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Achtung Wildschwein: Wie du dich während einer Begegnung verhalten musst

Ein Waldspaziergang ist pure Erholung – bis ein Wildschwein vor dir steht. Wie du dich in diesem Fall richtig verhältst und was du beim Aufeinandertreffen mit einem Wolf beachten musst.

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Es ist Sonntagmorgen. Ich ziehe über scheinbar unberührte Wege durch den Wald. Der Nebel hängt noch zwischen den Bäumen und dem Dickicht. Blätter rascheln im Wind. Meine Hündin Lilli, stets an meiner Seite, schnuppert sich durchs Laub. Heute ist uns noch niemand begegnet – doch wir sind keinesfalls allein.

Um uns herum tobt das wilde Leben: Schätzungsweise tummeln sich in den mitteleuropäischen Wäldern bis zu 6.700 Tierarten. Zwar lassen sich die Bewohner des Waldes eher selten blicken. Gelegentlich treten sie doch in Erscheinung. Besonders große Exemplare wie Wolf, Wildschwein und Hirsch – sowie ein noch seltener Zeitgenosse – hinterlassen einen bleibenden Eindruck.

Auch Lilli und ich hatten bereits tierische Begegnungen, glücklicherweise stets mit glimpflichem Ausgang für alle Beteiligten. So ein Aufeinandertreffen kann übel enden, selbst wenn die Vierbeiner angeleint sind: „Wildschweine empfinden instinktiv die Anwesenheit eines Hundes, auch eines sehr kleinen, als Gefahr. Das kann einen Angriff auslösen”, sagt Tierarzt Jakup Kolanek.

Wie du einem wütenden Keiler entkommst und wie auch deinem Hund nichts passiert – so verhältst du dich richtig!

Was mache ich bei einer Begegnung mit einem…

Wildschwein

Aktuell leben hierzulande vermutlich eineinhalb Millionen Wildschweine, Tendenz steigend. Die borstigen Allesfresser sind äußerst anpassungsfähig. Vom Wald wagen sie sich immer häufiger in die Städte, wo sie neue Nahrungsquellen finden. Mit fast 1,6 Metern und bis zu 200 Kilogramm kann ein ausgewachsener Keiler (männliches Wildschwein) furchteinflößend wirken.

Von einer grundsätzlichen Bedrohung sei jedoch nicht auszugehen, sagt Jenifer Calvi. Die Sprecherin der Deutschen Wildtier Stiftung ergänzt: „Allerdings können Bachen mit Frischlingen gefährlich werden. Jede Annäherung an die Kleinen könnten die Mütter als Angriff deuten.”

Selbst wenn die Wildsau hinterm Haus die Mülltonne nach Futter durchwühlt, rät die Expertin von der Vertreibung auf eigene Faust ab. Stattdessen sei es ratsam, Umweltbehörde, Forstamt oder Polizei zu informieren.

Steht ein Wildschwein im Wald vor dir, heißt es:

  • Ruhe bewahren.
  • Renne nicht davon und vermeide wilde Gesten.
  • Behalte das Tier im Auge und trete langsam den Rückzug an.
  • Ist ein Baum oder Hochsitz in der Nähe, klettere hoch.
  • Ein weiterer Tipp der Fachfrau: „Wenn es im Wald nach Maggi-Würze riecht, sind vermutlich Wildschweine unterwegs. Am besten direkt umdrehen und denselben Weg zurückgehen.”
Bache mit Frishclingen
Auch wenn sie niedlich aussehen: Halte dich von Frischlingen fern. Bachen werten Annäherungen schnell als Angriff und wollen ihre Nachkommen verteidigen. © iStock / Getty Images Plus / Ralf Blechschmidt

Fuchs

Füchse haben mittlerweile viele Städte als Lebensraum erschlossen, die Lebensbedingungen sind teilweise ideal: Ratten, Mäuse, Essensreste – ein Schlaraffenland für Füchse! Zugleich finden sie vielfältige Versteckmöglichkeiten und großzügige Grünflächen.

Obwohl der Fuchs zur Familie der hundeartigen Raubtiere zählt, ist er aufgrund seiner Scheuheit gegenüber Menschen meist nicht bedrohlich. Dennoch empfiehlt sich Distanz – vor allem wegen der möglichen Übertragung von Krankheiten. „Liegt ein Fuchs abends im Garten auf der Terrasse und überschreitet somit eine Grenze, verscheuche ihn konsequent”, so Jenifer Calvi. Rausgehen, klatschen und laut rufen. Dann verzieht er sich in die nächste Hecke.

Wolf

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts galt der Wolf in Deutschland als ausgerottet. Langsam, aber sicher erholt sich die Population wieder. Mindestens 1.175 Wölfe konnten 2021/2022 ausgemacht werden, insgesamt existieren 161 bestätigte Rudel. Wenn du jetzt ein Aufeinandertreffen im nächstgelegenen Stadtwald befürchtest, kannst du beruhigt sein: „Der Anblick eines Wolfes in freier Wildbahn ist sehr selten. Er hat den Menschen längst gehört und gewittert, bevor man in seine unmittelbare Nähe kommt”, beteuert Jenifer Calvi.

Und was, wenn doch mal ein Wolf deinen Weg kreuzt?

„Stehenbleiben und bewundern. Sollte sich ein neugieriger Jungwolf etwas nähern, kann man einfach in die Hände klatschen und sich groß machen. Auf keinen Fall sollte man wegrennen. Ähnlich wie Hunde halten Wölfe den Menschen sonst für ein flüchtendes Beutetier”, sagt die Pressereferentin der Wildtierstiftung.

Wolf steht im Wald in Deutschland
Ein Wolf im Wald – ein seltenes Bild. Er wittert die Menschen, bevor man in seine Nähe kommt. © iStock / Getty Images Plus / betyarlaca

Reh oder Hirsch

Das Reh gehört zur Familie der Hirsche. Es springt leichtfüßig durchs Unterholz und verschwindet schnell, wenn es etwas hört – oder riecht. Es kann Menschen auf mehr als 300 Meter Entfernung wittern. Deshalb bleibt es meistens bei flüchtigen Begegnungen. Mit Ausnahme vom Rehkitz: Etwa drei bis vier Wochen bleibt „Bambi” in Deckung, während seine Mutter allein auf Nahrungssuche geht. Sie kehrt nur zum Säugen zurück. Du kannst unbesorgt sein, wenn du beim Waldspaziergang mal ein Kitz findest. Auch wenn die Verlockung groß ist, weil das Tierchen so süß aussieht: Streichle es bitte nicht! Im schlimmsten Fall stößt seine Mutter es aufgrund des fremden Geruches ab.

Der Hirsch ist im Gegensatz zum Reh deutlich imposanter: Er ist fast doppelt so hoch wie ein Rehbock und wiegt mit bis zu 250 Kilogramm das Fünffache. Damit ist der Hirsch das größte heimische Wildtier. In einem ähnelt er seinen entfernten Verwandten jedoch: Er ist ziemlich scheu. Trotz des eindrucksvollen Geweihs geht in der Regel keine Gefahr vom Rotwild aus.

Nur zur Paarungszeit (September bis Oktober) solltest du vorsichtig sein: Während der Brunft nehmen Platzhirsche auch Menschen als kampfwillige Konkurrenten wahr. Um ihr Territorium zu markieren, sondern sie zudem ein übelriechendes Sekret ab. Umgehe den Bereich des Waldes besser, wenn du es wahrnimmst.

Dachs

Wenn du einen Dachs in freier Wildbahn siehst: Freue dich! Der nachtaktive Waldbewohner macht sich sonst rar. Schon eher siehst du ihre Erdbauten, in denen sie als Familie aus bis zu sechs Mitgliedern leben. Ob du dich vor ihnen fürchten musst? „Dachse schnaufen und grunzen zwar ungehemmt, wenn sie auf Nahrungssuche sind. Für uns Menschen sind sie aber vollkommen harmlos”, betont Jenifer Calvi.

Den Winter verbringen Dachse wie viele andere Tiere schlafend. In diesen nahrungsarmen Monaten ist es umso wichtiger, beim Joggen, Biken, Geocachen oder Spazieren auf den Waldwegen zu bleiben. Das Trampeln querfeldein durchs Unterholz schreckt die Schlafenden auf und kostet sie unnötige Energie, erläutert die Expertin: „Wer – im übertragenen Sinne – durch das Wohnzimmer der Wildtiere läuft, sollte das respektvoll tun.”

Davhs schaut aus seinem Bau
Trotz furchteinflößender Geräusche – der Dachs ist für den Menschen harmlos. © iStock / Getty Images Plus / Anne Coatesy

Braunbär

Sehr unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen: die Begegnung mit einem Braunbären. Fast 200 Jahre lang war das Großraubtier aus den hiesigen Wäldern verschwunden. 2006 setzte ein aus Italien immigrierter Braunbär erstmals wieder seine Tatzen auf deutschen Boden. Mittlerweile macht sich immer öfter Aufregung breit, wenn weitere Artgenossen in Bayern, Österreich oder der Schweiz gesichtet werden. Doch können Bären den Menschen wirklich gefährden?

Nicht unbedingt. Der Bär ist von Natur aus vorsichtig, aber auch neugierig. Hat er gelernt, dass es in der Nähe von Menschen leicht erreichbares Futter gibt, nähert er sich. In der Regel weicht das bis zu 600 Kilogramm schwere Wildtier rechtzeitig von selbst zurück.

Begegnest du tatsächlich mal einem Bären, rät das Bayerische Landesamt für Umwelt zu folgendem Verhalten:

  • Zeige Respekt und halte Abstand.
  • Bewahre möglichst Ruhe.
  • Bleibe stehen und mache den Bären durch ruhiges Sprechen und langsame Armbewegungen auf dich aufmerksam.
  • Renne nicht weg und nähere dich dem Bären nicht.
  • Verfolge ihn auf keinen Fall, er könnte sich bedrängt fühlen.
  • Versuche nicht, ihn durch das Bewerfen mit Steinen oder Ästen zu verscheuchen.
  • Behalte den Bären im Auge und ziehe dich langsam zurück.
  • Lass ihm eine Ausweichmöglichkeit.

In äußerst seltenen Fällen kommt es zum Scheinangriff, weil sich der Bär verteidigen will. Meide Blickkontakt und wehre dich nicht. Lege dich auf den Bauch und schütze mit den Händen deinen Nacken. Üblicherweise schnuppert er nur an dir und zieht anschließend ab. Bleibe in dieser Position, bis sich der vermeintliche Angreifer weit genug entfernt hat.

Übrigens: So unwahrscheinlich ist die Begegnung mit einem Bären doch nicht. Denn eine Unterart breitet sich in Europa vermehrt aus: der Waschbär. Der sieht zwar possierlich aus, bringt aber Ökosysteme durcheinander. Auch solltest du lieber nicht mit den Tieren schmusen. Sie können aggressiv sein oder Läuse übertragen.

Ich habe ein verletztes Tier im Wald entdeckt – was tun?

Menschliche Nähe bedeutet enormen Stress für lädierte Wildtiere. Sie können nicht flüchten, wehren sich teils unter starken Schmerzen. Die letzten Kraftreserven gehen fürs Beißen oder Treten drauf. Unter keinen Umständen solltest du das Tier anfassen.

  • Beobachte das verletzte Tier aus sicherer Entfernung.
  • Lass es in Ruhe oder – sofern es in der Lage ist – von dannen ziehen.
  • Merke dir den Fundort oder die Richtung, in die das Tier abgezogen ist.
  • Idealerweise konntest du auch die Art der Verletzung erkennen.
  • Kontaktiere den örtlichen Tierschutzverein. Dieser kann entweder selbst helfen oder vermitteln. Weitere Anlaufstellen sind örtliche Naturschutz-, Forst- oder Jagdbehörden sowie im Zweifelsfall die Polizei.

Du bist auf ein verletztes Tier gestoßen, willst Hilfe alarmieren? Mithilfe deiner Garmin Smartwatch kannst du dir die GPS-Koordinaten vom Fundort abspeichern und mit den Behörden teilen.

Im Wald mit dem Hund

Schnüffeln, markieren und rumtollen – alles kein Problem, aber am besten an der Leine. Zwar gibt es keine bundeseinheitliche Leinenpflicht für Hunde im Wald, dennoch ist das Anleinen jederzeit ratsam. Einerseits zum Schutz der Waldtiere, denn insbesondere Hunde mit starkem Jagdtrieb stellen eine Gefahr dar. Andererseits zum Schutz der Fellnase selbst: Oftmals haben Jäger die Erlaubnis, wildernde Hunde zu erschießen.

Räude, Tollwut und mehr: Kann ich mich bei einem Wildtier anstecken?

Insbesondere, wenn dein Haustier mit Freigang genießt, solltest du eine weitere Gefahr kennen: Schnüffelt dein Hund zunächst im Wald und anschließend an dir, kann dein Vierbeiner Bakterien oder Würmer wie den Fuchsbandwurm auf dich übertragen. Auch deine umher stromernde Katze kann Parasiten oder Viren mit nach Hause bringen.

Zwar sind die meisten Infektionserreger für den Menschen nicht tödlich, dennoch können sie unangenehme Krankheiten – sogenannte Zoonosen – verursachen. Ein Beispiel ist die Fuchsräude. Sowohl bei deinem Vierbeiner als auch bei dir äußert sich die Milbenerkrankung durch starken Juckreiz und gerötete Haut.

„Generell muss man sagen, dass nur ganz wenige Viren von Tieren auf den Menschen übertragen werden können. Zahlreiche Viren sind sehr spezifisch auf eine Art beschränkt”, beruhigt Alex Greenwood, Leiter der Abteilung Wildtierkrankheiten des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin.

Sonderfall Tollwut

Tollwut ist eine der schlimmsten Zoonosen, die bei Mensch und Tier ohne sofortige Impfung fast immer tödlich verläuft. Es ist eine Viruserkrankung, die durch Blut übertragbar ist. Die Ansteckung erfolgt über den Biss eines infizierten Tieres.

Bei Tieren äußert sich Tollwut durch aggressives Verhalten, Speichelfluss („Schaum vorm Maul”) und Lähmungen. Menschen leiden zunächst unter grippeähnlichen Symptomen, Wutanfällen und schließlich einer Hirnhaut- oder Rückenmarksentzündung. Nach dem Koma erfolgt der Tod durch Herzversagen.

Aber! Durch systematische Bekämpfungsmaßnahmen konnte die Tollwut bei Wildtieren (ausgenommen Fledermäuse) europaweit praktisch ausgemerzt werden. Seit 2008 gelten Österreich und Deutschland als „tollwutfrei“. Die Schweiz schon seit 1999. Dennoch ist die Impfung deines Vierbeiners ratsam.

Ebenfalls wichtig: Achte auf andere Menschen, wenn du deinen Hund von der Leine nimmst. Manche haben Traumata erlebt, reagieren auf die Fellnasen ängstlich. Andere meiden generell Begegnungen. Das ist ihr gutes Recht. Wenn dein Hund – und sei es aus reiner Spielfreude – Spaziergängerinnen und Spaziergänger oft zu nahe kommt, leine ihn grundsätzlich an.

Tipp von der Autorin: Übrigens ist nicht nur meine Hündin Lilli gegen Tollwut geimpft. Da wir gerne gemeinsam verreisen und im Ausland viel in der Natur sind, hat mir der Tierarzt ebenfalls zu einer Impfung geraten. So sind wir beide auf der sicheren Seite – und gewappnet für tierische Abenteuer.

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