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Bewegungsanalyse für Läufer: Warum Expertenrat wichtig ist

Überpronation, Beckenschiefstand, Over-Crossing: Wenn dich Schmerzen beim Laufen plagen, kann eine Bewegungsanalyse helfen, die Ursachen zu ergründen.

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Beim Start ahnte ich noch nicht, dass dies mein vorerst letzter Lauf sein würde. Es ging beschwingt und gut gelaunt auf der neuen Strecke zur Sache. Vielleicht ein bisschen zu schnell, auf jeden Fall aber ein bisschen zu weit. Schon nach der Hälfte spürte ich bei Kilometer 12 ein leichtes Ziehen im Rücken. Wenige hundert Meter weiter wurde aus der Verspannung stechender Schmerz. An Laufen war nicht mehr zu denken. Vier Kilometer humpelnd nach Hause gehen. Und Rätselraten ob der Ursache. Mein Verdacht: Es könnte etwas mit meinen Laufschuhen zu tun haben. Oder damit, dass ich manchmal die Schultern verkrampft hochziehe. Oder mit meinem „unrunden“ Laufstil, weil ich stets versuche, mein in der Kindheit verletztes Knie zu schonen.

Der Zufall half nach, und meine Recherche im Netz brachte nicht nur dreihundert mögliche Erklärungen interessierter Laienärzte, sondern auch Handfestes zu Tage: Expertenwissen. „Das ist eine typische Situation, in der sich Läufer an uns wenden“, bestätigt Katharina Schlutt vom Sanitätshaus Hofmann in Schwerin, der ich wenige Tage später gegenüberstehe. „Die Leute kommen zu uns erst, wenn es wehtut“. Das Sanitätshaus mit einer eigenen Sport-Orthopädie bietet professionelle Bewegungsanalysen an. Ich habe einen Termin vereinbart, um mit ihrer Hilfe herauszufinden, was die Ursache meiner Schmerzen ist.

„Um meine Füße habe ich mir bislang keine Gedanken gemacht“

Größe, Gewicht, Alter, Laufumfang pro Woche und mögliche Verletzungen interessieren Katharina, genauso will sie aber auch meine Entscheidungsgründe für die aktuellen Laufschuhe wissen. Die wurden mir vor etlichen Jahren mal in einem Sportladen empfohlen. Und ich mag sie eigentlich, manchmal fühlt sich damit das Laufen so besonders leicht und angenehm an.

Sie untersucht meine Füße und stellt Druckstellen und Schwielen fest. „Du hast einen Hohlspreizfuß mit viel Spannung drauf. Dazu noch eine hohe Belastung auf dem Vorfuß“, ist ihr erster Zwischenstand. Das sei an sich kein großes Drama, könne aber zu einem werden, wenn Schuhe schlecht konstruierte Vorfußdämpfungssysteme oder komplett gewölbte Zwischensohlen haben. Dass es so um meine Füße bestellt ist, wusste ich bislang nicht. Und ehrlich gesagt habe ich mir um meine Füße und die Schuhe auch nur wenig Gedanken gemacht. Denn so richtig Hinhören, was der Körper macht, sagt oder eben nicht mag, ist nicht unbedingt eine Fähigkeit, die ich mir zuschreibe.

Einen anderen Schwachpunkt hingegen kenne ich hingegen schon lange: meine Beweglichkeit. Beim oberen Sprunggelenk attestiert die Fachfrau Einschränkungen. Auch sonst bin ich ein typischer Hobbyläufer. Dehnen passiert nur im Ausnahmefall, Core-Training habe ich schon mal gelesen und Crosstraining soll ja auch ganz gut sein. Katharina genügen wenige Minuten Beobachtung, um das festzustellen. Die Analyse beginnt aber erst jetzt.

Laufanalyse in Zeitlupe: Es tut bereits beim Zuschauen weh

Das Laufband setzt sich langsam in Bewegung. An meinen Körper- und Gelenkachsen hat die Bewegungsanalytikerin Markierungen angebracht: Knie, Wade, Hacken, Becken, Wirbelsäule – überall kleine Punkte, Linien und Muster.

© Marieke Sobiech

„Durch diese Markerpunkte können wir auf den Aufnahmen sehr genau Fehlstellungen und Probleme erkennen und damit den Ursachen auf die Spur kommen“, erklärt Katharina, während ich barfuß auf dem Laufband laufe. Aus zwei Perspektiven werde ich gefilmt, zwischendurch ändere ich die Laufrichtung, damit meine Füße von vorne gefilmt werden können. Nach dem Barfußlaufen das gleiche Programm mit Laufschuhen. Die Lampen für gute Lichtverhältnisse auf dem Video sorgen für Schweißperlen auf meiner Stirn.

Endlich wird das Laufband langsamer, stoppt, und ich kann auf Monitoren einen Typen in Zeitlupe rennen sehen: mich.

„Überpronation im Fuß“, stellt die Expertin fest, „er knickt also nach innen“. Auf dem Bildschirm lässt sich das auch in Zahlen darstellen. Mit Hilfslinien rechnet die Analyse den Achillessehnenwinkel aus: Links 13,2 Grad, rechts 21,3 Grad. In Zeitlupe ist genau der Moment des Aufsetzens und Abdrückens des Fußes zu sehen, und wie er dabei einknickt. Es tut bereits beim Zuschauen weh. Katharina deutet auf meine Hüfte, während Bild für Bild durchläuft. Ich erkenne erst auf den dritten Blick, was sie meint. Während beim Aufsetzen links das Becken schnurgerade steht, ist es rechts deutlich anders. „Beckenschiefstand von -11,6 Grad“ steht später in der Auswertung der Analysedaten.

„In der rechten Stützphase, also der Zeitraum, in dem sich der Körperschwerpunkt über den am Boden ruhenden Fuß nach vorn verlagert, kippt das Becken über das normale Maß zur linken Körperseite ab“, erklärt mir die Bewegungstherapeutin. Ausgelöst werde diese Instabilität durch eine zu schwache hüftstabilisierende Muskulatur des rechten Gesäßmuskels. Und grundsätzlich soll ich unbedingt an meiner Pomuskulatur arbeiten. Meine Füße übersetzen während der Stützphase über die Körpermittellinie. Häufig ein Indiz für eine muskuläre Dysbalance der Beckenregion. Während meine Körperachsen in der Statik ganz ok waren, ändert sich das in der Dynamik – wesentlich. „Du musst was tun“, sagt Katharina. Und zwar das volle Programm: Physiotherapie, Faszientraining mit der BlackRoll, Übungen zur Hüftstabilisierung …

Laufschuhe nicht ohne Expertenrat kaufen

Katharina nimmt sich noch mal meine Laufschuhe vor, ich habe neben meinen bewährten Tretern auch ein paar neue mitgebracht, die ich auf Empfehlung anderer Läufer gekauft habe und die toll sein sollen. Katharinas Kollege Dennis Kruse, erfahrener Triathlet und im Sanitätshaus Hofmann vor allem für die Analyse und Beratung von Sportlern zuständig, sieht auf den ersten Blick: „Der Schuh ist viel zu weich, das Material staucht nach innen, gibt dem Fuß keine Führung, hält das Fersenbein nicht. Funktionell ist der Schuhe eine glatte 6“. Ein vernichtendes Urteil. Katharina ergänzt:

Ich fühle mich in dem Schuh wohl bedeutet nicht automatisch, dass der Schuh gut ist.

Katharina Schlutt

Die Empfehlung der Experten: Beraten lassen. Laufschuhkauf im Internet sei vielleicht preislich günstiger, könne aber eben genau die wichtige Hilfestellung und den Blick eines Experten nicht ersetzen. „Bei uns und auch vielen anderen Bewegungsanalytikern bekommst du nicht nur eine Auswertung aller Daten und Erkenntnisse – sondern auch eine Liste mit Laufschuhen, die wir auf dich zugeschnitten empfehlen können.“ Und einen Workoutplan, der alle Maßnahmen zusammenfasst, die vor allem auf meine so schön als „muskuläre Dysbalance“ verklausulierte schlechte Beweglichkeit abgestimmt sind. Aus den neuen Erkenntnissen, die durch die Analyse von Katharina und Dennis entstanden sind, formuliere ich mir meine Vorsätze für das neue Jahr: Unbedingt mehr an Beweglichkeit und Stabilität arbeiten. Die beiden Baustellen vieler Hobbyläufer.

Gang-, Lauf- und Bewegungsanalysen kannst du beispielsweise in Sanitätshäusern, Praxen für Physiotherapie, Ärzte oder auch Sportvereinen machen. Die Analyse in Sportfachgeschäften zielt hingegen oftmals weniger auf eine ganzheitliche Betrachtung ab. Die Kosten für den Expertenrat richten sich nach Umfang und Dauer und liegen je nach Region zwischen 80 bis 200 Euro. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen dies in der Regel nicht.

Idealerweise informierst du dich in einem Vorgespräch über den Analyseumfang und machst dir ein Bild von der verwendeten Technik und der Qualifikation des Analysten. Üblicherweise bringst du zu deiner Analyse kurze Sportsachen und deine Laufschuhe mit.

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