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Teichmann wandert #1: Strandsand in den Bergen

Andreas Teichmann hat Deutschland zweimal zu Fuß durchquert. In seiner siebenteiligen Kolumne schreibt er über das Wandern – und was es besonders macht. Teil #1: zufällige Begegnungen.

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Ort: Haldenwanger Eck
Bundesland: Bayern
Geo-Koordinaten: 47°16’12.6″N 10°10’42.0″E

Vor mir stand ein kleines Gurkenglas. Cornichons waren keine mehr drin. Es war mit Sand gefüllt. Etwa bis zur Hälfte. Offenbar Strandsand. Auf das Glas hatte jemand eine Nachricht geschrieben: „Sand aus List auf Sylt. In zwei Wochen mit dem Fahrrad hergebracht.” Ende der Notiz.

Das hat mich bewegt. Der Radfahrer ist von Sylt zum südlichsten Punkt Deutschlands gefahren und trug ein bisschen Strand als Erinnerung an seine Fahrt in die Berge. Jetzt hielt ich sein Souvenir in der Hand. Auf einer Reise, die mich umgekehrt von Süd nach Nord bringen sollte, hoch in den Norden, genau dahin, wo dieser Sand herkam. Was das für ein Zufall ist, dachte ich in diesem Moment. Und es wurde noch kurioser.

Ich hörte plötzlich einen sächsischen Dialog unterhalb des Felsens vor mir. Ein Ehepaar kämpfte mit den letzten anstrengenden Metern des Aufstieges zum Grenzstein. „Wann sind wir endlich da?”, brummte der Mann. Als die beiden angekommen waren und ungestört durchschnaufen konnten, sprach ich sie an. Sie stellten sich vor. Er, Manfred, Ende fünfzig. Seine Ehefrau, Kerstin, ein paar Jahre jünger. Sie kamen aus Zwickau, Sachsen. Der nächste Zufall.

Meine erste Deutschland-Reise, von West nach Ost, von Aachen bis Zittau, hatte am östlichen Zipfel Sachsens geendet. Nun kamen die ersten Menschen, die ich auf der zweiten Wanderung traf, aus genau dieser Region. Die Reise begann, wie die andere akustisch aufhörte: auf Sächsisch.

Im gebirgigen Nirgendwo

Es ist ungewöhnlich, dass man am südlichsten Punkt Deutschlands direkt auf Menschen trifft. Er befindet sich im gebirgigen Nirgendwo. Kein Ort liegt auf der deutschen Seite der Grenze in unmittelbarer Nähe, auch keine befestigte Straße ist nah. Oberstdorf ist eine Tageswanderung entfernt, deshalb startete ich meine Tour auch von einem Bergbauernhof auf der Tiroler Seite. Das Allgäu ist am Haldenwanger Eck fast immer menschenleer. Nur ein paar Wanderer sollen sich täglich hier einfinden.

Aus der ersten Begegnung zum Zwickauer Paar entstand ein Kontakt, den wir noch immer pflegen. Schon damals an der deutsch-österreichischen Grenze machten wir eine Brotzeit. Tauschten uns aus, genossen das Wetter. Eine Reise ist voller zufälliger Bekanntschaften. Und das ist mir mit das Wichtigste am Wandern, weil man sich diese Zeit zum Kennenlernen nehmen darf.

Der erste Tag einer Reise, wie ich sie bei meiner zweiten 50-Tage-Wanderung vorhatte, ist immer spannend. Ich hatte zwar schon eine Deutschlanddurchquerung geschafft und wusste, dass ich zäh genug bin, dass mein Körper etwas ertragen kann. Auf der ersten Strecke durchs Land hatte mich ein gerissener Meniskus nicht aufhalten können. Doch ich wusste auch, wie viel während einer Reise passieren kann. Wie anstrengend und abenteuerlich die Wochen werden würden. Ich hatte damals in den Alpen mehr Respekt vor der Distanz, weil ich erfahrener war als vor der ersten großen Wanderung.

Offline – weitab vom Handynetz

Und tatsächlich ereilte mich auf dieser Auftaktetappe ein im hochtechnisierten Europa eher ungewöhnliches Schicksal. Nach vier, fünf weiteren Stunden kräftezehrenden Abstiegs kam ich an meinem Berggasthof in Einödsbach an. Das ist der südlichste ständig bewohnte Ort in Deutschlands. Mitten im Rappenalptal. Fernab von allem – und besonders weit weg von einem funktionierenden Handynetz.

Ich fragte in der Unterkunft nach dem WLAN-Passwort, meine Familie erwartete ein Lebenszeichen. Der Mann an der Rezeption sagte: „Wir sind komplett offline. Kein Internet. Kein Fernsehen.” So war es. Von meinem ersten Tag erzählen konnte ich erst 24 Stunden später im Kurpark von Oberstdorf, dem ersten digitalen Empfangsfleck deutscher Zivilisation. Der Start dieser Reise fühlte sich gut an.

Die Wandertipps für das Haldenwanger Eck:

1. Unbedingt die Unterkunft am ersten Abend langfristig buchen. Wer keinen Platz im Berggasthof Einödsbach findet, hat Probleme. Das Kampieren im Freien ist wegen Geröllabgängen verboten. Die nächste Bleibe ist viele Kilometer weg.

2. Ich habe mich damals von Österreich aus dem Haldenwanger Eck genähert. Dort in Tirol gibt es Unterkünfte, die näher an der Grenze liegen. Es gibt auch befestigte Straßen in der Nähe, um mit einem Fahrzeug gebracht zu werden.

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