Body & Soul

Abnehmen durch Kälte? So wirkt Frieren auf deinen Körper

Essen nach 18 Uhr macht dick, Selleriestangen kauen hingegen schlank. Wer abnehmen möchte, findet kuriose Empfehlungen. Kann vielleicht sogar das Bibbern im Winter die Fettpolster schrumpfen lassen?

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Die Welt der Abnehmtipps kann absurd erscheinen. Wer klassische Methoden wie Sport und eine gesunde Ernährung umgehen will, stößt im Netz auf die bizarrsten Lösungsvorschläge:

Diätpflaster, die den Stoffwechsel anregen sollen. Schlankmachsohlen für die Schuhe. Oder gar ein Bandwurm, der beim Abnehmen helfen soll. Wissenschaftlich bewiesen ist davon nichts. Und wer „American Horr Story“ kennt, wird sich erst recht schütteln.

Etwas harmloser: Auch Kälte wird oft als Methode angepriesen, um Fettpolster schmelzen zu lassen. Aber kannst du wirklich nachhaltig abnehmen, indem du frierst?

Achtung: Deine Gesundheit geht vor!

Kälteexposition, also den Körper über längere Zeit kühlen Temperaturen auszusetzen, birgt gesundheitliche Risiken. Dauerhaftes Frieren oder Experimente mit extremer Kälte ohne professionelle Aufsicht sind gefährlich und nicht empfehlenswert.

Warum?

Wenn deine Körpertemperatur zu stark absinkt, konzentriert sich der Körper darauf, nur noch die lebenswichtigen Organe wie Herz und Gehirn mit ausreichend Blut zu versorgen. Haut und Gliedmaßen werden schlechter durchblutet. Dadurch steigt das Risiko von Erfrierungen erheblich.

Sinkt die Körpertemperatur weiter, beispielsweise unter 30 Grad Celsius, stellt der Körper die Wärmeerzeugung vollständig ein. Die sogenannte Thermogenese stoppt, da die Energiereserven für die Grundfunktionen benötigt werden. Dieser Zustand kann zu Organversagen führen und ist lebensbedrohlich.

Wie reagiert der Körper auf Kälte?

Wenn die Temperaturen sinken, tut der Körper alles, um seine Kerntemperatur konstant zu halten. Im Gehirn aktiviert das Thermoregulationszentrum verschiedene Mechanismen. Das wesentliche Ziele: Wärme erzeugen. Dafür hat der Körper verschiedene Strategien.

Thermogenese

Die Schilddrüse und der Sympathikus, ein Teil des Nervensystems, regen den Stoffwechsel an. Glucose wird produziert, Energie verbrannt, und der Körper wird gewärmt.

Hier spielt das braune Fettgewebe eine wichtige Rolle. Es liegt vor allem im Nacken- und Brustbereich und speichert keine Energie wie weißes Fett. Stattdessen wandelt es Kalorien direkt in Wärme um. Dieser Prozess läuft über die nicht zitternde Thermogenese. Dabei aktivieren die Mitochondrien in den braunen Fettzellen ein spezielles Protein namens UCP1. Es sorgt dafür, dass überschüssige Kalorien in Wärme umgewandelt werden.

Muskelzittern

Wenn die Thermogenese nicht ausreicht, beginnt der Körper zu zittern – eine unkontrollierte Muskelaktivität, die zusätzliche Wärme erzeugt. Muskelzittern stabilisiert die Körpertemperatur sehr effektiv.

Dabei werden vor allem die großen Muskelgruppen wie Beine und Rücken aktiviert. Größere Muskelmassen, wie sie bei sportlich aktiven Menschen vorkommen, erzeugen mehr Wärme und verbrauchen mehr Energie. Allerdings hat das Zittern auch Nachteile: Es führt zunächst dazu, dass kaltes Blut aus den Muskeln zurück in den Körperkern fließt. Das kann die Wärmebilanz vorübergehend verschlechtern.

Ein längeres oder intensives Muskelzittern kann zudem zu Erschöpfung führen, da die Muskeln unter Dauerbelastung stehen. Deshalb versucht der Körper, das Zittern so lange wie möglich zu vermeiden und setzt zunächst auf andere Mechanismen wie die zuvor genannte Thermogenese oder die Umverteilung des Blutes.

Der Kalorienverbrauch beim Frieren: Die Fakten

Frieren verbrennt tatsächlich Kalorien– allerdings nur in begrenztem Umfang.

Zunächst wird das braune Fettgewebe aktiviert, das durch die nicht zitternde Thermogenese Wärme erzeugt. Dieser Prozess verbrennt Kalorien, ist aber effizient und nicht besonders energieintensiv. Studien, wie die an der Universität in Stockholm, zeigen jedoch, dass braunes Fett bei Kälte verstärkt arbeitet.

Reicht die Wärmeproduktion durch braunes Fett nicht aus, greift der Körper auf Muskelzittern zurück. Diese unkontrollierten Muskelbewegungen sind deutlich energieintensiver und verbrennen mehr Kalorien. Menschen mit mehr Muskelmasse, etwa durch Krafttraining, profitieren dabei besonders. Das liegt daran, dass Muskelgruppen wie die Oberschenkel und der Rücken mehr Energie verbrauchen.

Wie viele Kalorien verbrannt werden, hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Körperliche Konstitution: Menschen mit mehr braunem Fettgewebe und Muskelmasse verbrennen auch mehr Kalorien.
  • Lebensstil: Sportlich aktive Menschen haben einen höheren Grundumsatz und profitieren stärker von den Wärmeproduktionsprozessen.
  • Temperatur und Dauer: Längere oder intensivere Kälteexposition führt zu höherem Energieverbrauch, während kurzfristiges Frieren kaum einen Effekt hat.

Schlank durch Eisbaden oder Kryotherapie? Nicht wirklich

Eisbaden und Kryotherapie haben einen ähnlichen Effekt. Beide setzen den Körper für kurze Zeit intensiver Kälte aus. Das braune Fettgewebe wird aktiviert, der Stoffwechsel steigt und der Körper verbrennt kurzfristig mehr Kalorien.

Doch der tatsächliche Effekt bleibt überschaubar. Zwar nimmt die Aktivität des braunen Fetts für einen kurzen Zeitraum zu, das weiße Fett, welches den größten Teil des Körperfetts ausmacht, wird durch diese Methoden jedoch nicht gezielt abgebaut.

Studien berichten von weiteren positiven Effekten wie besserer Regeneration nach dem Sport oder entzündungshemmender Wirkung. Doch als Abnehmtrick taugen weder Eisbaden noch Kryotherapie. Die kurzfristige Steigerung des Kalorienverbrauchs reicht nicht für eine langfristige Gewichtsabnahme aus.

Was bringt Kälte wirklich beim Abnehmen?

So logisch es klingen mag: Es ist nicht bewiesen, dass Kälte allein effektiv beim Abnehmen hilft. Zwar haben erste Studien diese Frage untersucht, doch signifikante Ergebnisse blieben bisher aus.

Eine Studie der Medizinischen Universität Sapporo zeigte zwar, dass der Energieverbrauch bei Kälte steigt, das Körpergewicht sank dadurch jedoch nur minimal. Ein längerer Untersuchungszeitraum wäre nötig, um diesen Effekt besser zu bewerten. Selbst dann wären Kältetherapien kaum realistisch, um Gewicht zu verlieren, vermutet Dr. Tim Hollstein vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Stattdessen konzentriert sich die Forschung zunehmend darauf, braunes Fettgewebe künstlich zu aktivieren.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Kälte nutzlos ist. Die Studie aus dem japanischen Sapporo zeigte, dass regelmäßige Kälteexposition den Anteil an braunem Fett erhöhen kann. Eine Untersuchung des Forschungsinstituts für Ernährung und Toxikologie in Maastricht untermauert außerdem, dass Menschen mit einem hohen Anteil an braunem Fett ein geringeres Risiko für Übergewicht haben.

Es gibt also durchaus positive Effekte. Regelmäßige Aufenthalte in kühleren Temperaturen können den Kalorienverbrauch leicht steigern. Dafür musst du nicht bibbern – bereits eine Raumtemperatur von 19 Grad Celsius reicht aus. Indem du die Heizung etwas herunterdrehst, kannst du nicht nur deine Fettverbrennung unterstützen, sondern auch das Klima und deinen Geldbeutel schonen.

Wie Abnehmen wirklich gelingt

Mit Kälte allein wirst du überschüssige Pfunde nicht los. Zwar können niedrige Temperaturen beim Abnehmen unterstützen, die Effekte sind aber gering. Möchtest du nachhaltige Erfolge erzielen, unterstützt dich unser Guide auf dem gesunden Weg zum Wohlfühlgewicht.

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Quellen
  1. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/14715917/
  2. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/was-kaelte-mit-dem-koerper-macht-138116/
  3. https://www.jci.org/articles/view/67803#SEC2
  4. https://www.aerzteblatt.de/archiv/215741/Gewichtsreduktion-Braunes-Fett-der-Kalorienkiller
  5. https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa0808718?url_ver=Z39.88-2003&rfr_id=ori:rid:crossref.org&rfr_dat=cr_pub%20%200www.ncbi.nlm.nih.gov
  6. https://www.jci.org/articles/view/67803#SEC2
  7. https://www.businessinsider.de/wissenschaft/gesundheit/kalorienverbrauch-fettabbau-risiken-was-ihr-ueber-sport-im-winter-wissen-solltet-c/
  8. https://viamedici.thieme.de/lernmodul/547099/538871/gluconeogenese+%C3%BCberblick+und+reaktionen
  9. https://studyflix.de/biologie/gluconeogenese-2628
  10. https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detailseite/2020/news-im-april-2020/neue-erkenntnisse-zur-wirkung-von-braunem-fett-beim-menschen/
  11. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3726164/
  12. https://www.deutschlandfunk.de/braunes-fettgewebe-aktivieren-abnehmen-mit-kalter-dusche-100.html
  13. https://weather.com/de-DE/gesundheit/fitness/news/2019-01-22-koerper-in-der-kaelte-das-sollte-man-beachten-gefahr
  14. https://www.sanitas.com/de/magazin/aktiv-sein/koerper-und-kaelte.html
  15. https://www.gesundheitsliebe.de/gesundheit/braunes-oder-weisses-koerperfett/
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  18. https://www.uksh.de/diabetologie-kiel/Wir+%C3%BCber+uns/News/Meldungen/2023/Clinician+Scientist+Tim+Hollstein+pr%C3%A4sentiert+seine+Forschung+in+der+aktuellen+Ausgabe+des+Spiegel+Magazins.html
  19. https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/hitze-weniger-kalorienverbrauch-weniger-hunger-mehr-durst
  20. https://www.healthline.com/health/brown-fat#how-to-get-it

Über diesen Artikel

Kevin Berg © Redaktion

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Kevin Berg

Kevin Berg ist seit 2019 #BeatYesterday-Redakteur mit vielen Interessen. Als Journalist wurde Kevin an einer …

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