Der Ausbruch des Coronavirus stellt uns vor ungeahnte Herausforderungen. Millionen Menschen müssen plötzlich über Wochen hinweg Beruf und Familie in den eigenen vier Wänden organisieren. Für Eltern und Alleinerziehende ein Drahtseilakt, der Zeit und Nerven kostet. Auch ich stoße in diesen Tagen beruflich und privat häufig an meine Grenzen und versuche, meinen Alltag neu zu organisieren.
Ende der heilen Homeoffice-Welt
Bislang hielt ich mich in Sachen Homeoffice für DEN Experten. Als Journalist und Autor sah ich jahrelang keine Redaktion mehr von innen und richtete mir stattdessen im heimischen Dachgeschoss ein gemütliches Büro ein.
Ein schicker Holzschreibtisch, eine bequeme Ledercouch, Smartphone, Laptop und eine Tasse Kaffee – mehr brauchte ich nicht, um im Homeoffice glücklich zu sein. Während meine Frau Vollzeit arbeiten ging und meine zwei Töchter (3 und 5 Jahre alt) in der Kita behütet wurden, konnte ich daheim kreativ und produktiv sein. Und nebenbei die eine oder andere häusliche Pflicht erledigen. Praktisch.
Erst der Ausbruch der Corona-Pandemie stellte meine kleine (Homeoffice-)Welt auf den Kopf. Frau und Kinder sind mir jetzt 24 h und 7 Tage in der Woche ganz nah. Zugegeben, so schlagartig wie das Virus Europa und Deutschland traf, so überrumpelt fühlte ich mich anfangs von den Herausforderungen, die die permanente räumliche Nähe mit sich bringen.
Nach ein, zwei Wochen nun sind ich und meine Frau ein eingespieltes Team. Wir haben uns Strategien überlegt, wie wir gemeinsam unseren Alltag meistern und die Zeit zwischen Schreibtisch und Kinderzimmer in Einklang bringen können. Die folgenden Sieben funktionieren bei uns am besten.
1. Planung ist das halbe Leben
So viel ist sicher: In Sachen Organisation lerne ich von meiner Frau Tag für Tag dazu. Ob Kinderbespaßung, Einkäufe oder berufliche Termine – auch während der Corona-Krise sind Planung und Kommunikation die halbe Miete.
Mein Tipp: Stimmt euch schon am Vorabend, wenn die Kids im Bett liegen, über wichtige Fixpunkte des folgenden Tages ab. Wann steht die nächste Telefonkonferenz an? Wer kocht das Mittagessen? Und ganz wichtig: Wann ist mit dem Feierabend zu rechnen? Schließlich ist gemeinsame Zeit mit der Familie auch in Zeiten von #WirBleibenZuhause sehr wichtig.
2. Bitte nicht stören!
Manchmal beneide ich meinen Kollegen Kevin, der derzeit allein im Homeoffice sitzt und (wenn nicht gerade der Paketbote klingelt) in Ruhe seine Aufgaben abarbeiten kann. Bei mir daheim ist die Ablenkung größer. Mal streiten sich die Mädchen um einen Bauklotz, mal dröhnt zum 20. Mal der Bibi-und-Tina-Song aus dem Kinderzimmer.
Meine Lösung: Auch wenn sicher nicht jede Familie Platz für ein extra Arbeitszimmer hat, richtet euch eine eigene Ecke ein, in der ihr – soweit möglich – etwas Ruhe habt und euch gut konzentrieren könnt. Ein kleines Schild („Hier arbeiten Mama und Papa“) kann den Kids signalisieren, dass dieser Bereich nur für euch ist.
Umgekehrt sollten auch die Kinder über einen eigenen Bereich verfügen, wo sie malen, basteln, kneten und spielen können. Bei Schulkindern versteht sich ein eigener Schreibtisch von selbst, um auch für das Homeschooling gerüstet zu sein.
3. Spiel, Sport und Spaß
Kinder brauchen feste Zeiten und Ziele! Das gilt auch für ihre Spiel-, Sport- und Kreativangebote. Nach dem Frühstück machen wir meistens Frühsport. Ich baue im Wohnzimmer einen kleinen Parcours auf. Im Slalom um die Stühle, über das Sofa und unter den Esstisch durch – da kommen meine Mädels und ich ganz schön ins Schwitzen.
Am Nachmittag bauen wir mit Lego-Bausteinen Omas Haus nach oder stampfen aus Decken und Wäscheklammern eine Höhle aus dem Boden. Aber auch und gerade die kleinen Dinge wie ein Puzzle, ein Ausmalbild oder ein Memoryspiel bereiten den Kids Freude. Hauptsache ist, man nimmt sich Zeit für sie.
4. Kinder an die Macht
Kinder wollen gefordert und gefördert werden. Wenn den Sprösslingen mal wieder die Decke auf den Kopf fällt, binde ich sie in die Hausarbeit mit ein. Meine Große hatte neulich einen Riesenspaß, als sie mit dem Staubsauger durch die Gegend fegte. Manchmal hilft sie Mama auch, die Socken von der Wäscheleine zu sortieren, deckt den Tisch oder schnippelt wie neulich für das Abendbrot das Gemüse.
Ich glaube, wir sollten unseren Kids viel mehr zutrauen. Nicht nur jetzt, während der Corona-Krise.
5. Pause: Ab an die frische Luft!
Corona-Virus hin oder her – mindestens einmal am Tag muss ich mit meinen Töchtern raus an die frische Luft. Ein kurzer Spaziergang wird ja noch erlaubt sein. Auch wenn die Spielplätze gesperrt sind, schicke ich die Kids mit Roller oder Fahrrad in die freie Wildbahn. Sicher, ein Ausflug fällt auf dem Land wegen der geringeren Ansteckungsgefahr leichter.
Aber auch in der Stadt sollte – mit dem gebotenen Mindestabstand – eine Runde um den Block drin sein. Das fördert nicht nur die Bewegung der Jüngsten, sondern macht auch bei Mama und Papa den Kopf frei.
6. Glotze okay, aber bitte nicht in Dauerschleife
Okay, ich gebe es zu, ich habe meine Töchter mitten in der Woche an einem Vormittag vor dem Fernseher „geparkt“. Es ging nicht anders. Meine Frau arbeitete im Dachgeschoss und ich musste zeitgleich einen dringenden Artikel schreiben (hatte zuvor Tipp 1 missachtet). Da die Kinder seit Tagen bettelten, mit Anna und Elsa in Teil II den verzauberten Wald zu erkunden, schob ich eine DVD rein und überließ sie sich selbst. So ein Rabenvater…
So ist es uns in den vergangenen Wochen der häuslichen Isolation doch sicher allen schon mal gegangen. Ich achte darauf, dass Fernseher, Tablet und Smartphone nicht dauerhaft senden. Ich mache meinen Kids digitale Angebote zu einer festgelegten Zeit und achte auf kindgerechte Inhalte.
Versuche, klar zu trennen, wann Glotze oder Tablet laufen und wann sie aus sein sollten. Zudem sollte der Arbeitscomputer nicht das Gerät sein, auf dem die Jüngsten Spiele, Apps und Streaming-Anbieter nutzen. Sonst ploppt hier wieder zeitgleich eine E-Mail auf, die ich nur mal ganz schnell beantworten muss. Die Kinder merken es, wenn man nicht bei der Sache ist.
7. Schaff dir Freiräume!
Versteht mich nicht falsch: Ich liebe meine Frau und meine Kinder. Aber ab und an tut etwas Abstand gut. Ich versuche, bei regelmäßigen Jogging-Runden durchzuatmen. Hilft Körper und Seele ungemein und ist gut fürs Familienklima.
Ja, und warum nicht mal die alten CDs aus den 90ern durchstöbern, die 2.000 Fotos vom letzten Kreta-Urlaub wegsortieren oder mal wieder ein Buch oder eine Zeitung lesen… Ganz analog, versteht sich.
Mein Fazit: Gelassen bleiben!
Denke bei all deinen Bemühungen immer daran: Nobody is perfect. Diese Corona-Krise ist für uns alle privat und beruflich eine echte Challenge. Deshalb sind wir als Eltern gerade jetzt gefragt, auf die Bedürfnisse unserer Kinder einzugehen und sie beim Großwerden zu unterstützen.
Schließlich geht das Arbeitsleben – bei allen noch nicht absehbaren Problemen – auch nach Corona weiter. Und wer weiß, vielleicht gehen wir als Familie aus der Krise sogar gestärkt hervor.
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