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Connect2Move: Wie ein Projekt Wanderwege sicherer macht

Wandern kann riskant sein, wenn sich die Aktiven überanstrengen. Die TU München will Wanderwege mithilfe von Herzfrequenzdaten sicherer machen. Wie soll das funktionieren?

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Wandern ist eine Wohltat. Es reduziert Stress und trainiert schonend die Stützmuskulatur des Körpers. Streifst du gemächlich durch die Natur, stärkst du dein gesamtes Herz-Kreislauf-System. Von diesem Sammelsurium gesunder Effekte profitierst du jedoch nur, wenn du auf den (zu dir) passenden Routen wanderst.

Dass zu anspruchsvolle Wanderungen gesundheitliche Probleme auslösen können, weiß Sportwissenschaftlerin Dr. Birgit Böhm von der Technischen Universität München. Zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen entwickelte Böhm deshalb das Projekt Connect2Move. Das Ziel: Wanderwege sicherer machen. Wie das funktionieren soll, erklärt die Projektleiterin im Interview.

©️ Garmin

#BeatYesterday.org: Was verbirgt sich hinter Connect2Move?

Dr. Birgit Böhm: Für das Projekt Connect2Move kartografieren wir Wanderwege und visualisieren die Belastungsintensität der einzelnen Streckenabschnitte. Ganz einfach gesagt: Wir machen den Schwierigkeitsgrad einzelner Passagen sichtbar.

#BeatYesterday.org: Was soll die Aktion konkret bezwecken?

Dr. Böhm: Sie soll vor allem die Sicherheit am Berg erhöhen. Im Falle einer enormen Überbelastung droht auf Wanderwegen ein Kreislaufzusammenbruch. Schlimmstenfalls kann auch bei bislang gesunden Menschen das Herz abrupt stehen bleiben – der plötzliche Herztod droht. Das wissen zu wenige Aktive. Deshalb wollen wir darauf hinweisen, wie wichtig die Kenntnis der eigenen Leistungsfähigkeit ist.

#BeatYesterday.org: Das sind redliche Ziele. Aber wie funktioniert das beschriebene Kartografieren und Visualisieren?

Dr. Böhm: Wir entwickelten dafür eigens den BergFit-Test und führten mit 144 Personen zunächst sportmedizinische Untersuchungen im Labor durch. Dafür erfassten wir mittels einer Spiroergometrie die VO2max-Werte. Zusätzlich maßen wir auch mit der vívoactive 4 und dem Brustgurt von Garmin den VO2max-Wert und die maximale Herzfrequenz der Teilnehmenden.

#BeatYesterday.org: Und dann ging es auf die Teststrecke.

Dr. Böhm: Die Routen in Deutschland und Österreich umfassten unterschiedliche Intensitäten von einer leichten bis hin zur – subjektiv empfundenen – intensiven Anstrengung. Dort trackten wir die Herzfrequenz der Wandernden. Zudem statteten wir sie mit einer mobilen Spiroergometrie-Einheit aus. Diese erfasste während der gesamten Testwanderung Atemvolumina und -gase. In Kombination mit der BORG-Skala, einer subjektiven Bewertung der Anstrengung, können wir Abschnitte identifizieren, bei denen eine Überbelastung droht.

Borg-Skala Connect2move
Mithilfe von objektiven Messwerten und der subjektiven Borg-Skala werden Abschnitte identifiziert, die zu einer Überbelastung führen können. © Connect2Move

#BeatYesterday.org: Wie macht ihr die Ergebnisse eurer Analysen sichtbar?

Dr. Böhm: Mit einer Kartografierung, die den Wanderweg in grüne, gelbe und rote Bereiche unterteilt. Die grünen Markierungen zeigen Abschnitte, die für alle geeignet sind. Gelbe sind anspruchsvoller. Rote Sequenzen beschreiben sehr intensive Passagen.

#BeatYesterday.org: Die erste Testphase ist mittlerweile beendet. Wie können Wandernde bei den Tests noch mitmachen?

Dr. Böhm: Interessierte können ihn jederzeit auf einer der beiden Connect2Move-Strecken in Aschau (Bayern) und Werfenweng (Salzburger Land) absolvieren. Sie sollten langsam starten und sich nach 200 Metern auf eine optimale Gehgeschwindigkeit steigern. Nach dem Test tragen die Teilnehmenden ihre Daten in einem Online-Formular ein und erhalten eine individuelle Einteilung ihrer Wanderroute. In Zukunft wollen wir das Vorgehen durch eine App erleichtern. Denn jeder Datensatz hilft uns weiter.

#BeatYesterday.org: Welche Ausrüstung benötigen Wandernde für diesen „Selbsttest“?

Dr. Böhm: Eine Smartwatch, die die Herzfrequenz erfasst und eine GPS-Funktion besitzt. Geräte von Garmin erzielen besonders präzise Ergebnisse, wenn die Wandernden die sekündliche Herzfrequenzmessung aktivieren. Außerdem brauchen sie festes Schuhwerk und die BORG-Skala, damit sie ihr Anstrengungslevel jederzeit überprüfen und auch subjektiv einordnen können.

#BeatYesterday.org: Sicherheit auf Wanderrouten ist ein wichtiger Aspekt. Gibt es weitere Ziele?

Dr. Böhm: Wir wollen für ausreichend Bewegung im Alltag sensibilisieren. Schon 60 Minuten Aktivität pro Tag senken das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung um 30 Prozent. Wandern fördert die Gesundheit besonders effektiv. Denn durch die vielen An- und Abstiege wirkt es wie ein moderates Intervalltraining.

Mit den neu kartografierten Routen erleichtern wir außerdem die Urlaubsplanung von Touristinnen und Touristen. Viele Interessierte können die Höhenmeter auf den klassischen Karten nicht lesen. Sie starten eine Tour und merken erst während der Wanderung, wie anspruchsvoll sie ist. Bislang gaben auch die Schilder an den Strecken nur wenig Auskunft über den Schwierigkeitslevel. Wir wollen die Auswahl einer geeigneten Route vereinfachen und vor den Folgen einer Überbelastung schützen.

Herzfrequenz am Handgelenk

Mit der Herzfrequenzmessung am Handgelenk hast du den vollen Überblick zu deiner aktuellen Herzfrequenz, Herzfrequenzvariabilität und Stresslevel. Deine Uhr misst regelmäßig die Herzfrequenz und gibt einen Alarm aus, wenn diese während einer Ruhephase zu hoch oder zu niedrig ist. Außerdem hilft sie dir dabei einzuschätzen, wie hart du während Aktivitäten trainierst.

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