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Einmal mit dem Rad durch Europa: Das erlebte Seb Breuer!

Wie das Messer durch die Butter fuhr Radsportler Sebastian Breuer vertikal durch Europa. Von Norwegen bis Portugal. Doch was erlebt man auf so einer Reise? Zehn kleine Geschichten eines großen Abenteuers.

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7.600 Kilometer über befestigte Straßen und Offroad-Wege. 70.000 Höhenmeter. 30 Tage Zeit. Oder in einem Satz: Einmal quer durch Europa. Vom nördlichsten Zipfel Europas in Norwegen an den südwestlichsten an der portugiesischen Algarve. Diesen Wahnsinn, der auch als European Divide Trail (EDT) bekannt ist, lebte Sebastian Breuer im Juli und August 2024.

Der Radsportler beweist regelmäßig, wie sich die vermeintlichen Limits der menschlichen Leistungsgrenzen mit Willen und Mut verschieben lassen. Im Jahr 2022 gewann Breuer unter anderem das härteste Gravel-Rennen der Welt – das Badlands in Spanien. Auch in Marokko und Kirgisistan fuhr der Hesse bereits zu Top-Platzierungen.

Nun also sein „European Divide Trip“ – 7.600 Kilometer fast auf sich allein gestellt. Zehn Momente seiner epischen Reise stellt Seb Breuer in diesem Beitrag vor. Von kulinarischen Überraschungen, zähen Waschmaschinen und besonderen Begegnungen.

1. Fast am Ende der Welt

„Ich startete ganz oben, am nördlichsten Zipfel Europas. Danach ist nicht viel Land mehr übrig, es fühlt sich ein bisschen wie das Ende der Welt an. Was Beklemmungen im Magen auslöste: Nur drei Meter und ein Bach trennten mich von der russischen Grenze. Kein Handyempfang, insgesamt 20 Kilometer musste ich durchs Tal fahren, bis ich wieder in der Zivilisation war. Ab und zu habe ich auch Militär gesehen. Das hat den Magen noch etwas mehr eingeschnürt.

Dazu kam die Aufregung vor so einer langen und großen Reise, die völlig normal ist. Mit mir am Startpunkt standen noch der Fotograf Loris, ein Social-Media-Manager von meinem Partner Rose Bikes und ein Freund, die mich beide mit einem Fahrzeug begleitet haben. Es war ein erhabener, aber auch sehr aufwühlender Moment.“

2. Der Soundtrack seiner Reise

„Die Entspannung kam relativ früh, beim ersten zehn Kilometer langen Anstieg. Der gleichmäßige Tritt, dazu meine Playlist, da war ich dann schnell ganz beim Bike und der Landschaft. Wie geil, dass ich gerade hier bin, dass ich das jetzt mache, dachte ich.

Ich habe insgesamt sehr viele Podcasts und Hörbücher gehört, meine Playlist lief ständig. Und wenn alles um mich herum perfekt war, brauchte ich manchmal auch gar nichts auf die Ohren. Ein Song, der mich irgendwie besonders begleitet hat, war Indian Summer von Jai Wolf. Der war vor Jahren mal wegen einer Werbung populär. Die Melodie hat das Gefühl meiner Reise transportiert.“

3. Der letzte Dienst der Waschmaschine

„Alles, was ich tagsüber brauchte, hatte ich am Fahrrad dabei. Nur die Unterkünfte musste ich mir abends spontan suchen. Das ging auch fast immer gut. Nur einmal habe ich in einem norwegischen Ort nichts gefunden, da musste dann das Dachzelt über dem Geländewagen des Fotografen herhalten. In den Unterkünften selbst sind besondere Momente entstanden.

Einmal wollte und musste ich in Schweden unbedingt meine Klamotten waschen. Die Waschmaschine war das wichtigste Kriterium der Bleibe. Und dann war ausgerechnet diese in der gewählten Unterkunft kaputt. Die Gastgeberin hat alles versucht, hat rumtelefoniert, aber dabei kam aber nichts rum. Also haben wir die kaputte Maschine benutzt. Es hat richtig gerumst, das Gerät schüttelte sich, wand sich in der Wand, flog fast aus der Verankerung. Es war ihr letzter Waschgang – aber meine Wäsche war sauber.“

4. Allein in Schweden

„Auf der Reise bin ich durch insgesamt zehn Länder gefahren. Am meisten beeindruckt hat mich Schweden. Die Landschaft war unfassbar weit und ruhig. Man denkt ja beim Blick auf die Karte, dass das Land gar nicht so riesig ist, aber das Gegenteil stimmt. Ich habe viele Tiere gesehen, die ich vorher noch nie live gesehen hatte. Rentiere, ein Elch. Oft war ich der einzige Mensch, der an dem Ort gerade unterwegs war. Und wenn ich Einheimische traf, waren sie unglaublich gastfreundlich. Auch habe ich die besten Zimtschnecken meiner Reise in Schweden gegessen.“

5. Höllentage im Paradies

„So schön Schweden auch war, den härtesten Moment der Reise erlebte ich ausgerechnet hier. Ich hatte mit Magen-Darm-Problemen zu kämpfen, und das nicht wegen der Zimtschnecken. An einem Tag konnte ich aufgrund der Beschwerden nur 180 Kilometer fahren. Dazu die Angst, dass ich zur falschen Zeit am falschen Ort erneut Probleme bekomme. Die Sorgen, wie lange ich wohl damit zu kämpfen habe. Es gibt deutlich Angenehmeres! Glücklicherweise hatte ich alle Medikamente, die ich brauchte, dabei. Und am Ende half vor allem eines: Abwarten und Tee trinken.“

6. Kurz zu Hause

„Nach der Tour durch Skandinavien erreichte ich Deutschland. Über Kiel, Hamburg und Köln ging es zu mir in den Odenwald. Oft warteten bekannte Gesichter auf mich an der Straße. Auch Unbekannte wollten ein Stück mitfahren. Sie hatten über Social Media meine Reise verfolgt und kannten die Route.

Am Ende des Tages konnte ich eine Nacht bei mir in Seeheim zu Hause übernachten, meine Frau und meinen Hund besuchen. Das hat mich für den zweiten Teil der Reise sehr motiviert. Und ich konnte wieder frischen Kaffee einpacken. Man muss wissen: Meine Frau und ich haben einen eigenen Online-Shop, wir sind große Genießer, legen Wert auf Herkunft und Qualität der Bohnen. Dass ich meine erschöpften Reserven auffüllen konnte, war sehr wichtig. Der eigene Kaffee schmeckt immer ein bisschen nach Hause.“

7. Campfire Spirit fürs Sportlerherz

„Apropos Kaffee: Das war jeden Morgen auf der Reise ein wichtiges Ritual. Ich nutzte einen Mini-Filter über meiner Tasse, brühte ihn dann mit heißem Wasser auf. Für die, die sich genau interessieren: Die Sorte, die mich während der Tour begleitet hat, war Campfire Spirit. Wenn ich mal einen im Café trank, war die Qualität je nach Land sehr untypisch. Frankreich war eher unterirdisch, Italien gewohnt gut. Aber sensationell war die Kaffeekultur in Schweden.

Insgesamt war Ernährung für mich während der Reise sehr wichtig. Bis zu 12.000 Kalorien habe ich jeden Tag verbrannt. Klassische Fast-Food-Ketten konnte ich meiden, bekannte Supermärkte haben mich europaweit gut versorgt. Ich glaube, ich habe noch nie so viele Haferflocken in meinem Leben gegessen.“

8. Der letzte große Anstieg

„Der höchste Punkt meiner Reise war der Pico del Veleta in der Sierra Nevada, etwa 3.400 Meter über dem Meeresspiegel. Das war noch mal ein ordentlicher Ritt. Fast 100 Kilometer ging es meist bergauf, und das am 27. Tag meiner Reise. Insgesamt hatte ich da schon den Großteil meiner anvisierten 70.000 Höhenmeter bewältigt. Entschädigt wurde ich von einem epischen grapefruitfarbenen Sonnenuntergang über dem andalusischen Granada.“

9. Heiß auf heiß: Euphorie im Glutofen

„Kurz vor dem Ziel stülpte sich auch die Gluthitze über mich. Mehr als 45 Grad Celsius war es heiß, was die letzten Kilometer nicht leichter machte. Andererseits: Ich komme grundsätzlich besser mit Hitze als mit Kälte klar. Ich habe mich sogar bewusst dafür entschieden, von Nord nach Süd zu fahren, weil ich ganz am Ende den Hochsommer wollte. Auch half die Euphorie beim Durchstehen – ich wusste, dass ich es bald geschafft habe. Das Ziel vor Augen hat mich nicht erschöpft, sondern komplett gepusht.“

10. Der Leuchtturm

„Ich liebe Portugal, vor allem die Algarve im Süden des Landes. Ich habe dort früher gelebt und verbinde viele schöne Momente mit der Region. Am Cabo de São Vicente, einem blutrot gestrichenen Leuchtturm, sollte meine Reise ihren Schluss finden. An diesem Kap endet Europa im Südwesten, dann kommt der Atlantik und irgendwann ganz weit weg Nordamerika. Am Leuchtturm empfing mich meine Frau, die diese Abenteuer nicht nur mitmacht, sondern mich immer unterstützt. Auch andere Leute waren da, die meine Reise verfolgten, mich aber gar nicht kannten. Die waren im Urlaub in Portugal und wollen mich nun am Ziel auf Höhe der Festung Sagres begrüßen. Auch das war berührend. Vielleicht am besten an diesem Tag: gemeinsam mit meiner Frau Pizza essen.“

Die Reise von Sebastian Breuer in Zahlen:

Gefahrene Kilometer: 7.491
Zeit auf dem Rad: 30 Tage (304 Stunden und 41 Minuten reine Fahrzeit)
Krankheitstage: 2 und trotzdem gefahren
Verlorenes Gewicht: 3 Kilogramm
Defekte auf dem Rad: 0

Mehr über Sebastian, seine Projekte und seine Rennen erfährst du auf seiner Website, youtube und Instagram.

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Über diesen Artikel

Hannes Hilbrecht

Autor:

Hannes Hilbrecht

Hannes ist mittlerweile seit mehr als zehn Jahren als Journalist tätig – davon fünf als …

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