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Alpine Abenteuer: So bewegst du dich sicher in den Bergen

Immer häufiger verunglücken Menschen in den Bergen. Ein Grund: die schlechte Vorbereitung. Welches Equipment du brauchst und wie du dich in Notlagen verhalten solltest, weiß Bergretter Ludwig Karrasch.

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In den Alpenwänden fühlt sich Ludwig Karrasch, 31, zu Hause. Der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer lebt und wirkt in Garmisch-Partenkirchen, direkt am Fuß der Zugspitze.

Schon als Kind kraxelte er die Hänge hoch. Heute plant der passionierte Kletterer für unbewanderte (unerfahrene) Reisende passende Touren und begleitet sie beim Auf- und Abstieg. Als Retter der Bergwacht Bayern eilt er außerdem Bergsteigenden zu Hilfe, die in Not geraten sind.

Wie du dich schon im Tal auf Touren vorbereitest und welche Ausrüstung du brauchst, erklärt Ludwig Karrasch im Interview.

Ludwig Karrasch
© Ludwig Karrasch

#BeatYesterday.org: Ludwig, Fußballweltmeister Manuel Neuer musste nach einem Sturz beim Skifahren mit dem Helikopter gerettet werden. Hat dieser prominente Einsatz die Aufmerksamkeit für die Bedeutung der Bergwacht bundesweit verstärkt?

Ludwig Karrasch: Er hat jedenfalls deutschlandweit für Gesprächsstoff gesorgt. Geographisch bedingt hat im Norden die Seenotrettung einen höheren Stellenwert. Hier in Bayern ist es eben die Bergwacht.

#BeatYesterday.org: Was viele Menschen im Norden und Süden nicht ahnen: 3.500 Ehrenamtliche begleiten jährlich 8.500 Rettungseinsätze für die Bergwacht. Zu welchen Einsätzen werden die Retterinnen und Retter eigentlich gerufen?

Ludwig: Die Bergwacht deckt das gesamte alpine Spektrum ab. Also alles, was in den Bergen oder abseits befestigter Wege passiert und außerhalb der Regelrettungswege liegt. Dazu zählen Alarmierungen auf Berghütten sowie Kletter-, Forst-, Ski- und Wanderunfälle.

#BeatYesterday.org: Was war dein härtester Einsatz?

Ludwig: Das war eine Rettungsaktion am Jubiläumsgrat. Die Wetterlage war miserabel, wir sind mit dem Patienten in ein Gewitter gekommen. Der Einsatz war sehr anstrengend und gefährlich.

#BeatYesterday.org: Es gibt viele Gründe für Notfälle. Was sind die größten Risikofaktoren?

Ludwig: Dem Wetter ist man immer ausgeliefert. Das lässt sich nicht beeinflussen und sollte daher genau vor und während einer Tour beobachtet werden. Die persönliche Fitness, die man regelmäßig hinterfragen sollte, hat man dagegen selbst im Griff: „Bin ich den Anforderungen gewachsen?” Lautet die Antwort „Nein“, kann die Lage schnell risikoreich werden. Neben der Fehleinschätzung des eigenen sportlichen Niveaus gehört auch eine völlig falsche Tourenplanung zu den Klassikern.

#BeatYesterday.org: Zur Vorbereitung gehört auch die Auswahl des Materials. Wie viel sollten Einsteigende investieren?

Ludwig: Das kommt auf die geplanten Touren an. Grundsätzlich gilt: Das beste Equipment macht aus einem Laien keinen Profi. Und teure Ausrüstung heißt nicht gleich besserer Schutz.

#BeatYesterday.org: Eine Regenjacke wird bei bestem Sonnenschein und warmen Temperaturen im Sommer gerne mal zu Hause gelassen. Ein Streitthema.

Ludwig: Dieses Phänomen: „Wir wurden vom Wetter überrascht”, gibt es heute nur noch selten. Wir haben Wettervorhersagen, die für zwei, drei Tage ziemlich zuverlässig sind. Eine Regenjacke gehört für mich dennoch zur Grundausrüstung. Selbst bei schönem Wetter kann es mal einen Schauer geben.

#BeatYesterday.org: Und neben der Regenjacke? Was befindet sich noch in deinem Rucksack?

Ludwig: Ich habe immer dabei: Biwaksack, Erste-Hilfe-Set, Regenjacke und etwas Warmes zum Drüberziehen.

#BeatYesterday.org: Ein Erwachsener sollte mindestens 1,5 Liter Wasser am Tag trinken. Wie viel empfiehlst du für eine Tagestour von 6 Stunden?

Ludwig: Da der Bedarf individuell ist, möchte ich ungern eine Mengenangabe nennen. Ich würde es davon abhängig machen, ob ich unterwegs meine Wasserflasche wieder auffüllen kann. Und dann sollte man seinen Körper vor einer Tour kennenlernen, also herausfinden, wie viel Flüssigkeit er bei entsprechender Anstrengung benötigt.

Hydration Tracking: Trinkst du genug Wasser?

Zeichne auf, wie viel Flüssigkeit du täglich zu dir nimmst und optimiere deinen Wasserhaushalt für eine bessere Fitness. Wenn du deine Aktivität mit deiner Garmin-Uhr aufzeichnest, rechnet sie bei der Ermittlung des täglichen Flüssigkeitsbedarfs den Schweißverlust deiner jeweiligen Aktivität mit ein.

#BeatYesterday.org: Die Vorbereitung ist abgeschlossen, es geht bergauf. Garmin bietet mit dem inReach ein Satelliten-Kommunikationsgerät, das Sicherheit am Berg begünstigen soll. Wie wichtig sind diese Geräte auf einer Tour?

Ludwig: Sie sind überall sinnvoll, wo es keinen durchgängigen Handyempfang gibt. Oft ist so ein Gerät die einzige Möglichkeit, Hilfe zu rufen. Passiert mir etwas und ich habe kein Netz, kommt halt keiner.

#BeatYesterday.org: Das inReach sowie die Smartwatches von Garmin ermitteln zusätzlich die genaue Position. Diese kann von den Geräten im Notfall an Kontaktpersonen verschickt werden. Wie wichtig ist das Thema Standort auf Rettungseinsätzen?

Ludwig: Das Übermitteln von Standortdaten ist bei einem Notruf äußerst nützlich, denn manchmal ist eine Standortermittlung ohne GPS kaum möglich. Wir erleben es immer wieder, dass Rettungsteams dann stundenlang im Nebel rumstochern. Das kostet wertvolle Zeit.

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#BeatYesterday.org: Sollten alle Bergbegeisterte solche Hilfsmittel bei sich tragen, wenn sie Gipfel erklimmen?

Ludwig: Bei jeder Ausrüstung sollte man sich fragen: „Kann ich sie bedienen und brauche ich sie wirklich?” Falls ja, ergibt jede Unterstützung Sinn. Wenn ich das Ganze benutze, um mich in einer trügerischen Sicherheit zu wiegen, ist sie eher kontraproduktiv und sogar gefährlich. Man muss aufpassen, dass man sich nicht zu sehr auf die Technik verlässt. Bergsteigen heißt eben Steigen – und das erledigen die Beine. Der eigene Körper ist das wichtigste Werkzeug.

#BeatYesterday.org: Wie können Flachlandlandtirolerinnen und Flachlandtiroler ihre Beine ideal auf das Steigen vorbereiten?

Ludwig: Eine gute Frage, die oft gestellt wird. Anscheinend bringt Marathonlaufen nichts. Zwar bin ich selbst noch nie einen gelaufen. Ich habe aber häufig Gäste, die fit sind und diese Wettkämpfe bestreiten, beim Bergsteigen aber Probleme haben. Fahrradfahren ist offenbar die bessere Vorbereitung. Die Belastung der Beine ist ähnlich.

#BeatYesterday.org: Trotz guter Vorbereitung, Vermeidung der häufigsten Fehler und Smartwatch kommt es zur Notlage. Was tun?

Ludwig: Erstmal Ruhe bewahren. Besonnen handeln und wenn nötig einen Notruf absetzen. Je nach Wetterlage kann es etwas dauern, bis Hilfe eintrifft. Das A und O in dieser Situation ist, mit Rettungsdecke, Biwaksack und angemessener Kleidung warm zu bleiben. Es wird oft unterschätzt, wie schnell man auskühlt.

#BeatYesterday.org: Ab wann ist professionelle Hilfe sinnvoll?

Ludwig: Wenn ich das Gefühl habe, eine Situation wächst mir über den Kopf. Diese Einschätzung ist subjektiv. Ein Beispiel, das Versteigen beim Klettern: Finde ich von alleine zurück auf den Weg und kann mich selbst abseilen, kann ich von einem Notruf absehen. In der gleichen Situation gibt es aber Personen, deren Können in dieser heiklen Lage nicht ausreicht. In diesem Fall ist Hilfe von außen nötig.

#BeatYesterday.org: Ganz konkret: Ich stolpere über einen Stein und verknackse mir den Knöchel. Rufe ich die Bergwacht?

Ludwig: Die Schmerztoleranz ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Womit die einen noch zwei Wochen durch die Gegend laufen, setzt andere augenblicklich außer Gefecht. Hier gilt ebenfalls: Komme ich alleine nicht weiter, benötige ich Hilfe. Und das besser früh als spät. Wird es dunkel, stellt das die Rettungskräfte vor größere Herausforderungen.

#BeatYesterday.org: In den beschriebenen Situationen immer sinnig: Wenn ein Bergführer zur Gruppe gehört.

Ludwig: Gäste, die nach der Tour sagen: „Eigentlich hätte ich gar keinen Bergführer gebraucht”, sind die glücklichsten Gäste. Sie hatten den ganzen Tag keine Angst und konnten die Tour in vollem Umfang genießen. So gesehen ist professionelle Begleitung schon ratsam.

#BeatYesterday.org: Was macht ein Bergführer genau?

Ludwig: Alpines Risikomanagement. Wir begleiten Gäste, die es körperlich drauf haben, denen aber die Erfahrung für eine Tour fehlt. Das können Klettertouren oder Eisklettertouren sein, aber genauso Wanderungen. Wir übernehmen die Organisation und das Risikomanagement unterwegs.

#BeatYesterday.org: Ludwig, abschließend: Verrate uns deine 5 goldenen Regeln, um sich sicher in den Bergen zu bewegen.

Ludwig: Gute Tourenplanung, die richtige Ausrüstung, vernünftige Selbsteinschätzung, solides Risikomanagement und immer einen Plan B haben.

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