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Challenge Roth: Der Reiz der Sonnencremestation

In der mittelfränkischen Provinz findet jedes Jahr ein außergewöhnlicher Triathlon statt. Zehntausende wollen mitmachen, aus aller Welt reisen Gäste an. Warum die Plätze extrem begehrt sind.

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In Roth ist jedes Jahr Sommermärchen. Die Kleinstadt, die zugleich Namensgeber des umliegenden Landkreises ist, beherbergt den sagenumwobenen Challenge Roth. Der Langdistanz-Triathlon (3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer Laufen) gehört zu den gefragtesten Events des Weltsports.

In jeder ersten Juliwoche pilgern Hunderttausende in das Städtchen und die umliegenden Gemeinden. Sie kommen aus Dänemark, Japan, Australien, Peru oder den USA. Doch wie konnte ausgerechnet in der mittelfränkischen Provinz eines der wichtigsten Breitensportevents des Planeten entstehen?

Das weiß Felix Walchshöfer. Der Sohn des Challenge Roth-Mitgründers Herbert Walchshöfer organisiert das Event seit Jahren gemeinsam mit seiner Schwester, seiner Mutter und einem kleinen Team. Warum für eine Woche im Jahr das „Empire State Building” aus dem Boden sprießt und das Teilnehmendenfeld eng begrenzt bleibt – ein Interview.

Warum DER Challenge Roth?

Auch darüber gestolpert, warum es „der“ und nicht „die“ Challenge Roth heißt? Die Erklärung der Veranstaltenden: Der Name ist angelehnt an „Der Triathlon“. Und: Suspektes bleibt eben länger im Ohr.

#BeatYesterday.org: Felix, der Challenge Roth ist eine der wichtigsten Triathlonveranstaltungen der Welt. Fans der Sportart sprechen von einem „Mythos”. Wie konnte diese Erfolgsgeschichte in einer mittelfränkischen Kleinstadt entstehen?

Felix Walchshöfer: Wenn jemand eine 70-Jährige in der Innenstadt fragt, wer 1993 das Rennen gewonnen hat, wird sie sehr wahrscheinlich die richtige Antwort geben.

#BeatYesterday.org: Und das heißt?

Felix: Seitdem Detlef Kühnel – der erste deutsche Starter beim Ironman auf Hawaii – den Triathlon nach Roth brachte und das Event mit meinem Vater weiterentwickelte, ist die Region untrennbar mit dem Sport verbandelt. Es gibt keinen Ort auf dieser Welt, an dem er mehr gelebt und geliebt wird.

#BeatYesterday.org: Das ist eine mutige These. Wie begründest du sie?

Felix: Zum einen mit der Infrastruktur, die alle Beteiligten geschaffen haben. Der Landkreis Roth zählt 127.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Und trotz dieser Beschaulichkeit haben wir hier überragende Trainingsmöglichkeiten. Außerdem halten sich vier Triathlon-Fachgeschäfte in der Region. Manche Großstadt würde sich über einen einzigen Laden freuen. Rund um den Sport und unseren Challenge Roth ist eine richtige Industrie entstanden. Dazu profitieren wir von einer außergewöhnlich hohen Dichte an Trainerinnen und Trainern. Zuletzt sehen wir jedes Jahr die enorm hohe Nachfrage bei der Anmeldung.

Radetappe bei der Challenge Roth
Das Publikum ist beim Challenge Roth besonders fanatisch. © Christoph Raithel

#BeatYesterday.org: 5.500 Athletinnen und Athleten dürfen starten. Wie viele könnten es tatsächlich sein?

Felix: Das lässt sich nicht genau bestimmen. Was wir wissen: Weltweit wollen sich bei der Online-Anmeldung etwa 40.000 Interessierte einen Startplatz sichern. So viele Besuchende registriert unsere Anmelde-Website zum Verkaufsstart. Innerhalb von 70 Sekunden sind alle Startplätze vergeben. Es ist oft ein Glücksspiel. Aber eins, bei dem wir uns um Fair Play bemühen.

#BeatYesterday.org: Wie das?

Felix: Manche Athletinnen und Athleten, die im Vorjahr einen Startplatz ergatterten, müssen diesen verletzungsbedingt zurückgeben. Die Betroffenen bekommen von uns durch ein sogenanntes „Rundum-sorglos-Paket“ eine zweite Chance und ein Vorkaufsrecht. 100 Plätze gehen an Interessierte aus der Region. 1.000 weitere am Tag nach der Veranstaltung an unsere treuen Teilnehmenden vor Ort. Beziehungsweise an diejenigen, die sich beim Rennen von der Atmosphäre mitreißen ließen und jetzt auch starten wollen.

#BeatYesterday.org: Nach dem Extremevent also die nächste Herausforderung: Ein Ticket bekommen.

Felix: Extremevent trifft es. Die Menschen, die sich zehn, zwölf Stunden auf der Strecke verausgabten, gehen duschen, ziehen sich warm an, feiern auf der Finishline Party. Danach nehmen sie sich einen Stuhl und kampieren die Nacht vor der Verkaufsstelle. Wer zuerst da ist, hat Glück. Bei den übrigen Plätzen, die wir online vergeben, achten wir darauf, dass internationale Gäste eine Chance bekommen. Unser Event lebt von der Vielfalt der Startenden.

#BeatYesterday.org: Warum verkauft ihr nicht mehr Startplätze und streckt die Veranstaltung über ein paar Tage?

Felix: Betriebswirtschaftlich wäre das der logische Weg. Aber wir sehen weit mehr als den Profit. Der Challenge Roth hat für die Menschen einen Wert. Das zeigt jedes Jahr der Hype um die Startplätze. Wenn wir die Kapazität erhöhen, würden wir diesen Wert kaputtmachen. Wir wären ein Event wie jedes andere. Doch wir möchten, dass der Challenge Roth besonders bleibt. Und seine Qualität beibehält.

#BeatYesterday.org: Was ist die Qualität des Challenge Roth – außer dass er sich rarmacht?

Felix: Er ist außergewöhnlich familiär. Jedes Jahr gibt es bis zu 1.000 lokale Gastfamilien, die teilweise kostenlos Teilnehmende aufnehmen. Besonders jene, die aus dem Ausland einreisen, finden ein Obdach. Bei 250.000 Besuchenden sind die Hotels rappelvoll. Insgesamt 7.500 Helfende sind während des Rennens im Einsatz. Sie wollen unbedingt mitmachen und live dabei sein. Und genau diese Menschen garantieren den weltweit einmaligen Service.

Challenge Roth Schwimmen
Zehntausende Zuschauerinnen und Zuschauer säumen die Strecke. © Challenge Roth

#BeatYesterday.org: Wie geht guter Service beim Triathlon?

Felix: Wenn die Teilnehmenden nach dem Schwimmen aus dem Wasser kommen, werden sie am Ufer empfangen. Unsere freiwilligen Helfenden begleiten die Aktiven ins Zelt, helfen beim Umziehen, wenn das gewünscht wird. Das ausgezogene Schwimmequipment lässt unsere Crew zurück in den Zielbereich bringen. Auch können die Startenden nach dem Umziehen eine unserer Sonnencreme-Stationen aufsuchen.

#BeatYesterday.org: Eine Sonnencreme-Station?

Felix: Wer dort hingeht, wird von unseren Hilfskräften mit Sonnencreme eingeschmiert.

#BeatYesterday.org: Interessant! Zum Wesentlichen: Wenn der Challenge Roth nicht besonders stark wachsen soll, was sind deine unternehmerischen Ziele?

Felix: Der Challenge Roth ist ein Familienunternehmen, und das ist sehr vorteilhaft. Es gibt keine Investorinnen und Investoren im Hintergrund, die eine Rendite sehen wollen. Wir verfolgen ausschließlich unsere eigenen Ziele. Und das heißt: Wir wollen, dass sich kein Gast wie eine Nummer behandelt fühlt. Die Menschen sollen hören, dass Roth toll ist, und sie sollen nach ihrer ersten Teilnahme sagen: Wow, das ist noch besser als erträumt. Als Organisatorinnen und Organisatoren möchten wir daher höhere Startgebühren vermeiden. In diesem Jahr haben wir trotz exorbitant gestiegener Kosten die Preise des vergangenen Wettkampfes beibehalten.

#BeatYesterday.org: Wie regelt ihr das wirtschaftlich?

Felix: Wir müssen die Umsätze erhöhen, wollen das aber kreativ tun. Dieses Jahr werden wir noch schönere Klamotten und andere Souvenirs verkaufen. Mit den wachsenden Einnahmen fangen wir steigende Unkosten auf. Wenn unsere Gäste mehr Geld ausgeben, sollen sie auch genügend zurückbekommen.

Challenge Roth Ziel
In einem improvisierten Stadion erreichen die Teilnehmenden das Ziel. © Challenge Roth

#BeatYesterday.org: Normalerweise ziehen die Events an, die ein einmaliges Ambiente bieten. Zum Beispiel wollen viele Laufende das Empire State Building beim New-York-Marathon passieren. Roth ist Provinz. Könnt ihr das allein mit Service und Fair Play kompensieren?

Felix: Wir bauen für ein paar Tage unser eigenes Empire State Building.

#BeatYesterday.org: Wie soll das aussehen?

Felix: Unser größtes Stimmungsnest am Solarer Berg könnte man sinnbildlich als Empire State Building beschreiben. Der Anstieg ist etwa einen Kilometer lang, eine Qual für die Sportlerinnen und Sportler. Wir bringen für sie bis zu 50.000 Zuschauende an die Strecke. Die jubelnde Masse trägt auch die völlig Erschöpften über den Hügel. Das ist einer der Momente, für den zahlreiche Sportlerinnen und Sportler anreisen.

Challenge Roth Solarer Berg
Am Solarer Berg treiben 50.000 Zuschauende die Athletinnen und Athleten an. © Challenge Roth

#BeatYesterday.org: Hast du als Veranstalter den Challenge Roth selbst schon mal bestanden und den Solarer Berg bezwungen?

Felix: Ja, einmal hab ich mitgemacht.

#BeatYesterday.org: Warum nur einmal?

Felix: Die Tage und Wochen vor und nach Roth sind unfassbar anstrengend. Kaum ein Arbeitstag zählt weniger als 20 Stunden. Das ist pure Action. Als ich die Strecke als Athlet mitmachte und danach weiterarbeiten musste, war ich tagelang völlig ausgebrannt. Dazu kommt die Verantwortung. Bei einem Großevent kann einiges passieren, weshalb wir zum Beispiel ein eigenes Krankenhaus improvisieren. Es gibt verschiedenste Fachärzte für Herz und Augen, sogar Chirurgen. Sie können vor Ort notfalls operieren. Damals, als ich dabei war, verfolgte mich die ganze Zeit ein Motorrad. Wäre irgendwo etwas passiert – ich wäre schnell wieder an der Basis gewesen.

#BeatYesterday.org: Du sprichst es zwischen den Zeilen an: Die Menschenhorden fordern die Region heraus. Gibt es Einwohnende, die den Challenge Roth und das Bohei drumrum blöd finden?

Felix: Das sind etwa drei Prozent der Menschen aus dem Landkreis. Die nehmen sich dann auch Urlaub und verschwinden für die Tage. Die allermeisten sehen aber das Positive. Das Event wird weltweit übertragen. Das ist großartige Werbung für unseren Landkreis. Der Challenge lockt außerdem eine Viertelmillion potenzielle Restaurant- und Hotelgäste in die Gemeinden. Das Event wirkt für die gesamte Region wertschöpfend.

#BeatYesterday.org: Zum Abschluss. Aus Hawaii kam der Challenge nach Roth. Starten mittlerweile auch Gäste aus Hawaii in Mittelfranken?

Felix: Es sind immer wieder Hawaiianerinnen und Hawaiianer dabei. Generell reisen die Teilnehmenden von überall an. Allein 300 Australierinnen und Australier kommen jedes Jahr hierher. Es ist bewegend, dass die unterschiedlichen Kulturen friedlich zusammen kommen und die Menschen eine gute Zeit verbringen. Was mich am meisten freut: Sehr viele unserer Gäste sagen, dass sie zwei Dinge im Leben machen wollten: Hawaii und Roth. Dieser Satz ist ein tolles Kompliment für alle, die diesen Triathlon ermöglichen.

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