Es wird Zeit, die Ernährungsbibeln umzuschreiben – und das hat auch schon begonnen. Denn das Jahrzehntelang in Misskredit geratene Fett ist längst nicht so schädlich, wie lange gepredigt. Eine Studie legt sogar nahe, dass Fette gesünder als Kohlenhydrate sind. Das ist zwar vielen Experten auch zu kurz gegriffen, aber eines ist klar: Fett macht nicht per se krank – wir brauchen es sogar. Und zu wenig Fett zu essen ist mindestens genauso ungesund, wie sehr viel davon zu verzehren. Die Zauberformel lautet: Genügend vom richtigen Fett konsumieren und es optimal mit anderen Makronährstoffen zu kombinieren.
Doch was ist Fett eigentlich genau?
Mit Kohlenhydraten und Eiweiß gehört Fett zu den so genannten Makro- oder Hauptnährstoffen für uns Menschen. Rein chemisch handelt es sich meist um Ketten von Fettsäuren, den gesättigten und den ungesättigten. Außerdem ist Fett ein Geschmacksträger und Energielieferant. Pro Gramm liefert es immerhin 9 Kalorien – im Vergleich kommen Kohlenhydrate und Eiweiß nicht einmal mit der Hälfte an Kalorien daher (4 kcal pro Gramm).
Das heißt: Wir benötigen bezogen auf die tägliche Makronährstoffverteilung von Fett weniger. In Maßen genossen – das wissen wir heute – ist Fett jedoch sehr wichtig für uns. Mit dem Vorteil, dass es auch länger sättigt und so Heißhungerattacken vorbeugen kann.
Was für Unterschiede gibt es bei Fett?
Abhängig von ihrem Aufbau können Fette gesättigt oder ungesättigt sein (einfach oder auch mehrfach). Gesättigte Fette wurden in der Vergangenheit lange mit einem erhöhten Infarktrisiko in Verbindung gebracht, das ist heute aber strittig. Inzwischen gilt als Grundsatzregel: Die Ernährung sollte möglichst abwechslungsreich und ausgewogen sein – und das betrifft auch die Fette, die wir zu uns nehmen.
Fette tierischen Ursprungs (Butter, Schmalz, Sahne, Fleisch) etwa sind häufig reich an gesättigten Fettsäuren. Es gibt aber auch Ausnahmen, wie fettreicher Fisch (beispielsweise Lachs, Makrele, Thunfisch und Co.), der ungesättigte Fette enthält. Darunter vor allem die als gesund geltenden Omega-3-Fettsäuren, die Entzündungsprozesse regulieren und das Herz schützen sollen.
Wichtig zu wissen: Die meisten Fette, die unser Körper benötigt, kann er aus anderen Fetten oder Rohstoffen selbst entwickeln – das gilt aber nicht für die Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure und die Omega-6-Fettsäure Linolsäure. Beide müssen wir über die Nahrung aufnehmen. Sie sind in Nüssen (viel Linolsäure steckt in Kokosnüssen) und Samen enthalten – und auch in pflanzlichen Ölen (etwa in kaltgepresstem Leinöl oder Rapsöl). Und auch Früchte wie die Avocado können einen guten Beitrag zu einer ausgewogenen Zusammensetzung aus tierischen und pflanzlichen Fetten leisten.
Clever kombinieren
Was Fett lange Zeit als Feind auf unserem Speiseplan pauschalisiert hat, ist der Fakt, dass es in Kombination mit schnellen Kohlenhydraten, wie Zucker, Weißmehl und vor allem Alkohol, direkt in den Depots als Fettpolster gespeichert wird. Grund: Zuerst werden die Kohlenhydrate als Energiequelle aufgebraucht, danach erst das Fett. Der durch Kohlenhydrate verursachte hohe Insulinspiegel hemmt die Fettverbrennung ebenfalls. Da aber meist immer wieder Kohlenhydrate hinterherkommen – Stichwort Heißhungerattacken durch starkes Auf und Ab des Insulinspiegels – kommt es oft gar nicht erst zum Fettverbrauch im Energiehaushalt. Was nicht anderweitig verwertet wird (siehe unten), setzen wir also an. Besonders brisant ist entsprechend auch frittiertes Essen, wie Chips, Pommes oder Krapfen.
Besser ist es, gesunde Fette in einer kohlenhydratreduzierten Mahlzeit mit Eiweiß und langsamen Kohlenhydraten, beispielsweise aus Hülsenfrüchten, zu kombinieren. Kohlenhydratreiche Mahlzeiten sollten nach Möglichkeit eher fettärmer gestaltet werden. Also lieber Pasta mit Tomatensoße, statt Spaghetti Carbonara. Und längere Pausen fünf bis sechs Stunden zwischen den Mahlzeiten sorgen zusätzlich dafür, dass die Kohlenhydrate alle aufgebraucht und die Fettverwertung angekurbelt wird.
Wofür brauchen wir denn Fett?
Fett als Nährstoff übernimmt eine ganze Reihe von Aufgaben in unserem Körper. Es …
… sorgt dafür, dass wir die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K aufnehmen und nutzen können.
… versorgt uns mit essenziellen Fettsäuren.
… fungiert als wichtiger Baustein für Zellen und Nerven.
… schützt unsere inneren Organe.
… steuert Wachstum und Blutgerinnung.
… stärkt Haut und Nägel.
… versorgt uns mit Energie, wenn die Kohlenhydrate aufgebraucht sind.
… dient uns als Wärmeschutz, wenn es dann doch unter der Haut als Depot für schlechte Zeiten gespeichert wird.
Wie viel Fett brauchen wir?
Eines ist klar: Ständige Völlerei mit fettigen Lebensmitteln ist nicht gut und schadet uns. Denn unser Körper lagert es nicht nur in Pölsterchen unter der Haut ein, sondern auch in Organen wie der Leber, der Bauchspeicheldrüse und der Herzmuskulatur. Mit teils weitreichenden gesundheitlichen Folgen (von Diabetes bis zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen). Aber heute ist auch erwiesen: Zu wenig Fett ist auch nicht gut. Vor allem der Mangel an essenziellen Fettsäuren ist sehr schädlich – das Immunsystem kann geschwächt werden, es kann zu verminderter Lernfähigkeit kommen, zu Leber- und Nierenschäden. Auch fettlösliche Vitamine werden nicht so gut aufgenommen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), hat deshalb ihre Einschätzung, wie viel Fett für uns pro Tag empfehlenswert ist, nach oben korrigiert. Als Richtwert gilt heute: Fett sollte 30 Prozent unseres täglichen Energiebedarfs ausmachen.
Dabei ist darauf zu achten, dass es sich um qualitativ hochwertige Fette handelt, „versteckte Fette“ wie in Wurst, Süßwaren, Fast Food und Fertigprodukten sind aber weiterhin zu meiden.
Die wichtigsten Tipps im Schnellcheck
- Bevorzuge pflanzliche Fette und Öle, da sie reichlich ungesättigte Fettsäuren enthalten. Übrigens: Der Anteil an ungesättigten Fettsäuren ist in flüssigen Produkten meist höher.
- Achte beim Fett auf die Kalorien, das gilt besonders bei den sichtbaren Fetten wie Butter oder Öl.
- 40 Gramm Butter etwa enthalten bereits 360 Kalorien. Dennoch ist richtige Weidebutter oder auch Biobutter besser, als konventionelle Butter. Durch die anteilige, oft aber auch durchgängige, Grasfütterung enthält sie mehr ungesättigte tierische Fettsäuren, die unser Körper gut verwerten kann.
- „Versteckte Fette“ meiden. Sie verwässern das Gefühl für die eingenommene Gesamtmenge. Oft stecken sie in Süßigkeiten, Kuchen und Fertigprodukten und sind mit bloßem Auge nicht mehr sichtbar, wie etwa der Speckrand am Schinken oder die Butter auf dem Brot, da sie von fremder Hand eingearbeitet wurden.