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Die ideale Radreise: Wer früher plant, hat länger Spaß

Radtouren können Freundschaften pflegen und sind eine Alternative in ungewissen Reisezeiten. Warum der Sommertrip aber schon im Herbst geplant werden sollte – zwei Reise-Profis geben Tipps.

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Der Dom scheint nah, und doch ist er weit weg. Zumindest für den Moment. Koblenz, das Tagesziel, liegt höhnisch vor seinen Rädern. Michael Fricke verzweifelt an einer steilen Rampe, kommt nicht vorwärts. Ist es die Erschöpfung einer langen Etappe? Die flimmernde Hitze, die seine Stirn mit Schweiß benetzt? Ein sogenannter Hungerast, wie ihn auch die Profi-Fahrer mit ihren Herkuleswaden erleiden? Sogar Jogger überholen ihn, so langsam schleicht der eigentlich gut trainierte und erfahrene Amateurradler über den Asphalt.

Viele Hobbysportler kennen diese Momente der Schwäche. Die Schenkel brennen, die Lungen keuchen nach Luft, die Hände sind schwielig vom Lenkergriff. Was bleibt, ist der eigene Wille. Und manchmal braucht es Freunde oder andere Unterstützer, damit dieser innere Antrieb nicht erlischt. Michael Fricke hat so einen Freund. Zum Glück.

Er und Henri kennen sich aus der Schule. Damals riss der Kontakt lange Jahre ab. Später fanden sie sich nach einem Klassentreffen wieder. Seitdem unternehmen sie jährliche Radabenteuer. Sie fahren von Freiburg nach Amsterdam. Um den Bodensee herum, von Konstanz nach Linz. Die Fahrradtouren leimen die Freundschaft über die Distanz hinweg zusammen. Als Michael kurz vor Koblenz schwächelt, bleibt Henri stehen und wartet auf seinen abgehängten Kumpel. Motivation genug für Michael, noch mal alle Kraft in die Pedale zu legen.

Reisen mit dem Rad eignen sich nicht nur zur Freundschaftspflege. In Zeiten, in denen das Reisen schwierig geworden ist, Flugzeuge vielerorts am Boden verharren und es darum geht, die Ausbreitung einer Pandemie zu drosseln, sind Möglichkeiten für den Abenteuerurlaub spärlich gesät.

Radreisen sind so eine Alternative. Sie versprechen Erlebnisse und Zeit an der frischen Luft. Und es gibt noch viel mehr Vorzüge: Die sportliche Aktivität und das “Meditieren” auf Rädern sind gut für Körper und Geist. Auch sind ausgiebige Radtouren kostengünstig und gut für die Umwelt. Nicht zu vergessen: Eine Radlänge Abstand hilft bei der Virenbekämpfung.

Henri und Michael haben uns verraten, was bei der Planung der idealen Radreise wichtig ist. Und sie erklären, warum dieser Herbst der richtige Zeitpunkt ist, um für den nächsten Sommer zu planen. Die Tipps der beiden hat #BeatYesterday.org-Redakteur Hannes Hilbrecht protokolliert.

Michael Fricke (links) und sein Kumpel Henri an der Nordsee.
Michael Fricke (links) und sein Kumpel Henri an der Nordsee. Bereits nach der Zieleinfahrt planen sie den kommenden Trip. © Michael Fricke

1. Wer früher plant, hat länger Spaß (Michael)

„Unsere Planungen für die nächste Reise beginnen immer direkt nach Abschluss der aktuellen Tour. Das ist emotional sehr wichtig. Manchmal verdunkelt die Melancholie des baldigen Abschiednehmens sogar die Freude der Zieleinfahrt. Oft macht das Starten viel mehr Spaß als das Ankommen. Indem wir die kommende Tour vorskizzieren, fällt der Abschied vom abgeschlossenen Abenteuer nicht so schwer. Das ist eine Strategie, die sich seit fünf Jahren bei uns bewährt. Die neue Reise beginnt, wo die alte endet.

Durch diesen Ansatz halten wir tatsächlich das ganze Jahr Kontakt, verlieren das Ziel und damit auch uns nicht aus den Augen. Es gibt viel zu überlegen, viel zu planen. Das steigert die Vorfreude. Das ist ein ähnliches Gefühl wie beim Packen eines Koffers für die Ferien.“

2. Die richtige Begleitung finden (Henri)

„Mit dem Älterwerden sind Freundschaften nicht mehr selbstverständlich. Familie, Job, Haus oder Wohnung – der Alltag klaut sich seine Zeit. Michael und ich kennen das zu gut. Wir waren Schulfreunde, wuchsen gemeinsam auf. Dann haben wir uns verloren. 20 Jahre nichts voneinander gehört. Durch ein Klassentreffen fanden wir uns vor fünf Jahren wieder. Wir beschlossen, dass sich unsere Freundschaft kein zweites Mal verlieren darf. Seitdem unternehmen wir jährliche Radtouren. Sie halten unsere Freundschaft zusammen.

Das Radfahren ist aus vielerlei Gründen eine gute Alternative, um eine Freundschaft zu pflegen. Auch wenn wir eine Woche jeden Tag miteinander verbringen, werden wir einander nicht über. Auf dem Rad, wir fahren zwischen 80 und 150 Kilometer pro Abschnitt, schweigen wir die meiste Zeit. Trotzdem ist auch das Neben- oder Hintereinanderherfahren eine Form der Kommunikation. Wir wissen, dass der andere da ist. Geredet wird in den kurzen Trinkpausen oder wenn wir abends beim Essen die Touren auswerten.

Bei Radreisen sollte man ein gutes Team bilden. Es kann immer Situationen geben, in denen der andere Hilfe braucht. Auf einer langen Tour können und müssen wir uns gegenseitig motivieren. Denn jeder kann mal einen schlechten Tag erwischen.“

3. Mit dem Fluss fahren (Michael)

„Die Route von Freiburg nach Amsterdam hatten wir strategisch sehr bedacht gewählt. Wir fuhren den Rhein entlang, mit dem Flussverlauf durchs Land nach Amsterdam. Das hat viele Vorteile: Die Navigations- und Routenplanung ist simpel, und wir verfransen uns nicht, wenn es eine klare Orientierung wie einen stoisch fließenden Strom gibt.

Und für Radfahrer besonders schön: Wer flussabwärts in Richtung Mündung fährt, muss nicht so viele Steigungen erklimmen. Anfangs ist es hügelig und anstrengend wie in Koblenz, danach wird es aber immer flacher. Die Komplexität der Etappen passt sich den schwindenden Kräften an. Es wird mit jedem Tag leichter, obwohl wir müder werden. Wer eine längere Radreise plant, sollte die großen Anstrengungen früh einplanen und darauf achten, dass die Schwierigkeit der Strecke mit jedem Tag abnimmt.“

Michael Fricke sitzt mit seinem Kumpel und macht Pause (links), Michael Fricke fährt mit kleinem Rucksack Rad (rechts)
Das Packen für die Radreise ist komplex, denn der Stauraum im Rucksack ist begrenzt. © Michael Fricke

4. Die richtige Packliste (Henri)

„Egal, wo und wie es irgendwo hingeht: Das Packen entscheidet über den Urlaubsverlauf. Wenn etwas Wichtiges fehlt, ist bei manchen der halbe Urlaub vermiest. Oder es wird teuer, weil es vor Ort noch mal neu gekauft werden muss. Bei Radreisen ist das Packen noch wichtiger – und schwieriger. Der Stauraum im Rucksack ist begrenzt. Andererseits braucht es zwar wenige Luxusgüter, dafür für aber Kleidung für verschiedene Wetterszenarien. Da ist der Rucksack schnell voll. Außerdem darf das Gepäck nicht zu schwer sein. Jedes Extrakilo müssen wir über hunderte Kilometer schleppen. Wer für Radreisen packt, muss mit wenig auskommen können und darf keine Scheu haben, schwitzige Klamotten unter der Dusche zu spülen.“

Unsere kompakte Packliste:

  • Waschzeug, Sonnenspray, Erste-Hilfe-Pack
  • 1 Unterhose und 1 Paar Socken, 1 T-Shirt, 1 Hose und Schuhe, Regenjacke, Badehose – bei Bedarf werden die Sachen in der Unterkunft gewaschen
  • kleines Handtuch
  • Handy, Powerbank
  • Garmin fenix 6X Pro
  • Bargeld, Kreditkarte
  • Notration an Powerriegeln, Nüssen und getrockneten Früchten

Nicht mehr als 6 bis 7 kg.

Michael Fricke und Kumpel Henry fahren mit wetterfester Kleidung auf ihrer Radreise
Wetterfeste Kleidung ist auf Radreisen essenziell für das Wohlbefinden. © Michael Fricke

5. Spontane Etappenplanung (Michael)

„Ein Panne kann Stunden kosten. Dazu kommen Wetterkapriolen, die wir vorher kaum einplanen können. Große Hitze, wütende Winde am schlimmsten von vorn oder Unwetter, die zum Rasten zwingen. Auf einer Radreise kann viel passieren. In der Natur ist man der Witterung ausgesetzt. Ob wir eine Etappe wie geplant durchziehen können, entscheidet sich erst am Tag der jeweiligen Tour. Das heißt: Niemals Hotels oder Gasthöfe zu früh buchen. Manchmal ist es unmöglich, das tatsächliche Ziel zu erreichen oder zumindest sehr stressig.

Anderseits kann der Wind auch richtig von hinten drücken, anschieben, dann wäre es schade, zu früh vom Rad abzusteigen. Besser: Die gesamte Reise grob skizzieren und erst im Laufe des Tages die Unterkunft buchen. Das bedeutet aber nicht weniger Vorbereitung. Selbst wenn wir spontan buchen, haben wir uns vorher damit beschäftigt, welche Alternativen es in den möglichen Zielorten gibt und wie groß der Andrang bei den Herbergen ist. Je mehr Optionen durchdacht sind, desto eher klappt es mit einer spontanen Bleibe. Heißt: Je besser wir im Herbst planen, desto angenehmer und stressfreier wird das Abenteuer im Sommer.“

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