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Schwerpunkt Bandscheibenvorfall: Immer in Bewegung bleiben

Bandscheibenvorfälle können jeden treffen – auch junge, sportliche und aktive Menschen. Wie du diesen Rückenleiden vorbeugen kannst und was während eines Vorfalls hilft.

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Auf einmal ist da dieser Schmerz in Jörgs Hintern. Eine Zerrung im Gluteus Maximus, dem größten der drei Gesäßmuskel? Sind während des Laufens vielleicht ein paar der feinen Muskelfasern gerissen? Oder ist die Muskulatur einfach nur übersäuert? Bei einer ausdauernden Belastung wie einem Marathon wäre das nichts Ungewöhnliches.

Jörg, der Läufer, ahnt in diesem Moment nicht mal ansatzweise, was ihn wirklich plagt. Er ist schon bei Kilometer 35, er beißt sich durch, er trägt den Schmerz bis ins Ziel. Als die Beschwerden nach dem Wettkampf nicht abklingen, geht Jörg zum Arzt. Die Diagnose wird ihn – wenn auch in unterschiedlichen Rollen – ein Leben lang begleiten.

Der Experte Dr. Jörg Mellies

Dr. Jörg Mellies praktiziert als Neurologe und Sportmediziner. Der 59-Jährige leitet als Chefarzt die Geriatrische Klinik im Luisenhospital in Aachen, Nordrhein-Westfalen. Der leidenschaftliche Rennradfahrer, Langstreckenläufer und Garmin-Fan (er nutzt unter anderem den Fahrradcomputer Edge und trägt die Garmin-Smartwatch fēnix 6 Pro) betreut nicht nur Patient*innen mit Bandscheibenvorfällen, sondern erlitt selbst dreimal die schmerzhafte und langwierige Verletzung. Durch Sport, Disziplin und Leidenschaft konnte er die Vorfälle überwinden – und in einen sportlich aktiven Alltag zurückkehren.

Sportmediziner Dr. Jörg Mellies
Dr. Jörg Mellies betreut als Sportmediziner und Neurologe viele Patienten. © Dr. Jörg Mellies

Bandscheibenvorfall: Wer ist besonders gefährdet?

Bei Jörg wird ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule festgestellt. Typischerweise strahlen die Schmerzen bei seinem sogenannten Prolaps einseitig bis in Gesäß, Leiste und Ferse aus. Jörg, damals 23, sehr sportlich, arbeitet zu der Zeit als Altenpfleger. Bei einem Patienten hat er sich verhoben und dabei ein Hebetrauma erlitten, so seine Erklärung für die Verletzung.

Jedes Jahr ergeht es unzähligen Menschen wie Jörg. Allein in Deutschland erleiden – schwankenden Schätzungen zufolge – zwischen 150.000 und 200.000 Männer und Frauen pro Jahr einen Vorfall in Lenden-, Brust- oder Halswirbelsäule. Die meisten Betroffenen sind zwischen 40 und 60 Jahre alt. Zehntausende Patient*innen werden operiert. Manche dieser Eingriffe gelten als vermeidbar, andere sind zwingend notwendig, um Folgeschäden zu verhindern.

Was ist ein Bandscheibenvorfall überhaupt?

„Die Bandscheiben können wir uns wie Stoßdämpfer vorstellen, die zwischen zwei benachbarten Wirbelkörpern liegen. Aufgrund des aufrechten Ganges der Menschen und der Schwerkraft stehen sie unter einer permanenten Belastung”, sagt Dr. Jörg Mellies. Aus dem Marathonläufer und Altenpfleger von damals ist einer der renommiertesten Neurologen und Sportmediziner Deutschlands geworden. Ein Experte, der das Rückenleiden nicht nur medizinisch versteht, sondern auch mehrmals am eigenen Leibe erfahren musste.

Doch was passiert bei einem Bandscheibenvorfall? Dr. Mellies erklärt: „Eine Bandscheibe besteht aus einem Faserring, der mit einem Gallertkern gefüllt ist. Bei einem Vorfall reißt der Faserring und der Nucleus stülpt sich in Richtung Nervenkanal. Er kann die Nervenwurzeln treffen, sogar abklemmen.”

Mann mit schmerzverzerrtem Gesicht sitzt vor seinem Laptop auf einem Stuhl und fasst sich an den Rücken
Manche haben Glück und haben kaum Schmerzen. Andere spüren ihn bei der kleinsten Bewegung. © Getty Images Plus / E+ / courtneyk

Manche Betroffene spüren bereits bei kleineren Rumpfbewegungen höllische Schmerzen. Andere haben mehr Glück und bemerken den Vorfall anfangs kaum. Je lateraler, also je seitlicher der Gallertkern aus dem Faserring entweicht, desto schlimmer sind die direkt fühlbaren Folgen. Taubheit kann in die Glieder kriechen. Bei manchen Patient*innen versagt die Steuerung der Blase. Eine Operation droht. Oft müssen Chirurg*innen angesichts dieser Ausfallerscheinungen schnell eingreifen.

Ein aktiver und bewusster Lebensstil und besonders Rumpftraining helfen sicher dabei, das Risiko eines Bandscheibenvorfalls zu reduzieren.

Dr. Jörg Mellies

Auch wenn dieses Szenario verhältnismäßig selten eintritt und viele Bandscheibenvorfälle erfolgreich und ohne Komplikationen operativ oder konservativ behandelt werden können – Vorsicht sollte immer geboten sein – vor, während und nach einem Vorfall. „Ein aktiver und bewusster Lebensstil und besonders Rumpftraining helfen sicher dabei, das Risiko eines Bandscheibenvorfalls zu reduzieren”, weiß Dr. Jörg Mellies.

Wie kommt es zu einem Bandscheibenvorfall?

„Vor allem Faulpelze erleiden Bandscheibenvorfälle.“ Das besagt ein Klischee. Tatsächlich ist diese halbseidene Aussage mehr Gerücht als Tatsache. Ein Bandscheibenvorfall kann jeden treffen, egal ob sportlich- oder unsportlich, alt oder jung, ob Dauersitzer*in oder Schrittesammler*in. Für Bandscheibenvorfälle gibt es jedoch in manchen Fällen eine Prädisposition, eine Veranlagung, zum Beispiel eine genetische Bindegewebsschwäche. Der Faserring der Bandscheibe ist durch diese Anfälligkeit schon in frühen Jahren porös. Er reißt schneller. Auch sportliche Menschen wie Dr. Jörg Mellies, die viel trainieren, auf Bewegung, Ernährung und die allgemeine Gesundheit achten, erleiden manchmal schon in jungen Jahren diese typische Verschleißverletzung.

Bei anderen Patient*innen ist der Beruf oder die Arbeitsweise für die Rückenleiden mitverantwortlich. Wer viel im Lkw oder im Büro sitzt, gehört genauso zur Risikogruppe wie Menschen, die körperlich hart in Schonhaltung anpacken – Altenpfleger*innen oder Bauarbeiter*innen. Umso wichtiger ist das gezielte und fortwährende Training der Rumpfmuskulatur. „Das kann Vorfällen vorbeugen oder dabei helfen, künftige Vorfälle besser zu überstehen“, erklärt Dr. Jörg Mellies.

Rumpf ist Trumpf: Übungen für eine starke Mitte

Mit regelmäßigen Core-Trainingseinheiten kannst du dich gegen Rückenschmerzen wappnen und Bandscheibenvorfällen vorbeugen. Diese Übungen kannst du leicht in ein tägliches Workout integrieren – direkt zu Hause und ohne teure Geräte.

Wie erkennst du einen Bandscheibenvorfall?

Ein Bandscheibenvorfall geht – anders als viele glauben – nicht immer automatisch mit starken Rückenschmerzen einher. Besonders Prolapse in der Brust- und Halswirbelsäule halten sich gern verborgen – viele Symptome registrieren Betroffene nur schwach und das sehr spät. Dabei können die Vorfälle in diesen Bereichen der Wirbelsäule besonders gefährlich sein, sobald sie den Spinalkanal einengen. In diesem hochsensiblen Bereich, der sich vom Gehirn bis zur Lende erstreckt, befindet sich das Rückenmark mit unserem zentralen Nervensystem. Durch das Abdrücken der Nerven können schwerwiegende Schäden entstehen. Zum Beispiel inkomplette Querschnittslähmungen.

Umso wichtiger ist es, lästige, aber harmlose Muskelverspannungen wie Hexenschüsse von einem Bandscheibenvorfall zu unterscheiden. Dann können Betroffene im Bedarfsfall rasch medizinische Hilfe suchen.

Muskelverspannung oder Bandscheibenvorfall?

Solltest du nach einer ungünstigen Bewegung oder beim schweren Heben schlagartig starke Rückenschmerzen spüren, kann das sowohl ein Indiz für einen Bandscheibenvorfall als auch für einen Hexenschuss sein.

Der Unterschied: Bei einem sogenannten Hexenschuss strahlen die Schmerzen nicht in Gesäß, Leiste, Oberschenkel oder gar bis zur Ferse aus. Auch kannst du diese muskuläre Verspannung durch lokale Wärme, Schmerzmittel wie Ibuprofen und Schonung kurieren.

Bei einem Bandscheibenvorfall breiten sich die Schmerzen häufig einseitig in andere Körperregionen aus. Solltest du Lähmungs- und Taubheitserscheinungen spüren oder Probleme beim Wasserlassen bekommen, solltest du umgehend deinen Hausarzt, deine Hausärztin oder die Notaufnahme aufsuchen.

Bestätigen MRT-Untersuchungen den Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall, braucht es nicht zwangsläufig eine Operation. Besonders bei jüngeren Menschen kann ein konservativer Behandlungsansatz mit einer ausreichenden Schmerztherapie, einem wohldosierten Maß an Bewegung sowie den richtigen Stabilisierungsübungen für eine rasche Rehabilitation sorgen. „Lange Krankschreibungen sind ein Indiz für einen chronischen Verlauf und eher ungünstig. Es ist eine frühe Wiederaufnahme von Alltagsaktivität, Berufstätigkeit und dosierter sportlicher Bewegung anzustreben“, sagt Dr. Jörg Mellies im Interview mit BeatYesterday.org.

Der Mediziner empfiehlt neben geräteunterstütztem Rückentraining unter fachlicher Aufsicht auch isometrische Übungen für daheim. Bei diesen Einheiten trainieren Patient*innen nur durch die Verlagerung des Körpergewichtes ihre Muskeln. Diese werden zwar angespannt, verändern aber nicht ihre Länge. Regelmäßig angewendet sorgt isometrisches Training für einen zügigen Kraftzuwachs bei verhältnismäßig wenig Belastung. Bei Bandscheibenvorfällen besonders wichtig: Du stärkst deinen Rumpf und schonst trotzdem deine Wirbelsäule.

Ab auf die Matte! Aber Obacht!

Denn: Ruckartige Bewegungen, unvorsichtiges Bücken oder das Heben von schweren Gegenständen kann dir schnell Schmerzen bereiten und deinen Vorfall verschlimmern. Für die isometrischen Übungen solltest du dir genügend Zeit einplanen. Dann kannst du im sachten Tempo deine Trainingspositionen einnehmen und deinen Rumpf stärken.

Wann ist eine Operation notwendig?

Bei jungen Betroffenen seien die Bandscheiben so elastisch, dass die Geschädigten oft um Eingriffe herumkommen – schreiben die einen Experten. Neurochirurg*innen können besonders jüngere Patient*innen gut und ohne große Risiken operieren und die Schmerzen sofort lindern, behaupten andere. „Es ist ratsam, dass junge Betroffene trotz dieser positiven Prognose einen Eingriff umgehen“, sagt Dr. Jörg Mellies.

Doch wann ist ein Eingriff unumgänglich? Der Mediziner erklärt: „Eine Lähmung, die durch einen Bandscheibenvorfall bedingt ist, sowie die Blasenstörung durch einen großen mittigen Prolaps in der Lendenwirbelsäule sind hingegen unstrittige Operationsindikationen. Ein Eingriff ist dann fast unumgänglich. Gemeinhin gilt: Ist die Halswirbelsäule betroffen, was seltener vorkommt, aber gefährlicher ist, sind Operationen eher notwendig. Hier können die ausgetretenen Bandscheiben – anders als in der Lendenwirbelsäule – den Spinalkanal mit unserem Rückenmark einengen. Die Folgen können sehr ernst sein und sogar zu einer inkompletten Querschnittslähmung führen.“

Wie leistungsfähig bist du nach einem Bandscheibenvorfall?

Wird es nie wieder so, wie es früher war? Viele Betroffene befürchten nach einem Vorfall, dass sich die Schmerzen chronifizieren und nie wieder komplett verschwinden. Gleichzeitig quälen Ängste, dass Sportarten und Abenteuer, die einmal selbstverständlich waren, nach einem Vorfall nicht mehr zum aktiven Lebensalltag gehören. Tatsächlich sollten Sportler*innen, die eine Verletzungshistorie an der Wirbelsäule besitzen, Überbelastungen vermeiden und vorsichtiger mit hohen Gewichten umgehen.

Allerdings sind auch nach einem überstandenen Bandscheibenvorfall neue sportliche Höchstleistungen möglich. Dr. Jörg Mellies hat auch das erfahren dürfen. Er überquerte erst im Sommer mit dem Rennrad die Alpen, schwang sich mit Garmin Edge am Bike durch enge Serpentinen, stieg an steilen Rampen sogar in die Pedalen. In diesem Jahr will er die Annapurna, einen Achttausender im Himalaya, mit dem Mountainbike umrunden. Durch das Rumpftraining, dass neben dem Radfahren und Laufen nun zu seinem Trainingsalltag gehört, konnte er seine Leistungsfähigkeit mit der Zeit sogar erhöhen. „Ich bin mit 59 Jahren noch voll leistungsfähig, und ich bin sicher kein Einzelfall“, sagt Dr. Mellies.

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07.09.2023

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