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Schwimmenlernen im Erwachsenenalter: Ohne Seepferdchen zum Ironman

Guido Kunze will seinen ersten Triathlon wagen. Das Problem: Der Extremsportler scheut das Wasser. Kann er in einem halben Jahr das Schwimmen lernen? Ein Interview über großen Mut und wichtige Tricks.

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Mit dem Rad quer durch Südamerika, Fallschirmsprünge aus mehr als 5.000 Metern Höhe, Ultraläufe, bei denen die Sohlen schmelzen. Guido Kunze liebt das Extreme. Nur mit einem Element kann er überhaupt nichts anfangen: Wasser.

Hätte man den Thüringer vor ein paar Jahren auf einer wunderschönen und verlassenen Insel ausgesetzt – er wäre allenfalls bis zu den Waden ins Meer gewatet. Denn Guido konnte damals nicht schwimmen.

Erst ein Bekannter stachelt den Routinier an. „Du kannst laufen, du kannst Rad fahren. Willst du nicht beim Ironman mitmachen?”, fragt dieser. Vom Ehrgeiz gepackt nimmt Guido die Herausforderung an. Schwimmen lernen in fünf Monaten – kann das klappen? Ein Interview.

Guido Kunze fährt mit dem Rad an einem Stausee. Im Hintergrund Berge
Guido musste das Schwimmen in fünf Monaten lernen, um an einem Ironman teilzunehmen. © Christian Habel

#BeatYesterday.org: Guido, warum hast du so spät schwimmen gelernt?

Guido Kunze: Ich konnte mich schon über Wasser halten und kam zurück an den Beckenrand. In der Schule hat das gereicht. Mit Schwimmen hatte das aber nichts zu tun.

Ich glaube, Leute, die ihre Zeit auf dem Rad oder laufend verbringen, gehen generell seltener schwimmen. Außerdem gibt es bei mir zu Hause in Mühlhausen nur ein Spaßbad. Wenn ich Zeit zum Schwimmen habe, haben die anderen 35.000 Einwohnerinnen und Einwohner das auch. Einfach baden gehen? Auf die Idee bin ich nie gekommen.

#BeatYesterday.org: Wie ist es, wenn man als Erwachsener schwimmen lernt?

Guido: Das Problem ist das ständige Nachdenken. Ich habe jede Kleinigkeit hinterfragt. Wenn der Trainer sagte: „Wir machen das jetzt so”, antwortete ich: „Warum?” Bei Kindern ist es mehr learning by doing. Sie probieren aus, welche Technik gut funktioniert. Wie das alles physikalisch zusammenhängt, interessiert sie nicht. Sie machen einfach, sind unbedarft. Ich wollte dagegen alles analysieren.

#BeatYesterday.org: Der Schritt zum Schwimmkurs ist für viele Erwachsene ein großer. Wo und von wem hast du das Schwimmen gelernt?

Guido: Zunächst besuchte ich ein Triathlon-Camp. Von zwei Trainern lernte ich dort die Basics. In meiner Heimat Mühlhausen nahm ich mir dann eine professionelle Schwimmtrainerin. Die wussten alle gar nicht, worauf sie sich einlassen (lacht).

#BeatYesterday.org: Du warst anscheinend ein schlechter Schwimmer.

Guido: Am Anfang sollte ich ganz klassische Übungen machen. So was wie den toten Mann. Einfach still auf dem Wasser treiben. Ich ging leider sofort unter. Mit einem Brett haben wir Beinarbeit geübt – dann schwamm ich plötzlich rückwärts. So was hatten die Trainerinnen und Trainer noch nie gesehen. Alle, auch ich, dachten: Das wird nichts.

Mann liegt im Wasser und macht die Übung "toter Mann"
Bei der Übung „toter Mann“ lässt dich ohne Bewegung von Armen und Beinen auf dem Wasser treiben.© iStock / Getty Images Plus / Biserka Stojanovic

#BeatYesterday.org: Du bist Sportler, besonders auf dem Rad behände unterwegs. An der Motorik kann es eigentlich nicht scheitern.

Guido: Doch. Durch das Radfahren und Laufen fehlte mir die Beweglichkeit in den Füßen. Ich habe das Wasser nicht weggeschoben, sondern rein gehackt.

#BeatYesterday.org: Das klingt nach einem Grundsatzproblem, nach alter Gewohnheit. Wie hast du zur Geschmeidigkeit gefunden?

Guido: Wir begannen mit Fußgymnastik und trainierten mit speziellen Flossen, die meine Füße nach unten drückten. Ich musste ein Gefühl für das Wasser bekommen. Mich erst mal treiben lassen und die Festigkeit des Wassers spüren. Rolle vorwärts, Rolle rückwärts. Erst danach trainierten wir Arme und Beine. Anfangs sanken meine Unterschenkel sofort ab. Im Becken hing ich wie ein L. Ich bin dann im heißen Hallenbad mit Neopren geschwommen, damit ich überhaupt in der Schwimmposition bleibe. Das war amüsant für die anderen in der Halle, aber sehr frustrierend für mich. Heute weiß ich: Ich war zu angespannt, meine Muskeln schwer und hart. Deswegen bin ich untergegangen.

#BeatYesterday.org: Andere hätten spätestens hier gesagt: „reicht jetzt”. Wie bist du trotz der Tiefen motiviert geblieben?

Guido: Je mehr Leute sagen, dass das nie was wird, umso größer ist mein Ehrgeiz. Ich wollte es allen zeigen. Diese Entschlossenheit brauche ich für alle meine Projekte.

#BeatYesterday.org: Es gibt sehr unterschiedliche Schwimmstile. Welche Technik hast du als erstes gelernt?

Guido: Meine Trainerin und ich legten uns auf Brust und Freistil fest. Manchmal trainierten wir auch Rücken. Das ging überraschend gut. Brustschwimmen haben wir letztlich für den Wettkampf geübt. Ein, zwei Züge unter Wasser, dann raus mit dem Kopf und tief Luft holen. Ellenbogen zusammenpressen und einen Unterdruck erzeugen. Ich sollte mir vorstellen, dass ich einen Topf auskratze. Beim Kraulen habe ich einen Schaufelbagger assoziiert.

#BeatYesterday.org: Hast du einen Tipp, der im Training besonders nützlich war?

Guido: Mir half das Filmen unter Wasser. Es ist etwas anderes, wenn du deine Fehler selber auf Video siehst, als wenn dich jemand vom Beckenrand kritisiert. Mit der visuellen Rückkopplung konnte ich meine Technik verbessern.

#BeatYesterday.org: Wenn man etwas Neues lernt, macht es irgendwann „klick”. Wann hast du deinen Aha-Moment erlebt?

Guido: Es hat vier Monate gedauert, bis ich sicher schwimmen konnte. Den Schlüsselmoment erlebte ich beim Training im See. Dort konnte ich mich nicht beim Schwimmen beobachten und hinterfragen. Alles um mich herum war grün. Plötzlich habe ich ein Gefühl für das Wasser bekommen. Ich habe es gemacht wie die Kinder: learning by doing.

#BeatYesterday.org: Was unterscheidet Freiwasser von der Halle?

Guido: Das Schwimmen im See ist ganz anders als das im Becken. Draußen gibt es keine Begrenzung, die mich leitet. Am Anfang bin ich fast am Ufer gestrandet, weil ich nicht gerade, sondern im Zickzack schwamm. Alle zehn Züge musste ich mich mit einem Rundumblick orientieren. Wenn es gut lief, konnte ich weiterschwimmen.

Und: Die Fachleute in der Halle sprachen zuvor oft von der „Griffigkeit des Wassers“. Das hatte ich nie richtig verstanden. Wasser ist Wasser, oder? Mit der Zeit spürte ich die Unterschiede. Das enthärtete und gechlorte Wasser in der Halle ist nicht so griffig wie das kalkige im Freien. Man spürt einen stärkeren Widerstand, der einen nach vorne katapultiert. Inzwischen habe ich ein Gefühl für Wasser. Selbst in Hallenbädern bemerke ich Unterschiede.

#BeatYesterday.org: Konntest du wie geplant nach einem fünfmonatigem Training am Ironman teilnehmen?

Guido: Nein. Nach fünf Monaten konnte ich keine vier Kilometer am Stück schwimmen. Wir verlängerten die Trainingsphase. Nach weiteren zwei Monaten bin ich mit meiner Frau ins katalanische Calella in Spanien gefahren. Dort habe ich das Schwimmen im Meer getestet. Mit Salzwasser kann ich noch weniger anfangen als mit Süßwasser – doch es funktionierte relativ gut! Hätte ich gemerkt, dass es nicht klappt, hätten wir eine Woche Urlaub gemacht.

So startete ich wenig später in Barcelona beim Ironman. Von den 2.000 Startenden kam ich gefühlt als Letzter aus dem Wasser. Doch beim Radfahren holte ich auf. Ich lief ungefähr auf Platz 350 über die Ziellinie.

#BeatYesterday.org: Was bedeutet Schwimmen heute für dich?

Guido: Es macht mir immer noch keinen Spaß (lacht). Am Strand spiele ich weiterhin lieber Volleyball. Mit dem intensiven Training habe ich abgeschlossen, der Ironman ist geschafft. Ein weiteres Event wird nicht folgen. Der Zeitaufwand ist mir einfach zu groß.

Aber Bewegung im Wasser tut mir gut. Meine Mobilität und die Belastbarkeit der Muskulatur profitieren davon. Lustigerweise lieben meine beiden Kinder das Wasser. Mein kleiner Sohn ist im Schwimmverein, der große Rettungsschwimmer.

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