Tage. Die Wettervorhersagen preisen den Samstag als Renntag an. Die Prognosen prophezeien viel Sonne, milde Temperaturen und eine gegen null tendierende Regenwahrscheinlichkeit. Vater Friedhelm Weidemann, der die Runden händisch zählen will, baut sich in seiner Werkstatt einen Hochsitz aus zusammengeschnürten Leitern. Als Vorbild dienen ihm die Schiedsrichterstühle, die in Tennisarenen stehen. Den TÜV wird diese Konstruktion eher nicht bekommen. „Ich bin im Ruhestand, ich habe Zeit für solche Späße”, sagt Friedhelm Weidemann. Wichtige Grundlage für die Planung des Events: Alle politischen Vorgaben bezüglich Sicherheitsabstands und Hygiene sollen beim unkonventionellen Rennen in Stüde eingehalten werden. „Wir wollen zeigen, wie wir die Situation akzeptieren, und trotzdem das Beste daraus machen können”, erklärt Friedhelm Weidemann.

Schiedsrichter beim Aufbau der Halbmarathon-Strecke im Garten
Wenn der Garten zum Laufstadion wird. © privat

Die Strecke:

Freitag. Nach der Arbeitswoche ist daheim Maßarbeit gefragt. Per Hand messen die Hobbysportler die Strecken aus und stecken die Ideallinie für die Halbmarathon-Distanz ab. Mit Holzpflöcken und Absperrband wächst die improvisierte Laufbahn Meter für Meter. Die beiden Runden führen jeweils um das Wohnhaus der Läufer und über die angrenzenden Gärten. An der Grundstücksgrenze baut Mutter Weidemann eine Verpflegungsstation auf. Höhenmeter gibt es nicht, dafür verändert sich das Relief der Strecke alle paar Meter. Gras und Pflastersteine bilden den wechselhaften Untergrund. Zwischen den Zielgeraden beider Bahnen steht der Hochstuhl. Von dort oben will Friedhelm Weidemann die Läufer motivieren.

Nick und Lukas beim Vermessen des Sicherheitsabstands von 2 Metern
Sicherheitsabstand muss in Zeiten von Corona sein. Näher als zwei Meter kommen sich Nick und Lukas bei ihren Halbmarathons nicht. © privat

Der Lauf:

Samstags, halb zehn in Deutschland. Die Strecken sind unterschiedlich lang. Lukas läuft eine Runde über 89,1 Meter. 237 Mal muss er sie absolvieren. Nick droht noch mehr Schwindel. Seine abgesteckte Bahn misst nur 74,5 Meter, auf ihn warten 284 Umrundungen.

Der kurvenreiche Kurs erweist sich für Langstreckenläufer Nick Weidemann als ungewohnte Herausforderung. Die vielen Abbiegungen fordern die Gelenke. Das einfach „Laufenlassen” funktioniert auf der engen Rundenführung nicht. Abbremsen, beschleunigen, abbremsen, beschleunigen. Es fehlt der gleichmäßige Tritt. Insgesamt biegt Nick Weidemann in 1.136 Kurven.

„Ich bin nicht meine Topzeit gelaufen. Die Strecke war schwieriger als gedacht. Es hat aber Spaß gemacht”, sagt Nick Weidemann hinterher. Dabei verlangte der #stayathome-Marathon sogar seinen Blutzoll. Nick Weidemann stürzte über einen Begrenzungspflock und schleppte anschließend ein blutiges Knie ins Ziel.

Nick und Lukas laufen nach dem Halbmarathon im Garten gemeinsam ins Ziel ein
Gemeinsamer Zieleinlauf: Um Lukas (l.) dabei zu begleiten, kehrte Nick mit blutigem Knie auf die Strecke zurück. © privat

Die Daten:

Nick trägt bei dem Lauf einen Garmin Forerunner 945. Er verrät über die GPS-Laufdaten, wie genau die Strecke vom Senior zuvor ausgemessen wurde. Insgesamt braucht Nick für den Halbmarathon laut seinem Forerunner 500 Meter mehr als geplant. „Das ist sehr realistisch, weil ich nicht durchweg Ideallinie gelaufen bin”, sagt Nick Weidemann.

Den Halbmarathon beendet er nach 1 Stunde, 49 Minuten und 19 Sekunden, die Uhr zählt etwas über 18.000 Schritte. 1.500 Kalorien sind verbrannt. Höhenmeter im flachen norddeutschen Heideland: ganze neun.

Lukas Klußmann finisht seinen ersten Halbmarathon in der achtbaren Zeit von 02:16:50. Ob als Nächstes ein Marathon wartet?

Nick schaut sich seine Daten nach dem Halbmarathon auf dem Garmin Forerunner an
Die GPS-Daten des Forerunner verraten, dass die Halbmarathon-Distanz sogar übertroffen wurde. © privat

Das Fazit:

Lukas:

„Ich hatte mir die Distanz schwieriger vorgestellt. Ein Problem war der häufige Wechsel von Rasen auf Pflaster. Und als Nick im Ziel war, ist mir das Laufen schon schwerer gefallen. Zusammen läuft es sich besser als alleine.”

Nick:

„Dieser Halbmarathon war deutlich anstrengender als ein „normaler“ Lauf über diese Distanz. Der häufige Wechsel des Untergrunds war sehr ungewohnt. Die engen Kurven auf der Strecke belasteten die Gelenke viel stärker als ein normaler Kurs. Aufgrund der Kürze der Runden geriet ich schnell in einen Automatismus. Ich dachte nicht mehr viel nach und verlor meine Konzentration. Deshalb stürzte ich einmal über eine Streckenmarkierung. Zum Glück konnte ich sofort weitermachen.”

Nick und Lukas bei der Medaillenvergabe nach dem Halbmarathon im Garten
So nah kamen sich die Stüder nur bei der Medaillenvergabe. © privat
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