Mit Zyklus-Tracking zu mehr Körperbewusstsein und Trainingserfolg
Es ist der 10. Zyklustag von Nadine Heck, auch Nine genannt. Die Triathletin und Sportwissenschaftlerin steht kurz vor einem Wettkampf in Paris. Ihre Stimmung? Positiv geladen! Nine weiß, dass sie in der aktuellen Phase viel Energie für ihr Training hat und voll durchziehen kann.
Diese Selbstsicherheit war jedoch nicht immer da. Erst 2018 hat sich Nine das erste Mal intensiver mit ihrem Zyklus beschäftigt und dabei Wichtiges über die Auswirkungen auf ihren Körper gelernt. Sie sagt: „Es gibt extreme Unterschiede, wie ich mich während der verschiedenen Phasen meines Zyklus fühle. Auch beeinflussen die Hormone meine Motivation. Was mir an bestimmten Tagen leichter fällt, ist an anderen ein Kampf!“
Früh stellt sich die Sportlerin die Frage: Wie kann ich dieses Wissen am besten für mein Training nutzen?
Mit dieser Frage ist Nine nicht allein. Auch in ihrem Umfeld wird das Thema „Zyklus und Training“ in der damaligen Zeit zunehmend präsenter. Bachelor- und Masterarbeiten ihrer Kommilitoninnen beschäftigen sich mit Hormonschwankungen und deren Folgen für den Körper. Die Öffentlichkeit spricht immer mehr darüber – unter Sportlerinnen ist es ein besonders heißes Thema!
Eisprung mit sportlichen Folgen
Nine beginnt, ihren Zyklus zu tracken. Anders als heute mit dem Menstruations-Tracking von Garmin ist das damals noch recht aufwendig. Sie notiert täglich ihre Symptome: körperliches Befinden, Gemütslage, Motivation. Und Nine misst jeden Morgen ihre Temperatur mit einem Basalthermometer. Nach mehreren Wochen stellt sie fest: In der zweiten Zyklushälfte steigt ihre Körpertemperatur. Das passiert, wenn die Eizelle freigesetzt wird. Der Körper erreicht dann einen Höhepunkt des Östrogenspiegels und beginnt zusätzlich mit der Produktion von Progesteron. Nach dem Eisprung steigt die basale Körpertemperatur gewöhnlich um 0,5 bis 0,9 Grad Celsius an und bleibt für einige Tage erhöht. Das hat auch Auswirkungen auf den Sport.
Nine erklärt: „Wenn ich während meines Eisprungs in der Hitze trainieren muss oder bei einem Wettkampf an meine Grenzen stoße, erhöht sich meine Körpertemperatur schneller, weil sie im Vergleich zu Männern naturgemäß schon erhöht ist. Es ist dann so, als hätte ich Fieber. Generell bin ich extrem empfindlich bei Hitze. Aber an diesen Tagen ist es besonders hart und ich muss meine Körpertemperatur noch genauer im Blick haben.“ Das Problem für die Leistungswerte der Triathletin: Je höher die Temperatur, desto mehr Energie muss der Körper in die eigenen Kühlsysteme investieren. Das geht zulasten der Kraft, die sonst in Beine oder Arme fließen könnte.
Mit der Zeit erkennt Nine immer mehr Zusammenhänge zwischen den Zyklusphasen und ihrem ganzheitlichen Wohlbefinden. Dadurch lernt sie ihren Körper besser kennen und „groovt“ sich in ihren Zyklus ein. In dieser Zeit gründen Nine und ihr Mann Florian „TRI2GETHER Coaching“. Neben Leistungsdiagnostik und Personal Training unterstützt Nine heute auch Frauen darin, ihr Training auf ihren Zyklus abzustimmen. Dieses Coaching beruht im Wesentlichen auf den vier Phasen eines gesunden weiblichen Zyklus.
Die 4 Phasen eines gesunden weiblichen Zyklus
Ein natürlicher Zyklus, der nicht durch chemische Hormone wie die Pille oder die Hormonspirale beeinflusst wird, durchläuft vier Phasen.
Phase 1: Die Periode
Dein Zyklus beginnt mit dem ersten Tag der Monatsblutung. In dieser Phase sinkt dein Hormonspiegel. Die Gebärmutter zieht sich zusammen und stößt die Gebärmutterschleimhaut ab. Das kann zu Unterleibsschmerzen und Bauchkrämpfen führen. Viele Frauen wünschen sich in dieser Phase Ruhe.
Phase 2: Die Follikelphase
In der Zeit vor dem Eisprung reifen neue Follikel an deinen Eierstöcken heran. Jedes Follikelbläschen enthält eine Eizelle. Auch die Gebärmutterschleimhaut baut sich nun langsam wieder auf. Dein Östrogenspiegel steigt kontinuierlich an und sorgt bei vielen Frauen für reichlich Energie, Motivation und gute Laune.
Phase 3: Die Ovulationsphase (Eisprung)
Der Höhepunkt deines Östrogenspiegels sorgt dafür, dass ein Follikel ein ausgereiftes Ei freigibt – die Ovulation. Das Ei bewegt sich durch den Eileiter und kann nun bis zu 24 Stunden befruchtet werden. Unmittelbar nach dem Eisprung beginnt dein Körper, ein weiteres Hormon zu produzieren: Progesteron. Manche Frauen spüren während des Eisprungs den Mittelschmerz. Auch erste Anzeichen von PMS können sich in dieser Phase bemerkbar machen.
Phase 4: Die Lutealphase
In der letzten Zyklusphase steht alles im Zeichen einer möglichen Schwangerschaft. Deine Gebärmutterschleimhaut verdickt sich und wartet auf ein potentiell befruchtetes Ei. Dein Körper wird weicher, es können Wassereinlagerungen und spannende Brüste auftreten. Der Östrogenspiegel sinkt, während das Progesteron steigt. Diese hormonelle Veränderung führt oft zu Müdigkeit. Vielleicht bist du gereizter, lässt dich leichter stressen und fühlst dich unmotiviert. Kam es zu keiner Befruchtung, sinkt der Progesteronspiegel langsam wieder ab. Dein Körper erkennt nun: Die Gebärmutterschleimhaut kann abgestoßen werden. Und dein Zyklus beginnt wieder von vorne.
Individuelles Empfinden: Von Zyklus zu Zyklus. Von Frau zu Frau.
So verlockend allgemeingültige Aussagen auch sein mögen – sie haben ihre Tücken. Die oben genannten Phasen können sich bei jeder menstruierenden Person anders auswirken. Nine sagt zum Beispiel:
„Ich habe entgegen des typischen Empfindens vieler Frauen und der Fachliteratur festgestellt, dass ich ab Tag 2, also kurz nachdem meine Periode einsetzt, richtig aufdrehe. Ich fühle mich super und mache sowohl Ausdauer als auch Krafttraining am liebsten. In dieser Phase bin ich – bis zu meinem Eisprung – am leistungsstärksten. Dann ändert sich etwas. Ich muss während der Ovulationsphase tatsächlich stark mit dem Hormonwechsel kämpfen. Ich merke dann, wie mir mein Körper signalisiert: Mach mal langsam! Auch meine Konzentration und meine Motivation für das Training sinken.”
Üblicherweise heißt es, entgegen Nines Empfinden, dass sich Frauen ab dem Eisprung, wenn der Östrogenspiegel am höchsten ist, richtig gut fühlen. Die Haut strahlt, die Haare glänzen. Man hat Lust, etwas zu unternehmen und ist höchst motiviert. Als Trainerin und Leistungsdiagnostikerin weiß Nine, dass sich viele Athletinnen in der zweiten Zyklushälfte genauso fühlen. Wer nicht in dieses Schema passt, fühlt sich möglicherweise rasch verunsichert. Deshalb appelliert Nine an Frauen: „Trackt eure Symptome. Trackt euren Zyklus. Wenn ihr euch an Tag X nicht wohl fühlt, dann ist das so. Nur weil in der Literatur steht: Jetzt ist dein Peak, jetzt bist du total aktiv, heißt das nicht, dass es bei dir genauso sein muss. Es gibt da kein richtig oder falsch. Vor allem kann es auch von Zyklus zu Zyklus Unterschiede geben.”
Drei Tipps für dein zyklusbasiertes Training
Tipp 1: Besser trainieren im Einklang mit dem Zyklus: So hilft die Leistungsdiagnostik
Viele Sportlerinnen trainieren nicht in ihren optimalen Leistungsbereichen. Sie laufen oder radeln viel zu schnell, haben dadurch einen extrem hohen Kohlenhydratverbrauch und versorgen sich während des Trainings nur mit Wasser, aber nicht mit energiereicher Nahrung. „Das ist langfristig sehr schädlich für den Körper.” erklärt Nine. Um das zu vermeiden, rät sie sowohl Hobbysportlerinnen als auch Athletinnen im Profibereich zu einer Leistungsdiagnostik.
Durch eine Leistungsdiagnostik finden Sportlerinnen heraus, in welchem Bereich sie richtig trainieren können, ohne den eigenen Körper zu schaden. Die metabolischen Daten zeigen, wie viele Kohlenhydrate und Fette Aktive bei welcher Leistung verbrauchen – und was sie sich während des Trainings oder danach wieder zuführen müssen. Entsteht eine Kombination aus Übertraining und einer zu geringen Kalorienaufnahme, kommt es zum Energiemangel. Betroffene sind erschöpft und kommen aus diesem Loch nur schwer wieder heraus. Der klinische Begriff dafür ist Relative Energy Deficiency in Sport, kurz RED-S.
Nine erklärt: „Der Zyklus ist für uns Frauen ein zusätzlicher Gesundheits-Check. Damit sind wir, wenn wir gut darauf achten, den Männern einen Schritt voraus. Sobald du merkst, dass etwas Ungewöhnliches passiert, dein Eisprung sich verschiebt, dein Zyklus kürzer, länger oder unregelmäßig wird oder sogar ganz ausbleibt, dann ist das bei Sportlerinnen zu 90 Prozent auf einen Nährstoffmangel zurückzuführen.“
Eine Leistungsdiagnostik kann Frauen in Bezug auf ihren Zyklus noch in einem weiteren Punkt unterstützen: Motivation.
Konkret auf dich bezogen: Angenommen, ein Wettkampf fällt auf eine Zyklusphase, in der es dir tendenziell schlechter geht. Vielleicht hast du mit PMS zu kämpfen, hast Schmerzen oder fühlst dich einfach träge. Dann kann das extrem demotivierend sein.
Dein Diagnostik-Profil zeigt dir jedoch immer, was du körperlich leisten kannst – egal in welcher Zyklusphase du dich befindest. Die physiologischen Parameter ändern sich nämlich nicht. Nine rät in diesem Zusammenhang:
Vertraue auf dich! Dein Körper kann die Leistung bringen. Aber es fühlt sich eben härter an. Wenn du dir das bewusst machst, kannst du anders an einen Wettkampf herangehen. Es ist reine Kopfsache!
Nadine Heck
Tipp 2: Mikronährstoffe: Was dein Körper zusätzlich braucht
Mikronährstoffe wie Eisen, Zink, Magnesium, Kalium, Kalzium oder verschiedene Vitamine sorgen für einen rundum gesunden Körper – die Basis für eine gute Leistungsfähigkeit. Eine Mikronährstoffanalyse kann hier Klarheit schaffen.
Frauen haben in einzelnen Zyklusphasen einen erhöhten Bedarf an Mikronährstoffen. Während der Periode verlierst du beispielsweise durch den Blutverlust rund 15-30 mg Eisen. Eisenmangel kann Müdigkeit hervorrufen und sich auch auf deine Leistungsfähigkeit auswirken. Nach dem Eisprung, in der Lutealphase, verbraucht der Körper aufgrund der Hormonumstellung etwa 200 Kalorien mehr. Achte in dieser Phase also auf eine erhöhte Kohlenhydratzufuhr, vor allem während des Trainings. Direkt nach der Belastung sind Proteine die richtige Wahl. Auch Magnesium und Omega-3 können eingenommen werden.
Tipp 3: Digitale Tools für dein zyklusbasiertes Training
Trackst du deinen Zyklus und deine Symptome über eine App oder eine Smartwatch, können dir diese Tools eine hilfreiche Unterstützung für dein Training bieten. Nine setzt zum Beispiel auf ihre Smartwatch von Garmin: „Meine Uhr weiß alles über mich. Ich trage sie Tag und Nacht und sie setzt alles miteinander in Verbindung. Zum Beispiel: Wenn ich hart trainiert und schlecht geschlafen habe, zeigt die Uhr mir sehr genau an: Deine Trainingsbereitschaft ist heute eher schlecht. Mach heute mal ruhiger. Das hilft enorm, mein körperliches Gleichgewicht im Auge zu behalten.”
Obwohl Daten und deren Analysen wichtig für eine gesunde Trainingsroutine sind, mahnt Nine: „Verlasst euch nicht nur auf eure digitalen Tools. Hört vor allem auf euren Körper! Ich zum Beispiel lasse mich nicht aus dem Konzept bringen, wenn die Garmin Uhr mir sagt, heute sei meine Motivation eventuell schwach. Wenn nun mal ein Wettkampf vor der Tür steht und ich mich gut fühle, mache ich das Training trotzdem.”
Das gilt für Nine auch umgekehrt: „Wenn die Smartwatch oder eine Zyklustracking App meldet: Du hast heute gute Voraussetzungen für ein effektives Training. Aber du fühlst dich nicht danach, weil du vielleicht Stress auf der Arbeit oder im Privatleben hast, dann rate ich, auf das individuelle Gefühl zu hören.”
Tipp zum Abschluss: Probiere doch mal das Menstruations-Tracking von Garmin aus. Wie das funktioniert und welche Vorteile es hat, liest du in diesem ausführlichen Beitrag.
Menstruations-Tracking: Im Einklang mit dem Körper
Verwende die kostenlose Garmin Connect-App, um deinen Zyklus aufzuzeichnen. Speichere Symptome, erhalte Informationen zu Training, Ernährung und vielem mehr. Die App für das Frauengesundheitstracking ermöglicht es dir sogar, Details direkt auf deiner Smartwatch anzuzeigen und aufzuzeichnen.
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