FoodHealth

Pickle Juice: Neues Wundergetränk aus Gurkensaft und Essig?

Athleten aus verschiedenen Sportarten schwören auf die kleinen Shots aus saurem Gurkensaft und Essig. Angeblich hilft der Drink gegen Krämpfe. Doch was steckt hinter dem Hype?

Teilen
1

Kein positives Geschmackserlebnis: Wer zum ersten Mal Pickle Juice trinkt, verzieht das Gesicht und muss sich kurz schütteln. So überraschend sauer und bitter zugleich „mundet“ das neue Sportlergetränk aus Gurkensaft und Essig.

Trotzdem konnten Sportfans im vergangenen Jahr immer mehr Athleten beobachten, die zu den Mini-Fläschchen griffen. Etwa der Fußballspieler Lucas Torreira von Arsenal London während einer Behandlungspause. Oder Australiens Rugby-Spieler Josh Mansour, der eine kurze Spielunterbrechung dafür nutzte, neben Wasser auch einen schnellen Pickle Juice Shot herunter zu stürzen. Auch der bekannte US-amerikanische Tennisspieler Frances Tiafoe, der im Achtelfinale der Australian Open fünf kräftezehrende Sätze gegen Grigor Dimitrov spielen musste, trank bei tropischer Hitze einen Gurkensaft. Er gewann das Match und gestand später im Fernsehinterview: „Es schmeckte ekelhaft. Ich fühle mich immer noch furchtbar.“

Verbirgt sich hinter dem eigenwilligen Getränkestar nun ein gut bezahlter PR-Gag? Ist es nur ein gesponsertes Modegetränk oder tatsächlich ein neuer Powerdrink?

Pickle Juice: Essig, Salze, Zink – und jede Menge Sodium

Die wissenschaftliche Antwort lautet: Pickle Juice hilft tatsächlich, um Krämpfe zu vermeiden. Laut Studien wirkt es zu 40 Prozent effektiver als Wasser. Allerdings darf der Drink nur in ganz kleinen Mengen eingenommen werden, weil das salzige Getränk zu viel Wasser im Körper bindet. Ein Blick auf die Inhaltsstoffe eines Fläschchens „Extra Strength Pickle Juice Shots“ (72 ml) zeigt null Prozent Fett und null Prozent Zucker. Dafür aber 470 Milligramm Sodium, 20 Milligramm Kalium, jeweils acht Prozent Vitamin E und C sowie Wasser, organisches Essig, Dill-Öl und Salz. Nicht gerade ein fruchtiger Iso-Drink.

Die Hamburger Ernährungswissenschaftlerin Katrin Kleinesper, die seit 20 Jahren im professionellen Sportumfeld arbeitet, sieht im schlechten Geschmack aber kein Problem. „Wir entwickeln ein anderes Geschmacksbewusstsein, wenn der Körper etwas wirklich braucht. Ein Profi-Radfahrer würde im Alltag wahrscheinlich keinen Energieriegel essen – im Wettkampf, wenn der Hunger kommt, schmeckt er aber auf einmal köstlich.“

Ernährungsexpertin Katrin Kleinesper aus Hamburg
Für die Hamburger Ernährungsexpertin Katrin Kleinesper ist der Pickle Juice Gewöhnungssache. © privat

Anwendungsgebiet: Wenn der Körper bereits im roten Bereich ist

Pickle Juice kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn Sportler die sogenannte „Extrameile“ gehen müssen – der fünfte Satz im Tennis, die Verlängerung beim Fußball, der Marathonläufer auf seinen letzten fünf Kilometern. Also genau dann, wenn Sportler die Grenzen ihres Trainingspensums verlassen und ihre körperlichen Limits austesten. „Mit jedem Liter Schweiß verliert der Körper etwa ein Gramm Salz. Dieses Defizit kann man gut mit der Ernährung, aber auch natriumreichen Getränken oder Pickle Juice ausgleichen“, sagt Katrin Kleinesper. Entscheidend ist – wie eigentlich immer – die Dosis. „Zu viel Salz kann den Körper schädigen und Ödeme verursachen“, sagt die Expertin.

Pickle Juice sorgt für einen erstaunlichen Reflex

Auch der britische Ernährungswissenschaftler Dr. Mayur Ranchordas hat die Wirkung von Pickle Juice untersucht. Es sei für ihn offensichtlich, dass die Inhaltsstoffe Sodium, Kalium und Essig dafür sorgen, dass dem Körper die ausgeschwitzten Salze wiederzugeführt werden. Das erklärte Ranchordas der BBC. Doch fand der Wissenschaftler auch etwas Erstaunliches heraus: die Wirkung des ungewöhnlichen Geschmacks. „Im Mund wird ein Reflex getriggert, der ein Signal an verschiedene Muskelgruppen schickt, nicht zu verkrampfen. Vor allem bei extrem heißen Bedingungen kann man davon profitieren”, so Ranchordas.

Eine allgemeine Empfehlung für die Dosierung von Pickle Juice gibt es nicht. Diese hängt davon ab, wie stark jemand schwitzt. Es gibt Sportler, die nach dem Aufwärmen bereits klitschnass sind. Andere wiederum fangen erste nach einer Stunde an, leicht zu schwitzen. Über den Tennisspieler Roger Federer sagt man, dass er „nach innen schwitze“, weil man nie einen Tropfen auf seiner Stirn sieht.

Wer besonders viel schwitzt, profitiert

Pickle Juice ersetzt trotz seiner Vorteile nicht die gewöhnliche Flüssigkeitszufuhr während eines Wettkampfs – das sollten vor allem Hobby-Athleten wissen. „Ein bis zwei Shots sind bei intensivem Training, bei starken Schwitzern und zu Krämpfen neigenden Sportlern okay“, sagt Katrin Kleinesper. Sie ergänzt: „Um Krämpfe vorzubeugen und nachträglich zu behandeln, wird in der Regel viel mit Magnesium gearbeitet. Grundsätzlich haben Leistungssportler aber einen hohen Bedarf an allen Nährstoffen und nicht nur an einem.”

Die ganze Palette an Nährstoffen sollte daher abgedeckt sein. Sportler brauchen sogenannte Mikronährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente.
Wer seine Ernährung vor und während der Sporteinheit oder des Wettkampfes bereits optimiert hat und trotzdem über Krämpfe oder andere Symptome klagt, kann sich bei einem Ernährungsberater untersuchen lassen. „Dabei wird ganz gezielt festgestellt, welche Vitalstoffe dem Körper fehlen. Dann gibt es Lebensmittelempfehlungen, um diesen Mangel auszugleichen“, sagt Expertin Katrin Kleinesper.

Ein probates Mittel gegen Alkoholkater

Hierzulande bekommt man Pickle Juice bislang nur via Ebay als Importware aus den USA. Zwölf Fläschchen gibt es für knapp 22 Euro – plus Lieferkosten. Im Internet finden Neugierige aber unzählige Rezepte, wie man Pickle Juice auch selbst zubereiten kann. Es gibt sogar Whiskey-Sour-Rezepte mit dem Gurkensaft.

Wer einen leichten Geschmackseinsteig ausprobieren will, kauft ein Glas saure Gurken oder Cornichons und trinkt den übrig gebliebenen Saft aus. In der Flüssigkeit sind allerdings noch zehn Prozent Zucker enthalten, was das saure Erlebnis extrem abschwächt. Gut zu wissen: Pickle Juice schützt nicht nur vor Muskelkrämpfen, sondern ist auch eines der besten Mittel bei einem Kater nach durchzechter Partynacht. Außerdem tötet Pickle Juice viele Bakterien in Mund und Rachen, die für Mundgeruch sorgen.

Auch Interessant

Venu 3 Serie

15.02.2018

KNOW THE REAL YOU

Erfahre mehr über deinen Körper als je zuvor:

  • Gesundheits- und Fitnessfunktionen ermöglichen eine detaillierte Analyse von Aktivitäten sowie Schlaf, Stress und mehr.
  • Der tägliche Morning Report zeigt dir die wichtigsten Informationen für den Start in den Tag und wie du deine Fitness gezielt verbesserst.
  • Mit mehr als 30 Sport- und Outdoor-Apps sowie animierten Workouts, auch für Rollstuhlfahrende, bleibst du immer in Bewegung.
  • Bleibe up-to-date und nehme Anrufe entgegen, nutze die Sprachassistenz, bezahle kontaktlos über Garmin Pay oder genieße deine Lieblings-Playlists – direkt vom Handgelenk über deine Fitness-Smartwatch.

zu Garmin.com
Weitere Themen
Meinungen
Wolf
28.04.2020 | 11:57 Uhr

„Sodium“ ist immer noch das gute alte Natrium.

Jetzt mitdiskutieren
Ein Kommentar

Diskutiere über diesen Artikel

Wolf
28.04.2020 | 11:57 Uhr

„Sodium“ ist immer noch das gute alte Natrium.