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Segeln – mit der Seifenkiste durch die Mongolei

In einem „Boot” auf Rädern segelten Amber Word und Falcon Riley durch die Mongolei. Ein Gespräch über eine Reise, die Träume erfüllte, und den besonderen Wert von Süßigkeiten.

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Falcon Riley ist begeisterter Segler. Sein Leben verbringt er am liebsten auf dem Meer, auf den Wellenbergen und in der Gischt der rauen See. Doch die Mongolei grenzt an keinen Ozean. Die einstige Heimat von Dschingis Khan (1162-1227), dem Begründer des mongolischen Weltreiches, liegt in der zentralasiatischen Steppe. Sie ist trocken und staubig. Nomaden leben in der Wüste Gobi in Jurten – großen, massiven Zelten. In der kärglichen Landschaften sind sie immer auf der Suche nach Weiden für ihre Tiere. Hier segelt kaum jemand. Klapprige Autos und Lasttiere wie Pferde sind die bevorzugten Reisemittel.

Gemeinsam mit Amber Word ist Falcon Riley trotzdem durch die Wüste Gobi gesegelt. Auf Guam, einer Insel der Marianen im Pazifischen Ozean, lernten sich die beiden kennen und lieben. Er erzählte ihr, dass er gerne die Mongolei durchqueren würde, segelnd mit einem Cart, einem Segelboot auf Rädern. Amber, das wusste Falcon damals nicht, wollte schon als Teenager in die Mongolei. Das Land der Khans faszinierte sie. Als Falcon sie bat, mitzukommen, konnte sie nicht „nein” sagen. Eine Romanze wurde zu einem Abenteuer.

Mit dem Wind im Rücken bereisten sie ein mystisches Land. Amber und Falcon erklären im Interview auf #BeatYesterday.org, wie sie aus Holzresten ihr Landsailing Cart konstruierten, welche Fehler sie machten und wie wertvoll Süßigkeiten sein können.

Marke Eigenbau. Falcon Riley (Mitte) schraubte mit Hilfe von Einheimischen sein eigenes Segelmobil zusammen. © Amber Word
Marke Eigenbau. Falcon Riley (Mitte) schraubte mit Hilfe von Einheimischen sein eigenes Segelmobil zusammen. © Amber Word

#BeatYesterday: Was macht ein gutes Sailing Cart aus?

Falcon Riley: Unser Gefährt musste einige Sachen können. Wir wollten einen Schlafplatz haben, also im Inneren schlafen. Wir mussten es selbst antreiben können. Es sollte nicht von einem Motor abhängig sein. Und wir wollten das alles mit einem niedrigen Budget umsetzen.

Amber Word: Wir brauchten Platz für Nahrungsmittel und Wasser.

Falcon: Wir konnten am Ende Lebensmittel für vier, fünf Wochen verstauen. Und für zehn bis vierzehn Tage Trinkwasser. Wir kalkulierten mit einem täglichen Verbrauch von vier Litern pro Person.

#BeatYesterday: Warum war der Proviant so wichtig?

Falcon: Wir wollten durch das Land cruisen und die Menschen kennenlernen, aber nicht als Bittsteller. Nicht aus dem Motiv heraus, dass sie uns helfen, also uns etwas zu Essen geben, weil wir aufgeschmissen sind. In der Weite der Mongolei gibt es nicht immer die Möglichkeit, auf dem Markt Lebensmittel zu kaufen. Wir wollten erfahren, wie die Mongolen ihr Leben führen und von ihnen lernen. Was können wir besser machen? Nicht nur auf dieser Reise, sondern auch im Leben.

Im Sailing Cart fanden Wasser und Lebensmittel für mehrere Wochen Platz. © Falcon Riley
Im Sailing Cart fanden Wasser und Lebensmittel für mehrere Wochen Platz. © Falcon Riley

#BeatYesterday: Wie habt ihr das Sailing Cart gebaut?

Falcon: Das Cart bauten wir in der Mongolei. Wir hatten Glück und profitierten von einem mongolischen Freund. Der besitzt einen Holzhandel und wir konnten dort die Werkzeuge und Materialien benutzen, die er nicht brauchte. Wir durften einen großen Haufen Restholz verbauen und montierten das alles mit Schrauben zusammen. Ein quadratischer Stab – 40 mal 40 Millimeter – diente uns als Mast. Irgendwer hatte den zuvor weggeschmissen. Weil drei Räder in der Werkstatt rumlagen, konnten wir die auch verbauen. Das Segel nahmen wir von meinem Segelboot. Wir wollten alles so einfach wie möglich halten.

Amber: Wir hatten nur ein Problem: Uns fiel erst sehr spät auf, dass wir keine Bremsen hatten.

Falcon: Boote brauchen keine Bremsen. Ich habe darüber zuerst überhaupt nicht nachgedacht.

#BeatYesterday: Wie habt ihr das Boot gesteuert und gelenkt?

Falcon: Die Reifen waren mit Stäben verbunden, die wir über eine Leine steuern konnten. Wir zogen daran und die Räder bewegten sich. Direkt über den Reifen hatten wir Holzstücke befestigt. Wenn wir auf das Holz pressten, bekam das Rad den Druck von oben und wurde abgebremst.

#BeatYesterday: Und das hat funktioniert?

Falcon: Als wir unser Gefährt das erste Mal aus der Werkstatt fuhren, machten wir direkt eine Probefahrt. Wir rasten bergab und stießen beinahe ungebremst in eine Ziegelmauer. Aber: Alles blieb heil, nichts zerbrach. Das war ein guter Start. Das Selfmade Sailing Cart war robust.

Amber: Die Geschwindigkeit war einfach zu hoch und unser „Boot” zu schwer. Die Bremsen funktionierten eigentlich.

Kuschelig. Amber und Falcon hausten auf wenigen Quadratmetern. © privat
Kuschelig. Amber und Falcon hausten auf wenigen Quadratmetern. © privat

#BeatYesterday: Der Bootsbau war offensichtlich schon ein eigenes Abenteuer. Aber wie ging es weiter?

Falcon: Wir luden alles, was nicht direkt zum Gefährt gehörte, auf einen Truck – die Vorräte, den Mast, etwa neun Kilo Süßigkeiten – und zogen das Boot auf die erste Schotterpiste, die wir am Rand der Hauptstadt fanden. Am Ende und voll beladen war das Cart rund 250 Kilo schwer. Vielleicht ein bisschen schwerer.

#BeatYesterday: Wieso so viele Süßigkeiten?

Amber: Wir fragten unseren ersten Gastgeber in der Mongolei, was man den Menschen als Geschenk mitbringen könne. Er empfahl uns Süßigkeiten. In der Mongolei lernten wir: Sind die Kinder glücklich, sind alle glücklich. Und uns fiel auf, dass wir fast immer, wenn wir bei Menschen klopften, Kekse oder andere süße Speisen angeboten bekamen. Damit drückten die Bewohner ihre Gastfreundschaft aus. Und wir machten es genauso. Wer uns in unserem kleinen Zuhause mit Segel besuchte, bekam zunächst etwas Süßes.

#BeatYesterday: Was für Süßigkeiten mögen die Kinder in der Mongolei am liebsten?

Falcon: Definitiv nicht das, was wir dabei hatten. Die Kinder guckten uns mit großen Augen an und dachten sich wohl: „Wirklich? Gib mir etwas anderes”. In der Mongolei gibt es nämlich verdammt leckere Süßigkeiten.

#BeatYesterday: Ist das Segeln in der Wüste oder auf dem Wasser einfacher?

Falcon: Das ist eine gute Frage. Ich würde sagen: Das Segeln in der Wüste ist einfacher. Dafür fällt das Fahren auf dem Wasser leichter. Dort brauchst du keine Bremsen und es gibt auch keine Löcher, in die man hineinfahren kann. Und Autos, die einen rammen können, sind auf dem Wasser auch nicht unterwegs.

Faszination Segel-Cart. Die Einheimischen interessierten sich vor allem für Süßigkeiten und das seltsame Gefährt. © Amber Word
Faszination Segel-Cart. Die Einheimischen interessierten sich vor allem für Süßigkeiten und das seltsame Gefährt. © Amber Word

#BeatYesterday: Was war der schönste Moment auf der Reise?

Falcon: Seit dem dritten Reisetag verfolgte uns ein Hund. Er lief nicht zu seinem Herrchen zurück und das Herrchen kam auch nicht, um ihn zu suchen. Wir waren auch schon zu lange unterwegs, um zurückzufahren. Und ohnehin überraschte es uns, dass der Hund erst versucht hatte, mich zu beißen, und uns dann treu folgte. Also fuhren wir weiter und der Hund lief hinter uns her. An einem Tag witterte der Hund wilde Tiere am Horizont. Sie sahen ein bisschen wie Gazellen aus, nur etwas schmaler. Vielleicht waren es eher kleine Hirsche. Der Hund jagte die Tiere, er versuchte es zumindest. Ich saß einfach auf dem Cart, das Amber lenkte. Ich roch die Steppe. Der Wind blies mir ins Gesicht, der Staub wurde aufgewühlt. Ich beobachtete den Hund, wie er vor dem Wagen lief. Das berührte mich. Da habe ich gedacht: Genau hier will ich sein.

Amber: Es gab für mich viele unglaubliche Momente. Anders als Falcon war ich nie zuvor so auf mich allein gestellt gewesen. Falcon wuchs quasi auf dem Segelboot auf. Ich hatte immer viele Menschen um mich herum. Und nun gab es nur uns beide, das Boot und die Wüste. Aber wir hatten alles. Das Essen, das wir brauchten, und das Wasser. Wir waren von niemandem abhängig. Wir trafen wunderbare Menschen, die uns vorher völlig fremd waren. Es war eine komplett neue Erfahrung für mich. Es hat mich sehr berührt, weil ich verstand, wie wenig wir eigentlich brauchen, um glücklich zu sein.

Ein treuer Begleiter: Über hunderte Kilometer folgte ein Hund den beiden. Sie tauften ihn Cat. © Falcon Riley.
Ein treuer Begleiter: Über hunderte Kilometer folgte ein Hund den beiden. Sie tauften ihn Cat. © Falcon Riley.

#BeatYesterday: Wo Höhen sind, gibt es auch Tiefen. Welche Fehler habt ihr gemacht?

Amber: Wir hätten uns wirklich um ein besseres Bremssystem kümmern müssen. An einem Tag war es sehr windig, wir waren sehr schnell unterwegs und rasten mitten in ein Loch. Ich wurde aus dem Sailing Cart geschleudert, prellte mir die Rippen. Das war sehr schmerzhaft. Ich bekam kaum noch Luft. Wir mussten eine Pause einlegen, weil ich vor Schmerzen nicht mehr konnte. Zum Glück trafen wir in dem Ort, in dem wir eine Pause machten, eine Frau, die als Ärztin arbeitete. Eine gute Seele. Sie konnte meine Atembeschwerden lindern.

Falcon: Ich habe den Fehler gemacht, bei meiner ganzen Planung zu viel an das Segeln auf dem Meer zu denken. Auf dem Wasser benötigt man keine Sitzgurte. Auf der Straße hingegen hätten sie uns geholfen. Zum Glück erholte sich Amber schnell.

#BeatYesterday: Wie würdet ihr euer Gefährt optimieren?

Falcon: Wir hatten nach der Reise viele Ideen. Es ist ja so: Es gibt kein perfektes Boot und vor allem kein perfektes Landsailing Cart. Man kann es nur besser an die Anforderungen einer Reise anpassen. Wir würden anhand unserer Erfahrung den Innenraum größer bauen, um nicht mehr so vom Wetter und den Elementen abhängig zu sein. Dann könnten wir das nächste Mal geschützt im Inneren des Bootes kochen. Und wir würden das Gefährt vielleicht so bauen, dass wir problemlos auch über das Wasser reisen könnten. In der Mongolei fuhren wir einen großen Teil der Strecke neben einem Fluss her und haben uns etwas geärgert, weil wir nicht die Möglichkeit hatten, einfach die Kraft der Strömung zu nutzen.

#BeatYesterday: Letzte Frage. Amber: Trotz deiner Rippe – würdet ihr so eine Reise nochmal machen?

Amber: Definitiv ja! Nächstes Mal aber mit richtigen Bremsen.

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