Body & Soul

Luzides Träumen: Fliegen, zaubern, Grenzen brechen

Luzides Träumen macht Unmögliches möglich. Wer methodisch träumt, entdeckt im Schlaf neue Spielwiesen. Was sich hinter dem Trend verbirgt – und wie jede*r die Technik erlernen kann.

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Oneironaut*innen können Träume steuern. Die Seefahrer*innen der Träume segeln im Dunst der Nacht, wohin sie wollen. Sie können tun, was sie nie zu träumen wagten. Grenzen existieren nicht in ihrer Welt.

Die Fähigkeit, Träume zu beeinflussen, klingt nach einem Science-Fiction-Film mit Leonardo DiCaprio. Doch rund die Hälfte der Menschen zählt bisweilen zur ominösen Spezies der Oneironaut*innen.

Was ist luzides Träumen?

Wenn einem im Traum bewusst wird, dass man schläft, träumt man luzide. Manche Menschen können ihre eigene Traumwelt mit der Technik des Klarträumens bewusst gestalten. Das Erlebte fühlt sich genauso echt an wie im Wachzustand.

Schlafende können zaubern oder in der Zeit zurückreisen. Während alles ruht, erforschen sie unentdeckte Planeten. Schlummernd brechen sie physikalische Gesetze. Oneironaut*innen erschaffen Nacht für Nacht ihre eigene Welt. Ganz gemütlich im Pyjama.

Das Phänomen luzides Träumen füllt Internetforen. Zahlreiche Menschen berichten einander, wie sie gelernt haben, Herr oder Frau der eigenen Träume zu werden. Schon im tibetischen Buddhismus und bei Aristoteles wurde die Methode erwähnt. Doch erst vor gut vierzig Jahren nahmen sich Forschende des Themas Klarträumen mithilfe der modernen Schlaflabortechnologie an.

Ein wissenschaftliches Experiment brachte Klarheit. Mit schnellen Augenbewegungen kommunizierten schlafende Testpersonen, dass sie sich in einem Luzidtraum befanden. Die Forschenden erkannten, dass sich das Phänomen vor allem während des REM-Schlafes ereignet. Die Aktivität im präfrontalen Kortex wird im Schlaf zwar heruntergefahren, doch während eines Klartraums verhält sich das Gehirnareal wie im Wachzustand.

Frau erwacht fröhlich aus einem Klartraum
Klarträume können positive Effekte auf deine Schlafqualität haben. © iStock / Getty Images Plus / GeorgeRudy

Wie wirken sich luzide Träume auf die Schlafqualität aus?

Im Schlaf Superheld*in sein. Luzides Träumen klingt mehr nach Action als nach Sandmännchen. Kann man sich so überhaupt erholen? Ja. Gesteuertes Träumen kann sogar positive Effekte auf den Schlaf haben. Jede*r weiß: Nach einem schönen Traum fühlt man sich in der Regel erholter als nach einer unruhigen Nacht. Australische Wissenschaftler*innen fanden heraus, dass Proband*innen, die luzide träumten, am nächsten Tag ausgeruhter waren. Forschende wollen Albtraum-Patient*innen zukünftig mit Klarträumen kurieren.

Wie kann man das Klarträumen lernen?

Klarträume sind selten. Doch immerhin 50 Prozent der Menschen hatten mindestens schon ein Erlebnis dieser Art. Doch selbst geübte Träumer*innen kommen nur auf einen Klartraum im Monat. Die gute Nachricht: Das Träumen lässt sich trainieren.

Technik 1: Realitäts-Check

Unzählige Luzidträumer*innen setzen auf die Realitäts-Check-Methode. Bis zu zehnmal täglich fragen sie sich im Wachzustand, ob sie gerade träumen. Sie betrachten und hinterfragen die alltägliche Umgebung. Entspricht etwas nicht den bekannten, physikalischen Gesetzen? Mithilfe des Trainings schaffen sie es, auch nächtliche Träume zu überprüfen. Ein „Ja“ auf die Fragen ist ein Ticket in die selbstgesteuerte Traumwelt.

Mann macht einen Realitätscheck und betrachtet sich im Spiegel
Betrachte dich im Spiegel. Verändert sich dein Spiegelbild? Hast du möglicherweise gar keins? Dann kannst du dir sicher sein, dass du träumst. © miniseries / E+ / Getty Images Plus

Technik 2: Traumtagebuch

Statt den vergangenen Tag lieber die letzte Nacht reflektieren – Schlaf- und Traumforscher Michael Schredl empfiehlt Interessierten ein Traumtagebuch. Dort können sie morgens Träume und verbliebene Eindrücke notieren. Das hilft beim Erinnern an das Geträumte.

Außerdem vermitteln die Notizen die Relevanz an das Unterbewusstsein. So können Menschen ihre Träume dauerhaft intensiver und bewusster wahrnehmen. Das ist ein gewaltiger Schritt Richtung Klarträumen. Denn wer sich gut mit der eigenen Fantasie auskennt, träumt mit größerer Wahrscheinlichkeit luzide.

Frau schreibt nach dem Aufwachen in ein Traumtagebuch
Das Traumtagebuch hilft dir dabei, dich an deine Träume zu erinnern. © iStock / Getty Images Plus / brizmaker

Technik 3: Wake Back to Bed

Nachts aufwachen, um luzid zu träumen – das klingt nicht sehr reizvoll. Wer es wirklich darauf anlegen möchte, kann sich an den Erkenntnissen von Daniel Erlacher orientieren. Die Wake-Back-to-Bed-Methode des Sportwissenschaftlers und Forschers begünstigt Klarträume.

Denn in der zweiten Nachthälfte ist die Wahrscheinlichkeit für luzide Träume besonders hoch. In einem Experiment weckte der Experte seine Proband*innen nach einigen Stunden Schlaf. Sechzig Minuten mussten die Testpersonen wach bleiben. Die Belohnung? Über die Hälfte der Schläfer*innen träumten in der zweiten Nachthälfte einen Klartraum.

Frau stellt ihren Wecker nachts aus
Stelle dir einen Wecker in der zweiten Nachhälfte. Durch eine kurze Wachphase erhöhst du deine Chance auf einen Klartraum. © turk_stock_photographer / E+ / Getty Images Plus

Kann luzides Träumen gefährlich werden?

Luzide Träume sind besser als Drogen, sagen manche Klarträumer*innen. Das bedeutet auch: Niemand will einen schlechten Trip. Klarträume fühlen sich sehr real an. Deswegen sollte man nicht leichtfertig mit ihnen umgehen. Luzide Albträume können sich mit ihren Nachtmahren extrem unangenehm entwickeln. Die düsteren Erlebnisse im Schlaf wirken deutlich realistischer.

Die Atmung wird schneller, das Herz rast, Angst macht sich breit. Umso wichtiger sind die Realitäts-Checks, die bei der Unterscheidung von Traum und Wirklichkeit helfen. Einige Traumreisende setzen auf das altbekannte Kneifen. Im Traum spürt man den Schmerz nicht – die Träumer*innen realisieren, dass sie schlafen. Andere zählen ihre Finger, um etwaige Ungereimtheiten festzustellen.

Wie kann man Klarträume für sich nutzen?

Abenteuer im Schlaf, albtraumfrei durch die Nacht, ausgeruht am Tag. Klarträumen hat viele positive Effekte.

Manche Oneironaut*innen nutzen das Phänomen für ein Training. Schlafend verbessern sie ihre Fähigkeiten. In mehreren Studien konnte Daniel Erlacher nachweisen, dass nächtliches Training tatsächlich einen Lerneffekt hat. Durch Übungen im Schlaf konnten Sportler*innen ihre Motorik verbessern. „Die Trainingseffekte im Wachzustand sind aber immer noch am größten“, erklärt Daniel Erlacher in der Sportschau.

Interessierte sollten das Klartraumtraining als Ergänzung sehen. Sie können Grenzen austesten und neue Übungen wagen. Denn Training, das rein mental stattfindet, hat einen entscheidenden Vorteil: Es besteht keine Verletzungsgefahr.

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Über diesen Artikel

Lilli Lipka

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Lilli Lipka

Lilli Lipka, Jahrgang 1997, lebt und studiert in der Hansestadt Greifswald, wo sie die Online-Redaktion …

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